Kapitel 46 Der König der Zwerge
,, Herr…“ Hadrir war bis vor das Podest vorgetreten und verbeugte sich vor dem Mann auf dem Kristallthron. Dieser sah nur wortlos auf den Mann hinab. Mit einer Geste bedeutete er ihm schließlich, sich wieder zu erheben. ,, Ich bringe euch hier die Fremden, die heute bei uns ankamen. Ich denke, es obliegt euch mit ihnen zu besprechen, was es zu besprechen gibt Im Gegenzug darf ich euch mit seiner Majestät Brunar Silberstein bekannt machen. Herrscher
und König der Zwerge und dieser Stadt. Wenn ihr euch nun vorstellen könntet…“
,, Ich bin Armell D'Ambois.“ , erklärte Armell. ,, Herrin von Freybreak und ich kann von mir behaupten diese Expedition anzuführen… König.“
,, Zauberer Merl aus Silberstedt.“ , stellte der junge Magier sich als nächstes vor.
,, Naria von Maras.“
,, Lias, Paladin Helikes.“ , war nun der Schwertmeister an der Reihe und als Galren nichts sagte, stellte sich schließlich auch noch Elin vor, auch wenn sie nur ihren Namen nannte.
Galren seinerseits beobachtete den König die ganze Zeit genau. Keiner der Namen
hatte es geschafft, bei ihm irgendeine Regung auszulösen. Mit starrem, vielleicht sogar gelangweiltem, Blick musterte er die Gruppe vor sich. Aber noch musste Galren sich vorstellen und langsam aber sicher war er es Leid um das Thema herumzuschleichen.
,, Mein Name ist Galren Lahaye.“ , erklärte er schließlich, laut genug, das seine Worte von den Wänden des Saals wiederhallten. ,, ich denke ihr kennt ihn bereits, den ich bin hier, weil ich meinen Vater suche. Varan Lahaye. Ich weiß bereits, dass vor zwei Jahrzehnten jemand vor uns hier ankam. Was mich interessiert ist, was mit ihnen geschehen
ist.“
Der König erwiderte nichts, aber zum ersten Mal bekam seine starre Mine Risse. Sein Blick wanderte zu Hadrir, der sofort die Augen niederschlug und ein Stück vom Thron zurück trat. Offenbar hatte er schon zu viel verraten, als er die anderen Fremden erwähnte… Aber das war nicht seine Schuld, dachte Galren. Und es hätte schon gar nicht etwas geändert.
,, Falls ihr darüber nachdenken solltet, Hadrir hier zu bestrafen solltet ihr euch vielleicht klar machen, das ich diese Frage ohnehin gestellt hätte. Ich weiß, dass er es hierher geschafft hat. Und ich weiß, das sein Schiff später in meiner
Heimat angespült wurde. Was ich nicht weiß ist, was mit ihm geschah. Also bitte… es geht mir nur darum endlich einen Schlussstrich ziehen zu können, eure Majestät. Weder habe ich vor eurem Volk zu Schaden noch einer meiner Gefährten. Aber ich werde auch nicht mit leeren Händen gehen.“
Stille senkte sich erneut über die Halle und Hadrir sah ihn einen Moment mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Unsicherheit an. Als der König schließlich sprach, war seine Stimme barsch und er kurz angebunden.
,, Ja ich weiß von wem ihr sprecht. Varan Lahaye war hier… aber ich fürchte ihr kommt zu spät. Euer Vater
verließ uns bereits vor vielen Monden wieder. Es tut mir leid, das eure Reise umsonst war.“
Nein, dachte er, das tat es nicht. Und trotzdem bekam die Stimme des Mannes gegen Ende etwas Mitfühlendes. Etwas, das Galren nicht von ihm erwartet hatte. ,, Ich weiß durchaus welche Strapazen man auf sich nehmen muss um die Stürme zu überwinden. Sagt mir… wie habt ihr das fertig gebracht?“
,, Nun… ich wusste einfach was nötig war um uns hindurchzubringen… schätze ich.“
Zum ersten Mal huschte der Anflug eines Lächelns über Brunars Mine, als hätte er mit dieser Antwort gerechnet. ,, Ich
erinnere mich, das euer Vater genau so war, Junge. Er nannte es glaube ich… Wegfindung.“
Wegfindung… Es schien zu passen, dachte Galren und irgendwie… es war seltsam dem ganzen endlich einen Namen geben zu können. Seltsam, aber erleichternd. Es änderte nichts. Aber es waren gleichzeitig die ersten Worte seines Vaters, die ihn seit zwanzig Jahren erreichten wenn auch über Umwege. Er wusste immer, dass sein Vater die gleiche Begabung gehabt hatte. Und doch hatte er ihm nie viel darüber verraten. Das war immerhin etwas… und doch so wenig, das Galren seine Enttäuschung nicht ganz verbergen
konnte.
