Kurzgeschichte
Mein Zuhause

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""2. Autoren-Challenge""
Veröffentlicht am 17. Dezember 2015, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: A.B.Schuetze
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Wir schreiben heute den 24.Mai 2014 und ich trete voller Erwartung in die Gefielde von "myStorys" ein. Ich bin A.B.Schuetze. Wir kreuzen das Sternenbild "Schütze" und erkunden dessen Eigenschaften. Da wir gerade davon sprechen ... vergesst alles, was ihr über Schütze-Frauen gelesen habt. So ganz unter uns ... ihr werdet mein Wesen darin nicht entdecken. Hab ich eure Neugier erweckt? Wollt ihr mich kennen lernen? Nichts leichter ...
"2. Autoren-Challenge"

Mein Zuhause

2. Autoren-Challenge






"Kunst ist es aus dem größten Pech, noch ein kleines Glück zu machen."


Monika Minder





© A.B.Schuetze 12/2015


Geprüft und entschieden. Der Neubau findet statt. Uta legte mit einem mürrischen Murmeln die Zeitung ihrer Wohnungsbaugenossenschaft beiseite.

Was war sie seinerzeit froh, diese Wohnung bekommen zu haben. Richtung Osten ein verwildertes Areal und ein angrenzender Spielplatz. Richtung Westen ein Park mit Teich und Beachplatz. Um den gegenüberliegenden Häusern in die Fenster schauen zu können, bedurfte es schon eines Feldstechers. Das sollte jetzt vorbei sein.

Die Genossenschaft plant einen Neubau mit einhundert Wohnungen auf dem Grundstück, auf welchem sich die Natur in ihrer Vielfalt breit gemacht hatte.

Seufzend schaute Uta auf das brachliegende Land und erinnerte sich. Nachdem die Kinder aus dem Haus waren, stand für die Mitfünzigerin fest, eine neue Wohnung musste her. Bezahlbar. Viel Grün. Komfort. … und bei dem Überangebot an Anbietern stellte das kein Problem dar. Schnell war diese Wohnung gefunden. Nun sollte die gewünschte Wohnqualität eingeschränkt werden. Ein Weg zurück in die Vergangenheit, wo sich nur eine schmale Sackgasse zwischen die Altbauten schob. Zu der Zeit brauchte man keinen eigenen Fernseher, denn man konnte getrost beim Gegenüber mit schauen. Andererseits war auch immer was los. Da ein Ehekrach, weil der Alte mal wieder in der Kneipe war. Dort

putzte der Schönling gewohnheitsgemäß seine Zähne auf dem Balkon. Der Lütte von Parterre hatte wie schon so oft die Schule geschwänzt und das frischverliebte Pärchen im Dritten zeigte jedem, der es sehen wollte, sein Glück beim Sex. Im Gegenzug hatten die von drüben natürlich auch die Möglichkeit bei Uta und Familie in die Fenster zu schauen.

… und doch war sie überglücklich, als sie endlich die Zuweisung für diese Bruchbude in den Händen hielt. Hart erkämpft. Da hatte sie schon Erfahrung mit den Mitarbeitern der kommunalen Wohnungsverwaltung, der einzigen Wohnungsvergabestelle vor Ort, gesammelt und wusste, was zu tun ist. Das war aber nicht immer so.

Uta geht noch weiter in ihren Erinnerungen

zurück. Zurück zum Zeitpunkt ihrer ersten eigenen Wohnung. Es war eine schöne Zeit. Eine schlimme Zeit. Wie man es gerade betrachten wollte.

Uta war eine Schwarzmieterin. Eine Wohnungsbesetzerin.

Eine um fünf Ecken bekannte ältere Dame war verschieden und noch bevor dies den Behörden der Wohnungsverwaltung bekannt wurde, saß Uta schon in der Wohnung und war nicht zu bewegen, da wieder auszuziehen. Bei jedem Klopfen oder Klingeln an der Tür schreckte sie hoch. Konnte ja die Polizei sein. Aber … sie hat es ausgesessen. Was sonst. Es gab keinen Wohnraum und schon gar nicht, wenn im Elternhaus genug Platz war. Wohnungen standen nur

