Humor & Satire
Greis am Steuer - U__e_e_e_!

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"etwas deutlicher wäre gut"
Veröffentlicht am 19. September 2015, 10 Seiten
Kategorie Humor & Satire
© Umschlag Bildmaterial: Andrea Minutillo
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich - eindeutig rot - freiheitsliebend - in mir drin schon mal unsicher, beinahe verklemmt - nach außen der Fels in der Brandung - die Person, auf die man sich verlassen kann - auch mal anlehnen, kein Problem - ein dunkles samtiges Rot also - richtig viel Farbe - dicke Haufen davon auf der Leinwand - Struktur - Kunstschule Zürich - zahlreiche Ausstellungen in der Region - flippig - flapsig - bunt in mir drin - auch mal ...
etwas deutlicher wäre gut

Greis am Steuer - U__e_e_e_!

Eine kurze Situationsbeschreibung:

Schnurgerade Landstraße, vorgeschriebene Geschwindigkeit: 70 km – wegen einem Forstweg, der hier mündet.


Die Polizisten ziehen jeden dritten Verkehrsteilnehmer heraus.

 

Die Strecke lädt eher dazu ein, 160 km zu fahren!


Heute wird ordentlich Kasse gemacht.

„Was kommt denn da?“ „Hm …“ „Das Messgerät zeigt 27 km an. Rausziehen?“


Der alte Opel nutzt annähernd die gesamte Straße. Leicht über dem Mittelstreifen torkelt das Fahrzeug den Beamten entgegen.


„Rausziehen!“


Und schon wird die Kelle geschwenkt.

An sich kein Grund zur Eile, bis das Fahrzeug angekommen ist, wird dem Polizisten der Arm schwer. Der Wagen hält – mit einem Rad beinahe im Graben.

Der Beamte klopft an die Scheibe. Ein zittriger Finger sucht den automatischen Fensterheber.


Mit festem Druck und weißen Knöcheln bewegt sich die Scheibe einen Spalt nach unten.

Fünf Zentimeter sollen ausreichen, um sich das Anliegen der Uniformierten anzuhören. „War ich zu schnell?“

„Guten Tag.“


Der Greis deutet ein freundliches Nicken an.


„Nein, aber Sie sind über die Mittellinie gefahren. Da ist schnell was passiert.“ „Was meinen Sie?“ „Sie sind über die Mittellinie gefahren. Da ist schnell was passiert!“


Der Fahrer reckt sein Ohr zum Fensterspalt.


„Bitte sprechen Sie etwas deutlicher, ich verstehe Sie kaum.“


„Wenn Sie auf der Mit-tel-linie fah-ren, ger-aten Sie leicht in den Ge-gen-ver-kehr.“ „Gegenverkehr?“ „Wir möchten gern Ihre Papiere sehen.“ „Hm?“


Schweißtropfen entrinnen dem weißen Haaransatz.


„Wir möch-ten gern Ihre Pa-pie-re se-hen!“ „Ist doch alles ruhig auf der Straße.“ „HABEN SIE IHRE PAPIERE dABEI?“ „Ich fahre nun seit 72 Jahren. Mich hat noch niemand so angeschrien! Ich habe kein Papier hier im Auto. Haben Sie kein Papier dabei?“ „Wir möchten gern Ihren Führerschein sehen.“ „Sprüh am Bein? Sie haben doch nicht etwa getrunken?“


Durch die spiegelnde Scheibe stiert der Greis mit wirrem Blick zu dem Polizisten auf.

„Bit-te zei-gen Sie uns Ih-ren Füh-rer-schein!“ „Aber der Führer ist bereits tot. Eine ganze Weile schon. Ja, wissen Sie das denn nicht, junger Mann?“ „Wir spre-chen von der Fahr-er-laub-nis und den Wa-gen-pa-pier-en.“ „Warum sagen Sie das nicht gleich?“


Und schon bewegt der Greis seinen Arm Richtung Sonnenblende. Mit zittriger Hand schiebt er seine Papiere durch den Türspalt.


