Tante Käthe war siebzig Jahre alt. Sie lebte ganz alleine in ihrem großen alten Haus.
Das Haus hatte grüne Holzfensterläden und einen schiefen Schornstein.
Gebaut war es aus hellbraunem Bachsteinen. Ein schönes Haus war es einmal. Aber jetzt war es schon sehr alt. Manche Leute sagten:" Dieser Schandfleck müßte abgerissen werden."
Immer wenn Tante Käthe das hörte, wurde sie sehr traurig, denn sie hing sehr an ihrem Haus und fand es auch wunderschön.
Sie sagte dann immer:" Ihr seid doch nur neidisch, das ihr nicht so ein schönes großes Haus habt. Last mir doch das einzige was ich noch habe."
Sie war manchmal sehr einsam. Sie fuhr zwar ab und an in Urlaub, aber das war auch schon alles was sie hatte. Jemanden zum Reden hatte sie nicht. Es würde ihr schon reichen, wenn ihr jemand zu hören würde.
Ja, die alten Fotos und auch ihre Blumen hörten ihr zu, aber was war das schon. Das war doch nichts halbes und nichts ganzes.
Eines Tages kratzte etwas an der Haustüre. Tante Käthe stand auf und ging zur Türe. Sie öffnete und vor der Türe
saß ein kleines trauriges blauschwarze Kätzchen. Es maunzte ganz jämmerlich und sah aus als wenn es Hunger und Durst hätte. Tante Käthe bückte sich nach dem Kätzchen und hob es vorsichtig hoch. Das Kätzchen schmiegte sich sofort an Tante Käthe und schnurrte.
Tante Käthe tat das Kätzchen leid und sie sagte zu ihm:" Du bleibst bei mir. Es sieht so aus, als wenn du genauso einsam wie ich bist. Jetzt haben wir uns und sind nicht mehr alleine."
Sie ging mit dem Kätzchen in das Wohnzimmer und setzte es neben ihren warmen Kachelofen in der Ecke. Sie sagte:" Hier sitze ich auch immer sehr gerne."
Dann ging sie in die Küche und holte ein Schälchen Milch. Dieses stellte sie dem Kätzchen auf die Erde. Das Kätzchen sprang sofort runter und schlürfte die Schüssel auf einmal leer.
Tante Käthe setzte sich auf die Bank am Kachelofen, diese Bank ging rund um den Ofen, das Kätzchen kam sofort auf Tante Käthes Schoß und kuschelte sich ganz fest an ihren Bauch. Tante Käthe kraulte das Kätzchen und dieses schnurrte zufrieden. Dann schlief das Kätzchen zufrieden auf Tante Käthes Schoß ein.
Es wurde Mittag und Tante Käthe setzte das Kätzchen neben sich auf die Bank und ging in die Küche. Sie holte ihre
Geldbörse aus der Schublade und ging zum Tante Emma-Laden.
Sie öffnete die Türe und es ertönte ein " DING DING DONG ". Tante Käthe trat ein und ging zum Tresen.
Martha, die Verkäuferin kam aus ihrer Wohnung hinter dem Laden.
Sie sagte:" Hallo, Käthe, wie geht's denn so?"
Tante Käthe sagte:" Danke, seit heute Morgen wieder viel besser."
Martha war von Natur aus neugierig und fragte:" Wieso, seit heute Morgen sehr gut. Warst du krank?"
Tante Käthe sagte:" Nein, nicht krank nur einsam, so alleine. Aber das ist ja jetzt vorbei. Heute Morgen kratzte ein
kleines Kätzchen an meine Türe. Die ist jetzt bei mir und ich brauche Katzenfutter und Katzenstreu. Auch etwas zum Spielen für mein Kätzchen."
Martha sagte:" Das verstehe ich nicht, wie kannst du denn so ein streunendes Kätzchen in dein Haus nehmen? Die haart doch wie doll und beißt dir alles kaputt. Ich hätte sie fortgeschickt. Aber das mußt du selber wissen, es ist ja nicht meine Wohnung."
Martha stellte Tante Käthe die gewünschten Sachen auf den Ladentisch und sagte:" Das macht 12,90 DM."
Tante Käthe legte 20,00 DM hin und packte die Sachen in ihre Tasche.
Sie sagte:" Mir ist es egal wenn mein
kleines Kätzchen haart, das kann ich weg machen mit meinem Staubsauger. Die Hauptsache ist, daß ich nicht mehr so alleine bin und jetzt jemanden habe der mir zuhört."
Martha legte 7,10 DM an Wechselgeld auf den Ladentisch, welches Tante Käthe in ihre Geldbörse tat.
Sie sagte:" Tschüs bis demnächst." Dann verließ sie den Laden.
Martha schüttelte nur den Kopf und sagte zu sich:" Sie wird schon sehen was das für eine Arbeit mit dem Kätzchen ist. Ich würde mir so ein Tier nie in meine Wohnung nehmen."
Als Tante Käthe den Schlüssel ins Schlüsselloch steckte, hörte sie von
drinnen schon ihr kleines Kätzchen schnurren.
Tante Käthe sagte:" Ja. ja, dein neues Frauchen ist ja schon wieder bei dir. Ich habe dir auch etwas leckeres zu fressen mitgebracht. Komm mal mit mir in die Küche."
