Seitdem Galrens Vater vor 20 Jahren auf einer Expedition verschwand, hatte er nichts mehr von ihm gehört. Dies ändert sich schlagartig, als eines Tages ein Fremder in seinem Haus auftaucht und ihm eine Karte übergibt, die ohne Zweifel die Handschrift seines Vaters trägt. So macht er sich schließlich auf, die Route nachzuvollziehen, die dieser vor zwei Jahrzehnten genommen hatte, unwissend, das er dabei längst Teil eines viel größeren Spiels ist, das vor über einem Jahrtausend begann.
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Das Schiff trieb durch weißen Nebel. Gesplittertes Holz und gebrochene Planken verunstalteten sowohl die Bordwände, als auch das Deck und an der Stelle, an der sich einmal der vorderste der drei Segelmasten erhoben hatte, erhob sich nur noch ein verkohlter Stumpf, grade so hoch wie ein Mann. Es war beinahe unheimlich Ruhig. Nur das leise knarren der Planken und das leise Gurgeln des Wassers, das durch kleinere Lecks im Rumpf lief, durchbrachen die Stille. Galren lag mit dem Rücken auf den
Holzplanken des Decks, als er schließlich erwachte. Einen Augenblick wusste er weder, wo er sich befand, noch was geschehen war und er blieb still liegen, wo er war. Dann jedoch stürzten die Ereignisse des letzten Tages und der folgenden Nacht wieder auf ihn ein. Der Sturm, das aufgewühlte Meer… Er blinzelte einen Moment träge ins trübe Licht, während er überlegte ob es die Schmerzen wert wäre, den Kopf zu drehen. Sein gesamter Körper fühlte sich an, als trüge er Bleigewichte mit sich. Mit vergifteten Dornen besetzte Bleigewichte, die sich vor allem in seine Schultern gegraben hatten. Galren war sich nicht einmal sicher, ob er die
Arme wirklich würde heben können, wenn nötig und einen Moment war er versucht, einfach wieder dem Schlaf nachzugeben. Der harte Boden unter ihm störte ihn nicht und das sanfte hin und her des Schiffes hatte etwas Beruhigendes… Wasser tropfte aus den durchnässten Segeln und den Tauen und ihm ins Gesicht. Tatsächlich war das gesamte Deck nach wie vor mit einem dünnen Wasserfilm überzogen, wohl auch vom Nebel doch als der Sturm nach endlosen Stunden endlich abgeflaut hatte, hatte es keinen von ihnen mehr gekümmert, wo er sich hinlegte… Es schien nach wie vor ein Wunder, das er noch
atmete. Galren wagte es schließlich, den Kopf auf die Seite zu legen und sich etwas an Deck umzusehen. Ein paar Schritte von ihm entfernt waren ein dutzend Matrosen genau wie er einfach auf den Planken zusammengesunken und ein Stück weiter konnte er Hedans Umrisse erkennen, die am gesplitterten Mast lehnten. Der Kapitän hatte sich den triefnassen Hut ins Gesicht gezogen und schnarchte leise. Der Muskelkater brannte höllisch, als er sich schließlich in eine sitzende Position aufrichtete. Elin lag auf seiner anderen Seite eine Armlänge entfernt. Die Gejarn hatte sich zusammengerollt
und schlief nach wie vor genau so fest wie alle anderen. Lias wiederum lehnte ihm gegenüber am zweiten Schiffsmast, seine Rüstung die er während des Sturms nur widerwillig abgelegt hatte in einem Stapel vor seinen Füßen liegend. Armell und Merl wiederum lagen Rücken an Rücken im Schatten der Kajüte, beide in den Umhang des jungen Zauberers gewickelt. Naria war die letzte, die er entdeckte. Sie lehnte an der Reling des Schiffs, , die Arme um die Beine geschlungen und ihren Kampfstab einen Handgriff entfernt. Wie konnte man so nur schlafen? , fragte Galren sich stumm. Nun sie brachte das Kunststück
