Seitdem Galrens Vater vor 20 Jahren auf einer Expedition verschwand, hatte er nichts mehr von ihm gehört. Dies ändert sich schlagartig, als eines Tages ein Fremder in seinem Haus auftaucht und ihm eine Karte übergibt, die ohne Zweifel die Handschrift seines Vaters trägt. So macht er sich schließlich auf, die Route nachzuvollziehen, die dieser vor zwei Jahrzehnten genommen hatte, unwissend, das er dabei längst Teil eines viel größeren Spiels ist, das vor über einem Jahrtausend begann.
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Das einzige Licht hier unten stammte von einer Reihe von Öllampen, die in unregelmäßigen Abständen an den Wänden angebracht waren. Das Schiff schwankte unter jeder Welle die es traf und man musste aufpassen unter Deck nicht über ein ausgestrecktes Bein, einen Arm oder einige verstreute Stühle zu stolpern. Während das Unwetter draußen tobte hatten sich fast alle Matrosen, die nicht gebraucht wurden in das große Schlafquartier zurückgezogen, das sich auch Galren und die anderen mit ihnen teilten und so war es bei der Menge an
Leuten fast unmöglich sich zu bewegen geschwiege denn ungestört zu unterhalten. Manche der Männer vertrieben sich die Zeit mit Gesprächen, Trinken oder Würfeln, was nicht nur aufgrund des Seegangs häufig zu kleineren Streitigkeiten führte, oder nutzen die Gelegenheit um ihre Kleidung zu nähen oder sogar Tagebücher zu schreiben. Naria, Galren selbst und Lias hatten sich derweil ein Deck tiefer in den Laderaum des Schiffes zurückgezogen. Kisten Säcke und Tonnen mit Vorräten und Ausrüstung stapelten sich auf der gesamten Länge in zwei oder dreifache Mannshöhe und wäre das Ganze nicht mit
dutzenden von Seilen gesichert gewesen, vermutlich wären die wackeligen Türme längst in sich zusammengefallen. So jedoch konnten die drei sich in einer der wenigen freien Nischen niederlassen, wo bereits einige Kisten fehlten. ,, Ich habe schon einiges von Maras gehört.“ , meinte Galren, während er sich auf einer frei stehenden Kiste niederließ. ,, Aber ich habe bisher nie jemanden getroffen der von dort stammt. Wie ist es dort wirklich?“ Naria lächelte unsicher. ,, Ich würde sagen nicht viel anders, als überall sonst. Ich bin ein gutes Jahr nach der Flucht der ersten Magier aus Helike dorthin geboren, ich kann euch also
nicht persönlich sagen wie alles anfing. Aber es war wohl erst einmal nicht leicht. Maras ist recht isoliert, die nächsten Häfen sind entweder Helike oder Kalenchor. Und Helike fiel von vornherein aus, wir waren immerhin grade erst dem sicheren Tod von dort entkommen. Die Leute waren fürs erste auf sich selbst gestellt und mussten alles von Grund auf neu aufbauen. Es gab ein paar Rückschläge, ein Feuer das weite Teile der ersten Siedlung vernichtete… Aber wir haben es wohl trotz allem irgendwie geschafft. Heute gibt es eine ganze Stadt mit einem Hafen und einige Überlegen sogar auf die nähergelegenen Inseln in der Gegend überzusiedeln.
