Kapitel 35 Sieger
Nachts war es unter Deck erstaunlich still, sah man von dem Schnarchen der übrigen Besatzung und dem ewigen Rauschen von Wind und Wellen einmal ab. Das Schiff wiegte sich sanft mit dem auf und ab der Wellen. Trotzdem fand Galren keinen Schlaf. Unruhig wälzte er sich in seiner Hängematte hin und her. Wie so oft in den letzten Tagen wanderten seine Gedanken ihm voraus, über das Meer zu was immer sie finden mochten. Nach wie vor hatte er so viele Fragen, so viele Dinge, die keinen Sinn ergaben. Die Worte des Kaisers
geisterten erneut durch seinen Kopf… Jetzt, wo sie endlich wieder auf Kurs waren konnte es nicht mehr lange dauern, bis sie ihr Ziel erreichten. Und was dann sein würde konnte er noch nicht einmal absehen. Er schloss die Augen und versuchte die Stimmen in seinem Kopf zum Schweigen zu bringen. Doch alles was das erreichte war, das er umso mehr merkte, wie sein Geist weiter gezogen wurde. Nach Westen. Mittlerweile war es nicht mehr nur ein vages Gefühl, etwas das er auf Aufregung oder Erwartung schieben konnte, nein es war absolut real. Wie ein Faden der an ihm zog. Oder zog Galren ihn? Der Gedanke war
beunruhigend. War er der Fisch der einem Köder folgte … oder der Angler der seine Beute heranzog? Langsam gewann doch die Müdigkeit die Oberhand über ihn und er spürte, wie sein Denken unzusammenhängender wurde. Galrens Augen schlossen sich einen Moment. Morgen sähe die Welt sicher schon anders aus…
,, Seit ihr noch wach ?“ Die Worte waren nur ein flüstern aber in der Stille trotzdem nicht zu überhören. Elin ? Er seufzte, als er die Stimme erkannte. Es war nicht schwer gewesen noch eine freie Ecke unter Deck für die quirlige Gejarn zu finden. Nicht unbedingt bequem aber viel Luxus hatte keiner von
ihnen.
,, Jetzt schon.“ , antwortete er. ,, Ihr könnt nicht schlafen, oder ?“ Galren setzte sich ein Stück weit auf, erneut hellwach. Die wenigen Strahlen Mondlicht die durch die halb geöffneten Luken hereinfielen offenbarten dicht an dicht liegende Reihen aus Strohlagern und Hängematten und die Schemen der darauf schlafenden Leute. Elin hingegen saß geduckt im Schatten, nur eine Matte von ihm entfernt.
,,Eigentlich wollte ich mich nur entschuldigen. Für den Schlag…“
,, Ach das…“ Er zuckte mit den Schultern, obwohl sie die Geste in der Dunkelheit wohl kaum sehen konnte.
Wenn er ehrlich war schmerzte der Treffer nach wie vor, aber in Anbetracht der Umstände hatte er wohl noch Glück gehabt. ,, Wer hat euch eigentlich beigebracht so zuzuschlagen ? Ich habe euch in Lasante beobachtet. So zu kämpfen lernt man nicht nebenbei.. Ich weiß wovon ich rede. Ich habe Wochen gebraucht bis mir Lias auch nur die Grundlegendsten Dinge beibringen konnte. “ Und selbst jetzt stand er noch am Anfang, wie der alte Gejarn ihm bei ihren gelegentlichen Übungen nur allzu gerne in Erinnerung rief.
,, Dafür könnt ihr euch bei meinem Vater bedanken.“ , erklärte Elin und Galren konnte sehen wie ihre Augen
sanft in der Dunkelheit glommen.
,, Wer ist er ?“
,, Ein Wolf und ein ehemaliger Schwarzgardist.“ Das erklärte allerdings einiges. Die schwarzen Garden waren eine Sonderabteilung des kaiserlichen Militärs gewesen. Ursprünglich gebildet, als Strafbataillone für wiederholte Deserteure und jene gebildet, die die strenge Disziplin der kaiserlichen Gardisten nicht einhielten. ,, Er hat meine Mutter kurz vor dem Aufstand des Aristokratenbunds kennengelernt. Und nun kein Jahr nachdem die schwarze Garde am Ende des Krieges aufgelöst wurde bin ich geboren. Meine Mutter und er haben ein kleines Anwesen in der
Nähe von Risara aufgebaut. Er hat nie viel über seine Zeit bei der Garde erzählt. Aber er hat immer versucht mir alles beizubringen, was er wusste.“ Elin klang durchaus Stolz, während sie von ihm sprach. Offenbar hatte dieser Mann tatsächlich geschafft, was so vielen Gardisten angeblich nie gelang. Er schien so etwas wie Frieden wiedergefunden zu haben.