zumindest fertig… Sie waren alle noch da, dachte er erleichtert. Der Sturm hatte mehr als einen Matrosen über Bord gespült und die schiere Erschöpfung… Er wollte nicht darüber nachdenken. Mehr als einer der Männer war vom Sturm von Bord gespült worden, als er sich nicht mehr festhalten konnte. ,, Morgen.“ Als Galren aufsah starrten ihn zwei helle Augen unter einer grauen Kapuze hervor an. Naria war wach, vielleicht schon länger als er. Aber auch an ihr waren die vergangenen Stunden nicht spurlos vorüber gegangen. Trotz des Fells konnte er die Ringe unter ihren Augen erkennen… und vermutlich sah er selber
kaum besser aus. ,, Ihr habt nicht zufällig noch Tee übrig, oder ?“ , fragte er als er es endlich wagte, aufzustehen. Galren stützte sich einen Moment an der Reling ab, die unter seinem Gewicht und angeschlagen wie das ganze Schiff war, jedoch bedrohlich knarzte. Naria lachte leise, als sie ebenfalls aufstand. ,, Ich fürchte, was ich an Vorräten dabei hatte, ist gestern über Bord gegangen. Und ehrlich gesagt sehe ich davon ab euch mit Magie zu helfen.“ ,, Wieso ?“ ,, Weil ich nach wie vor nicht weiß, was ihr eigentlich seid, Galren. Ihr habt uns durch den Sturm geführt, erinnert ihr
euch?“ Und ob er sich daran erinnerte, dachte Galren. Das allgegenwärtige Gefühl der Bedrohung war zum verrückt werden. Das Tosen des Wassers, seine Warnrufe wann immer sich ein weiterer Blitz am Himmel zeigte… Er strich mit den Fingern über eine rußgeschwärzte Stelle am Holz der Reling, wo sie ein Blitz nur knapp verfehlte, den selbst er nicht bemerkt hatte. ,, Leider ja.“ , antwortet er. ,, Und konntet ihr so etwas schon immer ? Ich meine… Dinge erahnen, bevor sie geschehen?“ Galren rieb sich den Schlaf aus den Augen. ,, Nein.“ , gab er zu. ,, Nun…
manchmal. Ich kann… Wege sehen, Naria. Pfade. Aber es wird stärker, seid wir Canton verlassen haben, leichter vielleicht auch. Und ihr sagt ihr habt keine Ahnung was es sein könnte?“ ,, Eine Ahnung schon, aber es passt nicht zu dem was ihr erzählt. Wisst ihr was ein Seher ist? Ich meine ein Echter, nicht irgendein wandernder Scharlatan.“ ,, Ich habe nur gehört, das sie hoch im Norden Leben. Und außerdem so gut wie ausgestorben sind.“ ,, Das gesamte Volk der Eisnomaden stirbt.“ , meinte Naria. ,, Aber ihre Seher existieren. Oder zumindest existierten sie bis vor einigen Jahrzehnten noch. Der letzte war ein
Mann namens Melchior, er stand im Dienst eures Kaisers. Und er war ein bekannter meines Vaters, daher weiß ich überhaupt von ihm.“ ,, Und was geschah mit ihm ?“ ,, So genau weiß das keiner. Am Ende des Krieges als der Aristokratenbund zerschlagen war, zog er sich nach Norden zurück und wurde nie wieder gesehen. Vermutlich ist er lange tot. Und wie gesagt ich glaube nicht, dass ihr sein Seher seid. Aber eure Begabung scheint ähnlich, denn wenn es Magie ist dann keine die ich spüren kann. Das gleiche trifft auch auf die Eisnomaden zu. Ihr Volk besitzt Magie, die nicht auf das alte Volk zurückgeht und mit dessen
