Kurzgeschichte
Das Vorstellungsgespräch

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"Sie will den Job und gewährt daer tiefe Einblicke"
Veröffentlicht am 21. Oktober 2015, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Sie will den Job und gewährt daer tiefe Einblicke

Das Vorstellungsgespräch

Titel

So eine sexistische Drecksau. Na, gefällt dir, was du siehst? Schau mal, ich mache einen weiteren Knopf auf, damit du einen tieferen Einblick auf meinen Busen bekommst. Nun schlage ich gekonnt meine Beine übereinander, damit du meinen Slip sehen kannst. Heute trage ich das kleine Schwarze. Siehst du es? Bevor ich herkam, habe ich mich frisch rasiert. Sieh dir meine glatten Schenkel ganz genau an. Willst du sie berühren? Bestimmt willst du das. Ja, meine Intimzone habe ich auch frisch enthaart. Ich weiß doch, was euch Männern gefällt. Hier, auch meine

Achsel sind frei von Haaren. So komme ich immer zu einem Vorstellungsgespräch, wenn ich weiß, das ich einem Mann gegenüber sitzen werde. Das erhöht meine Chancen enorm. Ich habe ein jugendliches Aussehen. Frei von Falten. Und das ganz ohne Schminke. Oder vielleicht liegt es daran, weil ich mich nie schminke? Ich kenne einige Frauen, die schon tiefe Falten haben, obwohl sie erst in meinem Alter sind. Sie wagen keinen Schritt vor die Tür, bevor sie nicht jedes einzelnes Fältchen mit einer dicken Schicht Makup überdeckt haben. Von früher Jugend an, schmierten sie sich Chemie

ins Gesicht. Teilweise wird es auch am Rauchen liegen. Jeder weiß, wie schädlich Tabakrauch für Haut und Gesundheit ist. Sein Blick wird mir langsam unheimlich. Es scheint, als wird er gleich über mich herfallen. Ich muss aufpassen. Der Schlankeste ist er nicht gerade. Wenn er einmal auf mir liegt, bin ich platt, wie eine Flunder. Bestimmt bin ich zu weit gegangen. Aber ich brauche den Job. Deshalb spiele ich doch mit all meinen Reizen. Denn meine Referenzen sind nicht die Besten. Das heißt aber nicht, das ich mit ihm schlafen würde. So weit würde ich niemals gehen. Nicht nur, weil er nicht mein Typ ist. Es wäre unter

mein Niveau. So verzweifelt bin ich noch nicht, das ich mit jemanden ins Bett steige, nur um den Job zu kriegen. Auch wenn mein zukünftiges Gehalt meine Erwartungen weit übertrifft. Einmal ist keinmal, sagt man. Aber erstens weiß ich nicht, ob es bei dem einen Mal bleiben würde und zweitens kann ich mir nicht vorstellen, aus anderen Gründen wie Liebe und Zuneigung Sex zu haben. Ich werde meinen Körper nicht verkaufen. Auch wenn das bedeutet, meine Wohnung zu verlieren. Meinem Mann hätte es nicht gefallen, mich so zu sehen. Sicherlich dreht er sich im Grabe um, deswegen. Verübeln

kann ich es ihm nicht. Mir ist es selbst zu wider. Muss ich denn wirklich meine weiblichen Reize einsetzen, um wieder in Arbeit zu kommen? Vor sieben Jahren hatte ich das letzte mal gearbeitet. Danach brauchte ich nicht mehr. Mein Mann verdiente mehr, als genug. Ich konnte ein buntes Leben führen. Sein Erbe ist aber fast aufgebraucht. Die Beerdigung hatte schon ein kleines Vermögen gekostet. Es ist mein drittes Vorstellungsgespräch, innerhalb eines halben Jahres. Wenn das so weiter geht, verliere ich wirklich noch die Wohnung. Das Arbeitsamt wird sie mir bestimmt nicht zahlen. Dafür ist sie eindeutig zu

groß für mich alleine. Ich habe mich darüber informiert. Nach einer neuen Wohnung, die das Amt für angemessen hält, habe ich vorsichtshalber auch schon gesucht. Aber keine gefunden. Die Mietpreise sind fast unbezahlbar geworden. Wenn ich wirklich aus meiner Wohnung fliege, dann sitze ich hundert prozentig auf der Straße. „Ich weiß, es ist sehr warm. Aber das ist kein Grund so viel Dekolletee zu zeigen. Mir ist auch aufgefallen, wie sie ihre Beine übereinandergeschlagen haben. Glauben sie mir, damit hinterlassen sie keinen guten Eindruck. Wir sind ein seriöses Unternehmen. Daher lehne ich ihre Bewerbung

ab.“ Scheiße, das ging völlig daneben. Aber er hat geguckt. Und wie er gestiert hat. Ich habe es ganz genau gesehen. Oder wollte ich es nur sehen? Wollte ich sehen, wie er mich sabbernd begafft und mich daraufhin einstellt, weil er glaubt, das er mich eines Tages vernaschen kann?

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