Fantasy & Horror
Bitterblut

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"Bitterblut"
Veröffentlicht am 11. September 2015, 8 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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http://www.mystorys.de

Über den Autor:

ÜBER Wenn ich nach oben schaue, die weiße Zimmerdecke. Ein wenig unscharf der Fensterrahmen, die Vorhangstange, messingfarben, dünner blauer Stoff links und rechts. MICH Akkusativ des Personalpronomens ich. Gewöhnlich von einer Person verwendet, wenn sie aus ihrer eigenen Perspektive über sich selbst spricht. In diesem Fall ist der Akkusativ abhängig von der Präposition über.
Bitterblut

Bitterblut

Wach, von einem Moment auf den anderen. Starre vorüber.

Aufstehen, einige wenige rasche Schritte, übermenschlich schnell, übermenschlich leise. Dann die Bretter fortschieben, raus aus dem Unterschlupf, ein Blick zum Himmel. Neumond, perfekt für die Jagd. Und Gewitter, später, sagt die schwülwarme Luft einer lauen Sommernacht. Wird die Spuren verwischen.


Der Weg ist nicht weit. Ein Gebäude, etwas abseits von anderen, wohl weil es so laut ist.

Einen Moment lang Erinnerung.

Sie ist hier gewesen, in einem anderen Leben, einen jungen Mann an ihrer Seite, Lachen auf der Zunge, immer dicht hinter

ihren Lippen lauernd, um dann urplötzlich hervorzuspringen, hell perlend wie das Wasser eines Springquells. Und ein seltsam leichtes Gefühl in der Magengegend, kribbelnd, prickelnd, angenehm aufregend.


Doch dieses Leben ist längst vorüber.


Geblieben sind nur Fetzen von Worten, Gefühle, einige wenige Bilder, zuletzt ein tiefer Schmerz - und das Wissen, das es heute besser ist.


Sie postiert sich im Schatten, eine Kreatur der Nacht. Warten, ein, zwei Stunden, die längst keinen Unterschied mehr machen, dann kommen die ersten. Ein kleiner Pulk,

alle noch jung. Clique, so nennen es die Menschen. Unwillkürlich hebt sie den Kopf, nimmt Witterung auf.

Da ist eine Spur, die heraussticht, metallisch, wie immer, aber bittere Süße, die das Eisen fast überlagert. Ungewöhnlich.

Sie wartet, bis sie an ihr vorbei sind, dann stößt sie sich ab von der Wand, an der sie statuengleich gelehnt hat, und nimmt die Verfolgung auf. Immer möglichst im Schatten, immer ein gutes Stück hinter den anderen, nur nicht auffallen.


Sie hat Glück, bereits an der zweiten Ecke trennen sich einige von der Gruppe. Auch die Spur biegt ab.


Sie folgt ihr.


Es ist ein junger Mann, schlank, Menschen würden ihn attraktiv nennen. Helles Haar, ein Zauberlachen, weich und klangvoll durch die Gasse hallend. Und Blut, süßer als alles, was sie je gekostet hat.


Es gibt keine Emotionen in diesem zweiten Leben. Dachte sie.


Doch dieser Duft - es ist wie ein Bann, Besessenheit, eine gefährliche Faszination.


Sie folgt ihnen noch einige Straßen weiter, bis sich das Grüppchen allmählich auflöst. Schließlich ist er allein.


Als sie ihn stellt, ist sein Gesicht fast schon enttäuschend gewöhnlich. Überraschung im Blick, als sie ihn an der Schulter packt und er sich umdreht, dann Abscheu. Sie achtet schon lange nicht mehr auf ihr Äußeres.

Er will sich losmachen, doch als sie ihn weiter festhält, ihn zwingt, sie anzusehen - da ist auf einmal noch etwas anderes in seinem Blick. Erkennen.


"Was ist nur aus dir geworden?" Die Stimme kaum mehr als ein erschrockenes Flüstern, als er zurückweicht. Diesmal lässt sie ihn, doch er flüchtet nicht, sieht sie nur an wie ein wildes Tier.


Sie kann später nicht sagen, wie lange sie da gestanden sind. Erst ein vorbeifahrendes Auto einige Straßen weiter reißt sie aus der Starre.

Er erschrickt, als sie zusammenfährt, macht einen Schritt rückwärts, stolpert, fällt.


Es ist nichts Großes, eine Schürfwunde am Ellebogen, als er mit dem Arm den Sturz abfängt, doch es genügt.


Vorbei ist es mit der Beherrschung, das Blut lässt sie endgültig zum Tier werden.


Die Besinnung kommt erst wieder, als sie fertig ist. Der junge Mann lebt nicht mehr.

Sie verwischt die Spuren, so gut es geht.

Steht auf, wendet sich ab, wirft einen letzten Blick über die Schulter auf sein Gesicht - und erstarrt.


