Romane & Erzählungen
Schulgeschichten "Pers"

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"Schulgeschichten "Pers""
Veröffentlicht am 26. November 2015, 6 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Literatur war mir in meinem Leben schon während der Schulzeit sehr wichtig. Doch ich habe erst seit ein paar Jahren die Zeit gefunden, selbst zu schreiben. Ich freue mich über Lob, bin aber für alle Verbesserungsvorschläge offen. Ich lese immer wieder in Literaturgeschichten, weil ich meine,dass wir nur so entdecken können, wie wir einen ganz bescheidenen Beitrag dazu leisten können, dass Literatur sich weiter entwickelt.
Schulgeschichten "Pers"

Schulgeschichten "Pers"

In den frühen 50er Jahren hatte ich einen Mitschüler, der mit dem Spitznamen „Pers“ gehänselt wurde.

Damals sagte man umgangssprachlich von Menschen mit einem üppigen und kräftigen Haarwuchs, sie hätten einen Perser. Warum gerade diese Ethnie dafür herhalten musste, weiß ich nicht.
Mit Pers und seinen Haaren hatte es eine besondere Bewandtnis. Während sein vorderer Kopf fast kahl war, entsprossen sie hauptsächlich seinem Hinterkopf und waren von ungewöhnlicher Länge, sodass sie ihm oft in die Stirn fielen, wenn er den Kopf neigte.


Er hatte sich deshalb angewöhnt, mit einer ruckartigen Bewegung des Kopfes die Haare wieder nach hinten zu werfen.

Das konnte nicht unbemerkt bleiben, und so wurde der friedliebende, zurückhaltende Junge zum Opfer des Aggressionstriebs seiner Mitschüler. Die hinter ihm saßen, strichen ihm während unbeobachteter Momente im Unterricht vom Nacken über den Kopf, sodass ihm die Haarpracht ins Gesicht fiel, und sie weideten sich an seinem reflexartigen Kopfwerfen, mit dem er die Haare aus seinem Blickfeld entfernte. Dabei riefen sie höhnisch „Pers“ im Chor und

ergötzten sich daran, dass dem Armen die Zornesröte ins Gesicht schoss und er hilflose Abwehrworte stammelte.

Die üblen Streiche mit dem seltsamen Haarwuchs von Pers wären wohl nicht Anlass genug, diese Geschichte zu erzählen. Aber es kam verschärfend hinzu, dass Pers kein leistungsfähiger Schüler in einem System war, in dem abstraktes Denken über die Maßen belohnt wurde und zum Beispiel handwerkliche Fähigkeiten nichts galten. Schüler, die diesen Abstraktionsanforderungen nicht gerecht wurden, mussten sich diskriminierende Sprüche eines Teils der Lehrer anhören,

unter denen“Geh ab und werde Postbote“ noch relativ harmlos war.

So wurde dem hilflosen Jungen von einem unserer Lehrer schamlos ins Gesicht gesagt, er habe ein „Spatzenhirn.“ Das weckte nicht etwa Mitleid meiner Mitschüler. Vielmehr verstärkte es noch deren Hänseleien, weil die Rangordnung in der Klasse weitgehend von der Schulleistungsfähigkeit bestimmt wurde.

So wurde Pers zum Opfer einer Kette von Aggressionen, die von einem Lehrer mitgeschmiedet

wurde.

Ich schämte mich deswegen zwar schon damals, brachte aber weder den Mut noch die Kraft auf, den scheinbar harmlosen Scherzen Einhalt zu gebieten.
Pers verließ wie so viele andere Mitschüler noch auf der Mittelstufe unsere Schule, und ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist. Aber wenn ich mich seiner erinnere, schäme ich mich noch heute.

© Ekkehart Mittelberg, November 2015

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Über den Autor

Phantasus
Literatur war mir in meinem Leben schon während der Schulzeit sehr wichtig. Doch ich habe erst seit ein paar Jahren die Zeit gefunden, selbst zu schreiben.
Ich freue mich über Lob, bin aber für alle Verbesserungsvorschläge offen.
Ich lese immer wieder in Literaturgeschichten, weil ich meine,dass wir nur so entdecken können, wie wir einen ganz bescheidenen Beitrag dazu leisten können, dass Literatur sich weiter entwickelt.

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Herbsttag Man sagt nicht umsonst: "Kinder können grausam sein". Wenn dann die Lehrer in die gleiche Kerbe hauen, dann ist man als "Opfer" verraten und verkauft. Gern gelesen. Ira
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Merci, Ira, dein Hinweis auf die kindliche Grausamkeit stimmt. Ich werde dazu noch eine Schulgeschichte einstellen.
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Ach ja, die kleinen Sünden der Vergangenheit. Auch mich holen sie ein. Doch ändern kann die Vergangenheit keiner. Man kann nur hoffen das die Opfer keinen allzu großen Schaden genommen haben.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Gast Merci, Harry, das Schlimme ist, dass sie damals nicht einmal als Opfer angesehen wurden.
LG
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Stimmt auch. Man wünscht sich das man zu der Zeit das Zusammenleben besser gelernt hätte. Aber wie das so ist: Am Ende ist man immer schlauer. Und hoffentlich Verantwortungsbewusster.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Gabriele Hallo :-)
ich bin "zufällig" auf deine Seite und diese Geschichte gestoßen und sie hat mich sehr interessiert, weil ich in der Grund- und Realschule auch immer wieder (besonders wegen meiner Hörgeräte) gehänselt und geärgert wurde. Und ich glaube, es gibt viele Kinder und Jugendliche, welche gehänselt oder gemobbt werden. In meinem Fall muss ich sagen, dass es mir immer wieder auch Ansporn war, mit meiner eigenen Behinderung so gut wie möglich klar zu kommen..... dies hatte den "Erfolg", dass im Berufsleben keiner mehr auf die Idee gekommen wäre, ich sei schwerhörig. Und heute z.B. gehe ich so gelassen und selbstverständlich damit um, dass Schulkameraden wahrscheinlich nur noch staunen würden!!! Es mag also sein, dass Pers etwas Besonderes aus seinem "Defizit" gemacht hat :-)
Sehr gerne gelesen, lasse ich viel Grüße da, Gabriele
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Grazie, Gabriele, wie schön, dass du es so gut geschafft hast und darüber ermutigend schreibst.
Liebe Grüße
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
Darkjuls Solch Hänselei oder Mobbing hängt dir meist das ganze Leben an. Furchtbar. Es kann jeden treffen. Selbst, wenn man sich mit Gutem hervortut, kann man gemobbt werden. Das sollte uns aber nicht abhalten, wir selbst zu bleiben. Ein gutes Selbstbewusstsein ist da von Nöten. LG marina
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Richtig, Marina. Es gibt übrigens ein Mittel gegen Hänselei und Mobbing, indem man die erste Aussage des Mobbers selbstironisch so maßlos übertreibt, dass er sie nicht mehr toppen kann. Merci.
LG
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
Magnolie Deine Gefühle ehren dich, aber was hättest du tun können. Heute würde man Mobbing und Bossing dazu sagen. Ganz schwere Situation, auch für dich.
Liebe Grüße
Manu
Vor langer Zeit - Antworten
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