Galren runzelte die Stirn. ,, Ihr sagt er ist ein Wolf-Gejarn ? Und eure Mutter…“
Elin lachte leise .,, Meine Mutter ist wie ich.“ , erklärte sie. ,, Eine Luchsin.“
,, Das müsst ihr mir erklären. Heißt das nicht ihr seid… trotzdem zur Hälfte ein
Wolf?“
,, Nun… Nein.“ Elin zögerte. ,, Ein Kind von Eltern verschiedener Clans würde immer die Merkmale seiner Mutter übernehmen. Zumindest habe ich noch nie davon gehört, dass es anders gewesen wäre. Die meisten Gejarn suchen sich ihre Partner innerhalb ihres Clans. Aber weder meine Mutter noch mein Vater sind in einem Clan aufgewachsen. Und sie haben sich auch nie einem angeschlossen. Mal davon abgesehen, dass die meisten sie wohl nicht akzeptiert hätten. “
,, Wieso nicht ?“
,, Die meisten Clans haben untereinander genauso viele alte
Feindschaften wie es die zwischen den Clans und den menschlichen Dörfern der Herzlande gibt. Sie würden wohl kaum zwei Gejarn unterschiedlicher Abstammung aufnehmen.“
Galren schüttelte den Kopf. Für ihn war die Vorstellung einfach unverständlich. Andererseits gab es auf Hamad mit Ausnahme von Lias und den gelegentlichen Reisenden auch keine Gejarn und der Löwe war wohl auch nicht grade ein typsicherer Vertreter seiner Art. Zumindest nicht für Canton.
,, Und jetzt seid ihr hier.“ , stellte er fest. ,, Warum riskiert ihr alles nur um uns zu begleiten ?“
,, Das ist meine große Chance.“ ,
erklärte sie inbrünstig. ,, Ich wollte immer zur See. Meine Mutter hat mir viel von ihren Reisen erzählt. Aber es ist schwer irgendwo eine Anstellung zu finden. Auf einem Handelsschiff würde ich mich zu Tode langweilen. Und die imperiale Marine… nein danke. Da war das hier meine beste Gelegenheit. Das heißt wenn ich nicht in die Fußstapfen meiner Mutter treten wollte. Und davor konnte sie mich immerhin 19 Jahre lang warnen.“
Zumindest wusste er jetzt, wie alt sie war. Mit einem hatte Hedan wohl recht… sie hatte vielleicht eine zu naive Sicht der Welt, aber das schien Elin nicht wirklich aufzuhalten, dachte
er.
,, Was genau war eure Mutter denn ?“
,, Na ja… sie fing an als Sklavin für das Haus de Immerson.“ Zacharys Familie, dachte Galren. Aber wenn das noch in die Zeit vor der Rebellion viel, vermutlich sogar früher konnte der Zaubererfürst damals kaum mehr als ein Kind gewesen sein. ,, Das hieß bevor sie entkam. Danach hat sie sich eine Weile durchgeschlagen bevor sie schließlich an ein Schiff gelangte. Und sich als… nun man könnte sie eine Piratin nennen.“
Zumindest erklärte das, woher Elin sich so gut mit Navigation auskannte. Eine Piratin und ein Schwarzgardist. Und ein aufgeweckter Floh als Nachwuchs. Das
musste eine wirklich seltsame Familie sein. Andererseits… Er konnte sich selber nicht beklagen. Er folgte einer Nachricht, die ihm sein toter Vater hatte zukommen lassen. Oder vielleicht auch jemand anderes…
,, Und was tut ihr hier ?“ , fragte Elin schließlich.
