Dieses Land ist ein einziges, großes Raubtier, verschlagen, wild und nimmersatt. Es zeigt sich nicht oft, schleicht meist im Hintergrund, versteckt sich in hohem Gras, nur um plötzlich und unerwartet zu zu schlagen. Hier sein Leben zu verlieren, ist wahrlich keine Kunst. Viele taten es bisher, die Einen auf grausame und quälende Art, Andere kurz und fast schmerzlos. Auch wenn der Tot hier genau so endgültig ist wie in anderen Teilen der Welt, gibt es manch arme Seele, die ihr Ableben bis heute nicht recht akzeptieren will. Dabei spielt es keine Rolle, mit welchen edlen Absichten oder verschlagenen Zielen man diesen berüchtigten Landstrich betritt. Die Wilde Ebene macht keine Unterschiede. Sie verschlingt den mutigen Helden genau so wie den geldgierigen Grabräuber.
Wer hier einen Fuß, oder besser noch, vier Hufe, hinein setzt, hat unweigerlich den Tot an seiner Seite, als ständigen Begleiter, der sich hämisch die knochigen Hände reibt und auf den richtigen Moment wartet. Dennoch gab es auch früher schon Menschen, die dieses Wagnis ein gingen, obwohl ihre Zahl gering war, und stetig ausgedünnt wurde. Ein Paar von ihnen schafften es sogar, dieses hügelige Grasland immer wieder, leidlich unbeschadet, zu verlassen. Sie betraten es natürlich nur schwer bewaffnet, gut ausgebildet und mit jahrelanger Erfahrung bestückt, um überleben zu können. Bis auf Samuel. Er war nichts von alledem. Ich beobachtete den jungen Mann schon eine Weile, aus sicherer Entfernung, versteht sich. Er war so ganz anders, als all Jene, die die alte Pflasterstraße normalerweise entlang geritten
kamen. Anders schon, da er offensichtlich kein Pferd besaß, sondern zu Fuß unterwegs war. Niemand sonnst wagte das. Er Schritt leichtfüßig wie ein Wanderer den kleinen Hügel hinauf, welcher von alten, verwitterten Steinen übersät war, ganz so als sei er nur auf einem kurzen Abendspaziergang unterwegs. Erstaunlicherweise zeigte er weder Furcht, welche eigentlich angebracht war, noch Eile, die üblicherweise die Durchreisenden an trieb. Als er an der höchsten Stelle des Hügels an gekommen war, blieb er einen Moment stehen, schaute nach links und rechts die Straße hinunter und machte ein recht zufriedenes Gesicht. Scheinbar hatte er vor, sich dort nieder zu lassen, zumindest für eine kurze Rast. Was für ein Wahnsinniger! war mein erster Gedanke. Ich durchstreifte nun schon geraume Zeit die Lande, und konnte daher einige Wagemutige beobachten, die es in die Wilde
Ebene verschlagen hatte. Obwohl sie sehr unterschiedlich waren, manche stark gepanzert, andere bis an die Zähne bewaffnet, die Meisten beides, vereinte sie offensichtlich alle ein Gefühl. Angst. Der junge Mann auf dem Hügel schien davon aber komplett frei zu sein. Sorglos setzte er sich an einen hochkantigen Stein, öffnete seinen Rucksack und begann in aller Ruhe, darin herum zu wühlen. Währenddessen wurde der Tag unaufhaltsam älter und schickte sich an, in den Abend über zu gehen. Die Sonne warf immer längere Schatten über das Land, tauchte die schier endlose Gras-Wüßte in warmes Orange und gab somit den geheimen Startschuss für diejenigen Bewohner, die vorzugsweise Nachts auf Jagt gingen. Derweil hatte er mehrere Holzscheite aus gepackt und sauber neben sich gestapelt, machte
aber keine Anstalten sie zu einem Lagerfeuer auf zu schichten und an zu zünden. Es hätte ihm auch nichts genützt, die Wilden in dieser Gegend fürchteten Feuer nur wenig, manche hatten es sogar zu ihrem Element gemacht. Dann zog er einen kleinen Stab aus der Brusttasche seines Mantels, welcher seltsam blau schimmerte, steckte ihn vorsichtig vor ihm in die lockere Erde, zog die Beine an den Körper und blickte in die untergehende Sonne. In diesem Moment schien er komplett in sich zu ruhen, ignorierte die schwelende Gefahr, welche ihn von allen Seiten, noch unsichtbar, wie eine dicke Nebelwand umgab. Es dauerte nicht lang, bis hinter mir Pferdehufe zu hören waren, die zusammen mit dem dazugehörigen Pferd eilig der Straße folgten. Dem Klang nach ein kräftiges Ross, mit geübtem Reiter im Sattel, vermutlich ein Agentur-Söldner, auf dem Weg nach Able-Ton.
