Fantasy & Horror
Die Vogelperspektive

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"Die Vogelperspektive"
Veröffentlicht am 09. Juni 2015, 198 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Hey ihr, ich bin 45 Jahre alt, von Geburt an starke Spastikerin und Rollstuhlfahrerin. Starke Spastikerin zu sein, bedeutet, meist keine korrekte Kontrolle über seine Arm- und Beinbewegungen zu haben. Auch sehr deutlich sprechen kann ich nicht. Doch nichtsdestotrotz LIEBE ich mein Leben so, wie es ist, und genieße JEDFEN Tag in VOLLEN Zügen!!! :-) Tja, und nun habe ich meine kleine Hexengeschichte noch einmal von Grund auf neu überarbeitet ...
Die Vogelperspektive

Die Vogelperspektive

Inhaltsangabe der „Vogelperspektive“

Zerlina ist seit Säuglingsalter an stark spastisch gelähmt und kommt von der  Erde der Hexen und Zauberer. Von ihren  Eltern auf die Erde geschickt, soll sie herausfinden, was das harmonische,  

verständnisvolle Zusammenleben der Menschen beinahe unmöglich macht   

Gemeinsam mit ihren sprechenden Haustieren und ihren Freunden kommt die  kleine Zappelhexe den Menschen und dem Störenfried ihres gewaltfreien  Zusammenlebens schließlich recht nahe.



Vorwort

In diesem Vorwort möchte ich mich bei meinen Lesern recht herzlich dafür  entschuldigen, dass die Erstausgabe des Fantasieromans "Die  Vogelperspektive", die im Herbst des Jahres 2009 erschien, so schlecht  gelungen und ebenso schlecht überarbeitet war.  Auch ist es mir außerordentlich  unangenehm und peinlich, dass die Erstausgabe so unverschämt teuer war.  Aber  den Preis von 16,90 Euro hat der Buchverlag bestimmt und festgesetzt, der  mein Buch verlegte.

Und dass ich meine Fantasiegeschichte

nun noch einmal von Grund auf neu  überarbeitete und korrigierte, verdanke ich ganz allein Frau Katja Hillermann,  einer Bekannten von mir   

Somit geht mein ganz besonderer und herzlicher Dank also an Katja  Hillermann!!!

Zudem möchte ich mich bei meinen Lesern recht herzlich dafür entschuldigen,  dass ich von den Menschen, die an einen festen Gott glauben, keine sooooooo  gute Meinung habe! Aber die kleine, spastische Hexe Zerlina ist von dem  Pflegedienst, bei dem sie gute zwei Jahre lang Kundin und der streng christlich- evangelisch  war, nahezu menschenunwürdig

behandelt worden.  Insbesondere  von ihrem aus Afrika stammenden jungen persönlichen Assistenten.  Dieser  

junge Mann quälte sie regelrecht und fügte ihr körperlichen Schaden zu.  Wie  zum Beispiel eine stark schmerzende Schulter, die sie beinahe zwei Jahre lang  nur unter großen Schmerzen bewegen konnte.  Und auch heute ist es ihr nicht  möglich, ihre Schulter komplett schmerzfrei zu bewegen   

Diesen jungen, farbigen Mann gab es also real im Leben von Zerlina  Somit  musste ich mich also sehr, sehr zusammenreißen, mich nicht noch weitaus  negativer über meine streng gläubigen Mitmenschen zu äußern!

Auch hierfür möchte ich mich bei meinen Lesern, die an den Schöpfer dieses  Planeten glauben, recht herzlich entschuldigen.  Aber Zerlina musste unter  diesen Menschen wirklich beinahe die reinste Hölle erleben!

Allerdings gab und gibt es viele von den Freunden und Bekannten, die ich in  dieser Fantasiegeschichte erwähne, ebenfalls im Leben von Zerlina!

Ich wünsche Euch nun ganz, ganz viel Spaß beim Lesen und vielen, vielen  herzlichen Dank für Euer tolles Verständnis!!!

                                                                 I

Mit   wildem   Herzklopfen   erwachte   ich   aus   meinem   Traum  und   drehte   mich   von  meiner   linken   Schlafseite   aus   auf   den  Rücken   Ein   wenig  aufgeregt   und   verwirrt  tastete ich mit meiner rechten Hand nach  Momo, meiner weiß-grau-gestreiften Katze,  die sich  für  gewöhnlich jeden  Morgen tiefschlafend  eng  an mich  kuschelte  Aber  an  diesem Morgen war Momo nicht da  Leise seufzte ich auf und blickte mich noch vom   Schlaf   benommen   im   Zimmer   um   Sah   die   Wände,   die   noch   nicht   ganz   fertig  gestrichen  waren   Nur  die  eine  Wand, von  der  ich  beschlossen  hatte,  sie  in  einem

  satten,  sonnigen  Gelb  zu  streichen,  war  schon  fertig   Doch  dafür, dass  wir  erst  seit   knappen drei  Wochen in  diesem Haus  in  den Niederlanden  wohnten,  hatten wir  uns   schon   sehr   wohnlich   eingerichtet   Nur   das   Schlafzimmer   hatten   wir   etwas  vernachlässigt  Außer   unserem   gut   zwei   Meter   breiten   Bett,   in   dem   schon   meine  Großeltern mütterlicherseits nächtigten,  und unserem Kleiderschrank  hatten wir noch   nichts  aufgebaut   Und  unser  Kleiderschrank stand  so  günstig,  dass  ich  mir morgens   im   Bett   liegend   meine   Kleidungsstücke   aussuchen   konnte   Das   Bett   und

  der Kleiderschrank  waren  aus  hellem  Holz  und  hatten  in  der Tat  schon  einige  Jährchen  auf dem Buckel  Ja, ich liebte Holz  Und  meine große Liebe für Holz kam vermutlich   daher,   weil   ich   in   einem   reinen   Holzhaus   aufwuchs   Unwillkürlich   musste   ich  grinsen,   als   ich   meine   sechs   Paar   Schuhe   überaus   ordentlich   neben   der  Schlafzimmertür stehen  sah   Jonas, mein  Mann,  mit dem  ich  seit einer  guten Woche  verheiratet war,  hatte  sie  vor  einigen Tagen  dort so  hingestellt  Er  meinte, das  ließe   unser Schlafzimmer wenigstens etwas gemütlicher und wohnlicher wirken

Weiter wanderten  meine  verschlafenen  Blicke  zu  den  Fotos,  die  teilweise  schon  an   der  fertig  gestrichenen,  gelben  Wand hingen  Auf  diesen  Fotos  waren  überwiegend  die Menschen zu sehen, die  mich großzogen und mein Leben  lang begleiteten  Bis zu   meinem   vierunddreißigsten   Lebensjahr   glaubte   ich   fest,   sie   seien   meine   leibliche  Familie  Nun,  aber  man konnte  schon  sagen, dass  ich  diesen Menschen  ähnlich  sah   Meine Augen  hatten um  ein  Haar genau  denselben  Braunton, wie  die  meines Vaters  und   die   von   meinen   vier   Schwestern   Und   meine   Nase

  hatte   genau   dieselbe  Kartoffelform, wie die meines  Vaters  Meine Haare waren ebenfalls dunkel  Genau so  wie die  Haare  meiner vier  Schwestern  und die  meines  Vaters  Nur meine  Schwester  Stefanie und meine Mutter waren blond und hatten tiefblaue Augen

Meine Schwester  Stefanie war  nur ein  knappes Jahr  älter als  ich und  meine absolute   Lieblingsschwester

Jetzt schon  etwas  munterer blickte  ich  aus dem  Schlafzimmerfenster  Es  war  genial,  dass jedes  Fenster unseres  Hauses bis  zum Fußboden  hinabreichte  Somit  war es  bei  Tageslicht immer schön  hell  in den

 einzelnen  Zimmern  Leicht  blinzelnd  blickte ich   gen   aufgehender   Morgensonne,   die   ins   Schlafzimmer   schien   Und   weil   unsere  Nachbarn einige  Meter von  uns entfernt  wohnten und  das Schlafzimmer  nach hinten   in  den  Garten  hinaus  lag,  empfand  ich  es  nicht  für  so  eilig,  Rollos  an  das  Fenster  anzubringen  Auch war es in den Niederlanden ohnehin  eher unüblich, Gardinen oder   Rollos   an   den   Fenstern   zu   haben   Zudem   liebte   ich   es,   von   meinem   Bett   aus  ungehindert  in  den  Nachthimmel  gucken  und  bei  wolkenlosem  Himmel  den  Mond  und

die Sterne zu beobachten   

Träumerisch blickte ich in unseren Garten hinaus  Er war nicht groß  Er  war eher von  der  kleineren  Sorte   Genauso  wie  unser  ebenerdiges  Haus   Denn  in  unserem  Haus  befanden   sich   vier   kleinere,   aber   gemütliche   Zimmer,   eine   Wohnküche  und   ein  Badezimmer  Das  größte  Zimmer  von  unseren  vier  Zimmern  hatte  mein  Mann  sich  als   Behandlungsraum   eingerichtet   Er   arbeitete   als   Heilpraktiker   und   ließ   seine  Patienten im Moment  noch zu uns  nach Hause kommen   Denn da wir  erst seit kurzer   Zeit in den  Niederlanden lebten,  war ihm  noch

keine rechte  Zeit geblieben,  sich eine   separate und  eigene  Praxis zu  suchen  Aber  das  würde er  tun,  sobald wir  in  unserer  neuen Heimat erst einmal ein wenig Fuß gefasst hatten.

Und zum  ersten  Mal in  meinem  Leben hatte  ich  eine eigene  Badewanne  in meinem   Zuhause  Zwar  konnte  ich i n dieser  Badewanne  nur  baden, wenn  Jonas,  mein toller   Ehemann,  zu  Hause  war,  da  er  mich  hineinheben  musste  Aber  zum  Glück  befand   sich   neben   unserer   Badewanne   noch   eine   Dusche,   die   ich   mit   meinem   Rollstuhl  problemlos be- und unterfahren konnte  Ja, unser

Badezimmer war sehr geräumig und  somit geradezu perfekt  für mich im  Rollstuhl  Doch mein  absoluter Lieblingsraum in   unserem   Haus   war   unsere   Wohnküche   Von  ihr   konnte   man   durch   eine   große  Glasschiebetür  direkt  auf  die  Terrasse  und  in  den  Garten  gelangen   Zwar  war  die  Wohnküche   ebenfalls   noch   nicht   vollständig   eingerichtet   Dafür   stand   im  Wohnbereich vor  der  großen  Glasfront  aber  schon  ein  schönes,  flauschiges  rötlich-

braunes Sofa, in dem man versinken konnte  Der Fußboden war aus schönen, warmen  Holz  Sowie auch in den

üblichen Zimmern  Nur vor dem Sofa  lag ein beige-rötlicher   Teppich  Während  den  Mahlzeiten  konnte  man  von  unserem  dunklen  Holzesstisch   aus   die   Vögel,   Hasen   und   Eichhörnchen   im   Garten   beobachten   Und   zur  Weihnachtszeit würde in diesem Wohnbereich unser Tannenbaum stehen   

Ich   gähnte   und   erinnerte   mich   an   meinen   abscheulichen  Traum   zurück,   aus   dem

ich vor  wenigen Minuten  aufgewacht  war  Diesen Traum träu mte ich  nun schon  fast  jede  Nacht   Auch  schien  es  mir  jedes  Mal  so,  als  ob  ich  ihn

 die  ganzen  Stunden  hindurchträumte,   die   ich   schlief   Und   in   Sekundenschnelle   fiel   mir   ein,   dass   ich  gestern Abend Jonas  doch  noch von  meinem Leben  als  invalide Hexe  hatte er zählen  wollen  Doch da  ich plötzlich  von einer  starken Müdigkeit  heimgesucht worden  war,  hatte ich meinem Mann nur ein knappes Viertel meiner Geschichte erzählt   

»Guten  Morgen,  meine  kleine  Zappelhexe«,  wurde  i ch  auf  einmal  von  einer  sehr  verschlafenen Stimme liebevoll begrüßt, »hast du gut geschlafen?«  

Noch immer ein wenig vom  Schlaf benommen und von meinem Traum

aufgewühlt,   nickte ich zaghaft und sah Jonas etwas schüchtern an, der sich ausgiebig streckte   

»Hast  du  wieder  diesen  scheußlichen  Traum gehabt,  hm?«,  erkundigte  Jonas  sich   mitfühlend bei mir und zog mich zärtlich an sich   

»Ach, Brummelbär, vielleicht  bin ich  doch nicht  für diese  Lebensaufgabe geeignet,   die mir meine leibliche Familie zuteilte«, seufzte ich weinerlich   

»Denn bis  jetzt  habe ich  auf  der Welt der  Menschen  nicht sehr  viel  zum Positiven   verändern  können   Und  außerdem  habe  ich  dich,  statt Andre  geheiratet  Ich  meine,   unsere

 leiblichen  Eltern  werden  sich  doch  etwas  dabei  gedacht  haben,  warum  sie   Andre und  mich  einander versprachen!  Und  nicht umsonst  träume  ich in  letzter  Zeit  immer  und  immer  wieder  von  der  geplatzten  Hochzeit  mit Andre  und  dem  Dritten   Weltkrieg auf dem Blauen Planeten  Vielleicht schicken meine Eltern und Schwestern  mir aus Rache ständig diesen Traum «  

»Tja,  wenn  es  dir  urplötzlich  eingefallen  ist,  zu  deinem  eigentlichen  Ehemann  zu  gehören, musst du dich von mir eben wieder scheiden lassen und zu ihm gehen «

Die   plötzliche   Kälte,   die   in   Jonas   Stimme   gefahren   war   und   die   abweisende  Körperhaltung schmerzten mich so sehr, dass mir Tränen in die Augen traten   

»Nein,   Brummelbär,  das   meine   ich   doch   gar   nicht«,   brachte   ich   mühevoll   über  meine leicht zitternden Lippen   

»Und du  weißt  genau, dass  ich Andre  nachher  nicht mehr  heiraten  wollte und  wie  sehr   mich   diese   Träume   aufregen   Denn   mein   ganzes   Leben   lang   habe   ich   zu  verstehen bekommen,  dass er  der perfekte  Ehemann für  mich sei   Nun, anfangs  fand  ich  dieses  total  schön

 Aber  als  später  immer  häufiger  über  uns  als  das  »perfekte«   Ehepaar gesprochen wurde, fing ich allmählich  an, eine leichte Abneigung gegenüber  Andre zu  entwickeln  Und  das, obwohl  er der  Mensch war, der  in allen  Lebenslagen  zu mir stand und mir  am Vertrautesten war  Auch fing ich erst recht an, mich vor ihm   zurückzuziehen, als unsere Hochzeit beschlossen zu sein  schien  Und dabei haben die   Menschen   überhaupt   nicht   gewusst,  dass   wir   beide   von  unseren   leiblichen   Eltern  miteinander versprochen wurden  Sie ahnten ja noch nicht  einmal, dass wir keine von   ihnen sind und von einem

ganz anderen Planeten kommen «  

Wie ein  gescholtenes Kind  versuchte  ich, weiter  unter  Jonas´ war me Bettdecke  zu  kriechen und mich wieder an ihn zu kuscheln   

»Süße, du  müsstest doch  allmählich bemerkt  haben, dass  du bereits  ein großes  Teil  zum Frieden  und  zur besseren  Kommunikation  zwischen den  Menschen  beigetragen  hast  Und  ich  meine, viel  mehr  hat deine  Familie  nicht von  dir  verlangt, oder?«  Das  unerwartete   leichte   Grinsen   auf   dem   Gesicht   und   die   veränderte   Haltung   meines  Ehemannes machten mich unsagbar glücklich

Nein, Jonas  war  wirklich nicht  der

 Mann, den  ich  mir als  den  Ehemann an  meiner  Seite   vorgestellt   hatte   Zwar   war   er   ein   sympathischer   und   durchaus   hübscher  Mensch  Er  hatte unheimlich  viel Wissen  Auch  war er  extrem bescheiden  Dennoch  stellte ich  mir  seit längerem  die  Frage, ob  das  hier alles  mit  rechten Dingen  zugehe   Denn  ich  wusste  nicht,  ob  Jonas  in  mir  die  perfekte  Gesprächspartnerin  gefunden  hatte, die er so dringend brauchte  Zwar war  ich nicht gerade dumm, aber so wissend,   wie er es war, war ich bei  weitem nicht  Zudem fragte ich  mich immer wieder, ob ich   ihn   richtig   glücklich   machte  Aber   bis   jetzt

  schien   er   glücklich   mit   mir   zu   sein   Jedenfalls gab er mir das Gefühl

»Nur vergisst du, dass Michael Ende dieses ›große Teil‹, wie du es nennst, ebenfalls   entdeckt und ein wunderschönes Buch darüber  geschrieben hat  Der Unterschied war,

dass   das   kleine   Mädchen   Momo   in   seinem   Fantasieroman   bemerkte,   dass   die  Menschen   um   sie   herum   plötzlich   immer   weniger   Zeit   füreinander   hatten   und  schließlich  den  "grauen  Herren"  auf  die  Schliche  kam   Denn  diese  grauen  Herren  haben den Menschen  die Zeit  gestohlen, um selber  existieren zu  können  Auch wenn

  Momo  durch  intensives  Zuhören  hinter  das  Geheimnis  der  grauen  Herren  kam,  die  das ruhige,  harmonische  Zusammenleben  der  Menschen  mit  ihrem  Zeitraub stört en,  so   ähneln   sich   unsere   beiden   Entdeckungen   doch   ziemlich   Denn   die   Menschen  können sich in  der Tat nicht gut genug  zuhören können  Ebenso  den Tieren  Und den   Pflanzen “, gab  ich  etwas mürrisch  von  mir und  verschränkte  die Arme  trotzig  über  meiner Brust   

 „Nun,   aber   die   meisten   deiner   Leute   sind   vollkommen   zufrieden   und   sogar   ein  bisschen stolz auf dich  Was möchtest du denn noch

mehr?«

»Ja, ich bin auch  sooo toll!«, gab ich  in einem ironischen Ton zurück und klimperte   mit meinen Augenlidern   

»Ich  habe  nur  eine  recht  gute  Beobachtungsgabe,  sowie  sie  manche  Leute  haben   Das ist alles!«

»Und  deine  gute  Beobachtungsgabe  sagt  dir  wohl  auch,  dass  ich  ein  Brummelbär  bin?!«

»Nun,   manchmal   bist   du   ganz   schön   brummelig   Und   dieses   hast   du   mir   als  Masseur   auch   zur   Genüge   gezeigt   Damals,   als   du   mich   aufgrund   meiner  Rückenschmerzen behandelt hast«, erklärte ich grinsend   

»Während   der   Behandlungsstunden   hast   du   mich   manches   Mal   ganz   schön  ausgeschimpft  Besonders,  als ich  dir von der  Fingeramputation erzählt  habe, die  ich  bei mir durchführen lassen wollte «

