Gerade abends sollte man aufpassen. Denn dann ist kaum jemand am Strand. Ich war nur zufällig dort gewesen. Nach dem ich mich von allen getrennt hatte, die mich zum Saufen verleiteten und die nicht wirklich meine Freunde waren, ging es langsam, aber stetig, bergauf. Ich fand eine Anstellung, die mir relativ Spaß machte und mir ein wenig Geld einbrachte. Zwar konnte ich damit immer noch nicht im Luxus leben, aber mit etwas Sparsamkeit, kam ich sehr gut über die Runden und konnte ende des Monats etwas zurücklegen. Somit konnte ich mir endlich einen
Urlaub leisten. Die letzten Jahre hatte ich zu sehr andere unterstützt. Geld verliehen und nicht zurückbekommen, wie eigentlich versprochen war. Zwar war ich immer noch allein, aber mir ging es dennoch ganz gut. Endlich hatte ich mich unter Kontrolle. Es war ja auch keiner mehr da, der mir ein Bier vor die Nase stellte. Keiner, der mich dermaßen auf die Palme brachte, das ich nur noch saufen wollte. Um genau zu sein hatte ich niemanden mehr. Anfangs war es schon irgendwie ein scheiß Gefühl, zu wissen, das man rein niemanden hatte, zu den man gehen konnte. Andererseits wurde überall nur gesoffen und ich hatte mich stets dazu
verleiten lassen. Darunter litt die Ordnung in meiner Wohnung, die Jobsuche und mein Gedächtnis. Deswegen musste ich mich von allen trennen. Sonst wäre ich im Suff geendet und hätte nicht wieder herausgefunden. Viele Jahre war es her, das ich das letzte mal im Urlaub gewesen war. Ich erinnere mich noch ganz genau daran, das ich meine Oma von da aus angerufen hatte und sie meinte, das ich klang, als stünde ich genau neben ihr. Wenn ich sie von meinem Festnetz aus angerufen hatte, klang ich nicht so klar und deutlich, obwohl da deutlich weniger Kilometer zwischen uns lagen. Ich war nur wieder in dieses Land
geflogen, weil der Flug billig war. Damals hatten wir auch nur einen Hin- und Rückflug gebucht. Unterkunft hatten wir uns dort gesucht. Ziemlich leicht, wenn man außerhalb der Saison in Urlaub fliegt. Nur hatten wir damals kein optimales Badewetter gehabt. Zwar waren die Lufttemperaturen sehr angenehm und sommerlich gewesen, aber das Wasser fror einem alles ab. Es bekam noch nicht genug Sonne, um sich aufzuwärmen. Spazieren gehen war eh mehr mein Ding, als baden. In jenem Jahr war ich alleine geflogen. Ohne weiblichen Anhang. War schon irgendwie komisch. Aber ich fühlte mich auch frei. Ich brauchte auf
niemanden Rücksicht nehmen. Konnte lange Spaziergänge machen. In Museen gehen. Niemand würde mir die Ohren volljammern. Pause war, wenn ich es wollte. Nicht früher. Jede Nacht verbrachte ich woanders. Ich wollte nicht sesshaft werden, sondern das ganze Land kennenlernen. Die Kultur und die Natur. Zeit hatte ich nur begrenzt und die wollte ich nicht mit gammeln nutzen. Das hatte ich beim letzten mal getan. Da hatte ich viel gelesen, gef...gefallen daran gefunden, mir ihr allein zu sein. Weit und breit keine Verwandtschaft. Eine bekannten Gesichter. Das war herrlich. Leider war diese Zeit viel zu schnell vorbei
gegangen. Eines abends ging ich am Strand spazieren. Hing meinen Gedanken nach. Überlegte, was mich nach Hause zog. Schon als ich das letzte mal hier gewesen war, hatte ich den Gedanken, hier zu bleiben. Mir einen Job zu suchen und nie wieder nach Hause zu fliegen. Aber ich hatte das Maul nicht aufgekriegt. War zu feige nachzufragen, ob eine Stelle frei war. Mit meinem Schulenglisch konnte ich mich ziemlich gut verständigen. Einige verstanden auch sehr gut deutsch. Oft dachte ich darüber ach und biss mir selber in den Arsch, weil ich es nicht gewagt hatte, nach einem Job zu fragen. Vielleicht
hätte dies unsere Beziehung gerettet. Denn in dem Urlaub wurden wir als Paar akzeptiert. Ganz im Gegenteil zu daheim. All das ging mir im Kopf herum, als ich am Strand spazieren war. Hilferufe katapultierten mich aus meinen Gedankengängen in die Realität. Es war nicht mehr ganz hell gewesen und der Strand ziemlich leer. Streng genommen, sah ich niemanden. Irgendwo im Wasser sah ich jemanden winken. Ich dachte mir, das dieser Mensch derjenige war, der um Hilfe schrie. Schnell zog ich mir die Schuhe und meine Hose aus und sprang in das kalte Nass. War das ein Schock gewesen. Aber ich erholte mich schnell, denn da schrie jemand um Hilfe.
Obwohl ich nicht der beste Schwimmer war – um ehrlich zu seine, ich habe gerade mal die Grund- und die erste Stufe – schwamm ich ziemlich gut und zügig. Plötzlich tauchte vor mir noch etwas anderes auf. Kein Mensch, sondern ein Tier. Es war ein Hund gewesen, der sich kaum noch über Wasser halten konnte. Innerhalb von Sekundenbruchteilen musste ich mich entscheiden. Der Hund oder der Mensch. Ich konnte nur ein Lebewesen retten. Um ehrlich zu sein, hatte ich Probleme, selber sicher an Land zu kommen. Meine Kondition war unter aller Sau. Zeit zum denken blieb mir da nicht. Also nahm ich mir den Hund und
schwamm mit ihm zurück. Nicht nur, weil er mir am nächsten gewesen war. Menschen hatten mich zu oft enttäuscht und mir wehgetan. Tiere hingegen, waren schon immer meine besten Freunde gewesen. Fanden schnell vertrauen zu mir. Brachten mich zum Lächeln. Mir tut es schon leid, um sein Herrchen, oder Frauchen. Aber ich hatte echt keine Kraft mehr gehabt. Wer weiß, ob ich die paar Meter zu seinem Menschen geschafft hätte, beziehungsweise, bis zurück zum Strand. Ich hatte schon riesige Probleme mit dem Hund an Land zu kommen, ohne unterzugehen. Ich war so was von geschafft gewesen, das
ich die Nacht am Strand verbringen musste. Die Kraft aufzustehen, brachte ich einfach nicht auf.
Als der morgen graute, raffte ich mich auf und schritt langsam auf mein Hotel zu. In meinem Schatten lief mein neuer Freund und Begleiter.
Superlehrling :-) |