Als er an mir vorüber gezogen, und auf der Höhe des Mannes auf dem Hügel war, drosselte er sein Tempo abrupt, und kam wenige Schritte weiter zum Stillstand. Eher widerwillig, da die Sonne schon bedrohlich weit hinter den Bergen versank, aber dennoch sichtbar besorgt um das Wohlergehen und den Geisteszustand des Hügelbesetzers. „was in Muri´s Namen machst du da!?“ schallte es aus dem halb geschlossenen Visier heraus, mit einer Stimme die verriet, dass der vermeintliche Reiter eher eine Reiterin zu sein schien. Leider ließ die feste Panzerung keinerlei Attribute erkennen, welche eine eindeutige Geschlechtsbestimmung ohne weiteres Entkleiden möglich machte. Sollte es sich wirklich um ein weibliches Exemplar handeln,
dachte ich in diesem Moment, wäre das eine sehr seltene Überraschung. Bewaffnete Reiterinnen waren in den Vergessenen Landen eher spärlich gesät und leider auch deutlich kurzlebiger als ihre männlichen Kollegen. Das lag natürlich nicht an der mangelnden Kampfkraft, da standen sie den meist weniger bebrüsteten Männern in nichts nach. Viel mehr war es die noch immer große Intoleranz der männlichen Reiter, die es nur selten duldeten, das ihr „Berufsstand“ mit Frauen „verweichlicht“ wurde, und denen somit oft das Leben schwer machten. „Einen schönen guten Abend wünsch ich auch, gnädge Dame!“ warf der Hügelbesetzer der mutmaßlichen Frau im Sattel fröhlich und unverschämt sorglos entgegen. Scheinbar war er sich der Gefahr durchaus bewusst in der er sich gerade befand, ignorierte
sie aber komplett. Ob nun aus überschwänglicher Lebensmüdigkeit oder zurecht, das sollte sich erst noch heraus stellen. Zumindest schien er ebenfalls der Meinung zu sein, dass er eine Frau vor sich hatte. „also, das ist doch … bist du komplett übergeschnappt?“ schoss es unter dem Visier hervor „hast du eine Ahnung, in welcher Gefahr du dich hier befindest?“ wiederholte sie unbewusst fast wortwörtlich meine Gedanken. Die Reiterin war alles Andere als entspannt, was nicht zuletzt am Pferd unter ihr lag, einem wunderschönen und sicherlich sündhaft teuren Fliederling, der plötzlich sehr nervös zu werden schien. Auch die Tatsache, das der Tag sich nun rapide dem Ende zu neigte und die letzten Sonnenstrahlen hinter den fernen Hügeln verschwanden, beruhigte das Tier nicht
gerade. Goldgelbe Fliederlinge sind eine recht seltene und alte Züchtung, genauer genommen eine Kreuzung zweier an sich schon enorm wertvoller Pferderassen. Vermutlich war die Reiterin eher Überbringer als Besitzer dieses edlen Tieres. Der Preis für ein Exemplar wie Dieses überstieg den Jahreslohn eines Agentur-Söldners um das Vielfache. Zudem war das Pferd ungewöhnlich gut gepflegt, fast makellos, und bildete so einen deutlichen Kontrast zu der Frau in seinem Sattel. Ihre Rüstung wies nicht nur großflächige Beulen und Schrammen auf, auch einige grobe, tiefe Kratzer, die man vielen wilden Tieren dieser Gegend zuordnen konnte. Sie war zudem an manchen Stellen mehr schlecht als recht ersetzt und geflickt worden, als ob sich die Trägerin hin und wieder aus dem reichhaltigem aber nicht immer korrekt passenden Fundus gefallener Schlachtenbummler bediente. Hier
