Seitdem Galrens Vater vor 20 Jahren auf einer Expedition verschwand, hatte er nichts mehr von ihm gehört. Dies ändert sich schlagartig, als eines Tages ein Fremder in seinem Haus auftaucht und ihm eine Karte übergibt, die ohne Zweifel die Handschrift seines Vaters trägt. So macht er sich schließlich auf, die Route nachzuvollziehen, die dieser vor zwei Jahrzehnten genommen hatte, unwissend, das er dabei längst Teil eines viel größeren Spiels ist, das vor über einem Jahrtausend begann.
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Es war dunkel geworden im Haus und nur das Licht einer einzigen Kerze erhellte den Gang, als Kasran sich auf den Weg hinab ins Erdgeschoss machte. Das Zimmer des schlafenden Mädchens ließ er dabei hinter sich, nicht jedoch ohne sich zu vergewissern, dass Algim das Stockwerk verlassen hatte. Schlafend ja ? , fragte er sich selbst. Nein, das ist nicht was du gehört hast. Elin weinte. Aber du hast in deinem Leben mehr als genug Leute zum Weinen gebracht. Weinen betteln, flehen… Was bedeutet einer
mehr? Der Thane lehnte sich einen Moment mit dem Rücken an die Wand und massierte seine Schläfen. Die Dinge wurden langsam gefährlich. Früher war es ihm leichter gefallen, sich auf die vielen kleinen Dinge zu konzentrieren, die Pläne und das politische Ränkespiel dieser Stadt. Die Manipulationen… was nötig war um zu Überleben und voran zu kommen. Aber früher, das war vor einem guten Jahrhundert gewesen. Es hatte seine Gründe warum er Algim mit immer mehr Verantwortung betrauen musste, so wenig ihm der Mann behagte. Nein, es wurde mit den Jahren nicht leichter… Vielleicht würde der Marschall das auch
eines Tages verstehen. ,, Eines muss ich euch lassen, alter Mann. Das Mädchen scheint euch aus der Hand zu fressen, auch wenn ich nach wie vor nicht verstehe, was ihr überhaupt vorhabt.“ Ein Schatten war auf den Stufen der Treppe aufgetaucht, kaum zu erkennen im schwachen Kerzenschein. Doch das schimmern der Silberfäden auf Algims Umhang, die das Wappen der Mardar formten, verrieten ihn. ,,Glaube nicht, das würde mir Spaß machen.“ , erwiderte Kasran und fragte sich gleichzeitig wie viel von ihrem Gespräch der Mann mitgehört hatte. Es spielte auch keine Rolle. ,, Das einzige,
was du im Augenblick wissen musst ist, das sie unter meiner Beobachtung steht. Wie die Dinge jetzt aussehen, wird sie uns nicht erneut verlassen.“ ,,Erneut verlassen…“ Was sich auf dem im Halbdunkeln verborgenen Gesicht des Marschalls wiederspiegelte war grenzenlose Überraschung. Das beantwortete die Frage, wie viel er gehört hatte. Nicht genug um relevant zu sein. ,, Ihr wisst, das sie entkommen ist ? Und mehr noch ihr habt es geschehen lassen? Warum ?“ Natürlich verstand Algim es nicht. Und wie auch. Aber er hatte Galren nur einmal sehen brauchen um zu wissen, dass der Mann genau wie sein Vater
wurde. Dieser Ort hatte einen zerstörerischen Einfluss auf die Menschen wie es schien. Oder vielleicht auch nur auf Lahayes Familie. So oder so, es machte die Sache berechenbar. ,, Es gibt andere Möglichkeiten jemanden für sich zu gewinnen, als Gewalt und Furcht, weißt du. Olin hat das Schiff der Fremden nicht aus den Augen gelassen. Dieser Mann macht scheint die Fähigkeit zu haben, sich in Luft aufzulösen wenn er unentdeckt bleiben will.“ ,, Euer Spion…“ ,,Mein treues Auge. Und dank ihm weiß ich genau wo sie war. Zusammen mit einigen anderen Dingen. Das kann uns
