Kurzgeschichte
(K)eine Nacht

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"ungewollt laut mitgesungen und so Frau kennengelernt."
Veröffentlicht am 24. Oktober 2015, 18 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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ungewollt laut mitgesungen und so Frau kennengelernt.

(K)eine Nacht

Titel

Nichtsahnend stand ich an meinem Rad und war dabei es abzuschließen. Bekam weder mit, das ich vor mir her sang, noch das jemand neben mir stand und mich dabei beobachtete. Als ich sie bemerkte, hatte ich mich zum zweiten mal zum Ei gemacht, weil ich aufschrie, wie ein kleines Mädchen und dabei ziemlich hoch in die Luft sprang. Damit zog ich die Blicke aller umherlaufenden und umherstehenden Menschen auf mich. Die Dame, weswegen ich mich so erschreckt hatte, grinste in sich hinein. Ich fand es ganz und gar nicht lustig. Ganz im Gegenteil. Für mich war es

mehr als peinlich. Erst das Gesinge und dann der Mädchenschrei. Was würde als nächstes kommen? „Tut mir leid. Ich wollte dich nicht erschrecken.“, sagte sie. „Meine Schuld. Hab die Lautstärke zu hoch eingestellt.“, flunkerte ich. Denn mein Smartphone hatte keine Leistung. Es war ein Billigmodell und achtete akkurat darauf, das ich mir mein Gehör nicht schädige. Ich war einfach nur in Gedanken versunken gewesen. So tief, das ich rundherum nichts mitbekommen hatte. Was nicht das erste mal gewesen war. Mehrfach war es schon während der Fahrt gewesen. Das ich noch keinen Unfall gebaut habe, grenzt an ein

Wunder. „Bist wohl ein Fan von den Backstreetboys!?“, stellte sie mehr fest, als sie fragte. „Ich höre sie mir gerne an.“, antwortete ich nach kurzem Zögern. So kamen wir ins Gespräch. Und anstatt ich mit meinem Fahrrad fuhr, schob ich es, während sie neben mir her lief. Sie redete die ganze Zeit und ich hörte ihr zu, so gut ich konnte. Hoffte, das sie mir keine traurige Geschichte aus ihrem Leben erzählen würde. Davon hatte ich genug. Zu oft lernte ich Frauen kennen, die beim ersten Gespräch mir ihre ganze Lebensgeschichte erzählten. Nichts lustiges, sonder dramatisches. Das

machte mich regelmäßig depressiv. Ehe ich es mich versah, stand ich vor meiner Haustür. Und nun? Es sah nicht so aus, als würde sie gehen wollen, da sie immer noch am Reden war. Also fragte ich sie, ob sie mit reinkommen wolle. In meinem Rucksack befand sich Tiefkühlware, die unbedingt in den Froster musste. Also konnte ich nicht weiter vor der Tür stehen und mich mit ihr unterhalten. Eigentlich wartete ich keine Antwort von ihr ab, sondern schloss die Haustür auf, schob mich und mein Rad rein und hielt die Tür für sie auf. Es war ja nicht das erste mal, das ich jemand in meine Wohnung ließ, den/die ich nicht kannte.

Bei mir gab es eh nichts Wertvolles. Was ich besaß, hatte schon etliche Jahre auf dem Buckel. Das alles noch funktionierte, lag nur daran, das ich es kaum benutzte. „Schau dich bitte nicht um. Bei mir ist nicht aufgeräumt. Ende des Monats krieg ich erst Material, damit ich weiterbauen kann.“ „Ist schon okay.“ Im Prinzip war es nur ein Raum, der nicht aufgeräumt war. Und zwar das Wohnzimmer, welches einmal mein Schlafzimmer werden sollte. Daher stand in dem großen Raum der Rohbau eines Hochbettes. Dann hatte ich mich umentschieden und aus dem kleineren

