vorgaben
Zu verwendende Begriffe:
- KATAKOMBEN
- BEGRABEN
- BELAUSCHEN
- KERZENWACHS
- QUERULANT
- HUMMEL
- BÜSTENHALTER
- DIAPHRAGMA
- LOHNSTEUERJAHRESAUSGLEICH
Beutztes Bild: Frau auf Bett mit Telefon
Die Nacht des jägers
Wie alt mussten die KATAKOMBEN wohl sein, die er gerade entlangschritt? Es war tief in der Nacht und nur wenige Eingeweihte kannten diese kalten Gänge und Gewölbe. Der Gang bestand aus großen dunklen Steinblöcken und verlief in einer leichten Kurve. Alles war nass hier drin und nur eine einzige Lichtquelle am Ende des Ganges erhellte seinen Weg ein wenig. Das flackernde Licht spiegelte sich in den nassen Oberflächen der massiven, nackten Steine.
Durch die leichte Biegung des Weges konnte man die Lichtquelle nicht direkt sehen. Seine teuren Lederschuhe waren mit harten Absätzen besohlt und knallten förmlich bei jedem Schritt auf dem blanken Stein. Das Echo seiner Schritte trug sich den gesamten Gang entlang und kündigte sein Erscheinen lange im Voraus an. Das kümmerte ihn jedoch nicht im Geringsten, er wusste, dass man ihn gebührend empfangen würde. So setzte er einen selbstbewussten Schritt vor den anderen und näherte sich Meter um Meter seinem Ziel, dem großen Saal.
Als er den Saal endlich betrat drehten sich alle Köpfe in seine Richtung. Leicht bekleidete Frauen waren über den gesamten Raum verteilt. Es wirkte wie ein riesiger Büroraum, nur dass statt Tischen und Computern hier Betten und Bücher verteil waren. Statt Neonröhren an der Decke erhellten große Kerzenständer jedes Bett. Die Ständer waren schmiedeeisern und wurden durch einen Metallkranz mit zwölf großen Kerzen gekrönt. Das KERZENWACHS lief an den Eisenstangen hinab und sammelte sich am Fuß der Leuchter. Die dicken und dünnen Linien erstarrten
Wachses bildeten eine einzigartige Patina auf den Stangen. Scheinbar wurden hier regelmäßig Unmengen an Kerzen verschiedenster Farben angezündet. Die Stimmung im großen Saal war von Ruhe und behäbigem Treiben geprägt. Wenn sich jemand unterhielt, so taten sie es derart leise, dass man glauben könnte, sie hätten Angst man könne sie BELAUSCHEN. Einen offensichtlichen Grund gab es dazu nicht.
James entledigte sich seines Mantels, er musste ihn nicht selber aufhängen. Eine leicht bekleidete junge Frau stand
bereits hinter ihm und nahm den Mantel unaufgefordert entgegen. Ihr lasziver Blick versüßte James seine Ankunft. In aller Ruhe griff er in seine Brusttasche und fischte eine Schachtel Zigaretten raus. Er schnalzte ein paar Mal mit den Fingern auf die Unterseite der Schachtel und hob auf diese Weise drei Zigaretten an. Nun konnte er nur mit den Lippen eine der drei mit feinstem Tabak gefüllten Papierrollen entnehmen. Erneut musste er sich um nichts weiteres kümmern. Eine andere junge Frau, brünett und hochgewachsen erhob sich von ihrem Bett.
Ihr Blick verfing sich fest mit James‘ und mit leicht gesenktem Kopf aber direktem Blickkontakt bewegte sie sich leichtfüßig aber langsam auf ihn zu. Ihre dunklen Locken hüpften bei jedem Schritt sanft auf und ab. Im gleichen Takt wie es ihre perfekt geformten Brüste in dem BÜSTENHALTER aus eleganter schwarzer Spitze taten. Frank klemmte sich die Zigarette links zwischen seine eigenen Lippen und lächelte der aufregenden Frau wissend zu. Nur wenige Zentimeter vor James blieb sie stehen und blickte von unten aus rehbraunen Augen zu James hinauf.