Auch wenn wir dafür mit dem Kaiser verhandeln müssten, das Land gehört zum Großteil Canton.“ ,, Und warum sollte er es euch nicht überlassen wenn sie unbewohnt sind ?“ , fragte Lias. ,, So wie ich das sehe seit ihr nicht grade Unbekannte.“ ,, Das nicht, aber was glaubt ihr, was euer Sangius-Orden von einer ganzen Gesellschaft freier Magier hält ? Es war immerhin der Kaiser selbst, der uns zu Beginn zusicherte Maras als Staat anzuerkennen. Kellvian spielt ein gefährliches Spiel in dem er die Macht des Ordens derart untergräbt.“ Galren musste ihr zustimmen. Er wusste nur das Grundlegendste über die Politik
Cantons, aber er hatte das kurze Gespräch zwischen dem Ordensoberen und Zachary das er mitbekommen hatte, noch nicht vergessen. Und wenn der Orden schon Schwierigkeiten hatte einen freien Zauberer zu tolerieren wie sah das dann erst bei einer ganzen Nation aus. ,, Wie kam es eigentlich dazu ?“ , wollte er wissen. ,, Ich meine, das der Kaiser einer Gruppe Magier aus Helike seinen Segen gibt ? Wart ihr bei ihm?“ ,, Das ist wie schon gesagt eine längere Geschichte.“ , meinte Naria. ,, Wie schon erwähn… Mein Vater ist Zyle Carmine, Wys Bruder. Und meine Mutter Relina. Momentane Hochmagierin von
Maras.“ Lias zog überrascht eine Augenbraue hoch. ,, Ich hatte einen Verdacht, was euch angeht aber das… rückt die Sache doch in ein etwas anderes Licht. Alle drei sind in Helike schon so etwas wie lebende Legenden. Sowohl Zyle als auch Wys waren einige der wenigen die sich je den Titel eines Schwertmeisters verdienten. Das ist neben einem Archonten der höchste Rang, den es für mein Volk gibt.“ ,, Wenn ihr es so nennen wollt.“ Naria war sich wohl unsicher ob sie das als etwas Positives sehen sollte. ,, Mein Vater wurde ein Weggefährte eures Kaisers nachdem er fast ein Jahr lang aus
Helike verstoßen worden war. Wie genau es dazu kam würde zu weit führen, aber als er zusammen mit Kellvian Belfare zurückkehrte, erhielt er den Auftrag die damals noch im Untergrund lebenden Magier ausfindig zu machen. Der damalige Archontenrat machte sie fälschlicherweise für eine Reihe von Vorkommnissen verantwortlich, die die Stadt erschütterten.“ ,, Ich kann mich erinnern.“ , pflichtete ihr Lias bei. ,, In einer der Minen um die Stadt waren die Arbeiter auf eine Konstruktion des alten Volkes gestoßen, mit der wir nicht fertig wurden. Und man kann es den Archonten wohl nicht übel nehmen, das sie als erstes den
Magier-Untergrund im Verdacht hatten. Deshalb hatte man Zyle ja zurückbeordert.“ Naria sah das offenbar anders, erwiderte aber nichts, stattdessen fuhr sie dort fort wo Lias aufgehört hatte. ,,Na ja… so hat er meine Mutter kennengelernt.“ ,, Ich nehme an, die Magier auszuliefern kam danach nicht mehr in Frage.“ , stellte Galren fest. ,, Nein und Ja. Mein Vater versuchte zu vermitteln, wisst ihr. Ohne das Wissen meiner Mutter und ohne den Archonten mehr als das nötigste zu verraten versuchte er ein Treffen zwischen ihnen und den Anführern der Magier zu erzwingen. Vergeblich. Als der Tag der
Flucht kam und sich herausstellte, das die Archonten die Magier längst erwarteten blieb er am Hanfen von Helike zurück um ihnen Zeit zu verschaffen.“ ,, Er starb ?“ , fragte Galren. ,, Das ist schwer zu erklären…“ , meinte die Gejarn. ,,Aber nein, er entkam. Wenn auch zu einem hohen Preis. Meine Mutter hatte wenig Verständnis für seine Taten. Es dauerte lange bis sie Verstand wieso er sie hintergangen hatte. Und länger bis sie ihm Verzeihen konnte. Genau deshalb muss ich grade euch, Lias, wohl nochmals um Verzeihung bitten. Ich sollte es besser wissen, als Leute zu schnell zu verurteilen…“ Die