,, Man könnte sagen ich suche nach etwas. Ich weiß selber nicht einmal genau wonach. Aber angefangen hat alles damit, dass mein Vater verschwand…“ Langsam begann er ihr das wichtigste zu erzählen, angefangen von dem Moment, in dem Hedan ihm die Karte überbrachte, über ihre Begegnung mit Armell bis hin zu ihrer Reise zur fliegenden
Stadt…
Armell betrachtete die in der Sonne weiß glitzernden Felsen. Der Anblick von Land, selbst wenn es nur einige verstreute Riffe waren, die über die Wellen hinausragten, hatte nach den Wochen auf See etwas seltsam Tröstliches. Die Menschen auf Hamad hatten oft mit der See zu kämpfen gehabt, dabei aber wenigstens immer die Sicherheit ihres eigenen, kleinen Stück Lands inmitten der Wellen gehabt. Hier draußen hingegen waren sie völlig auf sich gestellt. Und langsam begann sie zu verstehen, warum mehr als einer von
Hedans Matrosen in ruhigen Momenten die Götter des Wassers anrief. Als einzelner Mensch kam man sich angesichts des Ozeans der vor einem lag plötzlich um einiges kleiner vor. Man sehnte sich nach Schutz, egal ob dieser nun greifbar war oder durch gemurmelte Worte heraufbeschworen wurde. Und das obwohl sie bisher erst einen wirklichen Sturm erlebt hatten. Einer, der sich, wenn sie Hedans Worten noch rauen konnte, als überraschend harmlos herausgestellt hatte. Armell wusste nicht in wie weit sie dem Kapitän noch trauen konnten. Auf der einen Seite wusste Hedan wohl durchaus was er tat, aber das sie durch sein einmaliges Versagen jetzt
einen Umweg von mehreren Tagesreisen in Kauf nehmen mussten machte ihr nur umso mehr bewusst, wie unsicher nach wie vor alles war.
Sentine kreiste, wie immer, wenn sie im freien waren, über den Wellen und schnappte manchmal in Gestalt eines Pelikans nach einem Fisch.
Nun wenigstens einer von ihnen hatte Spaß, dachte Armell.
Wäre die Kleine, Elin, nicht gewesen, sie wären bis in alle Ewigkeit oder besser, bis ihnen die Vorräte ausgingen, über das Meer getrieben.
Das laute aufeinanderprallen von Holz auf Stahl riss sie aus ihren Gedanken. Eine Gruppe Schaulustiger hatte einen
Kreis an Deck gebildet, so dass sie nicht erkennen konnte, was vor sich ging. Die Männer riefen durcheinander und so wie es aussah schlossen einige sogar Wetten untereinander ab.
,,Meinen Tageslohn auf den Löwen.“ , meinte einer, worauf ein Dutzend weitere Lachend einstimmten.
Armell trat von der Rehling zurück und ging auf die johlenden Matrosen zu. Die Leute machten ihr nur wiederwillig Platz, während das Geräusch von klingendem Metall erneut zu hören war.
,, Was ist denn hier…“ Ihr blieb der Satz im Hals stecken, als sie endlich einen Blick auf das Geschehen werfen
konnte.
Lias und Naria standen sich gegenüber. Der Löwe das blanke Schwert in der Hand, hatte den Großteil seiner Panzerung bis auf Brustharnisch und die schweren Lederstiefel, die für einen Gejarn nur furchtbar unbequem sein konnten. Aber offenbar war Lias der Halt den die Sohlen boten wichtiger.
Naria hingegen trug ihre übliche Kleidung und hatte lediglich den Umhang über dem Arm zusammengelegt. Eine, nun von jedem halt befreite, Kaskade rabenschwarzer Haare fiel ihr über den Rücken. In ihrer Hand lag nichts als ein schlichter, geschliffener Holzstab, etwa so lang wie sie
selbst.
,, Was ist ? Werdet ihr Müde?“ , fragte Lias spöttisch.
Statt einer Antwort warf die Schakalin lediglich den Mantel hinter sich und nahm den Kampfstab in beide Hände.
Ein kurzes Lächeln huschte über die Züge des Löwen als wäre ihm das auch Antwort genug. Schneller, als Armell ihm mit den Augen folgen konnte, machte er einen Satz nach vorne und hieb mit dem Schwert nach der Magierin. Diese jedoch parierte die Attacke gekonnt.
