Adam
Er war mit Herz und tiefer Emotion bei seinem Beruf. Adam war Krankenpfleger. Sie werden nun sagen, dass dies ein Beruf ist, der als brotlose Kunst gilt. Man bräuchte kaum eine Ausbildung und wer gibt sich schon mit Lebewesen ab, die sowieso schon am Vermodern sind? Sie haben sich gründlich getäuscht! Als Krankenpfleger haben sie sehr wohl Einblick in die Wirkungsweise von Medikamenten. Sie helfen Menschen, die selber schwer eingeschränkt sind. Sie sind so schwer krank, dass sie am Tropf hängen, zum Teil handelt es sich sogar um Koma-Patienten. So war Adam mit sich und der Welt zufrieden, zumal er das Glück
gehabt hatte an dieser noblen Privatklinik arbeiten zu dürfen.
In diesem Augenblick rief ihn der Pager. Er rannte zum nächsten Hörer am Gang.
„Ja, ich komme. Wo soll er hin? Intensiv II, habe verstanden.“
Adam ahnte es, als hätte er es gewusst. Man hat eben manchmal solche Vorahnungen. Sein Pflegeliebling Karl Schrampel hat’s natürlich nicht ohne Komplikationen geschafft. Ein Rückfall. Das hätte Adam den blöden Weißkitteln gleich sagen können, dass es bei seinen Herzklappen noch Schwierigkeiten geben würde. Und was nun? Zurück in die Intensiv.
„Ja, ja, ich mach' schon“, bestätigte er durch
die Muschel und hängte ein.
Schrampel hatte sich ja eigentlich auf dem Wege der Besserung befunden. Adam hatte sich rührend um ihn gekümmert. Er hatte auch sehr darunter gelitten, dass sein Bruder, sein einziger Verwandter kürzlich gestorben war, auch in diesem Krankenhaus, Herzinfarkt. Und so hatte es sich fast von selbst ergeben, dass Adam ein Testament ausgedruckt hatte. Ja, Adam hatte es Schrampel leicht gemacht. Der Bauunternehmer hatte doch sonst niemanden mehr! Es war aber wirklich das Beste für ihn. Stellen sie sich vor, dass der Staat auf sein schönes Anwesen Zugriff gehabt hätte.
Wäre doch Bullenscheiße gewesen.
Adam schnappte sich also Schrampel aus Zimmer 402 und fuhr den ganzen Kladderadatsch in U2. Dort unten lag die hermetisch abgeschlossene Intensiv. Adam fand das ganz in Ordnung. Da konnten die Patienten sich schon mal an die Örtlichkeiten unter Tage gewöhnen. Als sie aus dem Aufzug glitten, übernahm Benny.
"Sag mal, Adam, du scheinst ja wirklich nur schwere Fälle herein zu karren", sprudelte Benny zwischen seinem Kaugummi hervor "Seine Prognose sieht nicht gut aus", übergab Adam mit Trauermine.
Schrampel überraschte Benny. Er fing plötzlich an zu japsen, zu röcheln, dabei hätte Adam erst in zwei, drei Stunden damit
gerechnet, aber es wäre zu vermeiden gewesen. Man hätte doch nur gewisse, unterstützende Hämmer verabreichen müssen.
Benny handelte umgehend. Er sprach über Funk. „Not-Op! Ja, Op drei ist frei!"
Adam schlenderte sehr nachdenklich zurück zum Aufzug.
Aber auf das war er nicht gefasst, dass ihn auf seiner Station Professor Grünspecht, der Klinikchef, und die Gefrierschnepfe Radewitz empfing. Die Radewitzschen war der Oberdrache der Klinikverwaltung. Die Beiden baten Adam um ein Gespräch. Lust hatte er auf diese zwei Profi-Arschlöcher natürlich nicht, aber als kleiner Krankenpfleger, was
sollte er tun? Er dackelte also mit.
Professor Grünsprecht saß schließlich an seinem großen Schreibtisch. Die Radewitzkeule stand hinter ihm und knetete an seiner Schulter.