Zimmer mein Schlafraum gemacht. Alles Marke Eigenbau. Sie war sichtlich beeindruckt, als sie meine selbstgebauten Möbel sah. Schlicht, aber stabil. Wir hörten uns die Backstreetboys an und unterhielten uns, während wir auf meinem Bett saßen. Die Zeit verging rasend schnell. Ehe ich es mich versah, war es stockfinster draußen. Um diese Zeit konnte ich sie nicht alleine nach Hause schicken. Also ging ich in die Küche und bereite uns eine kleine, warme Mahlzeit zu. Ich hatte Hunger und dachte, sie vielleicht auch. Es war nur eine Vermutung gewesen, da ich ich gegen 16 Uhr einkaufen gewesen war

und es nun fast Mitternacht war. Rund acht Stunden kannten wir uns schon und hatten in der Zeit nichts gegessen. Daher meine Vermutung, das sie Hunger hätte, was sich dann bestätigte. Ich hasse Menschen, die mich die ganze Zeit zutexten, ohne Luft zu holen und mich nicht zu Wort kommen lassen. Sie war anders. Es war kein Monolog, sondern ein Dialog. Ich genoss es, mich mit ihr zu unterhalten. Genoss jede einzelne Sekunde davon. So angenehm hatte ich mich schon...wenn ich mich recht erinnere, habe ich mich höchsten zwei oder drei mal richtig im Dialog unterhalten können. Meist war ich nur der Zuhörer

gewesen. Nach dem Essen legten wir uns in mein Bett. Dabei ließen wir Unterwäsche und Oberteil an. Sie war, wahrscheinlich, eh zu jung für mich. Nach ihrem Alter hatte ich nicht gefragt. Ihrem Aussehen zu urteilen war sie etwa fünfzehn oder sechzehn. Da sie heiß auf die Backstreetboys war, verhärtete sich meine Vermutung. Auch wenn sie über achtzehn gewesen wäre, hätte es ein schlechtes Bild abgegeben, wenn wir es getan hätten. Ich wäre derjenige, der die Frauen nur benutzt und sie wäre die Schlampe. Abgesehen davon hatte ich keine Kondome. Früher hatte ich mal welche

gehabt. Aber das Verfallsdatum war schon längst abgelaufen. Ich hatte nie Verwendung dafür gefunden. - Traurig, nicht wahr? Ihr Kopf lag auf meiner Brust und ich hatte meinen Arm um sie gelegt. Es war sehr schön gewesen. Aber ich hatte gemischte Gefühle. Einerseits fühlte ich mich zu ihr hingezogen, weil sie wirklich sehr hübsch war, andererseits hatte ich väterliche Gefühle für sie, weil sie noch so jung aussah. Es dauerte lange, bis wir einschliefen. Sie erzählte von sich und ihrer Kindheit und ihren ersten sexuellen Erfahrungen, die sehr enttäuschend für sie waren und im Gegenzug musste ich ihr meine

Erlebnisse preisgeben. Sie war sehr mitfühlend, als ich ihr von meiner bescheidenen Kindheit berichtete. Nach dem ich geendet hatte, gab sie mir einen zärtlichen Kuss auf die Wange und kuschelte sich bei mir ein. Es war wirklich sehr schön gewesen; verstanden zu werden und mit jemanden einschlafen zu dürfen. An jenem Morgen, Stunden bevor ich sie kennenlernte, hatte ich mich geduscht und enthaart. Als ich mit ihr im Bett lag, wusste ich, warum ich mich einer Ganzkörperrasur unterzogen hatte. Es war ihretwegen. Ich spürte ihre Hand an meinen Schenkeln. Sie glitt rauf und runter. Es fühlte sich wunderbar an.

Hätte ich mich nicht rasiert, dann hätte es sich nur halb so gut angefühlt. Die Nacht verging viel zu schnell. Kaum war ich eingeschlafen, wachte ich schon wieder auf. Die Uhr zeigte neun Uhr. So spät war ich schon ewig nicht mehr aufgewacht. Um so erschrockener war ich gewesen, als ich die Zeit sah. Die Dame von gestern schlief noch. Ihre Backen illerten durch die Bettdecke und grinsten mich an. Sie waren so was von perfekt gewesen, das ich mich freiwillig unter die kalte Dusche stellte, bevor ich uns Kaffee machte. Sie gehörte zu jenen Menschen, die des Morgens nicht grimmig sind. Ich konnte ganz normal mit ihr kommunizieren.

