Daddy
Vor ein paar Tagen, holte ich mir,
die Kiste.
Die mit den Erinnerungen,
die ich niemals ausmiste!
In ihr gibt's Briefe, die du schriebst
und Mamas Sammlung wilder Hüte,
ein Hemd, das du besonders liebtest,
auch Fotos, aufbewahrt in einer Tüte.
Ich nahm die Dinge alle raus,
um sie einmal zu ordnen.
Dachte dabei ans Elternhaus,
und was daraus geworden.
Alles was davon übrigblieb,
ist jetzt in dieser Schachtel.
Alte Schätze die ich lieb,
manchmal gern betrachte.
Erinnernd, wie du sasst im Sessel,
in der Hand ein Kreuzworträtsel.
Mutter und du beim Kartenspiel,
als Mamas Schummelei auffiel.
Statt Papa nannte ich dich Daddy,
wir lasen beide gern Karl May.
Schenktest mir meinen Lieblingsteddy,
Sonntags gab's weichgekochtes Ei.
Wir sprachen oft über Filosofie,
sowie auch über Politik.
Schweigsam warst du eigentlich nie,
und hattest den totalen Durchblick.
Ein bewegtes Leben führtest du,
überlebtest glatt zwei Kriege,
Kamst auch im Alter nie zur Ruh,
Warst immer in Betriebe.
Eines Tags, an deinem Bett,
fragte ich, wie es dir ging,
-Ich warte! kam die Antwort prompt.
-auf den Tag, um loszuziehn!
-denn der Tod, sagtest du leise,
-eigentlich ist er eine Reise,
ich bin bereit, und würd gern gehn...
Dies war das letzte Mal, dass wir uns sahn.
Ich sitze hier vor meiner Kiste,
in meiner Hand ein Brief von dir,
indem du schreibst, seid bloss nicht triste,
uns wiedertreffen, werden wir!
Viele Jahre sind vergangen,
ganze Vierzehn sind es schon.
Bin an der Front jetzt angekommen,
niemandes Kind mehr, nur "Person".