Sie kennt ihn.


Es ist der junge Mann aus dem anderen Leben.


Erst jetzt schmeckt sie das Blut wirklich. Bitter. Bitter wie das erste Leben.

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Hörbuch

Über den Autor

Ryvais
ÜBER

Wenn ich nach oben schaue, die weiße Zimmerdecke. Ein wenig unscharf der Fensterrahmen, die Vorhangstange, messingfarben, dünner blauer Stoff links und rechts.

MICH

Akkusativ des Personalpronomens ich. Gewöhnlich von einer Person verwendet, wenn sie aus ihrer eigenen Perspektive über sich selbst spricht. In diesem Fall ist der Akkusativ abhängig von der Präposition über.

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AngiePfeiffer Whow,
das ist eine richtig tolle Geschichte, die mich von Anfang bis Ende mitgenommen hat. Sie ist kurz, knapp und auf den Punkt gebracht - einfach perfekt!
LG
Angie
Vor langer Zeit - Antworten
Fia__Sophia Alsoo, da ich in letzter Zeit definitiv zu viel Supernatural schaue, hat mit das Thema Vampir natürlich gefallen :) okay, das hat es auch davor schon :D
Den Titel finde ich jedenfalls sehr treffen und er ist auch ein schönes Wortspiel. Das Cover ist nicht schlecht, aber ich finde, da hätte man etwas dunklereres, bittereres nehmen können. Mir fällt jetzt aber leider auch nichts konkretes ein. Ich bin so schrecklich unkreativ in letzter Zeit.

Deinen Schreibstil finde ich sehr interessant. Du verwendest sehr viele von diesen Aufzählungstätigkeiten (oder wie auch immer man das nennt) und das lässt das ganze irgendwie sehr gehetzt wirken, was hier aber wirklich gut passt.
Die Handlung ist auch sehr interessant und dein Vampir ist ziemlich kaltblütig. Die Pointe war ab den letzten Seiten zwar erahnbar, aber nicht von Anfang an, von daher geht das auf jeden Fall in Ordnung.

Insgesamt eine sehr tolle Kurzgeschichte :)

LG Sophia
Vor langer Zeit - Antworten
Ryvais Vielen Dank :)
Ja, ich bin keine große Covergestalterin. Und ich zeichne zwar gern, aber zu wenig gut und zu selten, als dass ich mich da rantrauen würde, weswegen ich einfach immer die Standards nehme.
Das mit dem Stil ist Absicht. Die Protagonistin ist in meiner Vorstellung mehr Tier als Mensch, deswegen.
Erahnbar - spätestens ab der Stelle mit dem "süß" wahrscheinlich ... aber wenns nicht stört, lass ich es so :)
Auf jeden Fall vielen Dank für deine Rückmeldung ;)
Lg, Ryvais
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter Sehr poetisch geschrieben, wirklich gefällt mir richtig gut schon alleine deshalb.
Zum Titel
Tja was soll man da groß zu sagen außer : Auf den Punkt gebracht . Passt verrät in dem Fall aber die tragisch Poiente ( ich jedenfalls hatte das Ende etwas geahnt aber das ist in dem Fall nicht so schlimm, der Schreibstil an sich hält schon gefangen ^^)
Was das Cover angeht, ich glaube es ist eines von den Standary-MyStory Covers aber in dem Fall passt es einfach
Idee
Dazu hab ich ja schon ein paar tackte gesagt. An sich ist das Thema ja nicht neu, aber du hast es geschafft es trotzdem nicht... ordinär wirken zu lassen sondern im gegenteil durch die Umsetzung und grade die verwendete Sprache wird daraus irgenwie... mehr.
lg
E:W
Vor langer Zeit - Antworten
Ryvais Auch dir danke für die Rückmeldung :)
Dass man das Ende ahnt, nehm ich in dem Fall einfach in Kauf, da es ja nicht zu sehr stört.
Das Cover: Ja, ist es. Ich gehör zu den Leute, die sich mehr um den eigentlichen Text scheren. Das Cover macht die Geschichte ja nicht besser - es zieht höchstens Leser an.
Ich kann Vampire seit Biss eigentlich nicht besonders gut leiden ... die Idee war also eine Art Anti-Twilight-Vampir, der selbst in einem ehemals geliebten Menschen kaum noch mehr als Beute sieht. Freut mich, dass es trotz der heiklen Voraussetzungen (Vampir + Liebe) gut geworden ist ;)
Lg, Ryvais
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze Kein drumherum. Jedes Wort auf den Punkt. Spannung pur.

LG von Antje
Vor langer Zeit - Antworten
annaluu Ich sag´s mit einem Wort: Gänsehaut.
Herzlichste Grüße,
Anna
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Ryvais Freut mich, dass dir der Text gefällt *strahl*
Und danke für die Coins!
Lg, Ryvais
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