Verheirateten zu und davon war Uta mit ihren Fünfundzwanzig noch weit entfernt. Also musste man sich nehmen, was einem nicht zustand. Eine Wohnung in Parterre. Kalt, weil neben der Toreinfahrt und über den Kellern. Ofenheizung in Küche und dem einzigen Zimmer. Kaltes Wasser in der Küche. Da gab es tatsächlich noch ein Ausgussbecken aus Emaille. Abgenutzt mit Rostflecken. Was jedoch für Uta den Ausschlag gab,diese Wohnung zu nehmen … sie hatte eine Innentoilette. Auch wenn der Raum nur einen halben Meter breit und zwei Meter lang war und sonst nichts weiter hineinpasste, Hauptsache ein WC. Das sollte sich jedoch noch als sehr heimtückisch herausstellen.

Bei den Gedanken an dieses gute Stück

musste Uta lachen. Das war doch tatsächlich ihr ganz persönlicher Alptraum und der Grund, warum sie diese Wohnung letztendlich nicht behalten durfte. Konnte. Wollte. Eines Morgens tapste Uta verschlafen auf die Toilette und stand plötzlich bis zu den Knöcheln im Wasser. Der kleine Raum war geflutet. Blitzschnell war Uta putzmunter und erkannte mit klarem Blick die Ursache des Dilemmas. Aus dem Rohr hinter dem WC schoß ein Strahl kalten Wassers in den Raum. Uta standen alle Haare zu Berge und das nicht nur wegen der nassen Kälte an ihren Füßen. Oh nein. Nun musste sie zur Wohnungsverwaltung und einen Reparaturschein holen. Oh man. Das war so gar nicht ihr Ding. Behörden. Handwerker.

Fremde Menschen. Was für ein Graus.

Was muss, das muss. In der Not wächst man über sich hinaus.

Uta hat alles allein, ohne Hilfe, geschafft. Abends hatte das Wasserrohr eine Muffe, das Wasser vom Boden war aufgewischt und alles wieder schön und trocken.

Bis zum nächsten Morgen. Ein Déja vu. Das Wasser hatte sich ein neues Loch gebohrt. War ja auch kein Wunder. Das Rohr wurde lediglich vom Rost zusammengehalten. So musste Uta, ob sie wollte oder nicht, erneut den Weg zur Wohnungsverwaltung antreten. Doch dieses Mal wollte sie nicht nur eine Muffe für ihre Wasserleitung. Nein, sie wollte einen Austausch der Selbigen.

Wann werden Wünsche schon erfüllt?

Da dieses Haus in den nächsten Monaten neu Instand gesetzt werden sollte, blieb es wieder nur bei einer Muffe.

Nach drei Wochen hatte das wasserlassende Rostrohr fünf Muffen und Uta ...

eine Wohnungszuweisung für eine rekonstruierte Altbauwohnung, Hinterhaus, drei Treppen. Ein großes geräumiges Zimmer mit Nachmittagssonne. Ofenheizung, aber es war ein Nachtspeicherofen. Eine schöne große Küche mit Speisekammer und Gasherd. Ein kleines Bad bestehend aus Dusche und WC.

Die erste richtige eigene Wohnung. Ein Traum wurde endlich war.


© A.B.Schuetze 12/2015




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Über den Autor

abschuetze
Wir schreiben heute den 24.Mai 2014 und ich trete voller Erwartung in die Gefielde von "myStorys" ein.
Ich bin A.B.Schuetze.

Wir kreuzen das Sternenbild "Schütze" und erkunden dessen Eigenschaften.

Da wir gerade davon sprechen ... vergesst alles, was ihr über Schütze-Frauen gelesen habt. So ganz unter uns ... ihr werdet mein Wesen darin nicht entdecken.

Hab ich eure Neugier erweckt? Wollt ihr mich kennen lernen?

Nichts leichter als das.
Ich treibe mich meist auf myStorys ... lest meine "Bücher" ... oder auf Facebook, Google u.s.w. herum :))
Irgendwo werdet ihr mich schon finden.