durchaus nützlich werden.“ ,, Ich sehe nicht wie. Wir wollen die Fremden nur loswerden, was kümmert es uns da, ob unsere Geißel freiwillig bleibt oder nicht.“ Natürlich verstand Algim es nicht. Dafür war er zu Kurzsichtig. Auf die lange Sicht würde es nicht reichen, Elin und die anderen einfach zurück zu schicken. Sie mussten die Macht die der Prophet durch ihre Ankunft hier gewonnen hatte wieder brechen. ,, Ich sollte dir eigentlich sogar dankbar sein für deine Ignoranz. Dein Verhalten bringt sie nur mehr auf meine Seite. Aber im Gegensatz zu dir liegt mir nichts daran liegt mir nichts daran,
der Kleinen unnötiges Leid zuzufügen. Sie wird verletzt genug sein, bevor das alles vorbei ist.“ ,, Und wann wird es vorbei sein, Kasran ? Ein paar Tage noch. Also wie sieht euer Plan aus?“ ,, Du wirst es schon erfahren, wenn die Zeit gekommen ist. Geh jetzt.“ Einen Moment war der Thane überzeugt, dass Algim nicht auf ihn hören würde. Der Marschall blieb stehen, wo er war und sah ihn nur herausfordernd an. ,, Ich bin das Warten Leid, alter Mann. Diese Tollheit geht jetzt lange genug.“ Mit diesen Worten drehte der Zwerg sich um und verschwand durch die Tür und die Stufen
hinab. ,, Und genau darauf hoffe ich.“ , murmelte Kasran, der noch einen Moment stehen blieb wo er war. Mit einem hatte Algim Recht ob ihm das Bewusst war oder nicht. All das hier musste bald sein Ende finden. Manchmal fürchtete er wirklich, die letzte vernünftige Person in dieser Stadt zu sein. Und wenn dem so war, dann hatte er schon versagt… Zwei Tage später war Elin kurz davor den Verstand zu verlieren. Kasran hatte nicht gescherzt als er meinte, er würde die Wachen verstärken. Mittlerweile war es ihr unmöglich das Haus irgendwie zu
verlassen und sei es auch nur um einen Moment hinaus in die Gärten zu gelangen. Und selbst der Weg aufs Dach war ihr versperrt, nachdem Algim kaum noch von ihrer Seite zu weichen schien. Nur Nachts hätte sie den Versuch wagen können, doch mit all den neuen Posten… Sie hatte aufgegeben zu zählen, wie oft sie jeden Flur und jedes Zimmer des Anwesens bereits durchmessen hatte. Aber sie konnte auch nicht irgendwo sitzen bleiben und die Hände in den Schoß legen. Dann würde sie anfangen nachzudenken und nachdenken machte alles noch schlimmer. Es wäre ja nur noch kurz, sagte sie sich dann immer. Dann wäre sie frei. Aber
sie sehnte diesen Tag nicht wirklich herbei. Es würde nichts ändern. Ja sie wäre wieder frei, aber das hätte sie bereits zuvor sein können. Sie wollte Galren nicht wieder unter die Augen treten. Nicht dem Mann, der er geworden war. Und gleichzeitig wollte sie nicht hier eingesperrt bleiben… Eigentlich wollte sie gar nichts mehr… Zumindest war Algim an diesem Morgen nirgends zu sehen, dachte Elin, während sie sich wortlos an einem Tisch im oberen Stockwerk des Anwesens setzte. Sie wusste nicht ob die Diener des Thanen wussten wer sie war, aber zumindest schien Kasran ihnen aufgetragen zu haben für sie zu sorgen
und so stand bereits ein Korb Brot bereit, den sie jedoch schlicht ignorierte. Der Appetit war ihr ohnehin vergangen. Lediglich eines der Messer am Tisch ließ sie Gedankenverloren durch die Finger wandern. Stumpf, natürlich. Und was würde es ihr auch nützen wenn nicht. Algim zu töten dazu konnte sie sich ohne Probleme überwinden, dachte Elin. Aber nicht Kasran. Und damit war nicht einmal das ein Ausweg aus diesem ganzen Dilemma. Unruhig stand sie erneut auf .lies das Messer liegen wo es war und stieg die Treppe hinab ins Untergeschoss des Hauses. Hier befanden sich vor allem die Quartiere für Diener und Gefährten des