musste man nehmen was man kriegen konnte um die wichtigen Teile des Körpers ausreichend vor dem zu schützen, was einen in der Wilden Ebene hinter jeder Ecke mit gefletschten Zähnen und geschärften Krallen erwartete. Der junge Mann hingegen schien komplett ungeschützt, mal abgesehen von einem leicht verschlissenen Ledermantel, und einer robust wirkenden Hose. Seine Kleidung war darauf ausgelegt, dem Wetter in dieser Region so gut es ging zu trotzen. Gegen blutdürstende Angriffe der hiesigen Fauna würde das aber bei weitem nicht ausreichen. „es ehrt mich, dass Sie sich Sorgen um mein Wohlergehen machen, aber ich versichere Ihnen, das dazu absolut kein Grund besteht. An Ihrer Stelle würde ich aber nicht so lange an diesem Ort verweilen, hier wimmelt es von
Grinks. Kommen Sie herauf, hier oben sind sie in Sicherheit!“ rief er ihr zu und wartete neugierig auf ihr weiteres Vorgehen. Bei dem Wort ´Grinks´ zuckte die Reiterin reflexhaft zusammen, sah sich erschrocken um und beschloss dem Drängen des Pferdes nach zu geben. Das anmutige Kaltblut hatte die Gefahr schon vor ihr gewittert und wechselte daher langsam in einen panischen Grundzustand. Inzwischen brach die Dämmerung mit aller Macht und Schwärze herein. Es würde also nicht mehr lange dauern bis diese kleinen, widerlichen Biester zur Jagdsaison bliesen. Doch zum Fliehen war es bereits zu spät, denn schon näherten sich aus drei Richtungen hüfthohe Wesen mit leuchtend weißen Augen. Sie schälten sich aus der herein brechenden Dunkelheit als ob sie vorher komplett mit ihr verschmolzen gewesen wären.
Grinks, was für eine Plage! Man sagt, sie seien mit den Menschen aus den südlichen Bergen verwand, obwohl ein ausgewachsener Grink diesen gerade bis zum Gemächt reichte (falls der Vergleichs-Mensch männlich war). Es gibt zudem ein paar unbestätigte Legenden, wonach sie Nachfahren von Bergleuten gewesen sein sollen, die in einer der großen Kupfermienen in den Leidenden Bergen eingeschlossen wurden. Ob absichtlich oder nicht, ist heute kaum noch zu ergründen, dies geschah lange bevor man die Ewigen Chroniken zu schreiben begann. Zumindest hatten sie dort gelernt, mit der absoluten Dunkelheit um zu gehen, mit ständiger Nahrungsknappheit und wie man sich vom Blut anderer Lebewesen ernährt. Als sie irgendwann wieder in Freiheit gelangten, war der Tag ihr Feind geworden, die Nacht ihr fester
Verbündeter und der Blutdurst ein Fluch, den sie fortan ausgiebig auf der Ebene frönten. Ob nun Wahrheit oder Legende, Grinks sollte man aus dem Weg gehen, möglichst weiträumig, solange man noch die Chance dazu hatte. Die Reiterin stieß einen wilden Schrei aus, entweder um die Feinde zu verwirren, oder nur aus nackter Angst, was aber kaum Wirkung zeigte. Grinks hören recht schlecht, sehen dafür, vor allem im Dunkeln, aber umso besser. Zudem haben sie sich über Generationen hinweg einen hypnotischen Gesang an trainiert, der vielstimmig dargeboten das Opfer müde und Träge machte. Was oft genug auch ausgezeichnet funktionierte, so wie in diesem Fall. Das Pferd wurde augenblicklich ruhiger, man konnte sehen wie die Muskeln, welche eben noch bis zum Zerreißen angespannt waren, nach gaben, kraftlos wurden. Der entsetzten Reiterin auf seinem Rücken erging es nicht
anders. Nun war es also wieder einmal an mir, rettend ein zu greifen. An dieser Stelle möchte ich den hohen Rat, und vor allem den oberen Lektor Juis – falls er noch amtiert – bitten, meine Einmischung zu entschuldigen. Sie werden sicher verstehen, das ich die beiden Protagonisten nicht einfach dort ihrem Schicksal überlassen konnte. Die Reiterin hätte keinerlei Chance gehabt ohne meine kleine Ablenkung, davon war ich damals fest überzeugt. Außerdem fing es gerade an, interessant zu werden, da wäre es schade gewesen, wenn einer der beiden Protagonisten schon zu Beginn meiner Aufzeichnungen Blutsaugern zum Opfer gefallen wäre. Zudem werden Sie wissen, da Sie meine vergangenen Werke gelesen haben, das ich mich generell nur sehr selten ein mische und vollends meinen Pflichten als Beobachter und Chronist nach
komme.*
* Anmerkung des obersten Lektors Juis. Geehter Patrius, ich habe (zwangsläufig) ALLE ihre früheren Werke gelesen, wenn auch selten mit Freude und meistens mit noch weniger Motivation. Ich habe zudem immer wieder, in meiner unendlichen Gutmütigkeit, welcher sie eigentlich nicht würdig sind, über ihre allzu beschönigenden Schwafeleien hinweg gesehen, da ich weiß das ihre Werke, aus welchen Gründen auch immer, beim Rat recht gut an kommen. Wie Sie selbst wissen müssten, war diese Situation, die Sie hier beschrieben haben, kein Einzelfall von spontaner Einmischung, sondern ein erneuter eklatanter Verstoß gegen unsere Regeln! Ich werde es der weiteren Geschichte und dem Rat überlassen, darüber zu urteilen oder Sie, dieses Mal, wirklich nützlich war, von gerechtfertigt und erlaubt mal ganz zu schweigen. Und unter uns, Patrius,
dasistVerwarnung Nummer 6, ich vermute sie wissen, was bei der Siebten geschieht. Dass sie zu allem Überfluss das Oppanol wieder mit genommen haben, obwohl die Kammerwächterin Ihnen das Ding nach der letzten Reise ab genommen hatte, und angeblich sicher verwahrt – darüber werden wir noch sprechen!
Ich kramte also geschwind das Oppanol aus meiner Tasche, ließ es kurz auf laden, betätigte den Auslöser … und produzierte dadurch einen, selbst für mich, erstaunlich lauten Knall. Für einen kurzen aber entscheidenden Moment waren die Grinks irritiert und abgelenkt. Da ich auf dem kleinen, halb verwitterten Baum saß, der dieser Bezeichnung lang schon nicht mehr würdig war, bahnte sich der Schall ungehindert seinen Weg und traf die verkümmerten Ohren der erbärmlichen Kreaturen mit voller Wucht. Sie hielten im Lauf kurz inne, ihr
Sirenen-Gesang verstummte, und plötzlich sah ich zwanzig sternenweiße Augenpaare auf mich gerichtet. Auch die beiden Menschen waren für einen Moment erschrocken, dann besann sich der Mann schnell, sah die Chance, und ergriff sie. „Kommen Sie den Hügel hinauf, schnell! Hier sind Sie sicher!“ rief er, dieses Mal energischer, und winkte mit den Armen Die Reiterin überlegte kurz, wog ab, wie ihre Chancen unten auf der Straße gegenüber dem Hügel sein mochten und entschloss sich dann spontan für seinen Vorschlag. Die Grinks hatten sich indes gefangen, strömten nun, wieder im Singsang vereint, auf das vermeintliche Opfer zu, welches dabei war, sich mit Opfer Nummer 2 auf der Anhöhe zusammen zu tun. In ihren Augen kein großes Problem, das würde die Sache nur ertragreicher
machen. Zwei prall mit Blut gefüllte Menschenkörper und dazu noch ein prächtiges Pferd, das musste ihr Glückstag sein! In dem Moment als sich Reiterin & Pferd an schickten, den Hügel herauf zu galoppieren, berührte der seltsame Mann den kleinen Stab mit der Fingerspitze, der vor ihm im Boden steckte und immer noch matt blau schimmerte. Sogleich ertönte ein leises, gedämpftes aber sehr umfassendes PFLOMP. Nur wenige Augenblicke später waren Pferd und Frau keuchend auf der Spitze der Hügels an gelangt. Nur drei Schritte hinter ihnen sprangen bereits die ersten Vampierzwerglinge auf sie zu, mit immer lauter werdendem Gesang, die dürren Arme weit aus streckend, um nach ihrer Beute zu greifen. Auch von der rechten Seite sah man im gleichen Moment mehrere Augenpaare aus dem Halbdunkel heran kommen, und von meiner Warte aus konnte ich auch die vier oder
fünf Wesen sehen, die sich im Rücken des Mannes zur Spitze vor kämpften. Die Beute war umzingelt, nun gab es kein Endkommen mehr. Der Singsang schwoll immer weiter an, vereinte sich zu einem ohrenbetäubendem Meer aus wellenförmig dahin wabernden Tönen, drang in jedes noch so kleine Hörorgan und begann, alles im Umkreis ein zu schläfern. Allein der junge Mann war noch einigermaßen Herr seiner Sinne. Seelenruhig nahm er im selben Moment den Finger wieder von der Spitze des kleinen Stabes, als Frau und Pferd an seiner Seite standen. Der sportliche Grink, der zuerst die Spitze des Hügels zu erreichen schien, war nur noch eine Armlänge entfernt. Für einen kurzen Moment schien alles still zu stehen. Ich konnte jede Einzelheit in fast überirdischer Klarheit erkennen - die entsetzten Augen der Frau durch das Visier hindurch, den dornenartigen Saugstachel an der
Hand des Grinks, die abstoßend weißen, wie kaltes Mondlicht glimmenden Augen seiner Mitstreiter und den kleinen, blauen Edelstein, der scheinbar in den Stab eingefasst war, welchen der Mann gerade berührt hatte. Dann gab es ein kurzes aber sehr heftiges PMOLFP, und im selben Augenblick flog der erste Blutsauger im hohen Bogen rückwärts den Hügel hinunter. Dort blieb er regungslos liegen, wurde aber sogleich von zwei weiteren Artgenossen begraben, welche dasselbe Schicksal ereilt hatte. Nun ging alles sehr schnell. Wie von einem wilden Orkan erfasst stieben die kleinen Wesen nach allen Seiten davon, flogen in hohen Bögen durch die Lüfte, manche eher plump, andere fast schon elegant, und kamen irgendwo in gut hundert Schritt Entfernung unsanft auf den Boden auf. Die, die „Glück“ hatten landeten im hüfthohen Bokk-Gras, die weniger Glücklichen
mussten mit der gepflasterten Straße vorlieb nehmen. Oder noch unangenehmer, mit einem der vielen verstreuten Ruinensteine, die den Berg übersäten. Einer der Grinks, die sich auf meiner Seite an die Gruppe heran geschlichen hatten, sauste nun um Haaresbreite an meinem „Baum“ vorbei. Weiter hinter mir streifte er dann einen (noch) schlafenden Braun-Kloom am rechten Ohr, um danach zielgenau in das daneben ebenfalls noch schlafende Kloom-Weibchen ein zu schlagen. Die kurz darauf folgenden Geräusche in meinem Rücken ließen die Vermutung zu, dass in dieser Nacht mindestens ein Grink ein jähes und nicht unblutiges Ende fand. Klooms sind eigentlich, für ihre Größe, sehr genügsam, aber wenn es um ihre Weibchen geht, verstehen Braun-Kloom-Männchen keinen Spaß. Die Reiterin war inzwischen abgesprungen und hatte ihre Arme hinter den Ohren verschränkt,
um dem betäubenden Grink-Singsang zu entgehen. Dem Pferd daneben konnte man an sehen, das es sehr bedauerte, dieses aus anatomischen Gründen nicht auch tun zu können. Es legte stattdessen, so gut es eben ging, die Ohren an. Nur der Mann, der immer noch entspannt im Schneidersitz an seinem alten, verwitterten Stein gelehnt saß, blickte gelassen auf das Chaos was er angerichtet hatte. Die Grinks, zumindest die die noch aus eigener Kraft standen, sahen erschrocken um sich, versuchten meist vergeblich zu begreifen, was hier vor sich ging. Einige wenige sonnen sogar nach Rache für diesen hinterhältigen Angriff. Allerdings war nur ein einziges Exemplar mutig und töricht genug, diesen Plan auch in die Tat um zu setzten. Es kam auf allen Vieren den Berg hinauf gerannt, den Blick voller rasender Wut auf die Menschen gerichtet, welche es tatsächlich gewagt hatten sich zu wehren – und prallte sehr unsanft an
einer unsichtbaren Barriere ab. Das Geräusch das dabei entstand, glich dem, welches ich in einem früheren Werk schon ein Mal ausführlich beschrieben hatte. Darin ging es um Menschen in der ersten Welt, die Bekanntschaft mit dem so genanntem „Starkstrom“ machten. Der Rat wird sich sicherlich daran mit Freuden zurück besinnen, ich erinnere mich zumindest, das einige Szenen darin bei meiner letzten Lesung helles Gelächter … aber das muss ich sicher nicht weiter aus führen. In diesem Fall hatte der Kontakt mit der Barriere zu Folge, dass der Grink danach nicht nur, wie seine Blutsgenossen, den Berg wieder hinunter geschleudert wurde. Es verbreitete sich sogleich auch ein übel riechender Gestank der nach verkohltem, braunem, filzigem Fell roch. Konnte der Gesang dieser Biester alles
und jeden in Trance fallen lassen, vermochte es der Geruch von angesengtem Grink, einen dort wieder im Handumdrehen heraus zu holen. Selbstzufrieden saß der Mann an seinem Stein, machte es sich dort noch etwas gemütlicher und wartete darauf, das Pferd und vor allem Reiterin begannen, sich zu entspannen. Es war ihm an zu sehen, dass er sich auf das nun folgende Gespräch freute, welches aber länger auf sich warten ließ als er angenommen hatte. Während das Pferd recht schnell begriff, dass es nun wieder in Sicherheit war, dauerte dieser Vorgang bei seiner Reiterin etwas länger. Derweil begann das edle Tier friedlich hinter dem Stein zu Grasen, an dem der Mann lehnte, schließlich war es ja eine Zeit lang in gutem Tempo durch die Ebene galoppiert und nun dementsprechend hungrig. Nebenbei blickte es hin und wieder amüsiert auf die fliehenden Grinks, die teils flinken Fußes, teils humpelnd,
hinkend oder sich mühsam schleppend versuchten, so schnell es ging Abstand zu schaffen. Die wilde Ebene war voll von großen und kleinen Tieren die man ertragreich anzapfen konnte, auch wenn Menschenblut immer eine besondere Köstlichkeit bleiben würde. Aber dafür zu sterben, oder übel verstümmelt zu werden, lohnte sich unter diesen Umständen wohl nicht. So verschwanden sie hinaus in die Nacht aus der sie gekommen waren, und auf der Ebene kehrte wieder Ruhe ein.
JonBarnis Hmmm, gleichmütig und elegant, danke :) Obwohl ich sagen muss das der Erzähler im Laufe der nächsten Kapitel einiges an Gleichmütigkeit einübst, da er immer weiter Teil der Geschichte wird, anstatt nur Beobachter. Aber hoffe das es auch weiter elegant bleibt. Danke für den Kommentar! Grüße, Jon |
LunaBielle Hallo! Ich frage mich, warum hier noch niemand ein Kommentar hinterlassen hat. Deine Schreibweise ist speziell und anders. hahaa xD Habe bis jetzt noch nie eine Geschichte gelesen, die so erzählt wird! Es macht auf alle Fälle Sucht nach mehr und bin gespannt, welche Geschichte hier erzählt wird! Liebe Grüße *Luna |