Entschuldigung klang mehr als ehrlich, dachte Galren. Naria war definitiv nicht böswillig, sondern wirklich nur besorgt gewesen. Und jetzt wo er zumindest einen Teil der Geschichte kannte… vermutlich wäre an ihrer Stelle jeder misstrauisch geworden wenn plötzlich ein Paladin auftauchte Es war wohl schwer einzusehend das man sich so geirrt haben konnte. Und schwerer noch das auch anderen gegenüber zuzugeben. Aber offenbar tat sie genau das ohne zu zögern… ,, Entschuldigung akzeptiert.“ , meinte Lias und ein kurzes Lächeln huschte über seine Züge. ,, Also ich denke wir einigen uns einfach auf Waffenruhe.“ Er
streckte ihr eine Hand hin ,, Aber glaubt nicht, das ich euch aus den Augen lasse.“, erwiderte sie bevor sie einschlug. ,, Ich dachte darüber wären wir hinweg.“ Lias schüttelte resigniert den Kopf. Wenigstens eine Sache weniger um die er sich Sorgen müsste, dachte Galren. Auch wenn sie wohl nicht so schnell darüber hinwegkommen würden, was sie beide waren. Wenigstens machten sie einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Das letzte was sie hier draußen gebrauchen konnten, war ein Streit. Was ihn zu etwas anderem zurückbrachte… ,, Was hattest du eigentlich mit dem
Kapitän zu bereden ?“ , fragte Lias ihn. Galren überlegte, wie er das Problem am besten erklären sollte. Lias wusste zwar, dass er eine gewisse Begabung hatte aber würde der Mann sich auf seine Ahnungen verlassen? Aber er kannte ihn jetzt seit zwanzig Jahren. Wenn nicht Lias, wer dann ? ,, Ich fürchte, wir könnten vom Kurs abgekommen sein.“ , sagte er schließlich. ,,Und woher wisst ihr das ?“ Naria sah ihn ernsthaft neugierig an. ,, Ich spüre so etwas einfach.“ , gab er zu. ,, Das… konnte ich schon immer. Und ich habe mich in meinem Leben noch nicht
verirrt.“ Die junge Gejarn schien kurz nachzudenken. ,, Verzeiht, aber das Klingt wirklich nach Magie. Allerdings einer von der ich noch nie gehört habe.“ ,, Was wollt ihr damit sagen, das Galren ein Zauberer ist ? Das hätte ich gemerkt…“ ,, Und deshalb sind euch auch hunderte von Magiern entkommen, ja ?“ , fragte Naria spöttisch. Lias erwiderte nichts außer einem leisen grummeln. ,, Nun er hat jedenfalls recht.“ , meinte Galren. Sie hatten einmal einen Sucher des Ordens in Maillac gehabt, aber der Mann war so schnell wieder
verschwunden wie er gekommen war. Der Orden war spezialisiert darauf, begabte Kinder möglichst früh zu finden um mit ihrer Ausbildung beginnen zu können. Die Lebensverkürzende Wirkung ihrer Magie und die Rücksichtslosigkeit mit der viele der Sangius-Magier diese einsetzten machte das auch bitter nötig. Wer als nur gering begabter Novize zum Orden kam würde wohl kaum sein vierzigstes Lebensjahr erreichen. Und doch war ein unausgebildeter Zauberer vielleicht noch gefährlicher als einer, der seine Gabe auch einsetzte. Ersterer konnte nie wissen, was er tat und brachte sich am Ende vielleicht sogar nur selbst um, wenn seine Fähigkeiten doch einmal
zu Tage traten. ,, Ich schätze mal, Hedan war davon allerdings nicht grade begeistert ?“ ,, Er meint er überprüft den Kurs jeden Tag selbst. Aber das heißt nur, dass er dieselben Fehler immer wieder macht. Und ich kann ihm das nicht einmal nachweisen… ehrlich gesagt ich würde ja selber nichts darauf geben wenn jemand bloß ein schlechtes Gefühl hat. Von euch kennt sich nicht zufällig jemand mit Navigation aus, oder?“ ,,Leider nicht.“ , gab Lias zu. ,, Und du bist dir ganz sicher ?“ ,, Genau das bin ich mir eben nicht. Ich war noch nie so weit weg von… nun allem. Ich kann also nicht wissen ob