»Ja, das war auch eine ziemliche bescheuerte Theorie  von dir, dass sich deine starke  Spastik   verringert,   wenn   du   dir   einen   oder   zwei   Finger   deiner   beiden   Hände  amputieren lässt   Deine vorletzte  Physiotherapeutin hatte  dir mal  erzählt, man  könne  aller Wahrscheinlichkeit nach  das unkontrollierte  Bewegungsmuster  eines Menschen   mit  einer  Spastik

 „unterbrechen“,  wenn  man  ihm  ein  Gliedmaße  abnimmt   Na,  und  das   wolltest   du   ausprobieren   Vermutlich  ist   diese   Theorie   deiner   ehemaligen  Physiotherapeutin  auch  korrekt   Doch  ausprobiert  oder  gar  bewiesen  ist  sie  nicht “,  erklärte mein Mann  aufbrausend und  schlug mit  der linken Hand  wild gestikulierend   auf die Bettdecke

Ich  versuchte,  mich  ein  wenig  weiter  aufzusetzen   Denn  ich  im  Sitzen  konnte  ich  besser zu Atem kommen und somit deutlicher  sprechen  Als Jonas bemerkte, dass ich   

mich  aufsetzen   wollte,  zog  er  mich  hoch,  stopfte  mir  mein  Kopfkissen

 und  meine   Bettdecke hinter den Rücken und deckte mich mit seiner eigenen fürsorglich mit zu   

Ja,   es   war   erstaunlich,   wie   gut   manche   Menschen   mich   vom   Sprachlichen   her  verstanden   Denn   aufgrund   meiner   starken   spastischen   Lähmung,   die   seit   Geburt  meinen  ganzen  Körper  beherrschte,  konnte  ich  mich  nur  undeutlich  mitteilen   Ich  sprach  wie  eine  volltrunkene  Person   Und  einige  Leute  taten  sich  ziemlich  schwer,  mich   genau   zu   verstehen   Zumeist   lag   dies   daran,   dass   leider   nicht   wenige   von  meinen  Gesprächspartnern  eine  gewisse

 Scheu  verspürten,  mich  das  Gesagte  noch  einmal   oder   mehrere   Male   hintereinander   wiederholen   zu   lassen   Überwiegend  empfanden sie, sie würden mich mit dem Wiederholen der Sätze überfordern oder gar   nerven   Allerdings  gab  es  einige  Menschen,  die  mich  beinahe  von  Beginn  unserer  Bekanntschaft an und auf Anhieb recht klar und deutlich verstehen konnten   

 

Auch   Jonas   gehörte   zu   den   Menschen,   die   beinahe   jedes   einzelne  Wort   von   mir  verstanden  Jedoch  waren  wir uns  schon recht  vertraut  Und  nicht  selten geschah  es,

 dass ich    einen undeutlichen  Ton von  mir gab  und  er dennoch  auf  den Punkt  genau   wusste, was  ich meinte   Zudem liebte  ich es  grenzenlos an  ihm, dass  er es  nie müde   wurde,   mich   kompliziertere   Worte  solange   wiederholen   zu   lassen,   bis   er   genau  verstanden hatte, was ich erzählen wollte

»Trotz alledem hätte  man es  einmal ausprobieren  können, ob  ein Mensch  mit recht   starker   Spastik   sich   gezielter   bewegt,   wenn   man   ihm   ein   oder   zwei   Gliedmaßen  abnimmt   Ich   meine,   die   Ärzte   operieren   sogar   an   Gehirnen   herum,   um   den  Menschen   mit

  spastischen   Lähmungen   ein   etwas   ruhigeres   und   „lebenswerteres“  Leben  zu  verschaffen   Und  das  finde  ich  persönlich  total  grausig   Denn  bei  diesen  Operationen kann  weitaus Schlimmeres  passieren, als  bei einer  Fingeramputation  Ja  gut,   wer   unter   seiner   spastischen   Lähmung   ernsthaft   zu   leiden   hat,   sollte   sich  natürlich   am   Gehirn   operieren   lassen!   Nichtsdestotrotz   sollte   man   erst   einmal  versuchen, die Dinge  anzunehmen, die das  Leben für einen  parat hält  Und  wenn wir   einige unserer „körperlichen“ und nicht mit dem Tode endenden Schicksalsschläge so  ohne   Weiteres

  annähmen,   würde   es   automatisch   gleichfalls   weitaus   weniger  Tierversuche  geben   Denn   wegen   uns   Menschen   müssen   die  Tiere   manches   Mal  unendlich  leiden   Die  Tiere, die  unsere  Vorfahren waren,  töteten  wir  jeden  Tag  auf  Brutalste und Grausamste!

Außerdem  hätte  ich  diese  Fingeramputation  keineswegs  in  Betracht  gezogen  und  mich  für  sie  entschieden,  wenn  ich  meine  beiden  Hände  vollständig  hätte  einsetzen  können  Aber  da ich  mit  ihnen so  gut  wie nichts  machen  kann, wäre  es  nicht weiter   aufgefallen, wenn ich an einer  Hand einen oder zwei  Finger

weniger gehabt hätte  Ja,  man hätte es  natürlich gesehen   Doch das wäre  aber auch  schon alles gewesen “,  gab   ich erklärend zurück, nachdem ich gut saß   

„Allerdings habe ich  mich dann doch  für das Einritzen  der Muskeln meines  rechten  Beines entschieden  Und  seitdem mir  die  Muskeln operativ  ein  Stück weit  angeritzt  worden   sind,   die   in   meinem   Bein   am   verspanntesten   waren,   bin   ich   körperlich  tatsächlich etwas ruhiger «

»Ja,   diese   Operation   war   eine   etwas   Andere,   die   man   im   Gegensatz   zur  Fingeramputation   gut   nachvollziehen   kann   Denn   bei

  ihr   werden   die   spastischen  Muskeln  des Arms,    des  Beins  oder  des  Fußes  weitestgehend  lahmgelegt  Nur,  bei  deiner/dieser   OP   wäre   beinahe   nicht   alles   glattgegangen   Und   dann   wärst   du  womöglich noch  schwerer  behindert  gewesen, al s  du ohnehin  schon  bist   Die Ärzte   haben dir aus Versehen ein kleines bisschen zu viel vom Narkosemittel gegeben  Und   dies  hätte  dein  kleiner,  zierlicher  Körper  beinahe  nicht  verkraftet   Wenn man  denn   noch bedenkt,  warum  du diese    Operation über  dich  ergehen lassen  hast,  sollte man   dir  eine  gehörige  Ohrfeige  verpassen   Denn  du

 wolltest  gar  nicht  sooo  unbedingt   deine starke Spastik verringern,  die dich im Grunde  genommen in keiner Weise stört   Denn du  hast  deine Spastik  bereits  dein Leben  lang  und bist  an  sie gewöhnt,  wie  an  deine braunen Augen  Nein, du  wolltest nur,  dass deine  Mitmenschen es  leichter mit   deiner körperlichen Pflege  haben  Weißt du, Zerlina, das ist  ziemlich bescheuert: Auf  der   einen   Seite   regst   du   dich   über   die   Leute   auf,   die   sich   wie   Marionetten   der  Gesellschaft fügen  Du erzählst deinen Freunden, sie möchten ihr Leben so leben, wie  sie   es   für   richtig   halten   Du   sagst,   dass   sie   darauf

  acht   geben   sollen,   dass   ihnen  niemand   ihr   Leben   aus   den   Händen   nimmt   und   für   sie   weiterlebt  Aber   auf   der  anderen Seite  lässt  du dir  dein  Leben ganz  genauso  aus den  Händen  nehmen und  es   von deinen Mitmenschen weiterleben  Und  wenn du nur mutig  genug gewesen wärst,  dir dieses einzugestehen, hättest  du dich nicht operier en lassen  Auch hättest du mehr   auf mich und meine  heilenden Hände vertrauen müssen   Und du wärst deinen  Leuten  eine   weitaus   größere   Hilfe,   wenn   du   dich   gegen   diesen   operativen   Eingriff  entschieden   hättest   Du   weißt,   dass   die

  Menschen   sich   generell   in   die  Angelegenheiten   andrer   Menschen   einmischen   Und   dieses   machen   sie   meistens  leider  nicht,  um  ihren  Mitmenschen zu  helfen  und  ihnen  gut zu tun. Sondern  sie  tun  es,  weil  sie  schlichtweg  ihre  Langeweile  vertreiben  möchten  Auch  bei dir  haben  die Leute,  mit  denen du  näheren  Kontakt hattest,  ihre  Langeweile und   ihr „ach so übergroßes Mitleid“ zu deinem  Problem mit deiner Behinderung gemacht   Dabei hast du nie unter deiner starken Körperbehinderung gelitten und  niemals davon  geträumt,  eine  nicht  behinderte  Frau  zu  sein   Denn  du

 bist  nun  einmal  so  schwer  körperbehindert auf  die  Welt gekommen und  kennst  dein Leben  aus  diesem Grunde   nicht anders! «

»Ja, ich weiß!«, murmelte ich   

»Aber   ich   habe   die   Operation   gut   überstanden   Und   die   ewigen   Schmerzen   in  meinem   rechten   Fuß   sind   fast   verschwunden  Außerdem   wusste   ich   damals   doch  noch gar  nicht,  ob meine  Beobachtung  mit deinen  heilenden  Händen stimmt  und  ob  

ich   dich   jemals   zum   Ehemann   bekomme   Na,   nun   ist   mein   rechtes   Bein  weitestgehend lahmgelegt und bereitet mir keine

Schwierigkeiten mehr «

»Tja, fragt sich nur, welchen wertvollen Preis du dafür gezahlt hast! «, kam plötzlich  eine piepsige  Stimme unter  dem Bett  hervor und  im nächsten  Moment sprang  meine  kleine weiß-grau gestreifte Katzendame auf die Matratze

»Momo, da bist du ja!«, rief ich aus und drückte sie freudig an mich   

»Ja,  wo  sollte  ich  bitteschön  denn  sonst  sein,  hm?  Meine  Tochter  und  ihr  Vater  hatten  sich  mal  wieder  gewaltig  in  der  Wolle,  wo  ich  kurz  schlichten  musste   Du  weißt doch, die  beiden sind manches  Mal wie Feuer  und Wasser! Und ich muss dann

  immer  zusehen,  dass  entweder  Kimmy  nicht  verbrennt  oder  Hannes  nicht  ertrinkt   Schlimm, schlimm, schlimm «

»Och, meine arme,  kleine Momo«,  schmunzelte ich und  drückte ihr  einen Kuss auf   ihre winzig kleine Nase   

»Ja, mach'  dich ruhig  lustig über  mich«, maul te Momo  weiter, »wirst  schon sehen,   was du davon hast!«

"Und wo sind Hannes und Kimmy jetzt?"

"Kimmy   liegt   beleidigt   unter   dem   Bett   und   Hannes   hat   sich   verärgert   auf   die  Fensterbank   im  Wohnzimmer   hinter   die   ganzen   Blumentöpfe   verzogen   und   starrt  hinaus in den Garten  Vielleicht ist er

aber auch  schon durch die Katzenkl appe in der   Terrassentür in den Garten entschwunden und streift  mürrisch durch die umliegenden   Wiesen und Felder  Zum Glück  liegt unser  Grundstück und unser  Haus recht  abseits,  sodass es hier kaum viel befahrende Straßen gibt  Nur dieser Jäger, der hier durch den  nahen  Wald  streift,  macht  mir  zie mlichen  Kummer   Hört  i hr  Kimmy  bel eidigt  an   ihrem kleinen Gummiball knabbern?"

"Ja, das kann man nicht überhören ", erwiderte ich leicht lächelnd   

"Übrigens  hat  Jonas  gestern  mit  dem  Jäger  gesprochen   Er  wird  also

 darauf  acht  geben,  keinen  pechschwarzen  Kater  und  keine  hellbraun-,  schwarz-,  weißgetigerte  Katze  zu  erschießen   Na,  und  weil  ihr  drei  es  von  München  her  so  gewohnt  seid,  ständig  in  der  Wohnung zu  sein,  geht  ihr  nicht  allzu  häufig  nach  draußen   Du  zum  Beispiel hast ein  bisschen Angst, hinaus  in die weite  Welt zu gehen und  möchtest im  Haus bleiben "

"Nun, mich reizt  es nicht, den  Mäusen und Kaninchen  hinterher zu jagen   Denn die  Mäuse erinnern  mich zu dol le an Moritz,  deine oder  unsere kleine Käfigmaus,  die in  

München bei uns wohnte ", murmelte

Momo zwischen den Zähnen hindurch

»Och   menno,   wie   lange   werde   ich   brauchen,   um   Momo   richtig   verstehen   zu  können?«, schimpfte Jonas leise vor sich hin   

»Und selbst  du fällst,  wenn  du mit  ihr sprichst,  in eine  Art Singsang,  den ich  nicht  gut   verstehen   kann   Manchmal   verstehe   ich   noch   nicht   einmal   das   kleinste  Wörtchen «

»Tja, Brummelbär, das liegt daran,  dass du ein Mensch  bist, der vom  Planeten Erde   stammt  Wenn du einer von uns wärst, könntest  du Momo ohne Weiteres verstehen «,  neckte ich Jonas und blickte in seine hellbraunen Augen   

Ja,  Jonas  war  doch  ein  ganz  hübscher  Kerl  mit  seinem  etwas  herb  geschnittenen  Gesichtszügen,  seinem  ständigen  Dreitagesbart,  seiner  überaus  männlichen  Stimme,  seinen   braunen   Augen   und   seinem   blonden,   kurzen   Haar,   das   schon   leichte  Geheimratsecken  anzeigte   Und  das,  obwohl  er  noch  nicht  einmal  dreißig  Jahre  alt  war  Eine  irrsinnig  schöne,  farbliche  Zusammenstellung;  ziemlich  hellblonde  Haare   und unheimlich warme, braune Augen  Anfangs irritierte es mich  ein wenig, in Jonas'   Augen zu  blicken   Denn ich  hatte  ja ebenfalls  braune Augen  Aber je  länger  ich mit

  Jonas zusammen war, desto weniger irritierte mich seine Augenfarbe   

Andre's  Augen   dagegen   waren   grün-blau,   die   zu   seinem   leicht   rötlichen,   etwas  lockigen   und   ebenfalls   recht   kurzgeschnittenen   Haar   gut   passten   Auch   in   der  Körpergröße   unterschieden   mein   Ex-Freund   und   mein   jetziger   Ehemann   sich  ziemlich   Andre  war  knapp  an  die  zwei  Meter  groß,  recht  breitschultrig,  ziemlich  muskulös und  sportlich gewesen   Jonas dagegen  war etwas  über einen  Meter achtzig  groß, war  für einen  Mann  recht schmal  gebaut und  hatte eher  weniger  Muskelmasse  an Armen

 und  Beinen  Dennoch  fühlte  ich  mich  bei  Jonas  um  einiges  geborgener,  sicherer  und  beschützter  Und  dies,  obwohl er  gute  dreizehn  Jahre  jünger  als  Andre  war   Doch   dass   ich   mich   bei   meinem   jetzigen   Ehemann   sicherer   und  geborgener  fühlte,   kam   daher,   weil   er   ein   strengeres   Auftreten   hatte   So   vermutete   ich   es  wenigstens  Außerdem  war  Jonas  um  einiges  selbstbewusster  und  in  seinem  Wesen  viel gefestigter  als Andre  Dabei  war mein  Ex-Freund  ein herzensguter  Mensch,  der  die Ruhe selbst war und von jedem gleich gemocht wurde, der ihn kennen lernte

 Und  der auch mir unwahrscheinlich gut getan hatte

»Hm, dabei  fällt mir  ein, dass  du gestern Abend  damit begonnen  hattest, mir  deine   ganze Geschichte  als  invalide Hexe  zu  erzählen «, riss  Jonas  mich sanft  aus  meinen  Gedanken

»Ja,  entschuldige  bitte,  dass  ich  dabei  eingeschlafen  bin   Und  auch  wenn  du  den  Anfang  meiner  Lebensgeschichte  schon  länger  kennst,  beginne  ich  am  besten  noch

einmal ganz von vorne, oder?«

Mit einem bestimmten Nicken zeigte Jonas mir an, dass er damit einverstanden war

                                                  II

Nachdem  ich  von  der  Toilette  zurückkam,  im  Bett  wieder  gut  saß,  Jonas  unsere  Katzen versorgt und  uns einen Früchtetee  mit Honig  gemacht hatte, nahm  ich Momo   in den Arm, holte tief Luft und begann mit meiner Geschichte:

»Die   Lebewesen   des   Blauen   Planeten   schrieben   gerade   das   Jahr  neunzehnhundertsiebzig  Es  war in  einer sehr  heißen Juninacht,  als ich  recht unsanft   im Garten meiner Eltern aufschlug  Sofort fing ich lauthals zu schreien an  Der Mann,  von dem  ich jahrelang  glaubte, er  sei mein  leiblicher Vater, brauchte einige Zeit,

 um  mich   im   großen   Garten   zu   finden   Schließlich   fand   er   mich   unter   dem  Wohnzimmerfenster  Vorsichtig lüftete er das Tuch, in dem ich eingewickelt war, und  sah  in  mein  schrumpeliges,  kleines  Gesicht   Ich  war  ja  erst  etwa  drei  Stunden  alt   Behutsam trug  er mich  ins Haus  und zeigte  mich seiner  angetrauten Ehefrau,  meiner  Mutter   

»Wo hast  du  den  kleinen  Säugling  denn  her,  Wolfram?«,  fragte  sie  unwirsch  ihren  Mann   

Er erzählte  ihr, dass  er  mich schreien  gehört  und kurze  Zeit  später dann  unter  dem  Wohnzimmerfenster gefunden habe   

»Und  was  sollen  wir  mit  diesem  kleinen  Bündel  nun  anfangen?  Wir  haben  doch  schon   fünf  Töchter«,   gab   meine   Mutter   etwas   erschrocken   von   sich   und   schaute  meinen Vater mit ihren blauen Augen an   

»Erstmal   behalten   wir   sie   diese   Nacht   hier«,   entschied   mein   Vater,  »denn   wir  können sie ja schlecht wieder zurück in den Garten legen!  