Der Beamte atmet tief.


„Das sind Ihre Tankrechnungen.“ „Was sagen Sie?“ „DAS SIND NICHT ICH-RE FAHR-ZEUG-PA-PIE-RE!“ „Das weiß ich ja wohl besser.“


Kopfschüttelnd schließt der ältere Herr die Scheibe und dreht den Zündschlüssel. Der Polizist klopft auf das Wagendach. Das Motorengeräusch erlischt.

Die Scheibe bewegt sich erneut einen Spalt nach unten.

Der Fahrer sieht geradeaus durch die Windschutzscheibe.


„Was denn nun noch?“ „Sie können doch nicht einfach weiterfahren!“ „WAS? Reden Sie doch BITTE deutlich!“ „Sie dür-fen nicht ein-fach los-fah-ren! ERST WOLLEN WIR IHRE PAPIERE SEHEN!“ „Es tut mir leid, ich habe keine Zeit für Ihre Mätzchen. Wann soll ich denn bitteschön ankommen, wenn Sie mich so lange aufhalten!“ „STEIGEN SIE SOFORT AUS!

Wir fah-ren Sie bes-ser.

Wo soll es denn hin-ge-hen?“


„Nein, ich bin kein guter Esser! Das ist doch wohl auch unwichtig!“


Genervtes Kopfschütteln.


„WO SOLLEN WIR SIE HINFAHREN?“ „Sie bringen mich ganz durcheinander!“


Mühsam zieht der Beamte den Mann aus seinem Auto.


„WO WOLLEN SIE HIN?“


Klein und betrübt lehnt der alte Mann an seinem Auto.


„Das weiß ich jetzt auch nicht mehr!“

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Hörbuch

Über den Autor

Frettschen
Ich
- eindeutig rot
- freiheitsliebend
- in mir drin schon mal unsicher, beinahe verklemmt
- nach außen der Fels in der Brandung
- die Person, auf die man sich verlassen kann
- auch mal anlehnen, kein Problem
- ein dunkles samtiges Rot also
- richtig viel Farbe - dicke Haufen davon auf der Leinwand
- Struktur
- Kunstschule Zürich
- zahlreiche Ausstellungen in der Region
- flippig - flapsig - bunt in mir drin
- auch mal nachdenklich
- manchmal introvertiert
- stets auf der Suche nach Neuem
- in meinem Bereich versteht sich
- Sternzeichen Löwe
- Querdenker und Rebell
- reiße mir die guten Seiten des Alltags unter die Nägel
- manchmal erwische ich auch die weniger Guten,
doch die schüttele ich hastig ab

ich liebe:
- einsame Orte
- den Wind
- das Geklapper der Taue an den Masten
- ob an Fahnen oder Booten, ist mir egal
- die Ruhe im Wald
- der Schutz eines Baumes - wenn man sich darauf einlässt
- das Eintauchen in die Arbeit an der Staffelei
- wenn`s gelingt
- das sichere und untrügliche Gefühl,
etwas Besonderes entstehen zu lassen
- das Spielen mit unserer Sprache
- gutes Essen
- ein unerwartetes Lächeln
- Musik - alle Richtungen
- am besten schön laut
- Tanzen
- Ausdruck
- Profil
...