meine Fähigkeiten hier draußen überhaupt noch funktionieren. Es.. irgendetwas daran hat sich allerdings verändert. Und es gefällt mir nicht. “ ,, Ich schätze, wir werden einfach Vorsichtig sein müssen.“ , stellte Naria fest. Der Sturm draußen schien noch einmal an Gewalt zuzunehmen und brachte das ganze Schiff zum schwanken. Die Kiste auf der Galren saß kam urplötzlich ins Rutschen und er musste sich mit einem raschen Sprung zur Seite retten um nicht mitgerissen zu werden. Dort wo eben noch seine Beine gewesen waren krachte der Behälter mit voller Wucht gegen einen Stapel Säcke. Galren sah schon, wie der gesamte Turm ins
Rutschen geriet, doch nach einigen atemlosen Sekunden stabilisierte sich die schwankende Konstruktion wieder. Lediglich ein einzelner Beutel löste sich und schlug krachend auf dem Boden auf. ,, So viel zum Vorsichtig sein.“ , bemerkte Lias, als er Galren wieder auf die Füße zog. ,, Wir sehen besser zu, das wir wieder nach oben kommen.“ Er nickte lediglich, während der Gejarn sich daran machte, die Kiste wieder an ihren Platz zu schieben. Galren hingegen griff sich den herabgefallenen Sack, doch noch bevor er ihn ganz angehoben hatte, fiel ihm auf, dass er… leichter wurde. Schneller als er reagieren konnte,
rieselte grobes Mehl in einer kleinen Sturzflut daraus hervor und bedeckte sowohl den Boden als auch ihn selbst mit einer dünnen weißen Schicht. Die entstehende Staubwolke hüllte Galren einen Moment ein, während er den nun leeren Sack fallen ließ. ,, Es ist möglich das heute wirklich nicht mein Tag ist.“ , stellte er resigniert fest, während er versuchte, sich das Mehl aus der Kleidung zu klopfen. ,, Geht vor… ich schätze ich werde erstmal dafür Sorgen das ich nicht mehr wie ein Geist aussehe…“ ,, Vielleicht war das Gewebe einfach schon brüchig…“ , meinte Naria, während sie und Lias auf der Leiter zum
Oberdeck verschwanden. Sicher, dachte Galren. Gleichzeitig jedoch fragte er sich, warum der Sack dann nicht schon beim Beladen kaputt gegangen war. Er hob das leere Stück Jute wieder auf. Eine Naht an der Seite war komplett aufgerissen. Aber irgendetwas daran machte ihn stutzig ohne das er sagen konnte was… Er konnte klar sehen wo die Naht gerissen war, der Faden dort war ausgefranst und lose Fasern waren aus dem Gewebe gerissen worden. Aber an einer Ecke waren die Fäden glatt durchtrennt. Nur ein einfacher Fehler desjenigen der den Sack hergestellt hatte ? Galren wusste es nicht, aber erneut
machte sich ein ungutes Gefühl in ihm breit. Langsam aber sicher nahm diese Reise eine Wendung, die ihm nicht gefiel. Sie waren vielleicht nicht mehr auf Kurs, momentan mitten in einem Sturm… und er wäre eben fast erschlagen worden. Und es gab nichts was er dagegen tun konnte. Es hätte auch nicht einmal einfach sein können….
Terazuma Hi Eagle! Kollateralschaden ist gut! XDDD Davon dürfte es noch mehrere geben, oder? ^^ Zumindest haben sich Naria und Lias ausgesprochen. Und was den Sack angeht. Das ist doch eindeutig, dass den jemand aufgeschnitten und sich dann an den Vorräten bedient hat. ^^ LG Tera |
EagleWriter Richtig erkannt nur wie schnell Galren das klar werden wird^^ lg E:W |
abschuetze ... und das mit dem Sack klingt nicht nach Zufall. Sabotage ...^^ LG von Antje |
EagleWriter Ich würde es eher Kollateralschaden nennen :D Aber das wird noch ersichtlich. lg E:W |