,, Verzeiht, aber diese Stürme… Hadrir meinte eben sie wären immer da?“ Merl hatte die Arme in den Ärmeln seiner Robe verschränkt und blinzelte Neugierig zum König herauf.
,, Zumindest solange mein Volk sich zurück erinnern kann. Sie haben sich erst nach unserer Ankunft hier gebildet, aber seitdem sind sie beständig stärker geworden. Viele haben schon versucht, hindurch zu gelangen aber die wenigsten hatten Erfolg.“
,, Aber woher kommen sie ? ich meine… ich habe keinerlei Magie gespürt als wir hindurch sind… oder vielleicht war ich zu beschäftigt damit am Leben zu
bleiben.“ , murmelte Merl. ,, Naria ?“
,, Nein.“ , antwortete die Gejarn ruhig. ,, Da war nichts.“
,, Die Natur kann überraschend mächtig sein.“ , meinte Lias ,, Nicht alles ist Magie.“
,, Das leugne ich auch gar nicht, aber ein Sturm der Ewigkeiten anhält ?“ , fragte Merl. ,, Die Zwerge traten ihre Reise vor mehreren Jahrhunderten an…“
,, Ich bezweifle, das ihr eine Antwort findet werdet.“ , meinte der König kalt. ,, Und wenn ich euch eine Empfehlung geben darf, dann würde ich an eurer Stelle dorthin zurückkehren wo ihr herkamt. Und zwar so schnell wie möglich. Nehmt dies nicht als
Drohung… sondern als gut gemeinten Ratschlag. Es gibt Kräfte in dieser Stadt die Fremden gegenüber alles andere als Nachsichtig sein werden.“
Wollte der König ihnen das jetzt wirklich als Nachstich verkaufen? Galren hatte langsam genug von der Art des Mannes. Warum bloß schien er sie so schnell wie möglich wieder loswerden zu wollen? Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass er Zeit gewinnen musste. Wenn es hier Antworten gab, dachte Galren würde er sie offenbar selber suchen müssen.
,, Ich fürchte, das wird nicht so einfach sein.“ , erklärte er und genau genommen log er damit nicht einmal. ,, Bevor wir
nicht unser Schiff repariert haben, werden wir leider hier bleiben müssen. Ich schätze würden wir so versuchen euch zu verlassen, würden wir kentern bevor wir die Hafenausfahrt erreichen. Dann säßen wir endgültig hier fest, Herr.“
Der König musterte ihn einen Moment aus seinen seltsamen Augen, die um so vieles älter zu sein schienen als der Rest seines Körpers. ,, In diesem Fall stelle ich euch alle Handwerker und alles an Material zur Seite, das ihr braucht. Je eher ihr euer Schiff wieder seetauglich macht, desto besser. Und Hadrir hier wird euch dabei so gut es geht unterstützen… wo er scheinbar so gerne
mit euch Plaudert.“
Der junge Zwerg verbeugte sich lediglich kurz und scheinbar war die Audienz damit auch beendet. Der König bedeutete dem Mann lediglich, sie aus der Halle zu führen und Galren folgte der Aufforderung schließlich wiederwillig. Götter, das hier war so weit von allem entfernt, das er sich vorgestellt hatte… Er wurde langsam, als sie sich schließlich der Tür näherten, die aus dem Thronsaal zurück in die Vorhalle führte.
,, Eine Frage müsst ihr mir noch beantworten bevor ich gehe.“ , erklärte er und drehte sich erneut zu Brunar um. ,, Mein Vater war hier… sagt mir hatte
er einen Zauberer mit sich ?“
,, Nein. Und ich weiß auch nicht was das…“
,, Gibt es unter eurem Volk Magier ?“
Der König runzelte die Stirn. ,, Nein. Wir wissen zwar davon, aber seit Jahrhunderten ist keiner mit der entsprechenden Begabung geboren. Warum interessiert euch das?“
,, Oh… ich war nur Neugierig.“ , meinte Galren als er schließlich weiterging. In Wahrheit wusste er nun, das der König ihn erneut angelogen haben musste. Irgendjemand in dieser Stadt oder in der Crew seines Vaters musste über Magie verfügen. Den wer hatte sonst die Karte versiegelt und ihm zukommen lassen?
Blieb nur noch die Frage worüber genau der König log…
Den ganzen Weg durch die Halle hindurch spürte er den Blick des alten Königs im Nacken. Brunar Silberstein saß lediglich wie selber zu Kristall erstarrt auf seinem Amnethystthron und was Galren nicht mehr sah, war wie das angespannte Gesicht einer erschöpften und besorgten Mine wich.
,, Ich hoffe für uns alle, das ihr wisst, was gut für euch ist.“ , murmelte er und es klang überraschend mitfühlend.