Hm,  ich  vermute  mal,  dass  es  ein  kleines  Mädchen  ist   Denn  wir  bekommen  ja  irgendwie   nur   Mädchen «,   lächelte   mein   Vater  etwas   verlegen   und   strich   meiner

 Mutter liebevoll eine blonde Strähne aus der Stirn   

Jedoch  blieb  ich  nicht  nur  diese  eine  Nacht  in  diesem  Hause   Denn  da  die  Suche  nach  meinen  leiblichen  Eltern  erfolglos  blieb,  entschieden  sich  diese  Leute,  die  vor  

den Toren Münchens wohnten, mich mit ihren fünf leiblichen Töchtern großzuziehen   Und trotzdem ich so unerwartet in ihre Familie hineingepurzelt war, nahmen sie mich   äußerst   liebevoll   auf   Zwar   war   meine   Mutter   in   ihrer  Art   ein   wenig   barsch  und  herrisch,   aber   ich   mochte   diese   kleine,   rundliche   Frau   mit   ihren   langen,

  festen,  Locken,   ihren   großen   blauen   Augen   und   ihrer   lustigen   Stupsnase   Mein   Vater  hingegen   war   ein   unheimlich   sanftmütiger,   ruhiger   Mensch   Er   war   groß   und  breitschultrig gebaut, hatte  eine durchtrainierte  Figur und besaß  auf seinem Kopf  nur  

noch wenig  Haar, das  mit  Mitte dreißig  bereits  ergraute und  das einmal  von  dunkler  Farbe gewesen war  Vier von meinen fünf  Schwestern hatten ebenfalls  dunkle Haare,   die ihnen beinahe bis zu den  Hüften hinabreichten, und waren, genau wie  mein Vater,  von der Gestalt  her hochgewachsen  und schlank  Nur

 meine Lieblingsschwester  kam  von   ihrem  Aussehen   her   nach   meiner   Mutter   Sie   hatte   ebenfalls   dicke,   blonde  lockige Haare, recht  helle blaue,  große Augen, eine niedliche  Stupsnase und war  von  ihrer   Figur   her   eher   etwas   rundlich   Doch   auch   sie   hatte   dieselbe   ruhige,   völlig  

gelassene Art meines Vaters   

Mit Stefanie, die von  allen kurz und  bündig Steff genannt wurde,  tobte ich als Kind   mit größter Freude durch  unseren recht großen  und baumbewachsenen Garten  Unser   Familienholzhaus stand  in  der  Mitte unseres  Gartens   Dieses  Haus hatte

 mein  Vater  mit   tatkräftiger   Unterstützung   seiner   Familie   und   seinen   Freunden   eigenhändig  gebaut   Um unser  Grundstück  herum  lagen nur  Wiesen,  Felder  und Wälder   Unsere  nächsten   Nachbarn   wohnten   etwa   einen   halben   Kilometer   von   uns   entfernt   Nur  meine   Großmutter   väterlicherseits   war   unsere   unmittelbare   Nachbarin  Als   meine  Familie  unser  Haus  in  dem  winzig  kleinen  Ort  in  der  Nähe  von  München  baute,   wollte  mein  Vater seine  Mutter  nicht  in  der  Großstadt  alleine  zurücklassen  und  bat  sie, in das Haus direkt neben unserem Grundstück zu

ziehen, das schon mehrere Jahre  lang leer stand

Ja, wir lebten recht ruhig und einsam   

Ganz  besonders  liebte  ich  es  al s  kleines  Mädchen,  mit  Steff  in  unserem  Garten  verstecken   zu   spielen   und   im   Sommer   und   im   frühen   Herbst   das   reife   Obst   von  unseren zahlreichen Obstbüschen und Obstbäumen zu naschen  Da ich mich aufgrund   meiner   starken   spastischen   Lähmung   nicht   selbständig   auf   meinen   Beinen   halten  konnte, krabbelte ich munter drauf  los  Ich versteckte mich zwischen  den vielen, sehr   eng stehenden  Tannen und  Büschen   Steff

  konnte  mein Versteck bei  unserem  Spiel  so  manches  Mal  gar  nicht  so  ohne  Weiteres aus findig  machen  und  musste  richtig  suchen

Meiner   Schwester   Stefanie   fühlte   ich   mich   unheimlich   nahe   und   hatte   in   ihrer  Gegenwart ein warmes, sicheres und gut es Gefühl  Leider fühlte ich  mich bei meinen  anderen Schwestern  nicht so  sehr geborgen und  wohl  Welches der Grund  dafür war,  vermochte ich nicht zu  sagen  Denn alle vier  hatten  die Art meines Vaters, die ich so

sehr mochte  Allerdings waren meine  vier ältesten Schwestern  auch schon so  gut wie   erwachsen und  von zu

 Hause ausgezogen,  als ich  in ihre  Familie purzelte   Vielleicht  lag es am großen Altersunterschied, dass wir nie so recht warm miteinander wurden   

Bereits als kleines  Kind bemerkte ich,  dass ich einige  unschöne Dinge, die  in naher  Zukunft geschehen würden,  ›voraussehen‹ konnte  Und j edes Mal, wenn  irgendetwas  Unschönes geschah,  spürte  ich es  als Allererstes  in meinem  rechten  Bein  Ich  spürte  kurz   vor  eine m  ni cht  so   schönen   Ereignis  oder   gar   einer   Katastrophe  i n  meinem  rechten   Bein   einen   Schmerz,   der   mitunter   unerträglich   war   Aus   diesem   Grunde  nannte  ich  mein

 rechtes  Bein  bald  »mein  kleines  Zauberbeinchen«  Auch  wenn  ich   noch nicht  wusste,  eine echte  Hexe  zu sein  Zudem  wurde ich  vor  einem unschönen   Ereignis unheimlich unruhig und konnte nachts kein Auge zutun  Momo hat es vorhin  bereits kur z angesprochen  Später  war i ch sogar  so  gut,  dass i ch die  Ereignisse,  die  sehr bald  geschehen  würden, direkt  benennen  konnte  Von diesem  Zeitpunkt an  war  ich den Menschen unheimlich  Denn ich war des Hellsehens mächtig   

Aber seitdem man einige Muskeln meines rechten Fußes  ein Stück anritzte, ist mein   Empfinden für

herannahende Katastrophen weitestgehend gestört  Dies bedeutet, dass  ich körperlich nun  zwar relativ  ruhig und entspannt  bin, jedoch  kaum noch Gefahren   wittern und dementsprechend handeln kann  Sowie  es mir vor meiner Operation noch   möglich  war   Weil  ich  jedoch  manches  Mal  schwach  und  noch  immer  meine,  ein  Mensch zu sein,  der auf dem  Planeten Erde zu  Hause ist, denke  ich, ich müsste  mich  in diese Gesellschaft restlos eingl iedern und so aussehen, wie  alle anderen  Aber zum  Glück  haben  meine  leiblichen  Eltern  es  mir  verziehen,  diese  Operation  über  mich  ergehen

lassen zu haben

Nun, als eine echte invalide Hexe  müsste ich eigentlich sofort zurückgeholt werden   Denn   ich   kann   die   Menschen   nicht   mehr   ausreichend   schützen   Aber   die  Zauberwesen unseres Planeten haben  zum Glück Nachsicht und erlauben  mir, hier zu  bleiben “, flüsterte ich schuldbewusst und drückte Momo noch etwas stärker an mich

»Tja,  selber  schuld!«,  holte  Jonas  noch  einmal  zu  einem  Tadel  aus   Doch  als  er  meine   funkelnden   Augen   sah,   verstummte   er   augenblicklich   und   hörte   weiter  bereitwillig zu, als ich gleich darauf

wieder zu erzählen begann

»Doch damals,  als  ich noch  nichts  von meinem  Hexendasein  wusste, ängstigte  mich  meine Gabe des ›Voraussehens‹ beinahe zu Tode«, erzählte ich   

»Manchmal  war e s  mir  sogar  so,  als  könne  ich  hören,  was  meine  Gesprächspartner  oder   meine   Spielgefährten   gerade   dachten   Oftmals   waren   es   nur   Fetzen   ihrer  Gedanken,   die   ich   zu   verstehen   meinte   Am   häufigsten   glaubte   ich   aber,  Gedankenfetzen  von  Andre,  meine m  Freund,  mit  dem  ich  schon  seit  Kinder tagen  befreundet bin,  hören  zu können

 Mehrmals  fragte ich  mich,  ob es  daran  liege, weil   

wir eine so enge Bindung  miteinander hatten  Denn auch er  schien des Öfteren genau   zu wissen, was oder woran ich gerade dachte  Jedoch sollte es einige Zeit dauern, ehe   ich es herausfand   

Zudem   plagten   mich  Alpt räume,   die   mich   in   einigen   Nächten   meiner   Kindheit  heimsuchten   Ich  träumte  ständig  von   riesigen,  gruselig  aussehenden  Gestalten  mit   sechseckigen  Augen   Diese  Gestalten  kamen  in  den  Nächten  meiner  Alpträume  zu  mir, rissen  mich  aus  meinem  warmen,

 kuscheligen  Bett  und  flogen  mit  mir  durchs   offene   Fenster   Wenn  sie   eine   bestimmte   Höhe   erreicht   hatten,   ließen   sie   mich  plötzlich  fallen   Ich  fiel  fast  jedes  Mal  durch  die Wolken   Und  während  die  Riesen  mit  mir  durch  die  manchmal  unangenehm  kalte  Nachtluft  flogen,  flüsterten  sie  mir  jedes Mal wütend  zu, dass  sie meine beruhigende  Art, die ich  ausstrahle, keineswegs   mochten   und  sie   für  gefährlich  hiel ten  Si e  er zählten  mir   bei   jedem   Flug   zu  den  dunklen und  nassen Wolken, sie wollten  das ganze  Weltall für sich  alleine haben   Es  solle   keinen   anderen   bewohnten

  Planeten   geben,   außer   ihrem   eigenen  Aber   mit  meiner  beruhigenden  und überzeugenden  Art könnte  ich  es  vielleicht  schaffen, dass   die   Menschen   und   die   Tiere  harmonischer   zusammenlebten   und   sie   es   am   Ende  vermutlich sogar aufgaben, sich gegenseitig auszurotten  Die  grausigen Gestalten, die  mich in  ihren  Fängen hielten,  ängstigten  sich anscheinend  davor, die  Lebewesen der   einzelnen belebten  Planeten des Weltalls könnten es  aufgeben, Kriege  gegeneinander  zu führen, sich zu töten und stattdessen in Harmonie und  im Frieden zusammenleben   Denn dies würde  bedeuten, dass die Welten längere

Zeit existierten  Während meiner  Flüge  mit  den   Riesen   erfuhr  ich,   dass   die  Bewohner  der  ei nzelnen   Planeten   sich  bemühten, ihre eigene Welt vor dem Untergang zu bewahren  Natürlich konnte ich als  kleines Mädchen  noch  nicht so  recht  begreifen, dass  es  weitere belebte  Planeten  im  großen Weltall  gab  und sie  alle  von  diesen  grässlichen  Geschöpfen  bedroht  wurden   und  gegen  sie  kämpfen  mussten  Auch  wusste  ich  zu  diesem  Zeitpunkt  nicht,  dass   und wie  man  diese  großen,  Angst einflöß enden  Geschöpfe  beruhigen  und  ihnen di e  Furcht   nehmen   konnte,   die   sie

  selber   vor   den   Bewohnern   der   Nachbarplaneten  verspürten  Denn  ich  hatte in  diesen  Nächten, in  denen  ich als  Vierjährige durch  die  Lüfte flog, keine Ahnung, dass ausgerechnet  ich dazu auserkoren  war, den Menschen  der  bläulich  schimmernden  Erde  das  große  Miteinander  nahe  zu  bringen,  ihnen  die  Angst  voreinander  und  dem  Ungewissen  zu  nehmen   Damals  war  ich  nur  ein  ganz  normales,  kleines  Menschenkind,  das  mit  seiner  Fa milie  zusammenlebte  und  eine   ziemlich starke Körperbehinderung hatte      

Diese  Riesen,  die  in  ziemlich  genauen

Abständen  zu  mir  kamen,  waren  circa  drei   Meter groß und hatten eine  hellgrüne und vollkommen glatte Haut,  um die sie von so   mancher  menschlichen  Frau  höchst  beneidet  worden  wären,  und  rochen  eigenartig  modrig   Ihre  Augen  hatten  die  Form  eines  Sechsecks  und  waren  im  Verhältnis zu   ihrer  Kopfgröße,  die  so  groß  war  wie  eine  große,  dicke  Melone,  recht   klein  Ihre   Kleidung sah meist zerrissen aus und hing  in Stofffetzen von ihnen herab

In   meinen   Träumen  waren   diese   riesigen   Geschöpfe,   die   jedes   Mal   von   einem  anderen   Planeten

  geflogen   zu   kommen   schienen,   trotz   ihrer   Größe   und   ihres  massigen  Körpergewichts  doch  so  geschickt  und  beweglich,  dass  es  ihnen  gelang,  sich  durch  den  engen  Spalt  eines  geöffneten Fensters  zu  zwängen  Und  weil  meine   Familie  praktisch  auf  Wiesen und  Feldern  wohnte,  schlief  sie  im  Allgemeinen  von  Frühling bis  zum  Herbst hin  bei  geöffneten Fenstern  So  auch ich  Somit  war es  für  diese Riesen,  die in  der Tat von einem  anderem Planeten  des Weltalls stammten,  der  gelblich  leuchtete,  und  ebenfalls  des  Zauberns  mächtig  waren,  ein  Leichtes,  nachts,  wenn alles schlief,

an mich heran zu kommen

Doch während meines Falles durch die Wolken und die Luft, tauchte immer wie aus   dem Nichts eine  Art Engel mit einem  freundlichen Gesicht,  wunderschönen, braunen  Augen  und  einem  Dreitagesbart  auf,  fing  mich  mit  seinen  starken  Armen  auf  und  brachte   mich   behutsam   und   sicher   nach   Hause   zurück   Und   wenn   ich   wieder   in  meinem  warmen,  sicheren  Bett  lag,  saß  dieser  Engel,  der  mich  soeben  vor  meinem  sicheren Tode gerettet hatte, noch eine ganze Weile neben mir und sprach  beruhigend  auf   mich   ein   Seltsamerweise   trocknete   mein

  Schlafanzug   oder   mein   Nachthemd  immer so schnell, dass  ich mich nach  meinem Flug durch die  nassen Wolken und die   feuchte Nachtluft  nie  umziehen lassen  musste   Denn sobald  der  Engel mich  in  mein  Bett  legte,  war  ich  schon  wieder  ganz  trocken  und  warm   Komisch!,  wunderte  ich  mich   über   dieses   Phänomen  Aber   wenn   ich   am   Morgen   aufwachte,   glaubte   ich  ohnehin   fest,   meine   Reise   mit   den   Riesen   durch   die  Wolken   wäre   nur   ein   böser  Traum  gewesen   Trotz  allem  meinte  ich,  dass  der  freundliche  Engel,  der  mich  vor  diesen   Riesen   rettete,   meinen   Schlafanzug   oder   mein

  Nachthemd   im   Nu   wieder  getrocknet hätte  Denn  in den  Träumen und  Phantasien  eines Kindes  ist  nun ein mal  nichts unmöglich

Damals,   als   kleines   Mädchen,   fragte   ich   mich,   warum   gerade   ich   diese  abscheulichen   Träume   haben   und   diese   Todesängste  ausstehen   musste   Dennoch  wagte ich nie, meiner  Familie davon zu erzählen  und sie zu fragen,  warum es so war   Und   so   behielt   ich   all   meine   Fragen   für   mich   und   wunderte   und   ängstigte   mich  weiter   

Zwölf Jahre lang lebte ich bei  meiner Familie im Haus mit dem  Garten

drumherum,  in den  ich  als drei  Stunden  altes Mädchen  gefallen  war  Dann beschloss  mein Vater,  mich  in  ein  Internat  in  der  Nähe  von  Frankfurt  am  Main  zu  geben   Er  wollte  mich  angeblich vor meiner psychisch kranken Mutter  schützen, die durch ein schreckliches   Ereignis  an Verfolgungswahn litt  Allerdings war  mir  zu  diesem  Zeitpunkt  bewusst,   dass   der   wahre   Grund   ein  Anderer   sein   musste   Meine   Mutter   litt   zwar   stark   an  Verfolgungswahn  Dies  entsprach  der  Wahrheit  Aber  dieses  Leiden  war  keinesfalls  so schlimm,  dass mein Vater uns Kinder, beziehungsw eise Steff

und  mich, vor  ihr in   Sicherheit bringen musste

Seltsamerweise  kam  Steff einige  Tage, nachdem  ich  ins  Internat  gezogen  war, auf   eine weiterführende Schule, die  siebzig Kilometer von unserem Zuhause  entfernt lag   Von dieser Zeit an wohnte sie bei Bekannten meines  Vaters und kam ebenfalls nur an  den Wochenenden zu unseren Eltern nach Hause  Ganz genauso wie ich

 Nachdem  ich  im  Internat  eingezogen  war, hörten  meine  Alpträume  plötzlich  auf   Überaus   glücklich   und   zufrieden   schlief   ich   die   Nächte   ohne   grausige

 Unterbrechungen  durch  Und  mi t  der  Z eit  war  mir  gl asklar,  dass  mein  Vater  von  meinen   nächtlichen   und   unfreiwilligen  Ausflügen   etwas   wissen   musste   Denn   er  erkundigte sich, nachdem er mich in dieses Internat gegeben hatte, auffallend oft nach  meinem Wohlbefinden und meiner  Nachtruhe  Und  es schien  ihn sehr  zu erleichtern,   wenn ich  seine immer  wiederkehrende Frage  jedes Mal  mit einem  klaren, deutlichen  ›Ja‹ und ›Mir geht  es gut, Papa‹  beantwortete  Woher er von meinen Alpträumen und   den Riesen wusste, konnte ich mir nicht erklären   

Dafür  fiel  mir  in  dieser  Einrichtung,

 die  extra  für  körperlich  behi nderte  Schüler  errichtet  worden  war, zum  ersten  Mal  auf,  dass  ich  ›anders‹  sein  musste  Und  dies   nicht wegen meiner starken Körperbehinderung,  mit der ich geboren worden war  und  mit der  ich in  diesem Internat  in keiner  weise auffiel  Denn   hier  hatte jeder  Schüler  ein stärkeres,  körperliches  Handicap  Nein,  irgendetwas  hatte ich  an  mir, was  meine  Mitmenschen mächtig störte  und ihnen ein  wenig Angst machte  Gleichzeitig jedoch,   und   das   war   das   Merkwürdigste,   schien   es,   als   ob   sich   die   Meisten   meiner  Mitmenschen  bei  mir  sicher  und  verstanden  fühlten

  Denn  jedes  Mal,  wenn  sie  in  meine Augen  schauten,  glaubte  ich,  dass  beinahe  jede  Hemmung  von  ihnen  abfiele   und  sie  mir  Sachen  erzählen  konnten,  die  sie  sonst  niemandem  anvertrauten   Selbst  meine  Lehrer  konnte  ich  mit  mein em  Blick  hypnotisieren,  sodass  sie  mir  bessere   Noten   gaben   und   ich   einen   besseren   Schulabschluss   schaffte   (Wofür  ich   mich  übrigens äußerst schäme!!!!)  

