Romane & Erzählungen
Cécile - leben und leben lassen

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"Cécile - leben und leben lassen"
Veröffentlicht am 08. Juni 2015, 42 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
© Umschlag Bildmaterial: Gerti Hansen
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Das ist ein gutes Gefühl :-) Jemand ist hier und liest, was ich schreibe. Herzlichen Dank für die Zeit! In den Texten, die ich in nächster Zeit als "Bücher" hier veröffentliche, erzähle ich Erlebtes und Miterlebtes, Gefühltes und Mitgefühltes. Es wird in Form von Songtexten sein, Erzählungen oder Gedichten. Ich freue mich auf Rückmeldungen zu meinen Texten!
Cécile - leben und leben lassen

Cécile - leben und leben lassen

Ich bin's, Cécile

Ich darf mich vorstellen: Mein Name ist Cécile. Cécile vom Weinberg.

Bei Menschen Damen spricht man ja nicht über das Alter. Das verhält sich bei uns Hunden genauso. Daher zu meinen Lenzen nur so viel, so viele sind es noch nicht.


Warum mein Mensch auch immer diesen Namen für mich ausgewählt hat? Ich habe mich entschlossen, ihn zu akzeptieren, meinen Menschen, sie ist

gut zu mir und meinen Namen, er klingt gut und gefällt mir.


Wenn mein Mensch mich ruft, leise, wie es angemessen ist, schließlich bin ich ja noch nicht schwerhörig, dann hat es einen wichtigen Grund. Manchmal ist der Grund allerdings nur für sie wichtig. Das lässt sich schnell herausfinden. Aber es lohnt sich immer, nachzuschauen, was sie von mir möchte. Man kann ja nie wissen! Vielleicht gibt es Picknick am Strand, oder, wir wollen spazieren gehen. Das Spazierengehen ziehe ich in jedem Fall vor, essen kann ich immer noch.


Es hat eine gefühlte Ewigkeit gedauert, bis mein Mensch endlich in die Gänge gekommen ist. Ich habe immer gesagt, nun mach endlich. Erzähl meine Geschichte. Aber sie ist so träge! Sie tut manchmal so, als müsse sich immer alles um sie drehen. Sie hat schon über alles Mögliche geschrieben. Über Dinge und Menschen, die, meistens jedenfalls, sowas von verzichtbar sind! Anstatt sie sich schriftlich endlich dem wirklich zentralen Thema zuwendet, nämlich MIR!


Nun ist es offensichtlich so weit. Sie tippt vor sich hin und schaut immer wieder zu mir herüber. Das ständige

Herüberschauen wäre nun auch wieder nicht nötig. Sie weiß doch, wie ich aussehe. Und außerdem möchte ich meine Ruhe haben. Ich bin müde. Der Tag war anstrengend genug! Auf einem Nachbarspielplatz gab es heute lautes Knattern, es dauerte fast den ganzen Tag. Jetzt ist der Rasen wieder ganz kurz. Nun kann ich besser beobachten, wo die Katze, die dort offenbar wohnt, sich hinlegt. Und die Amseln kann ich besser sehen, über die ärgere ich mich bei mir schon immer. Aber die Katze! Katzen fangen doch Vögel! Hat ihr das keiner gesagt? Die liegt auf dem kurzen Rasen seelenruhig in der Sonne und die Amseln laufen in greifbarer Nähe vor ihr

herum! Das ist ein Skandal! Darüber könnte ich mich aufregen! Das mache ich aber nicht. Schließlich ist es ihr Spielplatz. Der geht mich eigentlich gar nichts an. Aber trotzdem ... Und die vielen Hunde, die mit ihrem Menschen heute an meinem Spielplatz vorbeigegangen sind! Ich weiß ja nicht, aber, wie die ihre Menschen erzogen haben, das ist doch sehr bedenklich. Ich bin kein Anhänger von zu viel Freiraum. Damit können Menschen meist nicht umgehen, davon später mehr.


Ganz am Anfang, als ich hier eingezogen bin, da hat mein Mensch den

Spielplatz eingezäunt. Schade, so kann ich nicht zu den Spielplätzen, in denen andere Häusern stehen oder auf die große Wiese, gleich nebenan. Das ist sehr ärgerlich! Ich kann so nicht zu den Rehen laufen, die jeden Morgen dort stehen. Und die Hasen, die kann ich auch nur durch die dicht stehenden Staketen beobachten. Und die Schafe, die gerade wieder auf der großen Wiese herumstehen und gelangweilt aussehen, die würde ich so gerne begrüßen. Die riechen so gut! Ach, das ist wirklich sehr ärgerlich! Hunde sind kein Beobachter, wir sind Jäger! Vom Beobachten wären unsere Vorfahren doch nicht satt geworden!

Auf der anderen Seite bleibt mir aber auch viel Arbeit erspart. Und hier, auf meinem Spielplatz, da gibt es immer etwas zu tun, herrlich.


Es hat gedauert, bis ich hier endlich etwas Ordnung schaffen konnte. Die Mäuse wagen sich nicht mehr so oft aus ihren Gängen, wenn ich auf Patrouille bin. Dass das riskant sein kann, das haben sie bereits erfahren können. Auch die Katzen aus der Nachbarschaft bleiben jenseits des Zaunes. Ja, der Zaun hat auch seine Vorteile. Ich habe auch keine unnötigen Diskussionen mit Menschen, die auf

meinen Spielplatz wollen, wenn mein Mensch drinnen im Haus oder auch weggegangen ist. Es kommt allerdings sehr selten vor, dass sie mich alleine zuhause lässt.