Thanen, sowie Küchen und Vorratskammern und eine Schreibstube mit Blick hinaus in die Gärten. Fast eine komplette Wand war durch mit Blei verfuge Glasscheiben ersetzt worden, so dass man beinahe glauben konnte, im freien zu sitzen. Es war einer der wenigen Orte in denen Elin nicht das Gefühl hatte vollkommen eingesperrt zu sein. Dafür, dass der Tag für die Angestellten des Thanen längst begonnen hatte, war es überraschend ruhig, als sie an den Küchen und den Kammern der Bediensteten vorbei ging. Die Tür zum Schreibzimmer wiederum war geschlossen, als Elin sie erreichte und noch bevor sie die Hand nach der Klinke
ausstrecken konnte, hörte sie Stimmen. ,, Ihr wisst genau so gut wie ich, dass das hier Hochverrat ist.“ , meinte eine Stimme, die Elin nicht kannte. Seltsam genug, dass jemand außer ihr, Algim und Kasran in diesem Haus sprach… Die Gefährten des Thanen waren alle stumm, die Wachen hatten ihr ohnehin nicht viel zu sagen und die Diener waren genau so leise wie unauffällig. ,, Ich traue dem Alten durchaus zu, uns auszutricksen. Wenn Kasran…“ ,,Der Thane wird nicht vor heute Abend zurück sein, da bin ich mir sicher.“ Das war Algim. Und so wie es klang, war der Mann bester Laune. ,, Wir haben also genügend
Zeit…“ Elin zog die Hand geräuschlos von der Türklinke und blieb stehen. Eigentlich hätte sie einfach wieder gehen sollen. Wenn Algim hier unten Beschäftigt war, kam sie vielleicht aufs Dach hinauf und wenn nicht so war sie wenigstens einmal eine Weile unbeobachtet. Doch ihre Neugier war letztlich stärker. Elin hatte das Gefühl in ihrer Lethargie über die letzten Tage fast vergessen, jetzt jedoch war es einmal wieder da und sie hieß es willkommen. Eine Ablenkung, etwas das sie aus dem ewigen Warten riss. Was hatte der fremde Sprecher eben gemeint? Das was immer Algim plante Hochverrat wäre… Geräuschlos sank Elin auf die
Knie und versuchte durch das Schlüsselloch zu spähen. Was sie sah waren erst einmal die zum Garten hin geöffneten Fenster und viel wichtiger war, was sie nicht sah… Die Wachen draußen waren alle so gut wie verschwunden. Vielleicht hatten sie Kasran begleitet oder waren auf der anderen Seite des Anwesens postiert worden solange Algim sich mit seinem Gast unterhielt. Dieser wiederum stand auf der anderen Seite des Tisches und war in eine goldfarbene Robe mit dem Wappen der Mardar gekleidet .Ihm gegenüber saß Algim in einem hohen Lehnstuhl hinter einem Schreibtisch. Der Marschall hatte
sich entspannt zurückgelehnt und spielte mit etwas zwischen seinen Fingern, das für Elin nach einem Siegel aussah. Vor ihm auf dem Tisch wiederum lag ein zusammengefalteter Brief und am Fuß einer Kerze sammelte sich langsam flüssiges Wachs. ,, Solange ihr dafür sorgt, Ratsherr, das dieser Brief alle wichtigen Mitglieder unseres Hauses erreicht, wird Kasran morgen früh bereits weniger als nichts sein. Es ist unser Glück, das mir der Alte immerhin genug vertraut um sein persönliches Siegel zu führen.“ Mit diesen Worten goss Algim etwas Kerzenwachs über den Brief und drückte den Stempel hinein, den er bis jetzt
zwischen den Fingern gehalten hatte. Das Wappen der Mardar mit einem stilisierten Edelstein darüber blieb als Abdruck zurück. Algim kratzte etwas überschüssiges Wachs vom Papier, bevor er ihn es schließlich dem Mann in der goldenen Robe reichte. ,, Und ihr seid euch sicher, dass das die Sache entscheiden wird, egal was der Thane tut ? Wenn nicht sind wir unsere Köpfe los. Kasran lässt in solchen Dingen nicht mit sich spaßen. Ich habe ihn erlebt als der letzte versucht hat, ihn auszuschalten. Es hat seinen Grund warm wir die ersten in 200 Jahren sind, die es wieder versuchen.“ ,, Er wird nicht mehr Thane sein, wenn