Auch  meine  Schwestern  plauderten  manchmal  munter  drauflos   Schienen  sie  sich  ansonsten doch vor mir zu fürchten   

Acht  Jahre  lang  blieb  ich  in  diesem

 Internat  nahe  Frankfurt  und  fühlte  mich  dort  unglücklich  Ich  war viel  zu weit  von meiner  Familie entfernt,  an der  ich al s kleines   Mädchen unwahrscheinlich hing  Und selbst  wenn ich die entsetzlichen Träume nicht   mehr hatte, so wäre  ich doch viel lieber  zu Hause gewesen  Das  Internatsgebäude lag   in   einer  Art   Park   mit   vielen   hohen,   alten     Bäumen   und   sehr   viel   Grünflächen  drumherum,  auf  denen  im  Sommer  gegrillt  und  auf  Wolldecken kräftig  gefaulenzt   wurde  Sogar ein Gehege mit Kaninchen, Meerschweinchen  und Hamstern gab es auf   dem Internatsgelände, das und die

wir Schüler pflegen mussten  Die Tiere durften wir   im Herbst und Winter in unseren Zimmer beherbergen, damit sie nicht erfroren   

Im   Internatsgebäude   selber   gab   es   sechs   Etagen,   auf   denen   es   jeweils   drei  Wohngruppen gab  In  diesen  Wohngruppen wohnten bis  zu  zehn Schüler   Ich hasste   

es   anfangs,   mein   doch   recht   kleines   Zimmer   mit   noch   einem   Mädchen   teilen   zu  müssen  Und auch  wenn das  Zimmer zwanzig  Quadratmeter groß war,  so war  es mit  zwei   kleinen   Schreibtischen,   zwei   Einbaukleiderschränken   und   zwei   Betten   doch  reichlich klein und eng

 Aufgrund Platzmangels musste mein Rollstuhl jede Nacht auf  dem Flur  stehen,  damit Luisa,  meine  zu Fuß  gehende  Zimmerkameradin, nicht  über  meinen   Rollstuhl   stolperte,   wenn   sie   nachts   im   Dunkeln   und   schlaftrunken   zur  Toilette tapste   

Allerdings musste ich im Nachhinein gestehen, dass es mein absolutes Glück war, das  Zimmer mit  Luisa,  meiner gleichaltrigen  Klassenkameradin,  teilen zu  müssen   Denn  weil ich  nicht  mehr alleine  im  Zimmer schlief,  konnten  diese Riesen,  von  denen ich   fest glaubte,  sie wollten  mich  aus irgendeinem  Grunde töten,  nicht  so ohne  Weiteres  an mich herankommen

 Und auch wenn  unser Zimmer mit einem Balkon  ausgestattet  war,   über   den   in   lauen   Sommernächten   unsere   Mitschüler,  die   körperlich   kaum  eingeschränkt waren,  uns  unbemerkt besuchten,  so  war es  für  die Riesen  schwierig,  zu mir zu  gelangen  Zumal die  Lehrer des Nachts   abwechselnd Dienst taten  und alle   zwei Stunden  Kontrollgänge  durch die  Zimmer  machten  Auch t räumte ich  während  meiner gesamten restlichen Schulzeit  im Internat nur noch selten von den Riesen

Mein zweites großes Glück war es,  dass Luisa gar nicht körperlich behindert  war und  

sie  mich  somit  nachts  vor  diesen  schrecklichen  Ungeheuern  ein  wenig  beschützen  konnte  Allerdings teilten die Lehrer die Zimmer mit Absicht so ein, dass ein schwerst  körperbehinderter mit einem nicht so schweren  körperbehinderten Schüler zusammen  war  Denn  somit konnten  sich  diese beiden  Schüler  etwas ergänzen  und  gegenseitig  unterstützen  Und so vertrieb  Luisa die Riesen einige  Male  Allerdings erfuhr ich erst   ein   paar   Wochen  nach   dem   Ende   meiner   Schulzeit,   dass   die   Riesen  tatsächlich  versuchten, mich  nachts  zwei, drei  Mal  aus meinem  Zimmer  im Internat  zu  rauben   Zum

Glück glaubte meine Zimmergenossin jedes Mal, sie habe es nur geträumt, mich   aus   den   Händen   der   seltsamen   Riesen   gerettet   zu   haben   Und   so   stellte   sie   mir  niemals unangenehmen Fragen  Nur als  wir uns nach  unserer Internatszeit  schrieben,  berichtete  sie  mir  einmal  kurz,  diese  ziemlich  schrecklichen  Träume von  seltsamen   Riesen recht realistisch gehabt zu haben   

Zwar  war  Luisa  körperlich  nicht  beeinträchtigt,  doch  dafür  war  sie  eine  Waise und  lief aus  den Kinderheimen  fort, in  denen sie  immer und  immer wieder  untergebracht  worden   war   Aus   diesem   Grunde

  wurde   sie   schließlich   zu   uns   ins   Internat  aufgenommen   Und  bei  uns  fühlte  sie  sich  schließlich  so  wohl,  dass  sie  nicht  mehr  weglaufen   wollte   und  ruhiger  wurde  Warum  das   so  war,  ver mochte  sie   nicht   zu  sagen   Luisa   war   ein   unwahrscheinlich   liebes,   nettes,   einfühlsames   und   durchaus  hübsches   Mädchen   Sie   war   bereits   mit   zwölf   Jahren   recht   groß   gewachsen   und  schlank,   machte   sehr   viel   Sport,   war   im   Unterricht   fleißig   und   hatte   wache,  aufmerksame   grau-grüne  Augen  Auch   besaß   sie   ebenfalls   eine   sehr,   sehr   feine  Antenne

 Und  höchstwahrscheinlich  war ihre  "feine Antenne"  der  ausschlaggebende

Grund, weshalb  wir uns  trotz meines  anfänglichem  Unmuts, mir  mit ihr  ein Zimmer   teilen zu müssen, richtig schnell und gut anfreundeten

Während  ich  älter  wurde,  begann  ich  meine  Umwelt  bewusster  wahrzunehmen   Ich  fing  an,  meine  Mitmenschen  genauer  wahrzunehmen   Dabei  fiel  mir  immer  stärker  auf, dass die  Menschen nicht herzhaft  und ehrlich lachen  konnten  Anfangs wunderte  ich mich  sehr  darüber, da  lachen doch  etwas  Wunderwunderschönes war  Erst  recht,

 wenn   es   vom   Herzen   und   von   ganz,   ganz   tief   unten   heraufkam   Später,   im  Erwachsenenalter, ergriff  mich  ein Art  Trauer und  noch  etwas  später  sogar  eine  Art  Bitterkeit  Warum  nur  konnten  die  Menschen,  j edenfalls  i n  vielen  L ändern  dieser   Erde,  nicht  herzhaft  und  ehrlich  lachen?  Ich  konnte  es  nicht  begreifen!  Aber  auch  wenn   das   Ernsthafte   meiner   Mitmenschen   mit   der   Zeit   auf   mich   überging,   so  versuchte  ich  trotz  allem,  mir  meinen  Humor  und  mein  herzhaftes  Lachen  stets  zu  bewahren  und  zu  lachen,  wann  immer  es  möglich  und  angebracht  war  Aber  leider  verlernte

auch ich nach vielen Jahren fast vollkommen mein fröhliches, ausgelassenes  Lachen  Und dieses erschreckte und stimmte mich gleichzeitig unendlich traurig

Allerdings  fiel  nicht  nur  mir  auf,  dass  es  in  der  Gesellschaft  der  Menschen  recht  humorlos   zuging,   sondern   auch  Andre   Denn   mein   langjähriger   Freund   liebte   es  ebenfalls,  sich  mitunter  kringelig  zu  lachen   Und  nachdem  wir  erfuhren,  nicht  von  dem  Planeten  Erde  zu  stammen  und  mit  zahlreichen  anderen  Hexen  und  Zauberern  Bekanntschaft gemacht  hatten, die  alle ganz  genau dasselbe  empfanden,

nannten  wir  die Menschen meist nur noch "Lebewesen ohne herzhaftes Lachen"   

Die Bezeichnung  ›Lebewesen  ohne herzhaftes  Lachen‹,  die wir  für  euch erfanden,   ist  übrigens nicht  böse  gemeint!  Wir Hexen  und  Zauberer  nennen  euch  nur  deshalb  so, weil es hier eben "ein klein wenig" an Humor und Fröhlichkeit mangelt    

Wir haben für alle Bewohner  jedes belebten Planeten  unsere eigenen und besonderen   Spitznamen  Und das ist nicht böse oder gehässig gemeint!  

Des Weiteren fiel mir nicht nur auf, dass meine Mitmenschen keinen  rechten Sinn für  Humor   und

  Fröhlichkeit   hatten,   sondern   ich   spürte,   dass   die   Meisten   ziemlich  unglücklich, traurig und einsam wirkten  Mir schien es  so, als würden die Leute mehr   oder   weniger   nur   nebeneinander   herleben   Somit   wünschte   ich   mir,  auf   der   Erde  irgendetwas verändern  zu  können  Kurz  dachte  ich darüber  nach,  ein Buch  über  das  Leben  zu  schreiben   Ich  wollte  meinen  Mit menschen  vor  Augen  führen,  dass  der  Mensch  ein  "Rudeltier"  war  und  es  brauchte  und  liebte,  in  einer  Gemeinschaft  zu  leben  Zudem  fiel  mir auf,  dass  selbst eine  Familie  meist nicht  in  der Lage  war, für   ihre   Angehörigen   zu

  sorgen   und   für   sie   da   zu   sein   Wenigstens  nicht   in   den  wohlhabenden   Ländern   Immer   wieder   wurden   die   Behinderten,  Alten,   körperlich  oder seelisch  Schwachen aus  den Familien  aussortiert, weggegeben  und grob  an den   Rand  der  Gesellschaft  gedrückt   Leider  war mir  bewusst,  dass di eses Verhalten, die   

nicht  ganz  »Gesunden«  aus  der  Mitte  der  Gesellschaft  auszusortieren,  in  der  Natur  des Menschen lag  Auch Tiere taten dies  Sie taten dieses, um selber  unbeschadet und  unbeschwert  über-   und  weiterleben   zu  können  Und

 wir   Menschen  sind   ja   nichts  Anderes,  als  hochentwickelte  Tiere! Allerdings  sortierten  Tiere ihre  schwachen  und  kranken Artgenossen nicht bewusst  aus der Mitte  ihrer Gesellschaft aus,  sondern nur,  weil   ihr   Instinkt   ihnen   dazu   riet  Aber   der   Mensch   konnte   bewusst   und   logisch  denken   und   wusste   demnach   genau,   was   er   tat   Zumindest   wussten   die   meisten  Menschen, was  sie taten  und konnten  es steuern   Immerhin war  ja so  Mancher sogar   felsenfest überzeugt  davon, GOTTES  Ebenbild zu  sein  Er  meinte, so  rein   und klug   wie   der   Schöpfer   zu   sein   Demnach

  konnte  man   es   den   Menschen   durchaus  begreiflich   machen,   dass   ihre   behinderten,   schwachen,   kranken   und   alten  Mitmenschen genauso  ein Recht  auf ein  normales und  erfülltes Leben  hatten wie  sie  selbst  Wenn sie  denn schon  so  dermaßen klug  waren   Und wir  Menschen,  die einer   Randgruppe  angehörten,  musst en  um  unser  normales  Leben  kä mpfen  und  durften  nicht   alles   so   hinnehmen,   wie   es   uns   unsere   nicht   behinderten   und   starken  Mitmenschen   gestatteten   Vor  allen   Dingen   mussten   wir   versuchen,   auf   diesen  Planeten  mehr

 menschliche  Wärme  zu  bringen  Das  war  mir  i m  fortgeschrittenen  Alter bewusst geworden

Allerdings  verwarf  ich  den  Gedanken,  ein  Buch  zu  schreiben,  recht  schnell   Um  etwas   Längeres   korrekt  zu  for mulieren,  konnte  i ch  mic h  i m  Schriftlichen  ei nfach  nicht gut genug ausdrücken   

Dennoch  dr ängte  es   mich   in   jüngeren  J ahren   schon   stetig  danach,  i n  di eser  Welt  irgendetwas  zu  verändern   Und  zwar  etwas  Großes  Aber  es  sollten  noch  Jahre  ins   Land ziehen,  ehe  ich von  meiner  eigentlichen Lebensaufgabe  erfuhr, die  ich  auf der   Erde zu erledigen hatte,

und tatsächlich etwas verändern musste   

  

     III  

Dann   kam   der   Herbst   des   Jahres   zweitausendundeins,   der   in   meinem   Leben   von  Grund  auf  alles  verändern  sollte   Ich  kann  mich  noch  lebhaft  zurückerinnern,  dass  dieser Tag, an dem wir uns zum ersten Mal begegneten, ein schon ziemlich kalter und  stürmischer Tag war

Bereits   nach   dem  allerersten   Blick,   mit   dem   ich   dich   damals   neugierig   musterte,  wusste   ich,   dass   du   der   Mensch   warst,   den

  ich   mein   Leben   lang   so   verzweifelt  gesucht   hatte  Anfangs   brachte   mich   diese   ›Gewissheit‹   durcheinander   Denn   ich  hatte   jahrelang   einen   festen   Partner   an   meiner   Seite,   mit   dem   ich   mich   überaus  

glücklich fühlte  Dennoch  hatte es  keinen  Sinn, mich  gegen  die Gefühle  für  dich zu   wehren   

In einem  sehr leisen  und ruhigen  Ton stelltest du  dich an  diesem Herbsttag  bei mir   vor und  erzähltest, du  seist der  neue Masseur  in der  Massagepraxis, in  der ich  schon  seit   längerer   Zeit   Patientin   war   Es   war   übrigens   sehr   amüsant,   mit

  ansehen   zu  können,   wie   du   das   Plastik   deines   Kugelschreibers   beinahe   verbogen   und   zum  Schmelzen gebracht hast “, zwinkerte ich meinem Mann breit grinsend zu

»An irgendetwas  musste ich  mich  doch festhalten  Ich  war aufgeregt,  weil  alles so   neu für mich  war  Denn ich hatte erst  seit knappen drei  Tagen bei Katja in der  Praxis  gearbeitet   und   noch   nie   eine   so   stark   körperlich   eingeschränkte   Person   wie   dich  behandelt   In  der  heutigen  Zeit  hätte  ich  direkt  mein  Handy  aus  der  Hosentasche  geholt, um damit wichtige Termine zu checken   

Es ist  schon komisch,  dass ich  mich nach  Beendigung meines  Studiums doch  noch  entschied, den  Beruf des  Masseurs zu  erlernen  Eigentlich  wollte ich  beruflich etwas   vollkommen Anderes machen  Nämlich technischer Zeichner  Aber plötzlich hat mich  die Anatomie  des Menschen  mächtig  interessiert  Mich  faszinierte  es, wie  man  dem  Menschen  durch  relativ  einfache,  äußerliche  Einflüsse  und  banal e  Handgriffe  von  seinen   Schmerzen   befreien   konnte,   ohne   ihm   gleich   irgendwelche   hochdosierten  Medikamente  zu  verabreichen   Daraufhin  beschloss  ich,  erstmal  mein  Studium  zu

 beenden, eine  Zeit lang  in meinem  Beruf zu  arbeiten und  dann eine Ausbildung  zum  Masseur zu  machen  Denn  als technischer  Zeichner konnte  ich immer  noch arbeiten   

Beziehungsweise   konnte   ich   mir   als   technischer   Zeichner   die   Ausbildung   zum  Masseur finanzieren “, warf Jonas etwas verlegend an seiner Lippe kauend ein

 »Dafür   habe   ich   ebenfalls   aufgeregt   und   mühevoll   bestätigt,   dass   ich   unter  permanent starken  Nacken- und  Rückenschmerzen leide,  sowie Katja  es dir  erzählte   Denn  jedes  Mal,  wenn  ich  fremden  Menschen  begegnete,  wurde  meine

 körperliche  Anspannung  so  stark,  dass  ich  sehr  große Schwier igkeiten  mit  dem  Sprechen  hatte   Doch  seltsamerweise  wich  meine Aufregung  dieses  Mal  recht  schnell  aus  meinem   Körper,  sodass  ich  dir  innerhalb  von  nur  vier  Wochen ganze  Geschichten  erzählen   konnte,  die  du  gut  verstandest  Anfangs  wusste  ich  nicht,  woran  dies  lag  Denn  die   meisten taten sich  schwer damit,  mich richtig zu  verstehen  Aber bald  verstandest du   jeden einzelnen Laut von mir  Selbst dann, wenn er noch so undeutlich war!

Häufig habe i ch mich gefragt,  ob ich  bei dir  ruhiger war oder  ob du

 Menschen, die   einer  Randgruppe  zugeordnet  waren,  nur  anders  gegenübertratest   Vielleicht  fühlte  ich mich aus diesem Grunde in deiner Gegenwart so wohl und sicher

»Tja,   aus   irgendeinem   unbekannten   Grunde   fühlte   ich   mich   vom   allerersten  Augenblick  an  von  dir  angezogen,  was  du  vermutlich  gespürt  hast«,  erklärte  Jonas  

nahm mein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und  küsste mich zärtlich auf den   Mund   

»Und  obwohl  es  zwischen  uns  ständig  irgendwelche  Reibereien  gab,  kamen  wir   beide mit der  Zeit immer besser  miteinander zurecht  Sag  mal,

wie ka m es eigentlich   dazu,  dass  ich  doch  deine  Patientin  geblieben  bin?  Denn  normalerweise  solltest  du  mich nur so lange behandeln,  bis deine Kollegin aus  dem Urlaub zurück war, oder?«,   fiel es mir erst jetzt wieder so richtig auf

»Ja,   ja,   das   stimmt   wohl  Aber   weil   ich   dich   als   eine   sympathische   und   eine  interessante  Patientin  empfand,  wollte  ich  dich  gerne  weiter  behandeln   Ich  wollte  gerne noch  etwas mehr  von dir  erfahren  Denn  auf irgendeine Art und  Weise hast du  mich fasziniert«, erklärte mein Mann mir an diesem Morgen mit leicht roten Wangen   

»Außerdem habe ich mich, wenn  ich nur in deine Augen schaute,  auf die seltsamste   Art und Weise sicher, geborgen und verstanden gefühlt   

Zugleich  bereitete mir  dies auch  ein ganz  klein wenig  Unbehagen, muss  ich ehr lich  gestehen  Ja, deine Augen schienen magisch zu sein  Doch als Hobbyzauberer wusste   oder weiß ich, dass es  Dinge auf dieser Welt gibt, die auf irgendeine Art magisch und   nicht logisch  zu erklären  sind, sodass  mir deine Augen  nicht unbehaglich  hätten sein   müssen  Aber trotz  meines Unbehagens  für deine  Person und  deine Augen  war mein   Wunsch   so   groß,   etwas   mehr   von   dir   zu

  erfahren,   dass   ich   mein   Unbehagen  weitestgehend ignorierte und dich als Patientin behielt «

»Tja,  und  obwohl  ich  bereits  nach  knappen  fünf  Monaten  wusste,  dass  ich  dich  wahnsinnig  mochte,  versuchte  ich,  meine  Gefühle Andre  zuzuwenden  Zumal  du  in  einer festen  Liebesbeziehung  standest, nicht  behindert  und zu  guter  Letzt auch  noch  gute   zehn   Jahre   jünger   als   ich   warst   Das   wäre   wahrhaftig   ein   einziger   Skandal  gewesen, mich in  dich zu verlieben «,  kam es mir  nun plötzlich etwas  beschämt über   die Lippen   

»Aber höchstwahrscheinlich hast du

ebenfalls etwas Magisches an dir, dass du mich   so in deinen Bann zogst«, grinste ich meinen Mann breit an   

»Denn eigentlich  hatte  ich geglaubt,  bereits  während meines  zehnten  Lebensjahres  den Mann, oder besser den Jungen, meines Lebens gefunden zu haben  Andre und ich  waren von  der vierten  Klasse an  gemeinsam zur  Schule gegangen  Also  als ich  noch  in München  zur Schule  ging und  bevor ich  ins Internat  nach Fr ankfurt kam   Für uns  beide  stand  bald  fest,  dass  wir  zusammengehören  und  auf  ewig  zusammenbleiben  werden  Aus  welchem  Grund  wir  voneinander  so  sehr  angezogen  wurden,  kann  ich

  nicht sagen  Wir wussten  nur, dass  wir zusammengehören  Wir mochten  uns so,  wie  wir waren  Auch kam er mit meiner starken Körperbehinderung super klar und  schien  

sie in keiner Weise störend zu finden  Denn er selbst hatte nur ein leichtes Hohlkreuz,   das ihn in seinem Tun aber nicht groß behinderte

»Moment  mal,  Zerlina,  aber  das  war j etzt  nicht  der  Mann,  den  du  hättest  heiraten  sollen, oder?«, unterbrach mein Mann mich plötzlich

»Doch, doch, Andre  war genau  der Mann,  dem ich  seit meiner  Geburt versprochen  war   und   mit   dem   ich   mein   komplettes   Leben   verbringen

  sollte   Und   die   ersten  vierunddreißig Jahre schien es  auch so, als ob  der Plan unserer Eltern  genau aufgehe   Denn   wir   hatten   uns   getroffen,   kamen   sehr   gut   miteinander   aus   und   führten   im  Erwachsenenalter für relativ lange Zeit eine Liebesbeziehung  Er war halt meine erste   und große Liebe«, sch wärmte ich ein  bisschen, woraufhin Jonas  mich etwas komisch   von der Seite ansah   

»Allerdings  war  es  von  unseren  leiblichen  Eltern  wohl  nicht  geplant,  dass Andre   und   ich   zwischendurch   sechs   Jahre   lang   getrennt   werden   Mit   ins   Internat   nach

 Frankfurt  konnte  er  nicht ,  da  er  sein  Abi  an  unserer  Schul e  in  Münch en  machen  wollte   Manchmal  frage  ich  mich,  was  wohl  geschehen  wäre,  wenn Andre  oder  ich   schon während  meiner Internatszeit  jemand Andres  kennen gelernt  hätten  I mmerhin  waren wir bis zum Beginn s eines Zivildienstes, den er extra  meinetwegen im Internat   absolviert  hat,  getr ennt  Und   das  war en  sechs  J ahre  gewe sen,  die  wir   nur  in  den  Schulferien  zusammen  sein  konnten  War  es  nicht  süß  von  Andre,  das s  er  seinen  Zivildienst nur meinetwegen kilometerweit weg von zu Hause

machte?«

»Ja, sicher doch! Aber warum hast  du nach dem Internat  so eine lange Zeit  allein in  einer betreuten Wohngruppe und er allein in einer Wohnung gelebt?«

»Hm, das  kann ich  dir  gar nicht  so direkt  beantworten   Denn wir  haben, kurz  nach  dem  ich  aus  dem  Schulinternat  ausgezogen  bin,  seltsamerweise  nicht  so  recht  über  das  Zusammenwohnen  gesprochen   Ich  meine,  wir  haben  uns  zwar  einmal  danach  erkundigt, ob  ich eine  Assistentin bekommen  könnte, für  den Fall,  dass wir  uns eine   gemeinsame  Wohnung  nehmen   Aber  sehr  viel  mehr  ist  nicht  passiert   Und  dabei

 habe  ich  mich  immer  so  danach  gesehnt,  Tag für  Tag  bei Andre  zu  sein «,  gab  ich   jetzt aufrichtig zu

»Na,  ist  ja  jetzt  auch  egal! «,  sprach  ich  etwas  verlegen  und  mit  l eicht  erhitzten  Wangen weiter, als ich Jonas' seltsam prüfenden Blick auf mir ruhen spürte   

»Andre   war   auf   jeden   Fall   der   Mann   gewesen,   den   sich   meine   Eltern   als   den  perfekten Ehemann für mich ausgesucht hatten “

„Dafür musste ich damals, als Patientin von dir, aber sehr schnell bemerken, dass du  genauso  ein   Dickschädel  bi st  wie   ich  Unzähli ge  Mal e  gerieten  wir  währ end  den

Massagestunden  recht  heftig  aneinander  Und  deine  Dickschädeligkeit  war  es  denn   wohl, die  mich  so sehr  anzog  Andre  war  die Sanft mut in  Person,  musst du  wissen   Mit ihm konnte ich  mich niemals richtig streiten,  da er ständig gleich  sanft einlenkte,   was mich  manchmal  zum Wahnsinn trieb  Aber mit  dir  war es  mir  endlich möglich,   ein rechtes Streitgespräch zu führen  Und dies genoss ich in vollen Zügen

„Die größte Auseinandersetzung hatten wir ja wegen meiner Fingeramputation “

»Nun,  das   war  auch   eine   schwachsinnige  Theorie,  da ss   sich  dei ne  starke   Spastik  verringert,

  wenn   einer   deiner   Finger   ab   ist   Ich   erzählte   dir   von   Implantaten   in  Frauenbrüsten,   um   dich   auf   andere   vollkommen   blödsinnige   und   überflüssige  Operationen aufmerksam  zu  machen  Dabei  weiß  ich wirklich  nicht,  ob wir  Männer  tatsächlich so  sehr auf  große Brüste  stehen, wie  ihr Frauen  immer glaubt   Ja gut,  ich  meine, es  gibt  natürlich Männer,  die auf  große  Brüste stehen  Das  ist Fakt  Aber ich   glaube, das sind  weitaus weniger, als  alle annehmen  Ich  mag zum  Beispiel viel, viel   lieber Kleinere  Ich  habe von  meiner  Ex-Freundin auch  nie  verlangt, ihre  Oberweite  künstlich

mehr werden zu lassen!«  

In   diesem   Moment   spürte   ich   wieder   einen   brennenden   Schmerz   in   meiner  Herzgegend   Genau   wie   damals,   als   Jonas   mir   davon   erzählte,   nie   von   seiner  Freundin verlangt zu haben, sich irgendein Zeug in die Brüste spritzen zu lassen   

»Verzweifelt   und   verlegen   habe   ich   damals   versucht,   meine   Eifersucht  niederzukämpfen, die so  unerwartet in  mir aufgestiegen war  Aber ich  glaube, das ist   mir nicht  allzu  gut gelungen,  oder?«,  fragte ich  meinen  Mann jetzt  ebenso  verlegen,  wie ich damals auch  war

»Nein, das kann  man nicht  gerade

behaupten«, kam  es trocken  und überaus prompt   aus  Jonas'  Mund,  »denn,  als  ich  dir  für  Sekunden  in  deine  sprechenden,  br aunen  Augen schaute, konnte  ich recht  deutlich die Eifersucht  darin erkennen   Ja, ich weiß,   es   mag   sich   jetzt   ganz   danach   anhören,   als   ob   ich   von   meiner   Person   mächtig  überzeugt wäre  Aber ich wus ste schon sehr  bald, dass du  mich magst und  auch so 'n   bisschen von mir schwärmtest, obwohl du mir mehrmals von Andre erzählt hattest «

Mit einem Lächeln küsste ich Jonas auf die Nasenspitze  Denn ich wusste, dass er in  Wirklichkeit  ein   unheimlich

  bescheidener   und   zurückhaltender   Mensch   war   Und  auch   er   durchlebte   in   seinem   Leben   ebenfalls   viele   und   durchaus   unangenehme  Dinge   Aber   gerade   aus   diesem   Grund   war   er   höchstwahrscheinlich   ein   so  liebenswerter und angenehmer Mensch  geworden, der von vielen  Menschen gemocht  wurde   Und  zum  allerersten  Mal  in  meinem  Leben  hatte  ich  das  grenzenlos  schöne  Gefühl, einen Menschen auf die ehrlichste Art und Weise durch und durch zu lieben   

Ja,  Jonas  hatte  in  mir  Gefühle  und  eine  Liebe  geweckt,  die  ich  noch  niemals  in  meinem   bisherigen   Leben

  für   einen   Menschen   empfand   und   die   ich   keineswegs

erklären  oder  benennen  konnte   Ich  liebte  ihn  einfach  pur  Und  seit  ich  ihn  kannte,  trug ich das nackte Glück in mir!  

›Ich   darf   diesem   Mann   niemals   mehr   begegnen,   wenn   dies   hier   nicht   in   einer  Katastrophe  enden  soll!‹,  schrie  ich  meinem  kleinen  Mausmann  Moritz  beinahe  ins  Gesicht,  als  ich  am  Abend  nach  meinem  Eifersüchtsanfall  in  meinem  Zimmer  der  Wohngruppe   für   behinderte   Menschen   hockte   In   diese   Wohngruppe   war   ich  unmittelbar   nach   meiner   Schul-

  und  Internatszeit   gezogen «,   erzählte   ich   meinem  Mann nun weiter   

›Na, da musst du dich  aber ganz gewaltig anstrengen‹,  erklärte mein Moritz mir  mit  Backen voll mit Apfel, ›denn du bist nahe daran, dich in diesen Mann zu verlieben ‹  

Plötzlich saß ich stocksteif in meinem Rollstuhl   

›Woher  weißt   du,   kleines,   zotteliges   Pelztier   denn,   wie   es   in   meinem   Herzen  aussieht?‹, wollte ich halb verärgert, halb erstaunt wissen   

›Du vergisst, dass ich  in die Herzen der  Menschen hineinschauen kann‹,

 entgegnete  mein kleiner Mausmann undeutlich  ›Besonders in deines!‹  

Fast  zu Tode  erschrocken  erkundigte  ich  mich bei  Moritz,  ob ich  nachts,  während  ich schlief, schon mal irgendetwas gemurmelt hätte

›Öfter‹, gab dieser erklärend zurück   

›So,  und  nun  lass'  mich  bitte  wieder  schlafen,  ja?“,  bat  meine  kleine  Maus  mich  herzlich

Verwirrt  und   mit   wild   klopfendem   Herzen   schaute   ich   meinem   kleinen,   süßen  Mausmann nach, wie er in seine m Häuschen verschwand und angestrengt  mit seinem  winzigen Hinterteil wackelte, als er versuchte, sich in seine Watte zu graben   

Innerhalb von zwei  Jahren hatte ich  fünf kleine Mäuse  gehabt  Aber erst bei  Moritz  bemerkte ich,  dass  ich die  Maussprache  verstand und  beherrschte   Zum Glück  hatte   ich in dieser  Wohngruppe für behinderte Menschen  ein Zimmer  für mich alleine  Ich  genoss es  in vollen  Zügen, in  meinem Zimmer  hoch oben  unter dem  Dach, von  dem  ich  einen  wunderschönen  Blick  über  die  halbe  Stadt  und  schräge  Wände  hatte,  das  tun zu  können,  wonach mir  gerade  zumute war   Somit konnte  ich  mir also  auch  ein  kleines Haustier  halten   Ich entschied  mich  für eine  kleine,  weiße Maus  mit  großen,  dunklen

Knopfaugen  Und  erst nach  Jahren  erfuhr ich,  dass  Moritz, mein  damaliges  Mausmännchen, und  später  auch Momo,  verstorbene  Verwandte von mir  waren   Sie  waren in  ihrem  nächsten, also  in  ihrem jetzigen  Leben,  als Tiere wiedergeboren  und   von meinen leiblichen  Eltern auf  den Blauen Planeten  geschickt worden,  um mir mit   

Rat  und  Tat zur  Seite  zu  stehen  und  mich  zu  beschützen  Momo  war  zum  Beispiel   meine  ein Jahr  ältere  Schwester  gewesen,  die  an ihrem  zehnten  Lebenstag ver starb   Und weil  ich ebenfalls  ein wirkliches  Zauberwesen bin,  konnte und  kann ich

 Moritz  und Momos Sprache verstehen

Als  ich  jedoch  zum  allerersten  Mal  die  Worte meines  Mausmännchens  verstand,   glaubte ich,  verrückt  geworden zu  sein   Denn zu  diesem  Zeitpunkt glaubte  ich  noch  fest,  ein  gewöhnli cher  Men sch  zu   sein  Pl ötzlich   und  unerwartet   verlangte  meine   Maus klar und deutlich nach frischem Wasser  Ich erinnere mich noch lebhaft, wie ich  damals   kreidebleich   neben   dem   Mäusekäfig   hockte   und   eine   von   meinen  Pflegerinnen  bat,  sie  möge  meiner  Maus  bitte  frisches Wasser  in  seine Trinkflasche   füllen

›Du siehst  aus, als  ob du  gerade ein

 Gespenst gesehen  hättest‹, sagte  die Pflegerin,   die  mich  an  diesem Abend  zu  Bett  brachte,  besorgt  zu  mir   Ich  aber  schüttelte  nur  stumm den Kopf und grinste vollkommen verwirrt   

Leider   war   es   mir   nicht   möglich,   jemandem   zu   erzählen,   mit   meinem   kleinen  Mausmännchen   sprechen   zu   können   Sofort   hätte   man   mich   in   die   Psychiatrie  gesteckt  Nur ein einziges Mal versuchte ich, es meiner besten Freundin aus München  zu erzählen  Als diese  mich  jedoch mit  großen Augen  erschrocken  ansah, wechselte   ich umgehend das Thema

Denn  auch  wenn  ich  Kira s chon

 beinahe  mein  Leben  lang  kannte,  so  war  ich  mir  dennoch  bewusst,  dass  sie  mich  für  schier  verrückt  halten  würde,  wenn  ich  ihr  von  meinen  Gesprächen  mit  Moritz  erzählte   Kira  und  ich  lernten  uns  im  Kindergarten  kennen   Und  wir  hatt en  manches  Mal  da s  ernsthafte  Gefühl,  Schwestern  zu  s ein   Auch  hielten  uns  viele  Leute  für  Schwestern   Denn  wir  hatten  beide  braune Augen   und  dunkle,  lange  Haare   Jedenfalls  trugen  wir  unsere  Haare  im  Kindesalter  und  in  unserer  Jugendzeit  lang   Auch  waren  wir  beide  von  der  Figur  her  recht  klein  und  zierlich   Selbst  von  der Art  her

 waren  wir  uns  sehr  ähnlich  Wir  trugen  eine  ganze  Menge Humor in  uns  Wir spielten  unseren Mitmenschen liebend  gerne Streiche  und  mochten für  unser  Leben gerne  Tiere  Ansonsten  waren wir  aber  eher ruhiger   Ganz  besonders im  Schulunterricht  hielten wir  uns  zurück und  sagten  kaum etwas  Leider  waren  wir  nur  relativ  kurz  auf  einer  Schule,  da  ich  mit  zwölf  Jahren  von  meinem  Vater ja auf  das  Internat  in Frank furt geschickt  wurde   Dennoch  behieltehhn  Kira  und  ich ständigen Kontakt zueinander

Ich  weiß  noch,  dass  die  letzten  Wochen und  Tage  des  Jahres

 zweitausendundeins  sehr  rasch  vergingen   Und  bald  feierten  wir  das  obligatorische  Weihnachtsfest und   den obligatorischen Jahreswechsel  Auch kann ich mich  noch gut erinnern, wie  ich in  der Silvesternacht  jenes  Jahres in  meinem  Bett lag,  hinaus  in die  Dunkelheit  blickte  und an meinen  verstorbenen Vater dachte, der vor  anderthalb Jahren  an Lungenkrebs   

gestorben  war  Denn  es  waren  im  soeben  zu  Ende  gegangenen  Jahr  so  viele  lustige  und  schöne  Dinge  passiert,  dass  nur  ein  guter  ›Geist‹  sie  geschehen  lassen  haben  konnte   

›Es  kann  nur  Papa  gewesen  sein,  der  all  diese  wunderschönen  Sachen

 geschehen  lassen hat‹, erklärte ich meinem Mausmännchen

›Ich  kann  und  möchte  dazu  nichts  sagen Wolfram wird  bald  kommen  und  es  dir   erklären‹,  erklärte  Moritz  plötzlich  vollkommen  unerwartet  bestimmt  und  kletterte  auf das Dach seines Häuschens, um mich besser sehen zu können   

›Soll das ein blöder Witz sein?‹, erkundigte ich mich etwas aufgebracht   

›Ich meine,  dass  du einen  seltsamen  Humor hast,  weiß  ich schon  länger, aber  dass  du so  einen  Blödsinn von  dir  gibst, ist  mir  neu  Und  wenn  du dich  schon  über mich   lustig machen musst,  weil ich  an solche Dinge  im

Leben glaube,  mach' es  bitte leise,  ja?!‹, fauchte ich weiter   

›Ich mache mich keineswegs lustig über dich!‹, gab Moritz erklärend zurück   ›Ich weiß nur einiges mehr als du ‹

Fassungslos drehte ich mich zu meinem Mausmann um   ›Wie meinst du das denn jetzt?‹, erkundigte ich mich etwas atemlos   ›Das wirst du noch früh genug erfahren  Schlaf jetzt! Gute Nacht!‹

Plötzlich   war   es   still   im   Zimmer   geworden   Nur   noch   vereinzelte  Feuerwerksraketen  waren  hier  und  da  von  der  Silvesternacht  zu  hören   Ich  drehte  mich auf meine Schlafseite und schlief ein   

Schon  seit   ich   ein   kleines   Kind  war,  träumte   ich   davon,  zaubern   zu   können   Ich  sehnte   mich   danach,   bestimmte   Dinge   herbeizaubern   oder   etwas   vertrackte  Situationen  im  Handumdrehen  verändern  zu  können   Und  je  älter  ich  wurde,  desto  deutlicher   wuchs   dieser   Wunsch  in   mir   Neidisch   und   bewundernd   hörte   ich   als  kleines Mädchen  die Märchen  an, die  mir meine  Lieblingsoma  aus München  abends  immer   vorlas   In   diesen   Geschichten   vollbrachten   Hexen   und   Zauberer   wahre  Heldentaten   und   wandten   alles   zum   Guten

  Obwohl   diese   Kreaturen   von   den  Menschen ständig als böse dargestellt  wurden  Seit ich klar denken  konnte, fragte ich   mich, aus  welchem Grunde  die Menschen  Hexen und  Zauberer für  etwas Schlechtes  hielten  Auch wunderte es  mich, dass  trotz allem so  viele Menschen  davon träumten,   zaubern oder  hexen  zu können  Denn  angeblich war  es  doch nichts  Gutes  und ginge  nicht mit rechten  Dingen zu  Wenn ich als kleines  Mädchen abends ni cht einschlafen   konnte,  malte  ich  mir  aus,  was  ich  alles  verändern  würde,  wenn  ich  Zauberkräfte  

hätte   Ich   nahm   mir   als   Allererstes   vor,   meine   Mutter

  von   ihrer   psychischen  Krankheit,   dem   Verfolgungswahn,  zu   befreien   und   sie   wieder   ganz   gesund   zu  machen   Danach   wollte   ich   zaubern,   dass   die   Menschen   dieser   Erde   besser  miteinander   zurechtkämen   und   ein   wenig   herzlicher,  mitfühlender   und   toleranter  würden  Natür lich  konnte  ich  diese  Situation,  wie  die Men schen  miteinander  lebten  und umgingen,  noch nicht  direkt benennen  Aber  diese Kälte  auf dieser Welt machte   mich wirklich immer trauriger  Niemand kümmerte  sich richtig um den Anderen  Die   bedingungslose Nächstenliebe,  von  der wir  alle  so

sehr  träumten  und die  wir  uns so   herbeisehnten,  fehlte  vollkommen   Jedenfalls  in  den  wohlhabenden  Ländern  dieser  Erde  Existierte  diese  bedingungslose Nächstenliebe  nicht  oder war  sie  nur komplett   verlorengegangen?   Denn   in   schlechteren   Zeiten   rückten   die   Menschen   schon  zusammen   

Doch  anstatt  aufeinander  zuzugehen,  versuchten  diejenigen,  die  sich  mächtiger  und  überlegener   fühlten,   ihre   Mitmenschen   zu   formen   und   zu   ihren   Ebenbildern   zu  machen  Viele, viele Jahre machte ich  dieses im Internat  selber mit durch  Ich meine,   es ist wichtig, manchmal seine alt

eingefahrene Ansicht und Meinung loszulassen und  sich  eines  Besseren  belehren  zu  lassen  Aber  leider  lassen  sich  die  Menschen  meist  von  einer Ansicht  überzeugen,  ohne  vorher  darüber  ernsthaft  nachgedacht  und  ihre   möglichen   Folgen   in   Betracht   gezogen   zu   haben   Und   dies   konnte   man   bei   den  ganzen Kriegen zur Genüge beobachten

In den ärmeren Ländern hingegen war der echte Zusammenhalt unter den Menschen   noch  vorhanden   Dieses  sollte  mir  in  späterer  Zeit  deutlich  werden  Außerdem  fiel   mir mit  der Zeit  immer mehr  auf, wie  sehr sich

 die  Menschen fürchteten  Die ganze   Erde  bestand  aus  blanker  Angst   Manchmal  glaubte  ich  sogar  zu  spüren,  wie  sehr  diese blaue  Kugel, auf der  wir lebten,  vor Furcht  zitterte  Doch  wovor die Men schen  solch   eine   große  Angst   hatten   oder   wer   sie   verbreitete,   konnte   ich   mit   meinem  kindlichen   Denken   nicht   erfassen   Ich   wusste   nur,   dass   hier   etwas   sehr   Furcht  einflößendes umging   Und mit  diesem „Etwas“  hätte ich  mich gerne  unterhalten und   es gefragt, warum es den Menschen solche Angst macht

Kurz   gesagt   träumte   ich   schon   als   Kind   davon,   diesen   Planeten

  ein   bisschen  ›wärmer‹ und ›verständnisvoller‹  zu zaubern  Warum ich dies vorhatte,  wusste ich zu   diesem Zeitpunkt nicht  Denn ich war  noch zu klein und naiv  Nichtsdestotrotz wollte  ich vor allen Dingen  diese Angst und diese Gewalt wegzaubern,  die die Menschen so   sehr  bedrückte  und  manchmal  von  Grund  auf  veränderte   Heute  wundere  ich  mich,  dass ich die Angst und die Arroganz meiner Mitmenschen schon al s kleines Mädchen  so  deutlich  spürte   War meine  Beobachtungsgabe  damals  bereits  so  weit  ausgereift,  dass ich die Dinge erfassen konnte, wie sie zu

sein schienen?

Auch  fragte  ich  mich,  warum  eini ge  Menschen  glaubten,  sie  seien  mächt ig  und   unbesiegbar   Aber   leider   konnte   mir   diese   Frage   niemand   beantworten   Und   ich  

konnte   nicht   zu   jedem   einzelnen   Menschen   dieser   Erde   hingehen,   ihn   fragen,  besänftigen und ihm seine Angst und seine übergroße Wut nehmen   

Jedoch wünschte ich  mir als  Kind auch schlichtere  Sachen herbeizaubern  zu können   Wie  zum   Beispiel   ein   Puppenhaus,   neue   Spielzeugautos,   neue  Anziehsachen   für  meinen Teddy oder mich aus diesem

scheußlichen Internat, in dem ich so unglücklich   war

›Es   wäre   doch   toll,   wenn   man   zaubern   oder   hexen   könnte,   nicht?!‹,   fragte   ich  manchmal   meine   beste   Freundin   aus   meinem   Heimatort,   wenn   wir   zusammen  spielten   

„Denn dann könnte man sein Leben so gestalten, wie man es gerne hätte ‹

›Hm, manche Menschen  können doch ein  ganz klein wenig  zaubern  Und vielleicht   ist das  „Zaubern“  ja nur  den  Menschen beschieden,  die  über das  Leben  einen etwas   besseren Überblick haben?‹, überlegte meine  Freundin, wenn ich meinen Tagträumen

 wieder nachhing   

›Denn   es   scheint   ja   wirklich   so   zu   sein,   dass   nur   Auserwählte   etwas  Ungewöhnliches können  Vielleicht müssen  wir  noch ein  klein  bisschen dazulernen,   bis wir mit den Zauberkünsten oder Sonstigem belohnt werden ‹  

Noch lange Zeit grübelte ich über die schlauen Worte meiner Freundin nach   

»Wieso, war  oder  ist  denn  deine  beste  Freundin  auch  eine  von  euch?«,  riss  Jonas   mich aus meinen Überlegungen   

»Du, ob  du's  mir glaubst  oder  nicht, aber  bis  zum heutigen  Tag weiß  ich  es nicht   Sie hat sich mir  nie offenbart

 Und das, obwohl  wir die allerbesten Freundi nnen sind   Sie  sagte  auch  nichts,  als  sie  durch  einen  Zufall  mitbekommen  hat,  dass  ich  eine  echte Hexe bin  Komischerweise hat sie äußerst entspannt reagiert, als sie erfuhr, dass  ich  von  einem  anderen  Planeten  komme  Aber  ehrlich  gesagt,  sollen  wir  uns  den   Erdbewohnern  nicht  zu  erkennen  geben«,  gab  ich  kleinlaut  und  schuldbewusst  von  mir   

»Nun,  deinem  eigenen  Ehemann  oder  deiner  allerbesten  Freundin  wirst  du  doch  erzählen dürfen,  woher  du  kommst und  wer  du bist,  oder  etwa nicht?  Denn  für den   Fall, dass eine

Hexe oder ein Zauberer ein Kind mit  einem Erdenbewohner bekommt,  würde sich die  Ehefrau oder  der Ehemann  doch zu Tode erschrecken,  wenn ihr Kind   etwas zustande brächte,  was sie  sich nicht erkl ären können  Sie  würden denken,  dass  mit ihrem Kleinen oder mit ihnen selbst irgendwas nicht stimmt «

» Hm, du vergisst nur, Brummelbär, dass es strengstens  verboten ist, sich mit  einem  

Bewohner des Planeten Erde  zusammenzutun, ihn zu heiraten  und mit ihm Kinder  zu  bekommen   Von daher   kommen  wir  nor malerweise  nicht   in  di e  Verlegenheit, uns

  unserem Lebenspartner offenbaren zu  müssen  Und unseren  besten Freundinnen oder   unseren besten  Freunden, die  wir auf  dem Blauen  Planeten gewinnen,  müssen wir  ja  nicht unbedingt auf die  Nase binden, dass wir  niemand von ihnen  sind  Ich meine, ab   und an  kommt  es  natürlich  vor,  dass  sich  irgendeiner verplappert  Aber dann  haben   wir notfalls die Möglichkeit,  unsere Freunde vergessen zu  machen  Allerdings dürfen  wir dieses  nur  im äußersten  Notfall  tun  Denn  es  ist nicht  gestattet,  in den  Gehirnen   Anderer   herum   zu   zaubern   Wir  sind   keine   Hobbyzauberer,  sondern

  die  wahren   Geschöpfe, die manchmal  Unerklärliches zustande  bringen “ lächelte  ich verschmitzt  und  zwickte  meinem  Mann  in  seinen  mit  chinesischen  Schriftzeichen  tätowierten,  rechten Unterarm «

»Ich sehe,  ihr  habt genauso  bekloppte  Bestimmungen wie  wir  hier!«, seufzte  mein  Mann und streckte sich   

„Bist   du   von   deinen   Leuten   nun   verstoßen   worden,   weil   du   einen   normalen  Menschen   geheiratet   hast?   Das   war   nicht   meine  Absicht,   dass   es   soweit   kommt   Ehrlich!«

Erstaunt blickte ich  Jonas von der Seite  an  Während den  vergangenen Wochen,

die  wir zusammen waren, war er richtig sanftmütig geworden   Irgendwie war er gar nicht  mehr der Mensch, der mir mit erhobenem Zeigefinger ernsthafte Vorträge hielt

»Trotz   der   ständigen   Auseinandersetzungen   damals   im   Massageraum   wuchsen  meine  Gefühle  für  dich  von  Tag zu  Tag«,  erinnerte  ich  mich  weiter  und  kuschelte  mich noch etwas enger an Jonas heran   

»Von Termin zu Termin wünschte ich mir mehr, dir total tollen Menschen nahe sein  zu können   Und an  manchen Tagen war  dieses Bedürfnis,  mich an  dich zu  kuscheln,  deine Wärme, deine

Zärtlichkeiten und deinen  Körper zu spüren, so groß,  dass es mir  wehtat   Außerdem   wusste   ich,   dass   du   einer   der   zärtlichsten   und   liebevollsten  Menschen   bist!   Ich   meine,   nach   den   ganzen   groben   Pflegern,   die   mich   beinahe  tagtäglich  in  der  Wohngruppe  pflegten,  war  es  nicht  verwunderlich,  jemanden  als  besonders   sanft   zu   empfinden,   der   nicht   so   sehr   an   mir   zog   Dennoch   gab   mir  irgendetwas  Gewissheit,  dass  du  ein  ziemlich  zärtlicher  und  liebevoller  Mann  bist   Höchstwahrscheinlich lag  es  an der  Art, mit  der  du mich  von  meinem

Rollstuhl  aus   auf  die  Behandlungsbank  hobst  und  mit  der  du  mich  behandelt  hast   Und  nachdem  wir   uns   zu   unseren   Gefühlen   füreinander   bekannt   haben,   konnte   ich   mich   davon  überzeugen,  dass  du  tatsächlich  einer  der  liebevoll sten  und  zärtlichsten  Menschen   bist !“, lächelte ich meinen Ehemann von der Seite an

„Dennoch war  ich  mir im  Klaren, da ss ich  dich  niemals etwas  von  meinen wahren   Gefühlen wissen lassen durfte  Wenn ich dich als Kumpel behalten wollte, musste ich   meine  Gefühle  für  mich  allein  behalten

  Und  dies  bedeutete  auch,  dass  mir  nichts  anderes  übrig  bl ieb,  als  mi t  dei ner  Fr eundin  ebenfalls  i n  Kontakt  zu  t reten  Aber   komischerweise bekam ich  Mirja nur  ein einziges Mal  zu Gesicht  und sprach mit  ihr  keine zwei  Sätze  Vor allen Dingen  musste ich  dringend aus  dieser Stadt  wegziehen   Ich  durfte  mit  dir  keinen  so  engen  Kontakt  mehr  haben   Ich  musste  verschwinden   Und dies so schnell wie möglich! Allein schon wegen Andre «

Plötzlich vollkommen erschöpft  vom langen Erzählen  legte ich meinen  Kopf an die   Schulter  meines  Mannes   Ich  schloss  meine Augen  und  genoss  es

 in  vollen  Zügen,   ihm ungehindert nahe  sein zu  dürfen  Unwillkürlich  dachte ich  an Andres und meine   gewissermaßen   erzwungenen   Zuneigung   füreinander,  die   uns   gegen   Ende   unserer  Beziehung zu nicht mehr wohligen Berührungen trieb  Ich hatte es beinahe vergessen,  wie es war, jemanden mit  voller Wonne zu umarmen  Und dennoch  stand seit meiner   Geburt  fest,  dass  ich  mit  sechsunddreißig  Jahren  mit  Andre  in  den  Bund  der  Ehe  eintrete  Die Tatsache, dass die Hexen und Zauberer eine recht hohe Lebenserwartung  haben,   lässt   mich   schließen,   dass   dies   der   Grund   dafür   war,   erst

  in   einem   so  fortgeschrittenen   Alter   zu   heiraten   Ich   kann   es   mir   nur   mit   der   hohen  Lebenserwartung der  Hexen und  Zauberer erklären   Ja, meine  Lebensgeschichte war   schon seltsam und kaum zu  glauben  Und aus diesem  Grunde ermunterte Jonas mich,   nachdem  er  sie  bis  zum  Ende  gehört  hatte,  sie  aufzuschreiben  und  sie  als  kleines  Taschenbuch  zu   veröffentlichen   Und   nach   einigen  Anlaufversuchen   und   mithilfe  etlicher   Leute   schaffte   ich   es   nach   einiger   Zeit   tatsächlich,   dieses   Buch   hier   zu  schreiben und zu veröffentlichen


  IV  

Als  ich  an  diesem  Morgen,  an  dem  ich  Jonas  meine  komplette  Lebensgeschichte  zum allerersten komplett Mal  erzählte, an seiner Schulter  wieder genug Kraft getankt   hatte, erinnerte  ich  ihn daran,  wie  ich ihm  an  einem Maitag  vor  anderthalb erzählte,   dass   ich   in   München   eine   behindertengerechte   Wohnung  mit   einer   täglichen   24-

Stunden-Betreuung gefunden hätte

 

Da  Andre  mindestens  noch  ei n  weiteres  Jahre  lang  an  der  Universität  Fr ankfurt  studieren

  musste,   ich   aber   schnellstmöglich   wieder   in   die   Nähe   meiner   Familie  wollte,  hatten  wir  beschlossen,  dass  ich  erstmal  allein  nach  München  ziehe   Denn  weil ich wieder  in meine  alte Heimat zur ückziehen wollten,  hatte ich dort  nach einer   geeigneten  Wohnung für  mich  gesucht  Nach  meinem  Schulabgang  war  ich  wegen  

Andre noch  in Frankfurt  geblieben  Es  war zu m Vorteil, dass ich  keinen bestimmten   Beruf  erlernt  hatte,  sondern  in  einer  Werkstatt für  behinderte  Menschen  tätig  war   Denn   so   konnte   ich   ohne   größere   Schwierigkeiten   meine

  Tätigkeit   in   Frankfurt  kündigen und nach München ziehen   

›Schön!  Und  wann  gehst  du  weg?‹,  erkundigtest  du  dich  an  diesem  Maitag  kurz  angebunden bei mir

Daraufhin  antwortete  ich  dir,  dass  ich  hoffte,  bereits  im  Juli  oder  August  diesen  Jahres umziehen zu können   

Als ich an diesem Tag im Mai für Sekunden in deine wunderschönen Augen blicken  konnte,  sah  ich  so  etwas  wie  Entsetzen  oder  Trauer darin  Erschrocken  wandte  ich   meinen Blick abrupt ab und schaute irritiert zu Boden  Denn  ich wusste absolut nicht,   ob es ein purer

Wunschtraum oder Wirklichkeit war, was ich soeben  in deinen Augen  gesehen hatte

Mit etwas  heiserer  Stimme  sagtest du,  dass  es dich  für  mich freue,  nach  so langer   Zeit wieder  in  die alte  Heimat  zurückkehren zu  können  Aber  im  nächsten Atemzug  erklärtest   du   mir,  dass   ich   dich   zwischen   all   den   Idioten,   die   hier   in   Frankfurt  herumliefen,  doch  nicht  al lein  la ssen  könne  Und  di es  al les  erklärtest  du  mir  mit   einem Gesicht,  das sich  nicht so  recht entscheiden  konnte, ob  es lachen  oder weinen   sollte   

›Übernächste Woche gucke ich mir diese

 behindertengerechte Wohnung erst einmal  an  und  spreche  mit  dem  Pflegedienst,  der  sich  vierundzwanzig  Stunden  am  Tag in   diesem Mehrfamilienhaus  aufhält, das  extra für  Menschen mit  Behinderung errichtet   worden ist  Denn dann  habe ich so  was Ähnliches wie  ein Vorstellungsgespräch dort   Bin schon richtig gespannt‹, erzählte ich dir ganz schnell und glücklich weiter   

Andererseits war mir klar, dass es für mich eine große Umstellung sein würde, nicht   mehr  mit  acht  anderen  Leuten  in  einer  Wohngruppe zu  leben  und  mit  ihnen  alles   gemeinsam zu  machen, wie  ich es  bisher gewohnt

 war  Sondern zum  allerersten Mal   in meinem Leben für  mich allein sorgen und allein  entscheiden zu müssen  Auch war   ich seit einigen Monaten das erste Mal wieder so viele Kilometer von Andre entfernt   

›Na, und dieser Pflegedienst  in diesem Mehrfamilienhaus kümmert  sich den ganzen   Tag  um  dich?‹,  hast  du  di ch  halb  neugi erig,  hal b  besorgt  an  diesem  Tag  bei  mir   erkundigt   

›Denn du bist ja vollständig auf fremde Hilfe angewiesen ‹

›Ja,   das   stimmt‹,   entgegnete   ich,   ›aber   tagsüber   werde   ich   von  Assistentinnen   betreut,  die  bei  diesem  Pflegedienst  angestellt  sind

  Na,  und  nachts  ist  im  Notfall  dieser   Pflegedienst   mit   seinem   ausgebildeten   Pflegepersonal   selbst   über   eine  

Klingelanlage erreichbar   

›Ah  ja,  und  von  diesen  Assistentinnen  wirst  du  demnach  den  lieben  langen  Tag  verwöhnt?‹, fragtest du leicht grinsend

›Ja‹, antwortete ich und lächelte zurück

Kannst du dich an diesen Tag noch erinnern?«, fragte ich Jonas Und ebenfalls lächelnd nickte er