Das kleine Kätzchen lief hinter Tante Käthe her und guckte sie mit ihren großen schwarzblauen Augen an.
Sie stellte dem kleinen Kätzchen die Schale mit dem Katzenfutter hin und sagte:" Nun friß mal schön, damit du groß und stark wirst."
Das Kätzchen fraß seine Schale bis auf den letzten Krümel leer.
Dann sprang es auf die Bank am
Kachelofen und leckte sich das Fell.
Immer mit dem kleinen Züngchen auf das Pfötchen und dann durch das kleine Gesichtchen. Anschließend mit dem Züngchen über die kleine Brust.
Das tat das Kätzchen so lange, bis es völlig sauber war.
Dann legte sich das kleine Kätzchen hin und schlief. Es schnurrte im Schlaf.
Tante Käthe setzte sich neben ihren neuen Freund auf die Bank und las in der Zeitung. Sie schlug rein zufällig die Seite mit den entlaufenen Tieren auf.
Da stand folgende Anzeige:
Entlaufen am 23.06.1992.
Unsere erst 4 Monate alte blauschwarze Katze. Sie hat große schwarzblaue
Augen und ist sehr zutraulich.
Sie hört übrigens auf den Namen Mohrle.
Der ehrliche Finder soll sich doch bitte bei
Susanne Meineke
Stubenstr. 26
11111 Mühlental
Tel. 0200 / 232323
melden.
Es gibt auch eine Belohnung !!!!!!!
Tante Käthe bekam einen großen Schrecken und sie dachte bei sich:" Jetzt habe ich einen neuen Freund gefunden und soll ihn schon wieder hergeben ?
Ich werde bei den Leuten anrufen und sie bitten, mir doch das Kätzchen zu überlassen, weil ich doch sonst so alleine bin."
Tante Käthe ging , nachdem sie ihrem kleinen Kätzchen über den Kopf gestrichen hatte, zum Telefon und wählte die Nummer aus der Suchanzeige.
Es meldete sich eine Kinderstimme:" Ja, hallo, hier Susanne Meineke, wer ist denn da ?"
Tante Käthe schluckte und sagte:" Hier ist Käthe Reineke. Ich möchte gerne mal mit deiner Mutti sprechen."
" Ja, kleinen Moment bitte," sagte Susanne.
Susanne rief:" Mutti, da ist eine Frau Reineke am Telefon, die will dich sprechen."
Tante Käthe wartete und da kam eine andere Stimme:" Ja bitte, Meineke, was Wünschen sie bitte ?"
Tante Käthe schluckte wieder und sagte dann:" Hier ist Käthe Reineke. Ich habe eine Bitte an sie. Ihr Kätzchen ist mir heute zugelaufen. Ich würde sehr gerne dieses Kätzchen behalten, denn ich bin so alleine. Ich habe niemanden mit dem
ich reden kann. Ich würde ihnen auch den Betrag den das Kätzchen gekostet hat bezahlen. Was meinen sie dazu ?"
Erst kam mal am anderen Ende gar nichts, doch dann kam eine sehr verständnisvolle Stimme, und die sagte:" Liebe Frau Reineke, ich bin damit einverstanden, das sie das Kätzchen behalten. Wir werden dann ein neues Kätzchen kaufen. Sie brauchen uns das aber nicht bezahlen. Wenn es ihnen recht ist, wäre ich ihnen sehr zu Dank verpflichtet, wenn sie zwischendurch mal auf unsere Tochter Susanne aufpassen könnten. Wenn es ihnen recht ist bei ihnen oder auch bei uns."
Tante Käthe sagte:" Ja, damit bin ich
natürlich einverstanden. Vielen Dank, daß ich das Kätzchen behalten darf. Ich habe es auch schon sehr lieb gewonnen."
Frau Meineke sagte:" Wenn sie Frau Reineke möchten, dann können sie heute gerne mal zu uns zum Kaffee kommen. Unsere Adresse kennen sie ja aus der Zeitung."
Tante Käthe sagte voller Freude:" Oh, wie ich mich freue, das sie mich zum Kaffee einladen, ist ihnen 15.00 Uhr recht ?"
" Ja, das ist mir sehr recht. Bis 15.00 Uhr." sagte Frau Meineke.
Tante Käthe legte den Telefonhörer auf die Gabel und ging zu ihrem kleinen Kätzchen. Sie sagte:" Du kleine Mohrle,
du gehörst ab jetzt mir gehe heute zu deinem alten Frauchen und zwischendurch passe ich auch mal auf Susanne auf. Wie findest du das ?"
Das Kätzchen schmiegte sich wieder an Tante Käthe und schnurrte, als wenn sie Tante Käthe verstanden hätte.
Seit diesem Tag sind die Familie Meineke und Tante Käthe die besten Freunde.
Aus dem kleinen blauschwarzen Kätzchen ist mittlerweile eine schöne große blauschwarze Katze geworden.
Die Choräle blauschwarze Katze ist und blieb ihre beste Freunde. Sie ist eine richtige kleinegroße Schmusekatze geworden.
Tante Käthe war nie mehr alleine.
Copyrigth ©Text von Jenny Jatzlau