Kurzgeschichte
Beichten und Sterben

0
"Wäre sie doch nur ehrlich zu ihm gewesen, dann wäre alles anders gekommen"
Veröffentlicht am 15. November 2015, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Smileus - Fotolia.com
http://www.mystorys.de
Wäre sie doch nur ehrlich zu ihm gewesen, dann wäre alles anders gekommen

Beichten und Sterben

Titel

Ich bin jetzt dreiundneunzig und liege im Sterben. Vor dem Tod habe ich keine angst. Aber bevor ich in das andere Reich eintrete, muss ich noch etwas beichten, was mir auf der Seele brennt. Es belastet mich seit Jahren. Kein Tag vergeht, an dem ich es nicht bereue. Wir waren gemeinsam im Urlaub gewesen. Lange musste ich dafür sparen, um mir den Urlaub leisten zu können. Meine Frau ging ja nicht arbeiten. Denn weder hatte sie eine abgeschlossene Berufsausbildung, noch hatte sie Berufserfahrung gehabt. Sie konnte gar nichts vorweisen. Deshalb

fand sie auch keine Arbeit. Mir war das egal gewesen. Ich liebte sie. Und jeder konnte es sehen. Alle wussten, wie sehr ich sie liebte. Sogar vergötterte. Damals war Kroatien noch nicht überlaufen. Es gab zwar Tourismus, aber der hielt sich in Grenzen. Zu dem Zeitpunkt war noch Malle angesagt. Und Ibiza. Dies war ein Grund, warum mir Kroatien so sehr gefiel. Wenig Landsleute, dafür sehr nette Einheimische. Kroaten, so schien es mir, sind nicht Geldgierig. Es hieß öfter mal: Lass stecken, oder Runden wir es ab. Das habe ich bei uns noch nie gehört. Wir waren außerhalb der Saison

geflogen. Somit sparten wir Geld und nichts war überlaufen. Das Wetter war zwar noch nicht so gewesen, wie man es von einem Urlaub am Meer erwartete, aber es war auch nicht so gewesen, das man nichts machen konnte. Außerdem bot Kroatien mehr, als nur Meer. Ich war eh nicht der Typ, de sich gern im Wasser tummelte. Man fror, wenn man ins Wasser stieg und man fror, wenn man aus dem Wasser wieder herauskam. Das war absolut nicht mein Ding. Viel lieber ging ich spazieren und schaute mir Kultur und Natur an. Schwimmen kann ich auch in einem See, oder im Hallenbad. Da brauche ich nicht extra ans Meer zu

fahren. Bei einem unserer Spaziergänge war es dann geschehen. Sie beichtete mir untreu gewesen zu sein. Nicht nur einmal, sondern mehrfach. Wir befanden uns gerade in einem dichten Wald, als sie es mir sagte. Ich fragte sie, warum sie es getan hatte. Sie antwortete, das ich ihr zu langweilig sei. Das verstand ich nicht. Denn ich hatte Idee reingebracht. Habe sie immer wieder gefragt, was sie will. Ihre Antwort war stets, dass sie zufrieden sei, so, wie es war. Und dann kam das. Da drehte ich durch. Nahm einen herumliegenden Ast und schlug auf sie ein. Immer und immer wieder. Bis sie sich nicht mehr

regte. Ich war nicht mehr Herr meiner Sinne gewesen. Eine äußere Kraft hatte mich geführt. Hatte mich dazu gebracht, meine Frau umzubringen, die ich über alles geliebt habe. Wie ich ihre Leiche verschwinden ließ, weiß ich nicht, da ich erst im Hotel wieder zu mir kam. Aber bestimmt hatte ich sie mitten im Wald vergraben. Die Blutspuren mit Reisig und Erde bedeckt. Zur Polizei ging ich erst am Morgen danach. Ihnen erzählte ich, das meine Frau hinter einem Baum musste und ich derweil weiterging. Als ich bemerkte, das sie nach etwa zehn Minuten noch immer nicht wieder bei mir war, dachte ich mir, das sie zurückgelaufen sei, da

sie nur ungern wanderte. Am Abend wollte ich schon, weil sie immer noch nicht zurück war, zur Polizei gehen. Aber ich dachte an die Filme und Serien. Und da hieß es immer, das man erst nach vierundzwanzig Stunden eine Vermisstenanzeige machen kann. Außerdem war noch die Hoffnung da, das sie noch eintrudeln würde. Sie glaubten mir. Ich war auch sehr überzeugend. Ließ Tränen fließen. Bekam Mitleid und leere Versprechen. Bis heute wurde sie nicht gefunden. Muss ich gut gewesen sein. Wenn mein Gewissen mich nicht so quälen würde, könnte ich stolz auf mich sein. Warum war sie nicht ehrlich zu mir und

hat mir gesagt, was sie will? Wieso hatte sie mich belogen und ging mit anderen ins Bett? Sie würde heute noch leben. Zumindest hätte ich sie nicht umgebracht. Schließlich hatte ich sie geliebt. Sie war mein ein und alles. Meine Göttin.

0

Hörbuch

Über den Autor

Superlehrling

Leser-Statistik
3

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Zeige mehr Kommentare
10
0
0
Senden

137217
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung