Momente der Frustration
Wir wussten nicht, dass es unser letzter FDGB - Urlaub werden sollte.
Es war Herbst '89 und unser Ziel hieß Zechliner Hütte, ein kleiner Ort hinter Neuruppin.
Das Objekt bestand aus kleinen Fertigteilhäusern aus Asbestzementplatten. In den Hütten roch es nach Schimmelsporen.
Eine erste Frustration war die Bettwäsche. Sie war zwar gewaschen, sah aber aus wie von der Hautstation in einem Krankenhaus. Sofort haben wir sie
umgetauscht. Weiter ging es mit dem Besuch einer Gaststätte, in der wir platziert wurden. Aber vorher mussten wir vor dem Restaurant warten. Die Arroganz der Bedienung war nicht in Worte zu fassen. Wesentliche Highlights gab es nicht in erreichbarer Nähe.
Frühstück und Abendessen gehörten zur FDBG - Versorgung.
Ab 17:00 Uhr belagerte eine größere Menschenmasse den Zugang zum Gemeinschaftsraum. Punkt fünf ging die Tür auf und alle stürzten sich auf das Buffet. Die zweite Runde nahm an Tischen Platz, die noch nicht abgeräumt waren, oder sie räumten selbst ab. Wir beobachteten immer wieder, dass die
Ersten sich die Teller ohne Maß füllten. Die nicht unerheblichen Reste kamen dann in die „Specki – Tonne“.
Alles war damals schon „all inclusive“ und das Handeln dementsprechend oft ohne Verstand.
Die aktuellen Nachrichten wurden in diesen Tage nahezu verschlungen. Die Grenzöffnung in Ungarn, die Botschaftsbesetzungen und die Demos waren in aller Munde. Ein Pärchen neben uns offerierte allen Zuhörern, dass sie beim „Neuen Forum“ sind. Ein Schauder lief uns über den Rücken, denn „ganz ohne“ war so etwas nicht.
Und dann ging Erich und der Grinse – Krenz kam. Der Fernsehraum war
übervoll.
Und dann war der Urlaub vorbei und der Alltag deckelte unsere Erlebnisse bis zum 09. November.
04072015 jfw