Ihr leicht geöffneter Mund sprühte geradezu von Verlangen und Aufregung. Zwischen ihren zwei festen, jeweils in C-Körbchen gefangenen Brüsten zog sie mit langen Fingern ein silbernes Feuerzeug hervor. Der Kerzenschein reflektierte auf der matten Oberfläche. Ohne den Blickkontakt zu lösen drehte sie in einer schnellen Bewegung mit dem Daumen das Zündrädchen über den Feuerstein und entzündete mit der somit entstandenen Flamme die Zigarette an. Dann drehte sie sich genauso langsam und beherrscht wieder um und steuerte auf ihr Bett zu.
James sah sich weiter um. Sein nächster Blick fiel auf eine blonde junge Frau. Sie saß auf ihrem Bett und hielt mit beiden Händen den Hörer eines alten Wählscheibentelefons an ihr linkes Ohr. Sie hatte das linke Bein aus dem Schneidersitz gelöst und offenbarte damit einen wundervollen Blick auf ihre langen, mit Netzstrümpfen bezogenen Beine. Ihre schwarze Korsage zwang sie in eine aufrechte Sitzhaltung wodurch sie allein durch die Körpersprache aufreizend wirkte. Mit aller verbalen zur Verfügung stehenden Zärtlichkeit schien sie zu versuchen einen regelrechten
QUERULANT zu beruhigen. James löste seinen Blick von ihr und zog genüsslich
tief an seiner Zigarette. Seine Lungen füllten sich mit dem kratzenden Rauch und James wurde von einer tiefen Zufriedenheit erfüllt. Er summte zufrieden bei seinem kleinen Rundgang wie eine fette HUMMEL, wenn sie durch die Gartensträucher schwebt. Wieder drangen die Worte der telefonierenden Blondine zu ihm durch ‚… davon gibt’s doch sicher `n DIA. PHRAG‘ MA nach, die können dir das bestimmt besser beantworten…‘
Plötzlich begann der Boden zu vibrieren. Die Steine der Katakombe verschoben sich leicht, die geraden
Linien des großen Saals wurden unebenmäßig, die Kerzenleuchter wackelten und stürzten einer nach dem anderen um. Jeder Leuchter hat am Ende eine der lasziv bekleideten Damen BEGRABEN.
James schlug die Augen auf und fand sich aus seinem Tagtraum gerissen. Sein Blick schweifte über graue Büromöbel aus den 80igern, Neonröhren an der Decke durchfluteten das enge
Großraumbüro mit kaltweißem Licht.
Die Gesichter seiner Kolleginnen wirkten grünlich bis blass. Sie alle saßen auf ihren knarrenden Bürostühlen
in ihren dicken H&M Strickjacken und klackten auf den mausgrauen Tasten ihrer alten Computer. Drucker surrten und ratterten in zwei Ecken es Zimmers und er Geruch von Lidl Limo und irgendwelchen Tee-Sorten schwängerte die Luft. Überproportionale Aufkleber mit dämlichen Sprüchen über Raucher hingen an der Wand. James hieß eigentlich Heinz. Heinz seufzte und schmiss die Papiertüte vom Bäcker um
die Ecke auf seinen Platz. Vom Starren
auf die Bildschirme gerötete Augen hinter dicken Brillengläsern lugten über einzelne Bildschirme. Sie prüften, wer da so viel Lärm machte.
Die Sachbearbeiterinnen im 7ten Stock des Verwaltungsgebäudes murmelten etwas in ihre kleinen Damenbärte und nahmen ihre Arbeit wieder auf. Heinz setzte sich und unterdrückte ein erneutes Schnaufen. Der Appetit ist ihm völlig vergangen, denn mit einem Blick auf den Schreibtisch wurde ihm klar, heute kommt er nicht pünktlich raus. Er hatte noch einige Formulare für den
LOHNSTEUERJAHRESAUSGLEICH zu
bearbeiten. Aber heute Nacht, da würde er wieder zum Jäger, dann würde er sich wieder als ‚James‘ einloggen und entschwand der tristen Realität, dort wäre er wieder ein Held. Dann rückte er
seine rahmenlose Brille zurecht, strich sich den beigefarbenen Pollunder zurecht, tauschte unter dem Tisch die Sioux Schuhe gegen die viel bequemeren Crocs und er begann mit dem Abstempeln der Formulare.