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Es war einmal ein kleiner Kaktus, der mitten in der Wüste von Texas stand.
Er war nicht sonderlich groß, wie gesagt, und konnte es daher kaum mit einem der großen Texaskakteen, die man aus Western und ähnlichem kennt, aufnehmen. Seit vielen Jahren stand er nun dort, unbeachtet und allein, und schaute den Touristen zu die regelmäßig seine größeren Kollegen fotografierten. Wie gerne wäre er auch so oft von ihnen in voller Blüte geknipst und beachtet worden. Soweit kam es jedoch nur sehr selten, oder um genau zu sein eigentlich gar nicht, das war ja die
Tragödie.
Die größeren Kakteen mit ihren großen Blüten bekamen einfach mehr Aufmerksamkeit, ob sie sie nun verdienten oder nicht.
Nach langer Zeit des Wartens wurde der kleine Kaktus sehr traurig und sein bis dahin glückliches Leben erschien ihn mit einem Male auch nicht mehr lebenswert.
So ging das viele Tage noch, bis eines Tages ein großer Rabe daher geflogen kam und sich neben den kleinen Kaktus niedersetzte. Er pickte etwas vom Wüstenboden auf das er verloren hatte und war grade im Begriff wieder davon zu fliegen, als ihm der kleine Kaktus
auffiel.
,,Was bist den du für ein Pimpf von einem Kaktusˮ, fragte er den kleinen Kaktus frech und taktlos.
,,Ich, ich bin niemandˮ, schluchzte der tief getroffene kleine Kaktus und begann über sein so treffend aufgezeigtes Schicksal zu weinen.
,,Hack nur du auch noch auf mir rumˮ.
Der Rabe verstand seine Reaktion nicht und fragte:
,,Was ist denn mit dir los, wieso weinst du und lässt deine Stacheln hängen, ich könnte dich so leicht picken und dir das Leben aussaugenˮ.
,,Dann mach es doch, ich hab eh keine Lust mehr zu Leben, so klein und winzig
wie ich bin, ich bin ohnehin für alles zu kleinˮ, erklärte der Kaktus.
,,Du bist schon ein merkwürdiger Kaktus; das stimmtˮ, sagte der Rabe.
,,Nicht deiner Größe wegen oder wegen all deiner Stacheln; doch würde ich nie einen kleinen wie dich schädigen, dafür sind die größeren Kakteen viel geeigneterˮ, erklärte ihm der schlaue Rabe. Er flog auf einen der großen Kakteen in der Nähe, pickte in einen seiner dicken Ausläufer, der kaum Stacheln trug, und stellte sich dann unter ihn um das herauslaufende Wasser mit seinem Schnabel aufzufangen.
Der große Kaktus hatte große Schmerzen dabei und er tat dem kleinen, trotz allem,
irgendwie leid.
,,Sei froh das du so klein, unscheinbar und gut bestachelt bist, sonst würd es dir genau so gehenˮ, sagte der Rabe und flog davon.
Der kleine Kaktus verstand was der Rabe ihm damit sagen wollte. Er war zwar klein und unscheinbar, doch hatte er Stärken die er noch nie erkannt oder gesehen hatte.
Er wurde wieder froh und freute sich wieder seines Lebens. Er verlor seinen Neid auf die anderen und war glücklich er selbst und dennoch so reich beschenkt zu sein.
Was will uns diese kleine Geschichte
lehren oder uns sagen?
Es ist sehr leicht seine Stärken zu übersehen und seien sie auch noch so offensichtlich. Manchmal braucht es jemanden um sie zu entdecken und manchmal reicht es aber auch nur das Leid anderer auf sich wirken zu lassen. So oder so sind Stärken das was wir daraus machen. Sind wir ihrer gewahr, oder machen wir sie uns bewusst, so leben wir froher und glücklicher und genießen das Leben stärker und erfüllter.