Romane & Erzählungen
Schulgeschichten Was Sartre mit Kohl zu tun hat

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"Schulgeschichten Was Sartre mit Kohl zu tun hat"
Veröffentlicht am 27. November 2015, 8 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
© Umschlag Bildmaterial: pitchayarat2514 - Fotolia.com
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Über den Autor:

Literatur war mir in meinem Leben schon während der Schulzeit sehr wichtig. Doch ich habe erst seit ein paar Jahren die Zeit gefunden, selbst zu schreiben. Ich freue mich über Lob, bin aber für alle Verbesserungsvorschläge offen. Ich lese immer wieder in Literaturgeschichten, weil ich meine,dass wir nur so entdecken können, wie wir einen ganz bescheidenen Beitrag dazu leisten können, dass Literatur sich weiter entwickelt.
Schulgeschichten Was Sartre mit Kohl zu tun hat

Schulgeschichten Was Sartre mit Kohl zu tun hat

In meinen beiden ersten Schulgeschichten habe ich düstere Seiten von Schule in den 50er Jahren beleuchtet. Diesmal habe ich Erfreulicheres zu berichten, jedoch nicht nur. Das Unerfreuliche ist jedoch nicht der Schule zuzuschreiben, die ich erlebte..

Als wir 1955 in die Oberstufe versetzt wurden, hellte sich das Lernklima auf. Das lag zum einen daran, dass wir nicht mehr geschlagen wurden, und zum anderen daran, dass auf der Oberstufe junge engagierte Lehrer eingesetzt

wurden, denen daran lag, uns zu guten Demokraten zu erziehen.
So kam es, dass sich einige von uns, je nach Begabung und Neigung unterschiedlich, auf die eine oder andere Schulstunde freuten.

Ich war von dem Deutschunterricht fasziniert und das, obwohl wir weiterhin die Klassiker lasen, die mich auf der Mittelstufe gelangweilt hatten, weil dort oberflächlich Inhalte nachgebetet wurden,die für die Adenauer-Zeit systemstabilisierend waren. Das sollte sich nun gründlich ändern, weil der Deutschlehrer uns beibrachte, gegen den Strich zu lesen und gerade das zu

diskutieren, was eine bürgerliche Tradition der Klassiker übersehen und bewusst stillgelegt hatte.

Aber es waren nicht in erster Linie die deutschen Klassiker, sondern internationale Literatur, die einigen von uns das Gefühl von Freiheit im dumpfen Mief eines Jahrzehnts der Restauration spießbürgerlicher Moral gaben.

Ich orientierte mich an vielversprechend aufsässigen Titeln und so kam ich mit „Der ehrbaren Dirne“ und den „Schmutzigen Händen“ nach Hause. Meine Eltern waren wie einige Erzieher ihrer Generation damals noch im

nationalsozialistischen Denken befangen, hatten aber eine Rückkehr zur Kirche beschlossen. Sie verfolgten den umerziehenden Deutschunterricht mit Misstrauen, wagten aber nicht den Deutschlehrer des humanistischen Gymnasiums, zu dem sie mich geschickt hatten, offen in Frage zu stellen. Ich hätte mich hinter einer angeblichen Empfehlung des Pädagogen verstecken können, gab aber meine Buchauswahl wahrheitsgemäß als eigene Entscheidung aus.
Die Eltern hatten überhaupt keine Ahnung von der Philosophie Sartres, spürten aber intuitiv, dass diese ihre Erziehungsideale radikal in Frage stellen

würde, und so ergab sich schnell ein substanzloses Streitgespräch, in dem wir aneinander vorbeiredeten. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass sie Sartre einen respektlosen Nihilisten nannten, der alle bürgerlichen und christlichen Tugenden, ohne einen Ersatz dafür bieten zu können, niedermache. Sie sahen zwar berechtigt in Sartre einen antibürgerlichen Autor. Dennoch warf ich ihnen nicht  unberechtigt vor, über Dinge zu reden, von denen sie nichts verstünden.
Wir hatten einen sehr großen Garten, dessen Erträge wegen des kleinen Gehalts meines Vaters für unseren Lebensunterhalt notwendig waren. Das

sah ich ein, und so arbeitete ich nolens volens im Garten mit. Aber unser Streitgespräch mündete in dem Befehl: „Du gehst jetzt in den Garten und gräbst das Kohlbeet um. Das wird dich von deinem Sartre kurieren.“
Was sollte ich machen? Ich wollte studieren und war von meinen Eltern abhängig. So ließ ich dann meine Wut an den Kohlstrunken aus, die ich ihrer Existenz beraubte.
Falls Sie darauf gewartet haben, dass ich etwas über Helmut Kohl sagen würde. Der hatte mit Sartre auch nie was am Hut.

