Kurzgeschichte
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"Eine Jungfrau, die unschuldig bleiben will, aber nicht bleiben soll."
Veröffentlicht am 30. Oktober 2015, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Eine Jungfrau, die unschuldig bleiben will, aber nicht bleiben soll.

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Titel

Der Druck wird mir langsam zur Last. Ich bin gerade mal siebzehn. Was ist so schlimm daran, das ich noch keinen Sex hatte? Meine Freundinnen tun alle so, las wäre es ein Weltuntergang. Aber ich weiß auch, das sie nicht wirklich zufrieden waren, mit ihrem ersten Mal. Sie geben es nicht zu, weil es ihnen unangenehm ist. Zwar haben sie darüber nie gesprochen, aber ich bin nicht auf den Kopf gefallen. Im Gegensatz zu anderen, kann ich sehr gut zuhören und heraushören. Für mich gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder gebe ich dem druck nach und

lass mich endlich entjungfern, oder ich ziehe mich zurück. Um ehrlich zu sein ziehe ich zweitens vor. Ich möchte mir nicht von irgendjemanden meine Unschuld nehmen lassen, nur damit sie sich nicht mehr das Maul über mich zerreißen. Außerdem habe ich Pläne. Mein Plan sieht vor, das ich nach dem Abitur ein Studium mache. Derzeit denke ich an Psychologie, Neurologie oder Psychiatrie, weil mich interessiert, warum meine Freundinnen so erpicht darauf sind, das ich meine Unschuld verliere. Ich tendiere auch zu Gynäkologie, um den jungen Mädchen beizustehen. Niemand soll mit jemand schlafen, nur weil es andere

wollen. Es ist ja nicht so, das ich mich nicht für Männer interessiere. Aber derzeit ist es so, das ich mich voll auf die Schule und dann auf das Studium konzentriere. Erst Karriere, dann Familie. Mein erstes Mal läuft ja nicht weg. Irgendwann, wenn die Zeit reif ist, ich den richtigen Mann gefunden habe und ich mich bereit dafür fühle, werde ich es schon machen. Aber im Moment fühle ich mich noch nicht dazu bereit. Vielleicht liegt es nur daran, das ich den Richtigen noch nicht gefunden habe. Wer weiß. Aber drängen, lasse ich mich auf keinen Fall. Ich entscheide selbst, wann und mit wem ich

schlafe. Vor etwa drei, vier Jahren hatte ich ein Gespräch mit meiner Mutter. Es war ein sehr offenes Gespräch gewesen. Sie verriet mir, wie ihr erstes Mal gewesen war. Kurz und unromantisch. Sie hatte es auch nur getan, weil all ihre Freundinnen behauptet hatten, das sie es schon getan hätten und sie was verpasste. Die Enttäuschung war dann riesig gewesen. Dann kam noch die Empörung, als sie erfuhr, das sie gar nicht die Letzte, sondern die Erste gewesen war, die ihre Unschuld verloren hatte. Bis heute hat sie ihnen das nicht verziehen. Ich habe das Glück, das ich zwei

verständnisvolle Eltern habe. Mit beiden kann ich über alles reden. Mein Vater seufzt zwar, wenn es um Jungs geht, aber das hat mehr was mit ihm selber zu tun. Er kann eben nicht alt werden. Deshalb wusste er damals nicht, wie er reagieren sollte, als er erfuhr, das seine Frau mit mir schwanger ist. Einerseits hatte er sich darüber gefreut. Sie wollten ja beide Nachwuchs. Andererseits war er ein wenig deprimiert, da er sich dadurch irgendwie alt fühlte. Außerdem verkraftet er manche Veränderungen nur sehr schwer. Trotzdem ist er immer für mich da. Was auch immer ich auf dem Herzen habe, ich kann jederzeit zu ihm

kommen. Vielleicht liegt es auch ein wenig an meinem Vater, das ich mir mit meinem ersten Mal Zeit lasse. Aber ich fühle mich auch noch nicht wirklich bereit dazu. Äußerlich bin ich schon eine Frau. Aber im Inneren...Ich weiß es nicht. Seit einiger Zeit treffe ich mich nicht so häufig mit meinen Freundinnen, weil es mich einfach nur nervt, das sie immer wieder auf dem Thema herumreiten. Und es tut mir auch weh. Manchmal frage ich mich, ob es nichts wichtigeres gibt, außer Sex. Aber dann spreche ich mit meinen Eltern darüber und ich weiß, das es Wichtigeres

gibt. Wenn ich sie nicht hätte, dann wäre ich wahrscheinlich keine Jungfrau mehr. Hätte mich dazu treiben lassen, es zu tun. Ein Leben lang hätte ich dann daran gedacht, wie erbärmlich es gewesen war. Ich glaube, ich werde Gynäkologin. Dann kann ich zumindest ein paar Mädchen daran hindern, das sie vorzeitig ihre Unschuld verlieren und womöglich als Teenager schwanger werden. Einmal in meiner Praxis und dann noch in diversen Schulen. Meiner Meinung nach ist dies ein wichtiges Thema. Wenn man den Fernseher einschaltet, sieht man viele Teenager, die Kinder haben, weil sie nicht richtig

aufgeklärt wurden. Ob ich beides Verbinden kann? Gynäkologie und Neurologie? Das wäre bestimmt hilfreicher.

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kimihiiri Die Geschichte hat mir gut gefallen und man konnte sich sehr gut hereinfinden. Der Stil war schön flüssig zu lesen und du greifst aktuelle Probleme auf. Du solltest etwas auf die das/dass-Regel achten, denn in den meisten Fällen müsste es in deinem Text dass und nicht das heißen.
LG Hiiri
Vor langer Zeit - Antworten
Superlehrling Oft bin ich mir unsicher, welches das ich schreiben soll. Deswegen belasse ich es meist bei einem S.
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume Hallo Superlehrling,
eine gute und stimmige Geschichte. Ich hoffe für Deine Protagonistin da sie sich selber treu bleibt und nichts tut was sie nicht wirklich will. Alt genug ist sie ja .
LG Kornblume.
Vor langer Zeit - Antworten
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