das déjà vue
Ich habe im Forum ein wenig bei den alten Battles gestöbert und mich von der einen oder anderen Ausschreibung nachträglich inspirieren lassen. Selbstverständlich unter Beachtung des Themas und der vorgegebenen Wörter.
Bei FB 22 war es das Bild "Der Schrei" von Edvard Munch.
In den Text einzufügen waren folgende Begriffe:
Feuerzungen, Melancholie, Sonne, blutrot, Hauch, Fjord, todmüde, Schrei, Angst, schaudernd
Silvia ist nach Norwegen gereist, nicht nur, um sich die Beine zu vertreten. Sie möchte endlich – wie in einem alten Traum von ihr – in Spitzbergen den Duft des Polarkreises und dieses eisigen Meeres atmen. Lange hat sie auf dieses Abenteuer gespart und sich gründlich darauf vorbereitet. Sie hat mehrere Bücher gelesen von Knut Hamsun, hat Musik gelauscht von Edvard Grieg. Sie wollte schon vorab die Atmosphäre des Landes erahnen können, dem sie ihre ganze Hoffnung anvertraute.
Was erhofft sie sich wirklich? Ist es die Neugier, die ihr früh verstorbener Vater durch seine Erzählungen geweckt hat? Ist es vielleicht ein Teil ihrer eigenen Geschichte,
die sie hier sucht? Sie weiß es nicht und dennoch diese quälenden Fragen.
Eine Reise durch die Welt der FJORDE soll den Einstieg erleichtern. Und sie hat sich die Zeit der hellen Nächte ausgesucht. Davon verspricht sie sich ein wesentlich intensiveres Erleben.
Je weiter sie mit dem Postschiff nach Norden vorstoßen, umso mehr erfasst sie tiefste MELANCHOLIE. Es ist, als hätte sie diese Reise schon einmal gemacht. Früher … viel früher … vielleicht in einem früheren Leben.
Es geht längst gegen Mitternacht. Silvia steht an der Reling, starrt in den Himmel,
beobachtet die SONNE, die sich allmählich BLUTROT färbt. Silvia ist verwirrt. Das kann es um diese Jahreszeit gar nicht geben. Und dennoch … ihre Angst steigert sich immer mehr. Ihre Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Da! Plötzlich schießen FEUERZUNGEN aus der Reling. Ein Elmsfeuer! Danach geht ein heftiger Gewittersturm nieder. Aber Silvia stellt erstaunt fest, dass sie nicht nass wird.
Schließlich sieht sie eine Gestalt mit weit aufgerissenem Mund im eisigen Wasser treiben.
„Mein Vater!“ Ein SCHREI der ANGST entfährt ihr.
Sie muss sich energisch festhalten, damit sie nicht von Bord fällt. SCHAUERND muss sie mit ansehen, wie ihr Vater in den Wogen des eisigen Meeres für immer versinkt.
Silvia bricht erschöpft zusammen. Starke Männerarme fangen sie in diesem Augenblick auf. Kaum ein HAUCH von Leben ist noch in ihr, als man sie TODMÜDE in ihrer Kabine in die Koje legt.
Als Silvia am nächsten Morgen erwacht, weiß sie, dass nun viele Fragen um das größte Rätsel ihrer Vergangenheit beantwortet sind. Dennoch starrt sie immer wieder auf das Bild der Schiffe von William Turner, das in ihrer
Kabine hängt.
Ob das Bild von dem Schiff im sturmgepeitschten Meer das alles ausgelöst hat? Diese Frage wird sie sich nie beantworten können.
©HeiO 07-06-2015