Kurzgeschichte
Fünf Minuten Arbeitslos

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"Kaum hatte ich arbeit gefunden, wurde rationalisiert"
Veröffentlicht am 16. Juli 2015, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Kaum hatte ich arbeit gefunden, wurde rationalisiert

Fünf Minuten Arbeitslos

Titel

Blöd, wenn man seinen Job verliert. Aber die Firma musste rationalisieren. Personal abbauen. Und ich war einer der jüngsten Mitarbeiter. Soll heißen, das ich einer von denen war, die als letztes zum Team stießen. Unschön war die Tatsache, das ich vorher sehr lange zu Hause saß und keinen Job fand, da ich gesundheitlich nicht ganz so fit war. Positiv sei vermerkt, das ich nicht der Einzigste war, der entlassen wurde. Auch in anderen Abteilungen wurde abgebaut. Insgesamt waren wir etwa elf Mann. Wovon einer das Rentenalter erreicht hatte und deshalb die Firma

verließ. Wir anderen waren überflüssig geworden. Zumindest fühlten wir uns so. Obwohl wir wussten, wie es um die Firma stand. Zufällig war etwas zu uns herunter gesickert. Nicht viel. Aber so viel, das wir darauf vorbereitet waren, das es Entlassungen gibt. Deprimiert ging ich langsam nach Hause. Schwelgte in Gedanken. Überlegte, wie ich es meiner Frau beibringen soll, das ich schon wieder arbeitslos bin. Dachte darüber nach, in eine Kneipe zu gehen, mir einen anzutrinken und ihr es dann knallhart ins Gesicht zu sagen. Aber Kneipe konnte ich mir nun nicht mehr leisten. Plötzlich kam mir ein Gedanke. Man, war

ich blöd. Aber kein Wunder. Seit Wochen wohnte sie schon wieder bei mir. Ab und zu durfte ich sie besteigen. Ansonsten nur bedienen, ihren Dreck wegmachen und ihre Launen ertragen. Wie damals, als wir noch ein Paar waren. Auch da durfte ich schon nicht wissen, wohin sie ging, mit wem sie sich traf und wann sie gedenkte wieder nach Hause zu kommen. Wir krank sie wirklich war – körperlich, meinte ich – hatte ich keine Ahnung. Ich nahm Rücksicht auf sie. Nahm ihr vieles ab. - Manche Dinge ändern sich nie. Und obwohl wie schon seit geraumer Zeit kein Paar mehr waren, hatte ich das Gefühl, als wären wir noch zusammen.

Ich kann aber nicht sagen, ob es Eifersucht ist, die ich verspüre, wenn sie mit einem neuen Kerl anfängt, oder ob ich es einfach nur leid bin, das sie sich ständig mit irgendwelchen Typen schreibt, sich in sie verliebt und...Es wiederholte sich immer wieder. Warum ich das mitmachte, lag nur daran, das ich keine andere fand. Ganz alleine wollte ich nicht sein. Ihr war ich keine Rechenschaft schuldig, damit war ein Problem gelöst. Blieb immer noch das ursprüngliche Problem: Meine neue Arbeitslosigkeit. Mich störte es. Denn viel zu lange hatte ich gebraucht, um diesen Job zu bekommen. Auch wenn er nicht die Erfüllung, für

mich, war, so war es doch ein Job, bei dem ich Geld verdiente und unabhängig vom Arbeitsamt war. Am Ende des Monats konnte ich sogar ein wenig Kleingeld in meine Spardose tun. Vorausgesetzt, ich gab es nicht für die Frau aus, die bei mir lebte. Ich erzählte ihr nichts. Warum sollte ich auch? Sagte sie mir, wie ihr Tag war? Durfte ich wissen, wo sie war? Nein und Nein. Also brauchte sie nicht zu wissen, das man mich gefeuert hatte. Sie würde es schon irgendwann mitbekommen, wenn sie nicht ganz so dumm war, für wie ich sie grad hielt. Erst spät schlief ich ein. Es war eine kurze, unruhige Nacht gewesen, die

abrupt, durch das klingeln des Telefons, beendet wurde. - Um es kurz zu machen: Mein Kollege hatte es sehr eilig gehabt, nach Hause zu kommen und seiner rau zu sagen, das er nicht entlassen wurde. Wahrscheinlich war er spitz gewesen und konnte es nicht erwarten, ihr die Klamotten vom Leib zu reißen und über sie herzufallen. Appetit hatte er sich ja in der Firma geholt. So, wie er unsere Kollegin anstierte...Unfall, Krankenhaus. Er nicht da, musste ich ran. Mein Freude hielt ich zurück; Pietät. Erst als ich aufgelegt hatte, ließ ich einen Freudenschrei los. Danach zog ich mich schnell an. Doch sofort startete ich

nicht zur Arbeit. Zuerst trank ich noch meine zwei Tassen Kaffee. Die Arbeitszeit hatte eh schon begonnen. Und ohne meine zwei Tassen Kaffee, gehe ich nicht aus dem Haus.

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