Armell war überrascht, das der Stab unter der schieren Wucht des Aufpralls nicht einfach zerbrach. Vor allem da sie
durchaus damit vertraut war, wie sehr die Krieger Laos auf ihre Ausrüstung achteten. Die Schneide der Klinge, die Lias benutzte war niemals stumpf… War die Waffe der Magierin mit einem Zauber versehen worden? Wenn dann konnte Armell zumindest keinerlei Insignien oder Kristalle entdecken, die einen dauerhaften Zauber nähren könnten. Und um Magie mitten im Nahkampf aufrecht zu erhalten würde es eine beinahe übermenschliche Konzentration brauchen…
So oder so, sie musste das hier unterbinden. Ein Treffer von Lias wäre tödlich. Und sie würde keinen ihrer Leute wegen ihrer dummen
Streitigkeiten verlieren. Sollten sie das austragen wenn sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten…
Sie war drauf und dran der Sache mit einem Ruf ein End ezu machen, als sie jemand am Arm berührte. Armell wirbelte herum und fand sich fast Auge in Auge mit Galren und Merl. Der Junge Magier hatte die Arme in den Ärmeln seiner Robe verschränkt und zuckte nur mit den Schultern, als wollte er sagen: Das war nicht meine Idee.“
,, Keine Sorge, das ist nichts ernstes.“ , meinte Galren.
,, Nicht ernst ?“ Armell warf einen Blick zurück auf die beiden Kontrahenten. Naria schien sich nun nicht mehr nur mit
der Waffe sondern auch mit Magie zu verteidigen. Immer wieder prallten Lias Schläge funkensprühend an einem unsichtbaren Hindernis in der Luft ab, während die junge Gejarn die kurzen Lücken nutzte um ihrerseits den Paladin zurückzudrängen. Die Leute wichen ihnen Rasch aus, als sie sich ihren Weg über das Deck kämpften. Also konnte sie doch Zauber wirken und das mitten in einem Kampf… Das erklärte zumindest warum sie sich überhaupt die Mühe machte, den Kampfstab mitzuführen. Normalerweise würde jeder Zauberer in Bedrängnis seine ganze Konzentration für seine Magie brauchen um sich zu verteidigen. So oder so, das sah
durchaus ernst aus, dachte Armell.
,, Seht ihr wie Lias schlägt ?“ , fragte Galren und deutete auf den Löwen, der erneut zu einem Hieb ausholte. Und zuschlug bevor sie auch nur etwas erkennen konnte.
,, Sie bewegen sich zu schnell.“ , erklärte Armell nur resigniert.
,, Er hält die Waffe schräg.“, erklärte Galren. ,, Das heißt, wenn er zuschlägt, trifft er mit der flachen Seite.“
,, Sicher würde ich das nicht grade nennen.“ Und wie konnte er das überhaupt erkennen? ,fragte sie sich. Sie sah nichts als fliegendes Metall und Holzsplitter, die vom Stab der Gejarn abgeschabt wurden. Lias musste ihn gut
Ausgebildet haben. ,, Und ihr seid euch sicher, dass sie sich nicht gleich umbringen?“
Mittlerweile waren Lias und Naria in ihrem Kampf bereits fast auf der anderen Seite des Schiffes angelangt.
,, Ich hoffe es.“
Im gleichen Moment gab Lias sich eine Blöße. Erneut prallte seine Waffe an einem Zauber ab, den Naria aufgebaut hatte. Rasch sprang er einen Schritt zurück um dem folgenden Stabschlag zu entgehen. Tatsächlich lief die Waffe ins Leere, doch er hatte sich zu früh gefreut. Bevor er noch eingreifen konnte flackerte ein kurzer Lichtblitz an der Spitze der Waffe auf und schleuderte ihn
Rückwärts. Lias schlug mit voller Wucht auf dem Rücken auf. Noch ehe er wieder auf die Füße kam, war Naria bereits über ihm und setzte ihm den Stab an die Kehle.
,, Ihr seid tot.“ , erklärte sie grinsend, bevor sie die Waffe zurückzog und ihm eine Hand hinhielt.
,, Vielleicht solltet ihr noch einmal nachdenken.“ , meinte Lias. Er hatte das Schwert während seinem Sturz nicht fallen lassen und Naria wurde bleich, als sie merkte, dass die Klinge keine Fingerbreite von ihrem Herz entfernt war. ,, Wir wären beide tot.“
Mi diesen Worten ließ auch Lias die Waffe sinken und ergriff die dargebotene
Hand. Armell und die anderen waren derweil herbeigeeilt, während die restliche Mannschaft sich leise oder laut redend wieder an die Arbeit machte. Heute würde es bei ihren Wetten keinen Gewinner geben, dachte sie.
,, Aber ich hätte euch fast besiegt.“ , meinte Naria spöttisch.
,, Ich habe mich zurückgehalten.“ , gab Lias zurück.