,, Dieser Kerl…“ , meinte Armell, als sie schließlich die Vorhalle betraten. ,, Sagt mir bitte , das nicht alle eures
Volkes so arrogant sind ?“
Hadrir zögerte mit einer Antwort. Der junge Zwerg war stehen geblieben, nachdem die Türen zum Thronsaal wieder hinter ihnen geschlossen worden waren. Nachdenklich schlug er seinen grünen Umhang zurück unter dem der Griff eines Kriegshammers und eines Kurzschwert aufblitzten.
,, Es tut mir wirklich leid.“ , meinte er schließlich. ,, Unsere Gastfreundschaft hat in den letzten Jahren etwas gelitten, fürchte ich. Und Verzeiht, aber ich fürchte mehr werdet ihr nicht bekommen…“
,, Wir können nicht nach mehr fragen.“ , meinte Lias beschwichtigend. Offenbar
war es Hadrir regelrecht peinlich, wie der König sie hatte abblitzen lassen. Und doch offenbar war er nicht betreten genug um ihnen mehr zu erzählen, falls er etwas wusste.
,, Euch mag das so vorkommen, Gejarn… Lias, oder ?
Lias nickte. ,, Es erstaunt mich, das sich bisher niemand über uns gewundert hat.“
,, Nun so lange haben wir Canton nicht hinter uns gelassen, das wir vergessen hätten, wer dort lebt. Eigentlich ist es gar nicht so lange her. Aber wie gesagt, ich fürchte, uns fehlt es heutzutage an Manieren, junger Lahaye. Als euer Vater hier ankam haben wir noch Feste gefeiert. Seitdem hat sich in dieser Stadt
viel verändert, belassen wir es dabei…“
,, Warum ?“ , wollte Elin wissen. ,, Ich meine habt ihr alle Angst vor uns ?“
,, Ich fürchte, die meisten haben eher Angst davor, das der Prophet eure Ankunft ausnutzen könnte…“
,, Wer ist das überhaupt ? Ihr habt ihn jetzt schon ein paar Mal erwähnt…“ , stellte Naria fest.
,, Nun, wenn ich das so genau wüsste… Er isoliert sich normalerweise so weit es geht, ich glaube seit Jahren hat ihn kaum einer in den Straßen der Stadt gesehen. Aber wenn ihr länger hier bleibt lernt ihr ihn ja vielleicht noch kennen. Ich hoffe allerdings, das dem nicht so ist…“
,, Und würdet ihr mir auch erklären
wieso ? Wenn ihr mir keinen guten Grund nennen könnte vielleicht sollte ich ihn dann erst recht aufsuchen. Vielleicht ist er ja verständiger als euer König.“
Hadrir schlug getroffen die Augen nieder. ,, Glaubt mir, er kann euch nicht helfen. Im Gegenteil. Sagen wir einfach zwischen ihm und dem König gibt es… gewisse Spannungen und eure Ankunft wird sie fürchte ich nur vergrößern. Vielleicht ist es sogar der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt… Aber davon sollten wir nicht hier sprechen.“ Er nickte in Richtung der zwei Wachen, die vor der Tür zum Thronsaal standen. ,, Morgen früh können wir uns treffen,
dann kann ich euch vielleicht mehr erzählen. Und die Stadt zeigen falls ihr das wünscht. Unsere Gastfreundschaft mag nicht mehr sein, was sie einmal war, aber ich kann zumindest versuchen, die Traditionen hoch zu halten.“
Er lächelte und es war vielleicht die erste Aufrichtige Emotion die Galren sah, seit sie den Palast betreten hatten. Hadrir stand auf ihrer Seite, so seltsam es schien.
,, Gerne.“ , meinte er. ,, Und ich glaube jetzt ist es an mir um Verzeihung zu bitten. Das eben… war nicht gegen euch gerichtet, Hadrir.“ Galren reichte dem Mann eine Hand und nach kurzem Zögern ergriff dieser sie. ,, Aber wie
zuvor, eine Frage hätte ich noch, damit ich heute etwas ruhiger schlafen kann.“
,, Und die wäre ?“
,, Was hat es eigentlich mit den ganzen Runen auf den Gebäuden hier auf sich ? Ich meine der Palast ist praktisch überzogen damit…“
,, Und trotzdem reicht der Platz fast nicht.“ , meinte Hadrir grinsend als wäre es ein Witz. ,, Diese Runen erzähle die Geschichten der Familien , denen die Gebäude gehören, bei den meiste beinhalten sie nur die Taten der wichtigsten Ahnen aber der Palast hier listet die Geschichte jedes einzelnen Königs der Zwerge bis in die ferne Vergangenheit auf. Jedes Haus hier hat
seine Geschichte und vor allem die Adelshäuser schmücken sie gerne etwas aus. Aber dazu später mehr… ich kann euch zum Dock zurückbringen falls ihr es wünscht. Und ich bin mir sicher es wird sich ein Gasthaus finden, das euch aufnimmt…“