SPAZIERENgehen
Spazieren gehen ist eine Beschäftigung die punktgenau zum Sonntag passt.
Bummeln, einfach so.
Brandenburger Straße, der Boulevard von Potsdam, das gleichnamige Tor im Rücken. Endlich meint es die Sonne gut, morgens war’s neblig, trüb und klamm.
Wir flanieren vor uns hin. Eben schwang unsere Fantasie mit dem Condor in den Anden – eben noch lauschten wir peruanischen Straßenmusikanten.
Neben einem Kaffee kullerten Fetzen von Keyboardmusik vor unsere Füße.
Ein Mädchen hatte ihren Platz gefunden,
ein Kabel versorgte ihr Instrument mit Energie und davor lag umgekehrt ihr Hut, als einladender Geldeinnehmer.
Sie improvisierte leidlich „You are the sunshine of my life“, ihr Rhythmus hatte etwas Eigenes, doch die bluesähnliche Art kam an, mancher blieb stehen.
Beim „Rückzug“ vernahmen wir sphärische Klänge.
Auf einer Bank saß ein etwa 12-13jähriges Mädchen und bearbeitete einen runden Klangkörper mit den Händen. Es erinnerte an Steeldrums, die Melodie war frei erfunden und klang ein wenig wie „Tangerine Dream“.
Die Töne waren so zart, wie von einer Glasharfe, nur dass sie diese mit ihren
schmalen Fingern erzeugte.
Neben ihr parkte ein altes Postrad, vor ihr lud ihr Instrumentenkoffer zu Spenden ein und daneben stand eine kleine Kiste für die erste CD.
Irgendwie seltsam, dieses dünne Kind mit ihrem mittelblonden, verfilzten Haar und diesem Instrument, mit dem sie scheinbar verwachsen war.
Ihre Hände flogen ohne erkennbares System von vorn nach hinten und der markante Ton brachte die Menschen zu Stehen. Sie hielten an, mitten in ihrer Bummel – und Shoppinglaune; schauten neugierig und ungläubig auf die „Harfnerin“. Was sie hörten war nicht von dieser Welt, passte nicht zu dem,
was sie sahen – doch es berührte sie.
Inmitten von Hast und Kommerz bildete sich für Momente eine klingende „Friedensinsel“
2011-03-27 jfw