© Ekkehart Mittelberg, November 2015

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Hörbuch

Über den Autor

Phantasus
Literatur war mir in meinem Leben schon während der Schulzeit sehr wichtig. Doch ich habe erst seit ein paar Jahren die Zeit gefunden, selbst zu schreiben.
Ich freue mich über Lob, bin aber für alle Verbesserungsvorschläge offen.
Ich lese immer wieder in Literaturgeschichten, weil ich meine,dass wir nur so entdecken können, wie wir einen ganz bescheidenen Beitrag dazu leisten können, dass Literatur sich weiter entwickelt.

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Rajymbek 
Nun ja, Sartre war so ein Typ für sich. Über ihn konnt und kann man sich vorzüglich streiten. Grins

VLG Roland
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Merci, Roland, in den 50er Jahren wren wir natürlich froh, dass er frische Luft in die Windstille brachte.
VLG
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
mukk  lieber Ekki, eine Erzählung, die mich in meine Jugend eintauchen lässt und Erinnerungen wachruft, eine Erzählung, die uns nachdenklich macht und die heutige Zeit doch mehr schätzen lässt.
Mir fällt zu Sarte aber noch eine andere Erzählung ein.Ob wahr oder von meinem Mann erfunden weiß ich nicht. Mein Mann besuchte die LBA, damalige Lehranstalt für angehendeLehrer. Im Deutschunterricht hatten die Schüler zu Sartres "Schmutzige Hämnde" eine Abhandlung zu schreiben.Ein Witzbold der Klasse und äußerst dreister Kerl gab sein Heft so ab, indem er einen Abdruck seiner schmutzigen Hände auf zwei Blatt Papier presste und "schmutzige Hände" darunter schrieb.
Die Aktion löste Diskussionen aus, jedoch kein ungenügend.
Mit liebem Gruß
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Merci, Ingrid, ich finde die Anekdote witzig. Der Witzbold hatte hatte mit seiner Betonung der Aktion ein sehr modernes Kunstverständnis.
Liebe Grüße
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
Herbsttag Damals war wohl Angepasstsein ein überlebenswichtiges Attribut in den Augen vieler Eltern. "Kind, was würde denn dein Pfarrer/ Lehrer/ unser Nachbar dazu sagen, wenn er wüßte..."
Ein Sartrezitat, das mir für die heutige Zeit wie gemacht erscheint: "Wenn ihr eure Augen nicht gebraucht, um zu sehen, werdet ihr sie brauchen, um zu weinen."
Grüße Ira
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus ja, Ira, es wr eine sehr angepasste Zeit.
Das Sartre-Zitat gefällt mir sehr gut. merci.
liebe Grüße
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
tooshytowrite 'Substanzlose Streitgespräche', ach, wie ich die hasste. Und das hirnrissige Verlangen, Jugendlichen vorzuschreiben, was sie lesen oder nicht lesen dürfen. Ohne die betreffenden Bücher je selbst zu lesen.
Danke für die Pointe, die ist so tröstlich und spricht sehr für Jean-Paulchen's Werk.
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Merci, Shy, Sartre ist gerade jetzt auf dem Höhepunkt des Terrorismus wieder sehr aktuell, zum Beispiel sein Drama "Die Schmutzgen Hände".
Vor langer Zeit - Antworten
Magnolie Eine schöne Geschichte mit einer guten Pointe, lieber Ekki.
Liebe Abendgrüße
Manu
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Phantasus Das freut mich, Manu, an der Pointe lag mir sehr.
Einen heiteren Abend für dich
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
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