,, Natürlich… “
Statt erneut etwas zu erwidern, schwieg Lias lediglich und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
,, Alles in Ordnung bei euch ?“ , fragte jemand über ihnen . Als Armell nach dem Ursprung der Stimme suchte, blieb
ihr Blick schließlich an einem hellen Schatten hängen, der an einem der Querbalken saß, welche die Schiffssegel hielten. Elin… Die Luchsin hatte wohl alles aus der Luft beobachtet und während sie zu ihnen hinunter sah, meinte Armell ein kurzes Grinsen auf ihren Zügen zu sehen. Als würde sie die Höhe gar nicht bemerken in der sie sich befand, stand die junge Gejarn auf und balancierte über den Balken zurück zum Schiffsmast und begann daran herabzuklettern
,, Wir sollten ihr eine Leine verpassen.“ , grummelte Hedan, der sich in diesem Moment aus den Reihen der letzten verbliebenen Schaulustigen löst. Trotz
dieser Worte schien der Kapitän heute erstaunlich gute Laune zu haben, während sie darauf warteten, das Elin zu ihnen stieß. Doch die junge Gejarn hielt auf halbem Weg die Leiter hinab inne und starrte nach Westen.
,, Leute… sieht jemand was ich sehe ?“ , fragte sie und deutete hinaus zu den Riffen , die sie soeben passierten. Einzelne Fetzen Morgennebel hielten sich noch zwischen den Klippen und Felsen, die über das Wasser ragten. Doch das war es nicht, was ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Dort draußen, direkt an einem der größeren Felsen, schon fast eine kleine Insel, ragte die Silhouette eines Schiffes aus
dem Nebel. Die Masten waren abgebrochene Knochenfinger, die zum Himmel empor ragten und eine Seite des Rumpfs schien völlig zerschmettert worden zu sein, als es auf die Felsen auflief. Kleinere Trümmerstücke waren über ein Stück Strand verstreut, das unterhalb des Kiels lag. Zerfetzte Segel in denen sich bereits Moose und Algen gebildet hatten, hingen von dem, was von den Schiffsmasten übrig war… Trotz der Schäden erkannte Armell die Bauart wieder. Und gleichzeitig auch nicht… Von der Grundstruktur war es der Immerwind ähnlich aber um ein gutes Stück Kleiner, wendiger. Und eine Reihe von Luken in der Bordwand, die
zu klein für Geschütze waren, rief ihr schließlich in Erinnerung was an dem Wrack sie störte. Das war eine Galeere. Und keine der Helike-Bauart. Aber Schiffe dieser Art wurden seit dem Krieg der brennenden Himmel nicht mehr verwendet, seit der Zeit als Simon Belfare den Thron bestieg und Pulverwaffen endgültig ihren Platz im Arsenal der Garden Cantons einnahmen. Es musste uralt sein…
Elin hatte schließlich das Ende der Leiter erreicht, während sie alle nach wie vor auf das gestrandete Schiff starrten. Es war das erste Zeichen anderer Menschen überhaupt, auf das sie hier draußen
stießen…
,, Das will ich mir ansehen.“ , erklärte Armell und legte genug Nachdruck in ihre Worte, das Hedan hoffentlich erst gar nicht auf die Idee kam zu protestieren. Aber der Kapitän schien Ausnahmsweise ihrer Meinung.
,, Wenn dann begleite ich euch.“, meinte Elin.
,, Ihr seid schlimmer als einen Sack Flöhe hüten zu wollen.“ , erklärte Hedan. Trotzdem huschte ein kurzes Lächeln über sein Gesicht bei diesen Worten. ,, Wenn jemand da drüben nichts verloren hat, dann ihr.“
,, Ich dachte ihr mögt sie nicht ?“ , fragte
Galren.
,, Ich will, das wir das hier alle überleben, Junge. Sympathie spielt dabei keine Rolle. Wenn ihr euch das Wrack also ansehen wollt, habt ihr ein Auge auf sie. Keinen Toten auf diesem Abenteuer, nicht wenn ich es vermeiden kann.“
,, Wir gehen alle.“ , schlug Lias schließlich vor, der das Schiff ebenfalls nachdenklich musterte. ,, Ihr könnt hier an Bord bleiben Hedan, falls etwas schief geht. Sind wir nicht zurück, bis die Sonne untergeht, hisst ihr eine rote Flagge. Bekommt ihr dann kein Zeichen von uns… seht zu das ihr wegkommt.“