LG von Antje

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MerleSchreiber Es ist ein sehr feiner Humor, mit dem du viele deiner Geschichten würzt, liebe Antje. Dass das vorgegebene Thema dich zum Aufschreiben der leidvollen Wohnungserfahrungen bis hin zum Glück mit einem "g`scheiten" eigenen Refugium animiert hat, finde ich beachtlich. Ist mal etwas anderes, weg vom Herz-Schmerz-Liebes-Thema. Wohltuend! Ab Seite 7 hatte ich den extremen Wunsch im Hinterkopf, mehr und vielleicht auch etwas Spektakuläres über die Hausbesetzungssache zu erfahren. LACH! Auch hätte ich mir die Erzählung in der Ich-Form gewünscht, mit gefühlmäßigen Rückblenden so in der Art "Da stellt es mir sogar heute noch die Nackenhaare auf, wenn ich nur daran denke" statt "Uta standen alle Haare zu Berge", was irgendwie distanziert klingt. (Das ist jetzt aber nörgeln auf allerhöchstem Niveau, möchte ich betonen!!) Alles in allem ist es eine Geschichte, die mich erstens überrascht und zweitens neugierig gemacht hat, noch mehr über diese "Hausbesetzersache/Szene" zu erfahren!
Liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
Brianna_W Auch ich reihe mich gerne bei den Lobgebern ein. :) Herrlich authentisch und lebensnah geschrieben...ein ernstzunehmendes Thema mit der richtigen Dosis Humor gewürzt, so dass man allzu gerne und mit einem Schmunzeln Uta durch ihre Geschichte begleitet.
Toll gemacht!

Liebe Neujahrsgrüße
Brianna
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze Vielen DAnk für deine Zeilen und nicht zuletzt deine Neujahrsgrüße.

Dir ebenfalls ein Jahr voller ... sagen wir, voll mit dem, was du dir so wünschst und erhoffst.
LG von Antje
Vor langer Zeit - Antworten
EllaWolke Mit Uta ging es zurück zu einer Zeit, als Wohnungen noch .... manches hat sich seit damals verbessert. Oder eben auch nicht.

Mit Deiner unbeschreibbaren humorvollen Art geschrieben, war ich gern dabei mit Uta alles zu erleben.
Kritik zu üben fällt mir schwer.
Nicht nur, weil es nichts zu kritisieren gibt.
Wird mir bei den anderen Geschichten genauso gehen.

Einen schönen zweiten Feiertag wünsche ich Dir
Liebe Grüße
Deine Henriette
Vor langer Zeit - Antworten
sugarlady Pikante und gute Story.
Ich wünsche Dir schöne Weihnachten!
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze Danke für deine Zeilen. Vor Freude im Kreis hüpf :))

LG von Antje
Vor langer Zeit - Antworten
pianogirl19 Was für eine tolle erste Wohnung. Die letzten 2 Sätze fand ich echt
super,musste echt schmunzeln.
Wünsche dir ein frohes Weihnachtsfest
mit freundlichen Grüßen Vivien
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze Ich danke dir liebe Vivien.

LG von Antje
Vor langer Zeit - Antworten
Tintenklecks eine Geschichte, die im Stil einer biografischen Erinnerungserzählung daherkommt. Auch wenn sie von einem fremden Erzähler dargeboten wird. So fügt sch auch die Alltagssprache gut ins witzig und nicht wehleidig beschriebene Alltagsgeschehen. Die Sinuskurve aus Pech und Glück, wie sie das Leben immer zeichnet, ist durch die stringente Konzentration auf die Wohnungssituation und deren Veränderung fein sichtbar. Es wird eine Spur aus gelegt, die das zukünftige Geschehen als Bedrohung des Jetzt zeigt, und ebenso die Veränderung die in der Vergangenheit stattfand von Wohnungsbesetzung bis zur Vertreibung aus diesem Paradies. Die Geschichte hätte eine wohltuende Rundung erfahren, wenn sie in der Gegenwart oder gar im Übergang zur Zukunft geendet hätte. So deutet sich hier eine erzählerische Seitenstraße mit Blick auf die Männervielfalt im Seitenflügel, das eigentliche Kurzgeschichtenhema - das hier für mich "die Wohnung" war - wurde aber unterwegs verloren und das finde ich schade.
meint der Tintenklecks
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze Ja, so wünscht man sich einen kritischen Kommentar :)) und ich habe ich auch gleich an die Änderung gemacht. Habe die Männer weggelassen ---grins--
Vielleicht habe ich es so besser geschaft, beim "Wohnungsproblem" zu bleiben.

Vielen Dank für dein Zeilen.
LG von Antje
Vor langer Zeit - Antworten
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