"Im letzten halben Jahr sind vermehrt Todesfälle zu verzeichnen", salbadert er. Adam nickte.
"Und fast alle diese überraschenden Todesfälle ereigneten sich komischer Weise auf ihrer Station."
Adam sah zu Boden und puhlte an seinen Fingernägeln.
"Frau Radewitz hat mir ferner mitgeteilt, dass aus dem Sicherheitsschrank starke Mittel fehlen! Können sie mir das erklären?"
Adam schüttelte den Kopf.
"Ich habe doch dazu gar keinen Zugang!" "Oh, doch!"
"Nein! Der Arzneischrank mit den gefährlichen Substanzen ist verschlossen, Herr Professor."
"Was meinen sie, was wir in ihrem Spind gefunden haben? Ich habe ihn nämlich durch die Polizei öffnen lassen."
Er zeigte Adam einen Schlüssel. "Nachschlüssel?"
Professor Grünspecht schüttelte fassungslos vor Enttäuschung den Kopf.
Adam brauste auf.
"Keine Ahnung, wie er bei mir in den Spind gekommen ist. Ich habe diesen Schlüssel noch nie gesehen!"
„Und stimmt es, dass Sie nun Schrempel
beerben? Er hat es uns nämlich erzählt. Und jetzt kämpft er um sein Leben, weil sie ihn ‚gepflegt‘ haben!"
Grünspecht spuckte Gift und Galle. „Schrempel war nach der Operation putzmunter. Morgen wäre er entlassen worden! Welches Monster sind sie denn? Wen habe ich denn da angestellt? Pfui Teufel!“
Die Tür öffnete sich und mehrere Polizisten stürmten herein. Sie legen Adam Handschellen um und führten ihn ab.
Inspektor Rösti war zufrieden
"Vielen Dank Herr Professor. Wenn sie nicht so aufmerksam gewesen wären, dann wären die Morde einfach so weiter gegangen. Den
Rest erledigen wir dann mit dem Kerl auf dem Revier. Nochmals vielen Dank für Ihre Kooperation. So konnten wir alles aufklären. Die anderen Todesfälle dürften damit auch auf sein Konto gehen."
Es ist doch selbstverständlich! Ich freue mich, wenn ich der Polizei helfen konnte."
Die Tür war kaum zu, als die Radewitz den Professor inniglich küsste, während sie auf seinem Schoß saß. Er befreite sich, stand auf und holte einen Schampus aus dem Kühlschrank. Während er eingoss, schnalzte er mit der Zunge.
"Knapp war es schon, meine Gute. Wenn wir nicht einen Generalschlüssel für die Umkleide gehabt hätten, dann wäre es uns
nicht gelungen ihm den Schlüssel für den Medizinschrank unter zu schieben."
Dann stießen sie an.
"Auf unseren lukrativen Organhandel!"
"Und du meinst nicht, dass...?"
"Ach wo! Das Würstchen gibt der Polizei und der Justiz genügend zum Fressen. Und solange sie sich an Adam verlustieren, können wir weiter machen."
"Das mit den Medikamenten war raffiniert, Giselle."
"Du warst auch nicht schlecht, Simon", flötet sie zurück. „Dass du Schrempel noch so bestärkt hast sein Testament zu machen, und zwar Zugunsten von Adam, nicht der Klinik, wie er ursprünglich vorgehabt hatte.“
Grünspecht nahm einen Schluck.
„Fiel mir nicht leicht, aber so ist es wesentlich besser für uns." Er zwinkerte.
"Und auf Dauer wesentlich lukrativer."
"Was ist nun mit diesem Schrampel."
Sie grinste.
"Sein Hertz ist kerngesund und auch schon gebucht. Idealer Herzinfakt."
Die Gläser klirren.
„Und was ist mit unserem nächsten Opfer?“
Giselle sah die Patientenliste durch.
"Der Motorradunfall sieht gut aus, einwandfreie Niere."
„Nein, Gisellchen, das hast du falsch verstanden. Ich meinte, dass wir einen neuen Pfleger brauchen.“