»Und so  fuhr  ich an  einem  Morgen Mitte  Mai  nach München  los  und stellte  mich   am Nachmittag in diesem Mehrfamilienhaus für Menschen mit

Behinderung vor  Und  gute drei Monate später zog ich dort ein   

 

„Eine Woche, bevor ich nach München zog, ergriff mich eine Art Furcht  Abend für   Abend  lag  ich   in  meine m  Bett   und  wusste  nicht  so  r echt,   ob  ich   mich  über  den   Umzug freuen oder ob  ich Angst vor ihm haben  sollte  Eigentlich hätte  ich völlig aus   dem Häuschen  sein müssen  War es doch  schon seit  meinem achtzehnten  Lebensjahr  mein größter Wunsch, in eine nor male Wohnung zu ziehen und ein richtiges  Zuhause  und ein eigenständiges Leben zu haben   

›Am ersten Juni  ziehe ich  nach

München‹, erzählte  ich, als  ich einen Tag nach dem   Bescheid,  demnächst  in  meine  alte  Heimat  zurückkehren  zu  können,  wieder  zu  dir  zur Massage kam  An de m kurzen Zurückzucken  deiner Hand, die  gerade auf meiner   schmerzenden  Schulter  lag,  konnte  ich  erkennen,  dass  dir  diese  Nachricht  ebenfalls  nicht so sehr zu gefallen schien

›Schön‹,  brachtest  du  et was  gepresst  über  die  Lippen   ›Und  wann  fängst  du  an,   deine   ganzen   Klamotten   zu   packen?‹,   fragtest   du   mich   in   gespielt   heiterem   Ton  weiter   

›Wohl Ende  nächster Woche‹,

 antwortete  ich  knapp und  spürte,  wie  es  in  meinem  Magen vor Aufregung kribbelte «

»Ja, das stimmt, für  mich kam diese Nachricht  überraschend  Denn ich mocht e dich  als Patientin, aber  auch als  Menschen und vielleicht  sogar schon  als Frau«, gab  mein  Mann nun offen und ehrlich zu

In diesem  Augenblick, in  dem ich  mit  meinem Ehemann  überglücklich  in unserem   wunderschönen Doppelbett saß, fragte ich  mich immer noch, wie ich  die letzten Tage  in   Frankfurt   verbrachte   Doch   ganz   besonders   dachte   ich   an   die   Geschehnisse   in  meiner allerletzten Nacht in meinem

WG-Zimmer   

Nachdem   Jonas   uns   ein   leckeres   Frühstück   zubereitet   hatte,   erzählte   ich   meine  Geschichte weiter

»Mein Vater erschien mir nämlich in meiner letzten Nacht in Frankfurt  Moritz hatte  mehrmals   angedeutet,   dass   mein   verstorbener  Vater   zu   mir   käme,   um   mir   etwas  Wichtiges mitzuteilen «, erzählte ich nach dem wir gegessen hatten weiter

»Plötzlich   hockte   Wolfram   auf   meiner   Ablagefläche   in   meinem   Wohn-   und  Schlafzimmer   in   der   Wohngruppe   Benommen   vom   tiefen,   aber   sehr   unruhigen

 Schlaf,  in  den  ich  ungefähr  zwei  Stunden  zuvor  gefallen  war, sah  ich  meinen  Vater  gegenüber meines Bettes sitzen

›Du bist  schon als  kleines Kind  nicht gerne  geweckt worden‹,  erinnerte mein  Vater  sich mit einem Lächeln im Gesicht

Erschrocken fuhr  ich hoch  und setzte  mich im  Bett ein  wenig auf   ›Papa?‹, rief  ich  verwirrt, jedoch  auch  sehr erfreut  aus   ›Was machst du  denn  hier? Du  bist  doch seit   knapp zwei Jahren tot  Ich war persönlich auf deiner Beisetzung ‹  

›Ja, mein kleines Töchterchen, das ist wohl wahr!‹, antwortete er mir   

›Aber ich wollte  dir noch  erklären, woher du  kommst und  warum du hier  auf diesem   Planeten  bist  und  welche  Aufgabe  du  in  deinem  jetzigen  Leben  zu  erledigen  hast,  bevor ich gänzlich von dieser Welt verschwinde ‹

›Papa,  was  redest  du  da  um  Himmels  willen  für  einen  Quatsch?‹,  erkundigte  ich  mich mit gerunzelter Stirn  bei meinem Vater  ›Natürlich weiß ich, woher ich komme   Denn  so  n  bisschen  habe  ich  in  Biologie  und  im  Sexualkundeunterricht  nun  doch  aufgepasst   Im   Halbdunkeln   meines   Zimmers   konnte   ich   bemerken,   wie   verlegen  mein Vater

bei diesem Thema  wurde  Auch konnte  ich mit  Erstaunen erkennen,  dass  er   noch   so   frisch   aussah,   wie   zu   seiner   Lebzeit   Er   war   immer   noch   der   große,  kräftige Mann,  der seine  leicht angegrauten  Haare und  einen sehr  gepflegten, kurzen  Bart trug und  fröhlich, glänzende Augen  hatte  Auch klang seine  Stimme noch  frisch  und  deutlich   Zudem  konnte  ich  keinen Verwesungsgeruch bei  ihm  feststellen  Hm,   komisch, grübelte ich über dieses Phänomen nach

›Über die  Fortpflanzung des  Menschen, meine  Kleine, wollte  ich mit  dir jetzt  nicht  sprechen ", riss  Papa mich  aus  meinen Überlegungen

 "Sondern i ch bin   gekommen,  um   dir   von   deinen   leiblichen   Eltern   auszurichten,   aus   welchem   Grunde   sie   dich  damals   allein   ließen   und   auf   den   Planeten   Erde   schickten   Denn   du   bist   vor  vierunddreißig  Jahren und  drei  Wochen in  unseren  Garten  gefallen  Es  war  in  einer  heißen  Juninacht  des  Jahres  neunzehnhundertsiebzig   Und  ich  wurde  auf  dich  erst  aufmerksam,  nachdem  du  fast  das  ganze  Dorf  zusammen  geschrien  hattest   Da  ich  

mir  nicht  erklären  konnte,  woher  das  plötzliche  Babygeschrei  kam,  ging  ich  nach  draußen und

durchsuchte unseren  Garten  Nach ungefähr  zwei Minuten fand ich  dich  dann unter  einer  großen Tanne  in weiche  Tücher  und Decken  eingewickelt  Ich  hob  dich  hoch  und  nahm  dich  mit  in  unser  Haus   Und  weil  es  uns  nicht  möglich  war,  deine  leiblichen  Eltern  ausfindig  zu  machen,  behielten  wir  dich  in  unserer  Familie   Und da deine  Mutter später  immer mehr unter  ihrer psychischen  Krankheit zu  leiden  begann,   hielt   ich   es   für   das   Beste,   dich   von   ihr   wegzubringen   und   in   dieses  scheußliche Internat zu schicken,  so wie du es  immer nanntest  Und ich

 vermute fast,  du  hast  mir  dies  niemals  verziehen   Denn  du  hast  dich  in  dieser  Einrichtung  keine  einzige Sekunde wohlgefühlt, nicht wahr?‹

›Na ja, ich war  ziemlich weit weg  von euch, worunter ich  unheimlich gelitten habe   Aber nachher,  als Andre  seinen Zivildienst  in  diesem Internat  absolvierte,  fühlte ich   mich  doch  heimisch  dort«,  widersprach  ich  meinem  Vater, der  sich  inzwischen  auf  meine Bettkante gesetzt hatte   

„Und wegen Andre  bin ich  auch noch  in Frankfurt  geblieben, nachdem  ich von  der  Schule abgegangen war  Denn ich wusste, dass Andre nur in den

 Semesterferien nach  München   kommen   kann  und   wir   nur   zu   ganz  bestimmten   Zeiten   zusammen   sein  können   

›Ja, und dein  Freund kommt  ebenfalls vom Planeten  der Hexen  und Zauberer, ganz   genauso wie  du  E r wird  immer an  deiner  Seite sein  und mit  dir  alles durchstehen “,   erklärte mein Vater mir und deckte mich fürsorglich etwas höher zu   

Außerdem liebt  er  dich, sowie  du ihn  liebst, Z erlina  Und  er  wird dich  auf  Händen  durchs  Leben  tragen   Doch  bevor  dies  geschehen  kann,  musst  du  die  dir  auferlegte  Aufgabe  erledigen  und  ein  dazugehöriges

 Rätsel  lösen   Und  wenn  eure  Eltern  auf  dem Planeten  der  Hexen und  Zauberer  sehen, dass  du  den Menschen  hier  auf Erden   mit   viel   Eifer   und   Zielstrebigkeit   behilflich   bist,   wird   zur   Belohnung   deine   und  Andres Hochzeit gehalten  Und  vielleicht besteht für  Andre und dich später sogar  die  Möglichkeit, zu  euren  leiblichen  Familien  zu reisen  Aber das  weiß  ich nicht  Denn   zu   dieser   Sache   hat   mir   niemand   etwas   erzählt   Allerdings   kann   ich   mir   gut  vorstellen,   dass  eur e  Fa milien  euch  zu  sich   holen,  wenn  sie   sehen,   dass   ihr  eur e  Lebensaufgaben ernst nehmt und

gewissenhaft zu erledigen versucht  Denn Andre hat  ebenfalls eine bestimmte Aufgabe zugeteilt bekommen ‹

Erschrocken versuchte ich mich noch  weiter im Bett aufzusetzen,  um meinem Vater  besser ins Gesicht blicken zu können

›Papa,  möchtest  du  etwa  sagen,  dass  ich  und Andre  von  einem  anderen  Planeten   kommen   und   ich   gar   nicht   deine   leibliche   Tochter  bin?‹,   fragte   ich   fassungslos,  aufgeregt und gleichzeitig auch ein wenig traurig

›Ja,  genau  das  möchte  ich  dir  sagen   Ich  erfuhr  von  deiner  Herkunft

 schon  bald,  nachdem  du  in  unserer  Familie  angekommen  warst   Eines  Nachts  suchte  mich  dein  leiblicher  Vater auf  und  erzählte  mir  die  ganze  Geschichte   Zum  Glück  bekam  von  diesem   nächtlichen   Besuch   niemand  Anderes   etwas   mit   Und   so   konntest   du   ein  weitestgehend unbeschwertes Leben in unserer Familie führen ‹

Mit   weit   aufgerissenen  Augen   sah   ich   meinen   Vater  an   Diese   Geschichte   war  unglaublich   Sicherlich   träumte   ich   dies   hier   alles   nur   und   würde   jeden   Moment  aufwachen  Aber nichts dergleichen geschah   

Aha,  und weil  ich  ein  wirkliches  Zauberwesen  bin,  kann ich  so  perfekt  verstehen,  was mein Mausmännchen  sagt und mich  mit ihm unterhalten,  schoss es mir  plötzlich  durch den  Kopf   Unwillkürlich huschte  ein  kleines Lächel n über  meine  Lippen  Als  mein  Vater und  ich  einen  Augenblick  lang  schweigend  in  meinem  Zimmer  saßen,   fragte ich etwas  skeptisch und zugleich  nervös: ›Und welche Aufgabe ist  das, die ich   in meinem jetzigen Leben erledigen muss, Papa? Und  du meinst wirklich, dass Andre  und ich  einmal  zu unseren  leiblichen  Familien  auf einen  komplett  anderen

Pl aneten  reisen  können?  Allerdings  hört  sich  das  alles  so  komisch  an   Das  kann  doch  alles  nicht wahr sein «

›Nun, das habe auch ich lange Zeit geglaubt  Aber da dein Vater mir mehrmals einen  Besuch  abstattete  und  dabei  Dinge  aus  meinem  Leben  erzählte,  die  stimmten,  sind  mir später  Zweifel  gekommen, ob  er  und die  ganze  Geschichte, die  er  mir erzählte,   bloß ein Traum waren   Zudem hat dein Vater mich, kurz nachde m ich gestorben  war,  mit  auf  seinen  Heimatplaneten  genommen   Den  Planeten  der  Hexen  und  Zauberer  gibt es also tatsächlich   

Aber nun  zu deiner  Frage, meine  Kleine  Deine Aufgabe  ist es,  die Menschen  dazu  zu  bewegen,  sich  ihren  Mitmenschen  zu  nähren,  mit  ihnen  umsichtiger  umzugehen  und   mehr   Verständnis,   Vertrauen   und   Mitgefühl   für   sie   aufzubringen   Und  gleichzeitig sollen  sie mehr  Respekt vor  dem Anderen zeigen  und alle  Menschen als   vollwertig  anerkennen   Wohl bemerkt  jeden  Menschen,  Zerlina!‹,  erklärte  Wolfram  mir und wiederholte den letzten Satz noch einmal recht deutlich   

Langsam spürte  ich,  wie ich  zu  schwitzen  begann  Wie  konnte ich  die  Lebewesen  dieser Erde dazu

bewegen, auf  einmal vollkommen anders zu denken?  Sich auf einen   Schlag ihrem Gegenüber anders zu  benehmen? Höchstwahrscheinlich war genau  dies  das   Rätsel  Auch   war   ich   mir   nicht   sicher,  ob   ich  Andre   zum   Ehemann   nehmen  wollte   Ja,  er  war  ohne  Zweifel  meine  ganz  große  Liebe  Aber  ob  ich  mein  ganzes   Leben mit ihm verbringen wollte, wusste ich nicht  Erst recht nicht, nachdem ich  dich  kennen gelernt hatte  Allerdings hatte ich mir  noch nie  rechte Gedanken gemacht,  ob  ich Andre  Schwelm  einmal  heiraten  wollte  Dennoch  war  ich  mir  hundertprozentig   dessen

  bewusst,   dass  Andre   einen   sehr,  sehr   liebevollen,   fürsorglichen   Ehemann  

abgeben würde  Ja,  er  würde mich  tatsächlich  auf  Händen durchs  Leben  tragen und   vor jedem beschützen  Und grenzenlos  beschützt zu werden,  wünschte ich  mir schon  von Kind auf  Auch drängte es mich, irgendwann einmal zu sehen, woher ich wirklich  kam und  wer  meine l eiblichen  Eltern waren  Selbst  wenn ich  es  in diese m Moment   noch nicht für möglich halten konnte, von einer  anderen Erde zu kommen und andere   Eltern  zu  haben,  als  die,  von  denen  ich  vierunddreißig  Jahre  lang  glaubte,

 dass  sie  meine leiblichen Eltern seien

›Dann erledige diese Aufgabe zur Zufriedenheit desjenigen, der dich dafür bestimmt  hat‹,  riss  mein  Vater mich  au s  meinen  Überlegungen,  ger ade  so,  als  ob  er  meine  Gedanken mitgelesen hätte

›Warte  mal,  Papa‹,  rief  ich,  als  ich  bemerkte,  dass  mein  Vater aufstehen  wollte,   ›weiß Andre  schon,  dass  er  kein  Mensch  des  blauen  Planeten  ist,  andere  Eltern  hat   und eine ganz bestimmte Aufgabe erledigen muss?‹

›Ja,  man  hat  auch  ihm  schon  erzählt,  dass  er  von  Erde  der  Hexen  und  Zauberer  kommt und den Menschen nahebringen soll, mit ihrer

Natur umsichtig umzugehen   

Aha‹, gab  ich  kurz  von  mir  und  spürte, das s  an  der  ganzen  Geschichte  irgendetwas  nicht stimmte  Ich wusste zwar, dass Andre ebenfalls an Hexen und Zauberer glaubte   Dennoch bezweifelte i ch ein  wenig, dass er  es so  ohne Weiteres hinnahm, nicht  vom  blauen   Planeten   zu   kommen  Andererseit s   hatte   er   erst   vor   kurzer   Zeit   zu   mir  gemeint,  er  würde  es  als  wahr  hinnehmen,  wenn  er  es  irgendwann  herausbekäme,  kein Mensch  dieser Erde  zu sein   Und je  älter er  wurde, desto  mehr flüchtete  er sich   in eine Fantasiewelt und liebte es, Fantasiefilme

und Fantasiebücher anzuschauen und  zu  lesen   Er  meinte,  dass  er, wenn  er  ein  richtiger  Zauberer  wäre,  den  ganzen  Tag  irgendetwas   herbeizaubern   würde,   das   das   Leben   noch   schöner   und   angenehmer  mache  Außerdem  malte  er  sich  aus,  die  »großen  Herren«  in  ihrem  Tun  zu  stoppen  und  ein  gerechteres  Leben  für  jeden  Menschen  zu  organisieren   Dennoch  war  ich  nicht   überzeugt, dass Andre  es glaubte,  mit einem  Schlag ein  waschechter Zauberer   zu sein, der nicht  vom blauen Planeten  kam  Und selbst ich,  die mein Leben  lang das  Gefühl   hatte,   dass   Hexen,

  Zauberer   und   einige   andere   Fabelwesen   nicht   nur   der  reinen Fantasie  des  Menschen entsprungen  sein  konnten, meinte  fest,  mich in  einem  merkwürdigen   Traum   zu   befinden   Ob   Andre   ebenfalls   in   der   Lage   ist,   sich  gedanklich mit Tieren zu unterhalten, fragte ich mich plötzlich

›Und warum  erfahre ich  dies alles  erst mit  über dreißig  Jahren?‹, fragte  ich meinen   Vater schnell  weiter,  als  mir  klar  wurde,  keine  weitere  und  genauere  Antwort  auf   meine Frage zu erhalten   

›Ich   meine,   ich   habe   doch   gar   nicht   mehr   so   viel   Zeit,   um

  die   mir   auferlegte  Lebensaufgabe  zufriedenstellend  erledigen  zu  können   Denn  vielleicht  habe  ich  nur  noch fünfzehn  bis  zwanzig Jahre  zu  leben  Und  in  dieser recht  kurzen  Zeit kann  ich

diese Welt unmöglich komplett auf den Kopf stellen‹, stammelte ich nervös weiter

›Nun,  du  sollst  nicht  gleich  die  ganze Welt  von  Grund  auf  verändern   Sondern  du  musst es  lediglich  schaffen, dass  die Menschen  enger  zusammenrücken, umsichtiger   und behutsamer  miteinander  umgehen  Mehr  wird  nicht von  dir  verlangt  Und  es  ist  reine Absicht, dass  ihr

 Zauberer und  Hexen  erst im  fortgeschrittenen Alter  mit eurer   wahren Identität  und  euren Lebensaufgabe  vertraut  gemacht wer det  Denn  wenn  ihr  jünger seid, habt  ihr noch viel  zu viele Flausen  im Kopf und könnt  eure Identität und   eure Lebensaufgabe nicht richtig  einschätzen und ernst neh men  Und auch bei  dir hat  deine Familie  länger überlegt  und sich  gefragt, wann  es an  der richtigen  Zeit ist,  um  dir  die  Wahrheit über  deine  wahre  Herkunft  und  deine  Aufgabe  hier  auf  Erden  zu  erzählen  Aber weil du  nun in  deine allererste eigene  Wohnung nach München ziehst   und von jetzt an deinen