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tooshytowrite Ob wohl Dein Umschlagsbild hinten auf dem Polizeibericht gezeichnet war?
*sparkling smile*
Vor langer Zeit - Antworten
Frettschen Alle lichten mich gern ab - weil ich so schön bin!
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Regt zum Überlegen an. Habe ich gerne gelesen.
Lg
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Frettschen Überlegen ist immer gut. Ich bin nicht besser - wenn ich bedenke, in welch desolaten Zuständen ich schon Auto gefahren bin! Da sollte ich gefahren glatt groß schreiben! Doch in betreffenden Momenten erscheint es einem ungeheuer wichtig, mit dem Auto von A nach B zu kommen.
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Leicht läßt man sich vom eigenen Dickschädel verleiten! Leider.
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Frettschen Dickschädel ist ein lieblicher Ausdruck für das, was ich da manchmal zwischen meinen Schultern stämme =D
Vor langer Zeit - Antworten
annaluu Ich hatte die Vorstellung, dass der Greis am Ende mit dem Auto weiterfährt und sowas murmelt wie: "Wäre ja schön blöd, wenn ich jetzt noch Strafe zahlen müsste, weil ich meine Führerscheinpapiere nicht dabei habe. Dann käme ich ja noch mehr zu spät zu Kaffee und Kuchen..."
Also ein verschmitzter, alter Herr, der die Polizei austrickst und sich seinen Spaß erlaubt!
Nichtsdestotrotz hast du mir eine ernst-traurig-lustige Szene in den Kopf gesetzt, die ich sehr genossen habe.
Grüße,
Anna

P.S.: Leider kann man ja nur pro Tag einen Coin an einen User verschenken...
Vor langer Zeit - Antworten
Frettschen Stimmt, ich hätte dem ganzen eine lustige Wendung geben können, nur, dann hätte es mich ein wenig an "Didi Hallerforden" erinnert. Mir gefällt das tragische Ende und ich denke, es ist dicht an der Realität - leider.
Vor langer Zeit - Antworten
Herbsttag Amüsant ist diese Geschichte in meinen Augen wirklich nicht. Interessant und sehr gut erzählt ja. So jemand sollte sich wirklich nicht mehr ans Steuer setzen.
Ohne dir zu nahe treten zu wollen, muss ich aber anmerken, dass leider mehr junge Leute rasen, bekifft fahren, mit dem Handy am Ohr, oder der Wasserflasche vor dem Gesicht, unterwegs sind oder in aller Seelenruhe die Karte studieren, während sie mit 150 unterwegs sind, wo 100 erlaubt sind. Ich gebe zu, dass ich vielleicht eine andere Sicht habe, da ich selber zu den Älteren gehöre. Ich frage mich aber schon, wie es kommt, dass wenn ein alter Mann/ Frau einen Unfall bauen, das riesengroß in der Zeitung steht, während wenn junge Menschen Unschuldige zum Krüppel fahren oder töten (erst gestern wieder hat ein junger Fahrer eine 4-köpfige Familie lebensgefährlich verletzt), es der Presse lediglich eine kleine Notiz wert ist. Ich hoffe, du betrachtet meine Gedanken nicht als Angriff auf dich. Liebe Grüße Ira
Vor langer Zeit - Antworten
Frettschen Nein, ganz gewiss nicht! Jedem sollte seine eingene Denkweise gestattet sein. Ich habe mir dieses kleine Geschichtchen nur ausgedacht. Es sollte kein Angriff auf niemanden werden.
Allerdings habe ich erst neulich erlebt - also ich saß bei einem äteren Pärchen im Auto. Er fuhr, weil er der bessere Fahrer war - wann auch immer - allerdings wusste er die einfachsten Wege nicht mehr. Sie wußte wo es langging, ist aber eine sehr unsichere Fahrerin. So zeigte sie bei jeder Biegung, bei jeden Fahrstreifenwechsel an, wo es langgehen musste. Und von einem eventuellen Seitenblick - von Schulterblick wage ich gar nicht zu sprechen - konnte ebenfalls keine Rede sein.
Ich war froh, heil aus dem Auto zu kommen.
Dennoch: Gemeinsam sind die beiden stark...
Hoffentlich passen sie gut auf!
Vielleicht war das der Anstoß für meine kleine Geschichte.
So ernst sollte sie wirklich nicht sein.
Vor langer Zeit - Antworten
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