Fantasy & Horror
Die Wilde Ebene - 3 - Die Legende vom Kirchberg

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"Die Wilde Ebene - 3 - Die Legende vom Kirchberg"
Veröffentlicht am 06. Juli 2015, 26 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
© Umschlag Bildmaterial: Jon Barnis
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Über den Autor:

Über mich gibt es erstaunlich wenig zu sagen. Ich schreibe. Hin und wieder. Zeitweise auch mal öfter und intensiver. Ich denke zu oft, urteile zu schnell und merke mir definitiv zu wenig ... zumindest zu wenig von den unwichtigen Sachen die die Welt bewegen und sie dennoch nicht verändern. Ich verabscheue Oberflächlichkeiten und Smal-Talk, rede gern, wenn ich wirklich was bei zu tragen habe, und schweige ansonsten lieber. Ah, und ohne die ...
Die Wilde Ebene - 3 - Die Legende vom Kirchberg

Die Wilde Ebene - 3 - Die Legende vom Kirchberg

Vorwort

Hier sind wir nun, zusammen mit unseren beiden Hauptpersonen, gestrandet auf einem kleinen Hügel in der Wilden Ebene, über der sich jetzt die Nacht ergießt. Nachdem ich im letzten Kapitel diesen gefährlichen Landstrich etwas näher beschrieben habe, kommt es hier nun zum ersten Dialog zwischen den beiden Reisenden. Den ich allerdings schon nach kurzem unterbreche, um Ihnen, liebe Leser, eine blutige, grausige Legende näher zu bringen. Glauben Sie mir, es ist nötig, und Sie werden es mir vielleicht sogar danken.

Patrius

Die legende vom Kirchberg

Mittlerweile hatten sich Pferd und Reiterin wieder einigermaßen gefangen, so das es der junge Mann für möglich hielt, ein vernünftiges Gespräch zu beginnen. "Wenn ich mich erst einmal vor stellen darf, bevor ich zur Erklärung der Situation aus hole?“ begann er, ohne aber eine Antwort ab zu warten „Samuel Graz nennt man mich, obwohl Ihnen mein Name sicherlich nichts sagen wird. Dafür habe ich die Ehre, die berühmte Lady Yock auf meiner kleinen

Anhöhe begrüßen zu dürfen, was mich außerordentlich freut" Die Reiterin hatte sich gerade aus ihrem Helm geschält und begann nun, das erstaunlich lange Haar zu richten. Es hing ihr zwar noch wild und verspielt im Gesicht herum, konnte sich aber letztendlich nicht gegen die geschickten Hände seiner Trägerin wehren. Diese raffte es rasch mit ein paar geübten Handgriffen zu einem ansehnlichen Zopf zusammen, ließ dabei aber die etwas verschlissen wirkenden Lederhandschuhe angezogen. Lady Yock, oder von vielen einfach nur

„Die Lady“ genannt, war geschätzt zwei Jahrzehnte älter als ihr Retter, was sich aber nur an wenigen Stellen bemerkbar machte. So durchzogen ihr sonnengegerbtes, fein geschnittenes Gesicht mit den ausgeprägten Wangenknochen schon ein paar sanfte, kecke Falten. Auch das einst rotblonde, wilde Haar wies vereinzelt nun weißgraue Strähnen auf. Ansonsten war sie, wie es mein verehrter Kollege Habitus ausgedrückt hätte ´noch recht gut in Schuss´, obwohl ich mich selbst natürlich zu solch einer Aussage nie hinreisen lassen würde. Allerdings dürfte ihr nicht reizloser Körper einige Narben aufweisen, falls es ein Mann

schaffen sollte, die Dame komplett zu entblättern um danach Ausschau zu halten. Alle samt nicht spurlos verheilte Andenken an ihre vielen Reisen durch die Ebene und hinter jeder versteckte sich mit Sicherheit eine spannende Geschichte. "Was soll das hier? Und woher kennst du meinen Namen, Fremder?" schoss es wirsch aus ihr heraus. "Nein, nein, nicht Fremder, wie gesagt, Samuel, wenn es beliebt" entgegnete er freundlich. "Es … BELIEBT ganz und gar nicht! Für

mich bist du gerade nur ein verrückter Fremder, nicht mehr und nicht weniger" "Ein verrückter Fremder der ihr Leben gerettet hat, wenn ich ergänzen darf, werte Lady" "das nie in Gefahr geraten wäre, wenn du hier nicht so arglos herum gelungert hättest! Das Pferd ist schnell und gut trainiert, ich wäre nun schon am Kirchberg in Sicherheit, so wie es geplant war. Stattdessen sitze ich jetzt mit dir und diesem verdammten Gaul hier fest, mitten in der Ebene, mitten in der Nacht! Was soll das, Fremder? Warum bringst du uns in eine solche

Gefahr? Auf diese `Erklärung der Situation´ bin ich wirklich gespannt!" Mit den letzten Worten versuchte sie ihn zu imitieren, was ihr aber nur mäßig gelang. Zumindest das Pferd bedachte sie beim Wort „Gaul“ mit einem beängstigend verächtlichen Blick, den sie aber in ihrer Rage übersah. Bevor ich Samuel wieder zu Wort kommen lasse, sollte an dieser Stelle „kurz“ erklärt werden, was es mit dem oben erwähnten „Kirchberg“ auf sich hat, auf dem die Lady eigentlich übernachten wollte. Er, und vor allem die Geschehnisse die sich dort vor Zeiten

zu trugen, werden im weiteren Verlauf der Geschichte noch eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen, weshalb die „Legende vom Kirchberg“ am besten genau hier erzählt werden sollte. Wie schon früher erwähnt, gab es einst mutige Siedler in der Ebene, die allgemein als Bokki´s bekannt waren. Sie hatten es sich in den Kopf gesetzt, mitten im vermutlich gefährlichsten Gebiet der Vergessenen Lande eine Siedlung zu errichten. Nur ihr Gott Muri dürfe wissen, und verstehen, was sie damals dazu bewog. Möglicherweise sollte Bokkbergen, so nannten sie die

Siedlung, ein Ausgangspunkt sein für wagemutige Reisende, die, alten Sagen und Geschichten folgend, tiefer in die Ebene vor dringen wollten. Oder man beabsichtigte einen Handelsposten zu errichten, was mit Sicherheit lukrativ war, wurden doch damals viele Waren mit schwer bewaffneten Karawanen vom Osten in den Westen und zurück gebracht. Möglicherweise gründete man die Siedlung auch nur, um zu beweisen, dass es möglich war. Das der Mensch selbst in der lebensfeindlichsten Umgebung noch bestehen, überleben und gedeihen konnte. Was sich aber leider als fataler Irrtum heraus stellen sollte.

Beachtenswerter weise bestand Bokkbergen damals in seiner Glanzzeit aus bis zu 800 Seelen, was unter den gegebenen Umständen wirklich viel war, und auch in den anderen Teilen der Lande für Aufsehen sorgte. Im selben Atemzug muss man aber auch eingestehen, das die Existenz dieses Ortes nur einem Mann zu verdanken war - Scoban Timbel, seines Zeichens Priester und Oberster von Bokkbergen. Scoban hatte einen Weg gefunden, alles Übel, hauptsächlich in Form der Wilden, von der Siedlung fern zu halten. Einen zugegeben sehr unkonventionellen Weg,

der viel mit dem kleinen, hellgrünen Altar zu tun hatte, welcher im Keller seiner Kirche auf einem weißen Sockel stand, und zu dem er täglich mindestens zwei mal in verschwörerischen Formeln sprach. Auch spielte das, immer noch offiziell unaufgeklärte, Verschwinden von insgesamt zwölf Jugendlichen eine Rolle, welches in seinen fast fünfzig Jahren Amtszeit zu beklagen war. Was auch immer er da veranstaltete im kühlen Kellergewölbe, es verhinderte zumindest, das sich die Wilden der Stadt näherten und machte langfristig sogar Ackerbau und Viehzucht möglich. So war Bokkbergen damals, bis vor etwa

neunzig Jahren, der einzige wirklich sichere Ort in der Ebene. Bedauerlicherweise fand der Priester ein vorzeitiges Ende, welches hauptsächlich verursacht wurde durch eine Überdosis Stahl in seiner Herzgegend. Die Hand am anderen Ende der blank geschliffenen Klinge gehörte, wie der Zufall es wollte, seinem Sohn Theim. dessen Motivation, dem eigenen Vater einen Dolch in den ahnungslosen Körper zu treiben, ist aber bis heute nicht einwandfrei geklärt. Vermutungen zufolge spielte aber Celia Timbel eine entscheidende Rolle, die damals elfjährige Tochter von Theim und somit

Enkelin des Priesters. Mehr ist leider nicht überliefert, aber immer wenn die Umstände so dermaßen unklar waren, und über viele Jahre auch blieben, gab es genug Spielraum für Gerüchte. In die möchte ich mich aber nicht verstricken an dieser Stelle, denn allein darüber könnte man ein eigenes Buch verfassen. Tatsache allerdings ist, das Theim Timbel mit der Ermordung seines Vaters auch unwissentlich einen Packt gebrochen hatte, durch den Bokkbergen bisher unter einem besonderen Schutz stand. Seine Unkenntnis darüber verärgerte das recht mächtige Wesen auf der anderen Seite des ehemaligen Paktes

über alle Maßen. Schließlich musste es befürchten, das die jungen Opfer in Zukunft ausbleiben würden, welche der Alte ihm in regelmäßigen Abständen dargeboten hatte. Auch wenn sein Sohn Theim eiligen Handelns versuchte, den Pakt, so gut es mit seinem beschränken Können möglich war, zu erneuern, brachen schon in der selben Nacht die ersten Wilden in die äußeren Gehöfte ein. Ohne Rücksicht auf Leib und Leben zertrampelten sie dort die Ernte, meuchelten Schweine und Rinder und verspeisen die überraschten Bewohner. Auch das überhastete und äußerst stümperhafte

Opfern mehrerer Ziegen am Altar im Kirchenkeller brachte nicht den erwünschten Effekt. Scheinbar stand Ziegenblut ganz unten auf der Speisekarte des seltsamen Wesens, und wurde nicht als adäquates Opfer akzeptiert. Was dann folgte war ein regelrechtes Blutbad, und wurde als Solches auch in den Ewigen Chroniken detailreich beschrieben, worauf ich aber aus Rücksicht auf die jüngeren Leser verzichten möchte. Durch seine Handlanger ließ er panisch alle Jugendlichen zusammen treiben, die noch nicht Nachtmahl der Wilden

geworden waren und opferte einen nach dem anderen. Allerdings hielt sich sein Wissen über das Ritual, was dazu nötig war, in engen Grenzen, bestand es doch einzig aus Bruchstücken, die er den wirren Aufzeichnungen seines unglücklicherweise recht toten Vaters entnehmen konnte. Man sagt das dem verzweifelten Massaker über zwanzig junge Bokki´s zum Opfer fielen, bis das Wesen endlich dem Wahnsinn ein Ende machte. Vor Wut über die Unfähigkeit des Vatermörders und über die Verschwendung des Blutes der kostbaren Opfer, von denen es nicht ein Tropfen

abgekommen hatte, sprach es einen tödlichen Fluch aus. Dieser verwandelte nicht nur Theim sofort in ein Häufchen unansehnliche Asche, sondern brachte auch die Kirche und umliegende Gebäude zum Einsturz. Währenddessen fraßen sich die Wilden genüsslich immer weiter in die nun komplett schutzlose Stadt hinein, verwüsteten Haus um Haus und machten erst halt, als sie bei der noch immer lodernden Ruine der Kirche an kamen. Am Rand der kleinen Anhöhe, auf dem das Gebäude noch bis vor wenigen Stunden über der Stadt gethront hatte, hielten sie angewidert und ängstlich

inne, als ob sich dort eine unsichtbare Mauer befände. Sie keiferten im Blutrausch der Hand voll Überlebenden entgegen, die sich auf den Hügel geflüchtet hatten, wagten es aber nicht, auch nur einen Schritt weiter zu gehen. Zwar war das Wesen mittlerweile frustriert abgezogen, um Ausschau nach einem neuen Priester und Opfern zu halten, sein Fluch wirkte aber weiterhin und hielt auf unbestimmte Zeit die Wilden vom Kirchberg fern. Nur sechs Einwohner der ehemals blühenden Stadt überlebten diese Nacht, in Strop Ton trafen am nächsten Tag allerdings nur noch vier von Ihnen ein.

Wie Ihnen die Flucht aus dem zerstörten Bokkbergen gelang und wo die anderen zwei ab geblieben waren, darüber gibt es viele abenteuerliche und abstruse Mutmaßungen. Die Glaubwürdigste besagt, das sie in Begleitung einer schwer bewaffneten Karawane ein trafen, die sie in den verwüsteten Resten der Stadt aufgelesen hat. Somit war das ehrgeizige Experiment, eine Siedlung in diesem menschenfeindlichen Gebiet auf Dauer am Leben zu halten, endgültig gescheitert. Über die Jahre eroberte Flora und Fauna die verlassene Ansiedlung zurück, bis nur noch ein paar Steine und Mauerreste

von deren Existenz zeugten. Bokkgras verschlang in Windeseile alle ungepflasterten Straßen, und eine Schar Giftläufer die gut gemästeten Schweine des Bauern Ogran. Auf den ehemaligen Großweiden knabberten verwilderte Ziegen am saftigen Grün und der einst prächtige Marktplatz diente nun Kaltwölfen als blutige Arena für Ihre berüchtigten Kämpfe. Einzig der Hügel auf dem die Kirche gestanden hatte blieb von allem unberührt. Weder das Gras wagte es, an seinen Hängen empor zu wachsen, noch die Wilden, dort nach Futter Ausschau zu halten. Ein verfluchter Ort, den jedes

lebende Wesen mied. Bis auf den Menschen. Jeder der nach Sonnenaufgang die Ebene betritt, mit der Absicht Sie zu durchqueren, muss zwangsläufig spätestens bei Anbruch der Nacht einen Rastplatz suchen. Der Landstrich ist einfach zu groß um es an einem Tag hindurch zu schaffen, es sei denn man besitzt ein wirklich schnelles und vor allem extrem ausdauerndes Ross. So lang die Sonne schützend am Himmel steht, ist es schon ein großes Wagnis, vom Pferd ab zu steigen und kurz rastend zu verweilen. In der Nacht allerdings trauen sich dies nicht einmal

die erfahrensten Reiter, es sei denn man heißt Samuel Graz und hat einen speziellen Schutz im Gepäck. Als es sich herum gesprochen hatte, das der alte Kirchberg von Bokkbergen sicheres Gebiet war, errichteten ein paar findige, geschäftstüchtige Kalefen aus dem Norden dort eine kleine Herberge, natürlich inklusive Schankstube. Erst dieser Ort macht es den meisten Reisenden möglich, das Wagnis auf sich zu nehmen. Die Überreste der alten Kirche, von der nur noch eine halbe Außenmauer steht und der Keller, wagten aber weder Reisende noch Kalefen zu betreten. Man munkelt, das

dort der Geist des jungen Priesters noch heute lauert, um sich an dem Wesen zu rächen, welches ihn in ein Häufchen Asche verwandelt hatte. Selbst wenn dem nicht so ist, bleibt es ein verfluchter Ort, den nicht ein mal Menschen freiwillig aufsuchen.

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JonBarnis
Über mich gibt es erstaunlich wenig zu sagen. Ich schreibe. Hin und wieder. Zeitweise auch mal öfter und intensiver. Ich denke zu oft, urteile zu schnell und merke mir definitiv zu wenig ... zumindest zu wenig von den unwichtigen Sachen die die Welt bewegen und sie dennoch nicht verändern. Ich verabscheue Oberflächlichkeiten und Smal-Talk, rede gern, wenn ich wirklich was bei zu tragen habe, und schweige ansonsten lieber. Ah, und ohne die rudimentäre Rechtschreibkorrektur von Open-Office wäre ich schon komplett aufgeschmissen. Was sagt das alles über mich aus? Falls jemand die Antwort weiß, bin ich für jede Nachricht diesbezüglich offen :)

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Apollinaris Hübsches Buchcover! :-)

Simon
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JonBarnis Merci :)
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