Gabe auch nicht aufzuspüren ist. Ich habe gehört sie könnten Eis erstarren lassen, dass selbst in der Sonne nicht schmilzt und in einem Schneesturm sehen wie am helllichten Tag. Wobei letzteres schon wieder eher nach euch klingt.“ ,, Also nachdem ihr und Lis jetzt einen Waffenstillstand geschlossen habt, sucht ihr euch eine neue Person zum Beobachten , was ?“ ,,Nennt es akademische Neugier.“ , gab die Gejarn zurück. ,, Ich will ehrlich sein, währe Lias nicht gewesen wäre ich euch wohl nicht gefolgt, aber hätte ich in der fliegenden Stadt schon gewusst was ihr tun könnt, ich hätte euch wohl
alleine schon deswegen begleitet.“ ,, Sind da wo ihr herkommt alle so ?“ ,,Meine Heimatland wird zum Großteil von Zauberern bewohnt und nach dem sie ihre Kunst für Jahrhunderte nur im Geheimen ausüben und studieren konnten… ich glaube die meisten haben einiges aufzuholen. Das färbt wohl ab.“ ,, Erinnert mich bei Gelegenheit daran Maras erst zu besuchen, wenn ich weiß was ich bin.“ , erwiderte Galren lachend. ,, Das letzte was ich im Augenblick brauche ist eine Horde Zauberer, die in meinem Verstand herumstochert.“ ,, Ich habe nicht…“ Naria brach ab. ,, Ich würde niemals auf die Idee kommen ohne Erlaubnis in euren Geist
einzudringen. Schon alleine weil ich nicht einmal weiß ob ich das Überleben würde.“ ,, Schön zu wissen. Wieso nicht überleben? Es ist nicht so, dass ich viel gegen einen Magier ausrichten könnte. Parlor habe ich abwehren können, aber der Mann war völlig verrückt und nur die Götter wisse wie Alt.“ ,, Ihr habt wirklich keine Ahnung wie mächtig er war, oder ?“ Naria schien die Vorstellung zu amüsieren. ,, Sein erster Zauberer hätte nur Staub von euch übrig lassen dürfen. Aber genug davon. Ich will euch keine Sorgen machen.“ ,, Zu spät.“ , meinte Galren grinsend. ,, Wo wir allerdings bei Sorgen sind…“ Er
streckte sich einen Moment. ,, Wir sollten die anderen Wecken. Der Sturm mag vorbei sein, aber wir haben nach wie vor keine Ahnung wo er uns hin geweht haben mag. Zeit, das wir wieder auf Kurs kommen.“ Naria nickte und gemeinsam machten sie sich schließlich daran, den Rest der Immerwind zu wecken. Es sollte nicht lange dauern, bis alle wieder auf den Beinen waren und sie sich erneut daran machten ihre Reise fortzusetzen. Doch für wie lange noch… Galren konnte den Zug an seinem Geist jetzt schon beinahe körperlich spüren, als hätte er eine Hand in seinem Rücken, die ihn dazu antreiben wollte,
loszulaufen. Ob er dabei ertrinken würde oder nicht. Ob Naria ihm hatte Sorgen machen wollen spielte keine Rolle… das schaffte er im Augenblick selber gut genug. Armell war die erste, die den rötlichen Schein sah. Sie stand an Deck, nach wie vor Merls Umhang um die Schultern gelegt. Momentan trieben sie nach wie vor einfach dorthin, wo die Strömung sie hintrug. Das Leinen der Segel war nach wie vor schwer vom Wasser und solange der Nebel anhielt, würden sie kaum trocknen. Sowohl Hedan als auch Elin hatten mittlerweile mehrmals Versucht, ihre Position zu bestimmen aber das
Problem blieb das gleiche. Mit einer kaum hinter den Nebelschleiern erkennbaren Sonne war es einfach nicht möglich genaue Messungen vorzunehmen und der Horizont war erst recht nicht sichtbar. Sie konnten lediglich schätzen. Hedan befürchtete, das der Sturm sie tatsächlich weit ab von Kurs getragen hatte. Und Elin wiederum schien sich sicher, nach wie vor in der Nähe ihrer eigentlichen Rute zu sein. Aber wer von beiden diesmal Recht hatte, würde sich erst entscheiden, wenn der Nebel sich lichtete. Falls er sich lichtete. Vor dem Sturm war es ebenfalls neblig gewesen, aber nicht auf diese Art. Es war beinahe, als würde die Welt zwei Schritte neben