Verbal, wie nonverbal. In mir keimten Erwartungen. Die Erwartung, das sie sich mir nähert. Das der Moment niemals endet. Wie alt war sie eigentlich? Konnte ich meinen Gefühlen freien Lauf lassen? Gegen Mittag verabschiedete sie sich mit einer langen, warmen Umarmung. Kein Kuss, keine Versprechen und kein Austausch von Telefonnummern. Nur eine lange, herzliche Umarmung, die sich für immer in mein Gedächtnis eingebrannt hat. Werde ich ihr fehlen? Vermisste sie mich jetzt schon? Jene Fragen kreisten mir im Kopf, als sie mich so umarmte. Tief atmete ich den Duft ihrer Haut ein.

Ich wollte ihn mir einprägen. Nicht, weil sie so wunderschön war, sondern weil mir die letzten Stunden so gut gefallen hatten. Ihr Alter war mir egal. So, wie sie sich mit mir unterhalten hatte, musste sie über fünfzig sein. Älter, als ich. Aber das Aussehen hatte sie von einer fünfzehnjährigen. Es hatte noch einen anderen Grund, warum ich die Umarmung so sehr genoss; es war so selten. Früher wurde ich öfter umarmt. Da gab es zur Begrüßung einen Kuss auf die Lippen. Es lief zwar nichts, aber ich hatte weibliche Nähe. Doch die Zeiten waren schön längst Vergangenheit. Kein Kontakt mehr

zueinander. Mir war bewusst, das ich sie nicht mehr wiedersehen würde. Es war immer so gewesen. Deswegen wollte ich den Moment solange wie möglich auskosten. Wir verstanden uns so gut. Konnten uns nicht nur über die Boygroup unterhalten, sondern auch über alles mögliche. Wie oben erwähnt, unser Kindheit und Jugend und sexuelle Erfahrungen. Es ist äußerst selten, das ich mit jemand so ernsthaft darüber reden kann. Das mir überhaupt jemand zuhört. Dann ging die Tür auf, sie ging hindurch und ich wartete, das sie die erste Haustür hinter sich schloss. Erst

danach ließ ich meine Wohnungstür ins Schloss gleiten. Und obwohl meine Wohnung ziemlich klein war, fühlte sie sich riesig und leer an. Genauso, wie mein Innerstes. Ich hatte nicht an eine Beziehung mit ihr gedacht. Auch wenn sie ein hübsches Mädchen war und ich mir sehr gut mit ihr unterhalten konnte. Wie schon erwähnt, führten wir richtige Dialoge, wo ich auch zu Wort kam. Ich hatte die Zeit mir ihr genossen. Und als sie meine Wohnung verlassen hatte, fehlte sie mir so sehr. Dabei wusste ich nichts über sie. Weder ihr Alter, noch ihren Namen. Irgendwie hatten wir den Teil übersprungen. Das ich rein gar nichts über sie weiß, ist

nicht richtig. Sie hatte mir ja einiges über sich erzählt. Einige Jahre hatte sie übersprungen, was bedeutet...Ich glaube, sie ist über zwanzig und sieht nur wie fünfzehn, sechzehn aus. Sicher bin ich mir aber nicht. Aber bei einem Punkt bin ich mir absolut sicher; unser Lieblingslied von den Backstreetboys ist: Quit playing games with my heart. Der Text passte zu uns, wie die Faust aufs Auge. Und obwohl seit Stunden nichts anderes lief, legte ich keine andere Musik ein. Ich legte mich auf mein Bett und roch an der Decke, mit der sie sich zugedeckt hatte und roch an dem Kopfkissen, auf welchem ihr Kopf

gelegen hatte. Sah vor mir ihre Backen, die unter der Decke hervorgelugt hatten. Prächtige Bäckchen. Mitten hindurch ging ein schwarzer Strich. Gerne hätte ich ihre perfekte Form unter meinen Händen gespürt. Jetzt, wo mir klar geworden ist, das sie schon in den zwanzigern gewesen war, um so mehr. Bestimmt hätten sie sich traumhaft angefühlt.

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