das vorbei ist. Sorgt nur dafür, dass die Versammlung des Hauses Bescheid weiß und sich morgen früh mit mir trifft.“ ,, Wie ihr wünscht.“ Der Fremde in der Robe verneigte sich bevor er sich daran machte, den Raum zu verlassen. Elin schlug das Herz bis zum Hals, als sie hörte wie seine Schritte sich der Tür näherten. Mit einem Satz war sie auf den Beinen und drückte sich flach gegen die Wand neben dem Durchgang. Sie sollte einfach verschwinden, sagte sie sich selbst. Sollte dieser irre Marschall doch machen was er wollte. Doch gleichzeitig… was immer Algim genau plante, hatte Kasran das verdient? Einfach so ausgeschaltet zu werden? Sie
war nicht Galren, dem scheinbar alles egal geworden war. Und doch wusste Elin, wenn sie sich jetzt zu weit aus dem Fenster lehnte, würde sie sterben. Der Thane war nicht hier und Algim könnte es sich nicht einmal erlauben sie am Leben zu lassen, wenn er sie nicht ohnehin hassen würde. Die Tür schwang knarzend auf und Elin betete inständig, der Fremde würde sich nicht umdrehen, wenn er die Tür schloss. Wenn doch musste er sie in jedem Fall sehen. Doch der Mann ging einfach nur den Gang hinab, weg von ihr, während die Tür wieder hinter ihm ins Schloss viel. Einen Moment war die Gejarn sich sicher, das schon ihr rasender Herzschlag
sie verraten musste und so wartete sie einen Moment ab, bis ihr Puls sich wieder beruhigt hatte. Dann erst machte sie sich daran, dem Mann in Gold zu folgen. Elin wusste, dass sie ihn erwischen musste, bevor er das Haus verließ. Wenn nicht, würde sie ihm nicht mehr folgen können. Vorsichtig näherte sie sich dem Mann, der dem Korridor in Richtung der Küchen folgte. Einmal musste sie stehenbleiben, als ihr ein paar Diener mit Körben voller Geschirr entgegen kamen und als der Mann dann um eine Ecke verschwand, war sie sich fast sicher, ihn nichtmehr einzuholen, bevor er die Haustür erreichte. Doch Algims
Bote war ebenfalls langsamer geworden. Jetzt oder nie, sagte Elin sich. Sie konnte sehen wo der zusammengerollte Brief aus seiner Tasche ragte. Zitternd streckte sie eine Hand aus, bekam das Papier zu fassen. Einen Moment drohten ihre verschwitzten Finger einfach abzurutschen, dann jedoch schlossen sie sich um den Brief, der aus der Tasche des Mannes glitt. Elin erstarrte, wo sie war, halb darauf gefasst, dass der Bestohlene etwas bemerken würde. Doch nichts dergleichen geschah. Er ging lediglich weiter, stieß einen Diener aus dem Weg, der ihn gezwungen hatte, langsamer zu werden und verschwand außer
Sicht.
Elin sackte wo sie war in sich zusammen, gegen die Wand gelehnt und um Fassung ringend. Sie lebte noch, sie hatte den Brief… und jetzt? Ihre Finger strichen über das Siegel auf dem Umschlag. Sie musste warten bis Kasran zurück kam und ihm dann sofort diesen Brief zeigen… Am liebsten hätte sie nachgesehen was darin stand, aber der Thane musste das intakte Siegel sehen oder er glaubte ihr eventuell nicht.
Terazuma Hi Eagle! Du liebe Zeit! In was hat sich Elin da nur schon wieder eingemischt? Und was ist mit Galren und den anderen. Passiert bei denen nichts in der Zwischenzeit? Das wundert mich etwas. ^^ Was es mit dem Brief auf sich hat würde ich aber wirklich gerne wissen!^^ LG Tera |
EagleWriter Tja was macht man mit einem Besessenen an Bord und keiner Möglichkeit irgendwo hin zu gehen ?^^ Elin ist halt eben nach wie vor der ,,Floh" Immer schön sprunghaft.^^ lg E:W |
abschuetze gewagtes Spiel :)) LG von Antje |
EagleWriter Das trifft es ziemlich gut ^^ lg E:W |