Tagesablauf selbst gestalten kannst, dachten sie,  dass dies der   richtige   Zeitpunkt   ist,   dir   von   deinem   Hexenleben   und   der   dazugehörigen  Lebensaufgabe zu erzählen «

»Und wer  hat  dich beauftragt,  mir  von meinem  Hexendasein  zu erzählen?«,  fragte  ich noch verwirrter, als ich ohnehin war

»Dein  leiblicher  Vater«, entgegnete  Wolfram kurz  Denn  wie  ich  dir  vorhin  bereits   erklärt habe, erschien  er mir einige  Male, nachdem du  bei uns in  den Garten gefallen   warst, des nachts und bat mich, dich wie meine eigene Tochter großzuziehen  Vor drei  Wochen suchte er mich noch einmal

 auf und bat mich,  dir nun von  deinem Leben als   invalide Hexe und deiner dir auferlegten Lebensaufgabe zu erzählen

Selbstverständlich   versuchte   ich   in   dieser   Nacht   noch,   Wolfram  über   meinen  leiblichen Vater auszufragen  Doch  wich er  meinen direkten  Fragen aus  und erzählte  mir  nur,  dass  mein  Vater  und  der   Rest  mei ner  l eiblichen   Familie  mi ch  nie  al lein  gelassen hatten und bei ernsthafter Gefahr immer bei mir waren   

»Du   wirst   deine   Lebensaufgabe   schon   meistern!«,   unterbrach  Wolfram   plötzlich  seine  Erzählung   »Du  hast  noch  ein  wenig  Zeit  und  schon  so  Manches  in  deinem

 bisherigen  Leben  geschafft  Auch  wenn  du  es  nicht  bewusst  bemerkt  hast  Zudem   wandeln   noch   mehrere   Hexen   und   Zauberer   auf   dieser   Welt,   die   dieselbe  Lebensaufgabe wie du haben   Du stehst also nicht  allein mit dieser Aufgabe dar  Und   Andre  ja  eine  ganz  ähnliche  Lebensaufgabe  wie  du  Au s  diesem  Grunde  haben  es  eure  Eltern so  abgesprochen,  dass  ihr  euch hier  trefft  und zusa mmentut  Außerdem,  meine  Kleine,  kannst  du  ja  etwas  Bleibendes  hinterlassen   So  etwas  wie  ein  Buch  oder Ähnliches  Denn die Menschen, die  in ihrem Leben irgendeine sehr große Sache   vollbracht

 haben,  hielten  dies  stets  in  Büchern,  Bauten,  Musik  oder  Gedichten  fest,  die   all   die   Jahre   überdauerten   und   nie   in   Vergessenheit  gerieten   Denn   sie   sind  meistens  genial,  sodass  man  sich  an  diese  Ereignisse  immer  wieder  gerne  erinnert  und sie von Generation zu Generation weitergibt ‹

›Und   was   macht   den   Menschen   solche   Angst   und   versetzt   sie   zugleich   in  wahnsinnige   Wut,   Papa,   dass   sie   sich   zum   Beispiel   schon   allein   durch   die  verschiedenen   Religionen   ihrer   Mitmenschen   gestört   fühlen   und   sich   gegenseitig  umbringen?‹, fiel

mir es wieder ein und plauderte es ein wenig unbedacht aus   

Denn   wie   ich   es   in   meinen   letzten   Lebensjahren   immer   deutlicher   beobachten  konnte, waren  die Angst und  die maßlose Wut  gegenüber anderen  Personen, die  sich  über andere  stellten  und taten,  als  wüssten sie  wesentlich  mehr über  das  Leben  und  die Welt, das Allerwichtigste, was  man den  Menschen austreiben  musste  Und  schon  als junger  Mensch ahnte  ich, dass,  wenn man  diese beiden  Dinge aus  den Menschen  herausbekäme, man einen  ganz großen Teil des Friedens hergestellt  hätte  Zwar nicht   einen

 Teil  des  ewigen  Weltfriedens,  aber  doch  des  normalen  Friedens   Ich  wusste  auch nicht, ob man ein Stückchen des Weltfriedens so mir nichts, dir nichts herstellen   konnte  Denn die L ebewesen waren einfach  zu undurchschaubar und  in ihrem Wesen  zu ko mpliziert  Aber  wenn man  die  Wut und  die Angst  aus  ihnen  herausbekommen  könnte, wäre  man  schon einen  gewaltigen  Schritt weiter   Und vielleicht  wären  dann  die Uneinsichtigkeit, das Desinteresse für seine Mitmenschen  und die Eisesskälte, die  manchmal unter den Menschen herrschte, automatisch beseitigt  Denn wenn man sich   über seine Angst und

 Wut bewusst war, war  man vielleicht bereit,  die anderen  Dinge  zu hinterfragen und zu bekämpfen  Doch u m dies zu erreichen, durfte man sich  selbst  nicht so  sehr  in den  Mittelpunkt  stellen und  das  ganze Leben  nicht  so ernst  nehmen  und denken, man  hätte es am Allerschwersten  getroffen  Sondern man musste  für die   Probleme   des  Anderen   offen   sein,   ihm   richtig   zuhören   und   mit   ihm   mitfühlen   Dennoch   sollte   man   kein  Mitleid  empfinden   Denn   Mitleid   ist   meist   die   falsche,  etwas hilflose Form  des Mitgefühls und  wird von den Anderen im Allgemeinen nicht   richtig

verstanden   

Vor einiger  Zeit  fragte  mich  jemand,  warum  ich  mich  als  stark  körperbehinderter  Mensch so sehr dagegen sträube, bemitleidet zu werden  Denn im  Gegenzug hatte ich  solch ein großes Mitleid mit anderen Menschen, die beispielsweise in Afrika wohnten  und  Hunger  und  Durst  litten   Oder  ich  hatte  Mitleid  mit  Menschen,  die  unschöne  Dinge erfahren  mussten   Es dauerte  lange,  ehe ich  meinem  Gegenüber erklärt  hatte,  dass   ich   kein   wirkliches   Mitleid   mit   diesen   Leuten   empfand   Sondern   dass   ich  versuchte, mich in ihre  Lage hineinzuversetzen und wie  sie zu

fühlen  Außerdem gab   ich  mir  jede  Mühe,  meinem  Gesprächspartner  klarzumachen,  dass  ich,  oder  besser  gesagt wir behinderten Menschen, kein Mitleid brauchen, weil es uns im Allgemeinen  gut   ging Wenigstens   in   den   reichen   Ländern   dieser   Welt,   da   wir   jegliche  Unterstützung   bekamen   Allerdings   ist   dieses   eine   Ansichtssache!   Auch   gibt   es  Behinderungen,  die  sich  erst  in  späteren  Lebensjahren  einstellen,  nicht  sehr  gut  zu  ertragen sind oder gar mit dem Tode endeten  Diese Menschen litten natürlich!!!

Nun,  kurz  gesagt,  wir  mussten

 lernen,  uns  um  den  anderen  Menschen  zu  kümmern  und aufhören, uns  selbst zu bemitleiden  Denn das negative  Gefühl, das man  für sich   selbst empfand, war wirklich pures Mitleid  Aber wie ich dieses meinen Mitmenschen  nahebringen sollte, wusste ich in dieser Nacht nicht!

›Auch  das  wirst  du  irgendwann  feststellen   Da  bin  ich  mir  absolut  sicher,  meine  Kleine!‹, versuchte mein Vater mich zu ermutigen  Während er  mir liebevoll über die   Wange strich und mich sanft anlächelte

Dann erhob  er sich  von meiner  Bettkante, küsste  mich  noch einmal  auf den  Mund,  das  sich  komisch

 kühl  anfühlte,  und  ging,  ohne  ein  weiteres  Wort  zu  sagen,  zum  Fenster hinüber und verschwand zwischen den Vorhängen   

›Papa?‹, rief  ich  ihm nach  Aber er  war schon  auf  und davon  und  hörte mich  nicht  mehr  Tränen liefen  mir  über die  Wangen  ›Papa!‹,  rief ich  noch  einmal  Doch  dann  breitete sich  plötzlich  eine  wohlige Wärme  über  mich aus  und  wiegte mi ch sanft  in  den Schlaf   

   

 V  

Nach etwa  einer  Stunde wachte  ich  abermals von  einem  mir fremden  Geräusch  auf   Wieder völlig

schlaftrunken blickte  ich zu  meiner Ablagefläche  Dort saß  jetzt meine  verstorbene Großmutter  Klein und buckelig  hockte sie da  Ihre schneeweißen Haare,   die sie auch schon zu Lebzeiten hatte, standen ihr ungekämmt vom Kopf ab

 

›Mein Sohn,  also  dein Vater, vergaß, dir  noch etwas  zu  sagen‹, erklärte  die  Mutter  meines Vaters in einem leisen, heiseren Ton

›Du  musst  es  nicht  nur  schaffen, dass  die  Menschen  aneinander  näher  rücken  und  sie  gleichzeitig  aber  mehr  Respekt  voreinander  zeigen   Sondern  du  musst  es  auch

 schaffen,  richtig  zaubern  zu  lernen   Denn  einer  waschechten  Hexe  ist  es  möglich,  erwünschte   Dinge   oder   Situationen   im   Handumdrehen   herbeizuzaubern  Aber   das  weißt  du  bestimmt  aus  den  Fantasiegeschichten  der  Erdenbewohner  Jedoch  glaube   ich nicht,  dass du  es jemals  schaffst, die  Zauberei korrekt  zu erlernen   Du bist  ja bei   weitem nicht so ehrgeizig, wie alle  immer glauben  Du hast noch  nicht einmal deinen   Realschulabschluss   vernünftig   hinter   dich   bringen   können   Von  daher   sehe   ich  pechschwarz,   dass   du   deine   Lebensaufgabe   perfekt

  erledigst   Und   wenn   du   das  Zaubern   nicht   bis   ins   letzte   Detail   beherrschst,   ist   es   dir   unmöglich,   deine  Lebensaufgabe  zu  meistern  Aber    ohne  die  Erledigung  deiner  Lebensaufgabe  wirst   du Andre  niemals  heiraten  können  Denn  du  musst  den  Lebewesen  dieses  Planeten   

die  ›Erleuchtung‹  ins  Hirn  hineinzaubern   Oder  denkst  du  vielleicht,  sie  brauchen  dich   nur   zu   erblicken,   um   zu   wissen,   dass   sie   jeden   Menschen   als   vollwertiges  Mitglied der Gesellschaft zu behandeln haben und ihm mehr Wärme entgegenbringen   sollen? So

 dumm  und blauäugig  kannst  nicht einmal  du  sein  Deswegen  will  ich dir   eine   faire  Chance   geben  Wenn   du  dich   in   München   ein   wenig   eingewöhnt   hast,  werde  ich  in  eini gen  Nächten  der  Woche  zu  di r  ko mmen  und  versuchen,  dir  das   korrekte Zaubern beizubringen ‹  

›Ich   habe   noch   gar   nicht   gewusst,   dass   du   eine   Hexe   bist,   die   zaubern   kann‹,  erwiderte ich zaghaft, nachdem meine Großmutter mit ihrem »Vortrag« geendet hatte

›Sehr   lustig,   Zerlina!   Die   Ironie   in   deiner   Stimme   habe   ich   wohl   wahrnehmen  können  Das

musst du von Wolfram gelernt haben  Denn auch er konnte  oder kann so  sarkastisch sein  Aber wer, meine Gute, schätzt du, brachte deine leiblichen Eltern auf  die  Idee,  gerade  dich  auf  die  Erde  zu  schicken,  hm?  Ich!  Denn  du  schienst  mir  für  diese Aufgabe gerade wie geschnitzt zu sein   

„Ich  war  halt  der  Meinung,  du  könntest  und  solltest  dich  mit  für  die  behinderten,  kranken  und  alten  Menschen  auf  der  Erde  einsetzen   Denn  du  bist  nun  einmal  als  stark invalide Hexe geboren  Somit kannst du dich also gut  in die Lage der Menschen   hineinversetzen,  die  einer

 Randgruppe  angehör en  Nur  aus  diesem  Grunde  bi st  du  hierher   gekommen   Und   ich   hoffe,   du   fügst   dich   diesmal   deinem   Schicksal   und  erledigst  deine  dir  auferlegte Aufgabe  perfekt!‹,  setzte  Emma  im  heiteren  Ton nach   und warf sich ihr Halstuch gekonnt über die Schulter

›Großmutter,  aber   wieso   schalten   sich   Lebewesen,   die   eigentlich   gar   nichts   mit  diesem Planeten  zu  tun haben,  in  das Leben  und  Tun dieser  Menschen  ein?‹,  fragte  ich naiv und neugierig

›Hm, weil  es  in unserem  weiten  Weltall nur wenig  belebte  und

bewohnte  Planeten  gibt  Aus  diesem  Grunde sind  wir  auf jede  bewohnte  Erde stolz,  die  wir entdecken   Nun,  und  da  die  Lebewesen,  die  bewusst  und  logisch  denken  können,  den  Drang  haben, sich selbst und  ihre Umgebung zu  zerstören, machten wir es  uns zur Aufgabe,  jeden  bewohnten  Planeten,  den  wir  entdecken,  vor  seine m  sicheren  Untergang  zu  bewahren   Denn   je   mehr   belebte  Welten   es   in   unserem  Weltall   gibt,   desto   mehr  können wir voneinander lernen und uns er doch recht kurzes Dasein  durchdachter und  umsichtiger l eben   Und  schon  als  kleines  Mädchen  hast  du ri chtig be

merkt, da ss es   Menschen gibt, die der festen Meinung sind, etwas Besseres zu  sein und den Anderen  ein  Vorbild sein   zu  müssen   Nun,  in   der  Tierwelt  nennen  wir  e s  das  natürliche  Machtverhalten  Aber  aus  welchem  Grunde  die  klar  denkenden  Lebewesen  sich  so   sehr bekriegen, wissen  wir nicht  Was wir wissen, ist  nur, dass die Planetenbewohner   Hilfe von außerhalb benötigen ‹

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Hörbuch

Über den Autor

Annameyer
Hey ihr, ich bin 45 Jahre alt, von Geburt an starke Spastikerin und Rollstuhlfahrerin. Starke Spastikerin zu sein, bedeutet, meist keine korrekte Kontrolle über seine Arm- und Beinbewegungen zu haben. Auch sehr deutlich sprechen kann ich nicht.

Doch nichtsdestotrotz LIEBE ich mein Leben so, wie es ist, und genieße JEDFEN Tag in VOLLEN Zügen!!! :-)

Tja, und nun habe ich meine kleine Hexengeschichte noch einmal von Grund auf neu überarbeitet und neu veröffentlicht. Und FALLS jemand Lust drauf haben SOLLTE, mein Buch zu lesen, kann es hier tun.

Nun, ich halte das "große Miteinander der Menschen", das "Füreinanderdasein", das "Verständnis füreinander", das "sich-in-die-Lage-anderer-Personen-hineinversetzen-können" und das "Mitgefühl für seine Mitmenschen" schon für ein sehr wichtiges Thema. Denn diese Dinge fehlen in dieser Welt und in dieser Gesellschaft! Ganz besonders in den reicheren, wohlhabenderen und ziemlich sicheren Gebieten dieser Erde, in denen die Menschen halt aufgrund von genügend Geld, beinahe hundertprozentigem Komfort und beinahe hundertprozentiger Sicherheit vor Krieg, Hunger, Krankheit und Armut nicht so sehr aufeinander angewiesen sind. Und ich bilde mir ganz einfach ein, dass die Verzweifelungstaten der Menschen, wie zum Beispiel Amokläufe, Mord, Selbstmord usw., um EINIGES zurückgehen, wenn wir enger zusammenrücken, uns gegenseitig Wärme, Geborgenheit, Sicherheit, Aufmerksamkeit und Verständnis entgegenbringen und uns gegenseitig stützen und halten. Denn ohne uns sind wir einsam und alleine!

Na ja, ich hoffe, die Überarbeitung meiner kleinen Fantasiegeschichte ist mir nun auch wirklich ein kleines Bisschen gelungen.



Euch nun viel Spaß beim Lesen ;-)

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LogorRhoe Liebe Anna ein umfangreiches Buch, da es mir sehr schwer fällt mehr als 10-12 Seiten zu lesen (Aufmerksamkeitsprobleme hat so einen Modenamen), werde ich es in Häppchen konsumieren müssen.
da wäre es sehr schön, wenn dir es möglich ist, einzelne Kapitel in einzelne Büchlein zu packen und entsprechend zu kennzeichnen. denn ich denke dann bekommst du mehr Leser die sich mal an einzelne Kapitel ran wagen.

alles liebe.
detlef
Vor langer Zeit - Antworten
Annameyer Hallo lieber Detlef, vielen lieben Dank für dein Kommentar! :-)
Die einzelnen Kapitel sind durch Zahlen unterteilt. Das kann man hier bei Mystories.de komischerweise nur sehr, sehr schlecht erkennen. Auch fehlen zahlreiche Punkte und etliche Wörter sind auseinandergerissen, was das Lesen wirklich unheimlich anstrengend werden lässt.

Normalerweise kann man die einzelnen Kapitel aber recht gut erkennen.

Dir noch ein schönes Restjahr und viele herzliche Grüße, Anna ;)
Vor langer Zeit - Antworten
Eisblume so liebe Anna, nun habe ich Deine Geschichte zu ende gelesen.
Sie hat mir wirklich gefallen, denn die Idee ist gut, leider ist der Schluss zu abrupt er könnte noch etwas länger sein.
Und bitte nicht böse sein, lese alles noch einmal genau durch, es sind zwar keine Rechtschreibfehler drin, aber es sind oft die Worte auseinander gerissen.

So und dann wäre es wirklich schön, wenn man die Möglichkeit hätte der Menschheit bei zu bringen Frieden zu schaffen. Doch Du scheinst es wie ich zu sehen, Solange die Menschheit nur sich selbst im Kopf hat, und die wenigsten sich für ihre Mitmenschen einsetzen, solange ist dies nicht möglich.
Ich denke, wenn nicht irgend etwas passiert, dann geht es in jeder Hinsicht mit unserer Welt zu ende. Du bist nicht gläubig, aber in der Bibel kann man auch lesen, warum alles so ist, Nämlich: " Die ganze Welt (Menschheit) liegt in der Macht dessen der böse ist.

Liebe Grüße und alles Liebe Für Dich,
von Christa
Vor langer Zeit - Antworten
Eisblume bin bis Kapitel 3 gekommen, gefällt mir sehr, wie Du schreibst, morgen lese ich weiter.
LG Christa
Vor langer Zeit - Antworten
Annameyer Danke schön, liebe Christa!!! :)

Dir noch einen schönen Tag, Anna
Vor langer Zeit - Antworten
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