ihr einfach aufhören und die feinen Wassertropfen schluckten zusätzlich jedes Geräusch. Und doch war da dieses Licht vor ihnen, das ihr vor wenigen Augenblicken zum ersten Mal ins Auge gefallen war. Weder war es unstet wie eine Schiffslaterne noch hätte sie überhaupt in der Lage sein dürfen, eine solche zu erkennen. Und es war ohnehin zu hoch dafür, fast auf einer Höhe mit der Sonne… ,, Seht ihr das auch ?“ , fragte Merl neben ihr und deutete genau in Richtung des Lichts. Armell nickte. ,, Was meint ihr, was das ist ?“ Sentine, die auf ihrer Schulter saß, schien es jedenfalls nervös zu
machen. Die Krallen des kleinen Vogels piksten sie durch ihre Kleidung hindurch und Sentines Augen blieben auf den rötlichen Schimmer gerichtet. Es schien doch nicht so statisch zu sein, wie sie anfangs gedacht hatte. Aber das flackern war nur wahrnehmbar, wenn man genau darauf achtete ,, Ich habe keine Ahnung.“ , erwiderte er und fügte mit einem schwachen Grinsen hinzu : ,, Aber es kann kaum schlimmer werden als der Sturm, oder ?“ Es tat gut ihn endlich wieder lächeln zu sehen, dachte Armell. Auch wenn es so aussah als hätte er sich nach Parlors Tod wieder gefangen, sie kannte ihn besser. Merl war niemand der so etwas leicht
abschüttelte. Aber zumindest kam er darüber hinweg. Ohne darüber nachzudenken, legte sie ihm einen Arm um die Schulter und zog ihn ein Stück näher, während sie weiter auf das Licht zutrieben. Der junge Magier seinerseits streckte ebenfalls eine Hand aus… und fing im selben Augenblick etwas aus der Luft, das Armell gar nicht gesehen hatte. Schweigend öffnete er seine Handfläche und hielt es ihr hin. Es war eine grau-weiße Flocke, die beinahe sofort wieder vom Wind erfasst und davon geweht wurde. Doch nun wo sie einmal wusste worauf sie achten musste, konnte sie die dünnen Plättchen überall zwischen den
Nebelfetzen erkennen. Asche, dachte sie irritiert. Aber wo kam sie her ? Langsam glaubte sie, mehr erkennen zu können, als die ersten Sonnenstrahlen endlich durch den Dunst brachen. Gleichzeitig sah Armell etwas, das keinen Sinn zu ergeben schien. Das rote Licht nahm Formen an. Glutfunken, die sich überschlagend zum Himmel aufstiegen und dort verloschen… Und dann brach der Bug des Schiffs endgültig durch die dichte Nebelwand und erlaubte ihnen einen ersten Blick auf das, wonach Galrens Vater gesucht haben mochte. Einer nach dem anderen ließen sowohl ihre übrigen Gefährten als auch die Matrosen ihre Arbeit liegen und
traten an die zersplitterte Reling der Immerwind. In diesem Augenblick hatte jeder einzelne von ihnen den gleichen Gedanken: Land. Nach endlos langen Tagen an denen sie nichts umgeben hatte als Wasser, echtes, festes Land, das keine bloßes Riff war… Aber was bei allen Göttern war das für ein Land, das sie da gefunden hatten? Es stand in Flammen…
EagleWriter Einiges ^^ SO gesehen fängt die Story hier erst wirklich an. lg E:W |
abschuetze .. ist es so oder scheint es nur so? Das Land unter Flammen. Also neue Herausforderung ... LG von Antje |
EagleWriter Lass dich überraschen.^^ lg E:W |
EagleWriter Danke lg E:W |