Wenn jemand versucht, auf meinen Spielplatz zu kommen, dann sage ich ihm sehr deutlich, was ich davon halte: „NICHTS! Du kommst hier nicht rein!“ Fertig! Man sieht es mir wahrscheinlich nicht an, aber ich kann sehr überzeugend ungemütlich werden. Wenn mein Mensch zuhause ist, dann kommt sie dazu und unterstützt mich. Oft wollen die Menschen nur etwas abgeben, meistens

etwas aus Papier. Manchmal ist es auch etwas Großes aus hartem Papier, das riecht dann sehr gut und ist für mich. Wenn jemand kommt, der uns besuchen darf, dann lässt mein Mensch ihn auf meinen Spielplatz. Wir haben eine Abmachung. Sie darf Menschen, die mich in Ruhe lassen, und die sie nicht ärgern, zu uns kommen lassen. Die anderen bleiben draußen. Denn mein Spielplatz, der gehört nur mir! ... naja, und meinem Menschen.


So wie ich meinen Menschen kennengelernt habe, wird sie heute wieder die ganze Nacht auf ihrem Dings auf dem Tisch rumklappern und mir

morgen mit fröhlichen Augen erzählen, was sie alles auf das, wie sie sagt, elektronische Papier gebracht hat. Elektronisches Papier, sowas Dusseliges habe ich noch nie gehört. Papier muss schön knistern und knartschen, wenn man reinbeißt und es auseinanderrupft. Das, was sie da auf dem Tisch liegen hat, das ist kein Papier. Das habe ich schon untersucht. Es schmeckt auch ganz anders und ist kalt.


Wir Hunde sind nicht dumm, nur weil wir unsere vier Beine zum Laufen benutzen. Das sollte sich langsam herumgesprochen haben! Also, wenn du mich kennenlernen willst, dann halte die

Augen offen. Morgen geht es los. Bis dahin. :-) Heute ist nun morgen … Mein Mensch hat mir heute Morgen vorgelesen, was sie da über Nacht zu Papier gebracht hat. Offenbar kann ich sie doch nicht alleine lassen, wenn sie von mir schreibt. Das Wichtigste lässt sie aus. Dann, wenn es richtig spannend wird, hört sie auf, zu erzählen. Und Sachen, die wirklich nicht wichtig sind, die beschreibt sie lang und ausführlich! Also werde ich eine Extraschicht einlegen und ihr helfen. Geht ja gar nicht, so! Außerdem weiß sie ja gar nichts von meiner Zeit, bevor ich zu ihr zog. Danach hat sie mich zwar gefragt,

aber ich mochte damals nicht darüber sprechen. Also habe ich sie nur mit meinen großen Augen ganz lieb angeschaut: "Hauptsache, es ist überstanden!" Daraufhin nahm sie mich in ihre Arme und hat mich an sich gedrückt. Ach ja, sie ist gut zu mir. Es hat sich gelohnt, auf sie zu warten. Sie weiß so vieles noch nicht. Also werde ich es ihr erzählen und sie schreibt es dann auf ihr seltsames Papier.


Ich bin mir sicher, ihr Menschen ahnt gar nicht, was wir Hunde alles wissen und können. Wenn ich nachmittags und besonders am Wochenende auch morgens, auf meinem Ausguck an der

Straße liege, denke ich oft, wie geht ihr (meistens) mit uns um? Sitz, Platz, Bleib, Bring, Fuß, Aus und Pfui. … Geht man so mit einem treuen Familienmitglied um?!? PFUI. Das ist wirklich nicht zu toppen! Pfui! Wer ist auf die Idee gekommen, dieses Wort in der Kommunikation mit Hunden zu verwenden. Sprecht ihr Menschen untereinander auch so? Das habe ich noch nicht gehört. Halt, stimmt nicht. Ich habe es schon ähnlich gehört, aber schön war das auch nicht! Soweit ich es mitbekommen habe, sagt ihr zu den kleinen Menschen oft, "Ganze Sätze!", "Wie heißt das Zauberwort?"

Also wollt ihr auch höflich angesprochen werden. Und warum gilt das für uns Hunde nicht? Gleiche Rechte für alle Familien-Mitglieder. Ich denke, es ist an der Zeit, eine Interessengemeinschaft für Familien-Mitglieder zu gründen, die auf vier Beinen gehen. Also, eine IG HgkMK für uns Hunde, die ganz kleinen Menschen und, ja, meinetwegen auch für Katzen. Dazu mache ich mir später mehr Gedanken. Jetzt werde ich erst einmal meinem Menschen ganz in Ruhe erzählen, was alles passiert ist, bevor ich zu ihr gezogen bin. Das wird bestimmt nicht leicht für sie. Aber jetzt ist ja alles gut. Dann kann sie das auf ihr

Papier bringen. ... bis bald.

Wie alles Begann...

... Nun ist es vollbracht. Mein Mensch hat geduldig zugehört und ich habe aufgepasst, dass sie geduldig alles so aufschreibt, wie ich es ihr erzählt habe. Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern, ich war einfach zu klein und es war zu viel Neues, was da um mich herum geschah. Es ist wie bei euch Menschen. Ihr wisst über eure ersten Tage auf dieser Erde das meiste sicher auch nur durch Erzählungen von Zeitzeugen. Und ich habe niemanden mehr in meiner Nähe, den ich fragen könnte. Aber an manches erinnere ich

mich noch ganz genau. Ich fühle noch sehr genau die wohlige Wärme am Anfang. Es war sehr gemütlich! Manchmal schaukelte es und dann war es wieder ruhig. Das war merkwürdig, aber gemütlich. Als ich einmal aufwachte, konnte ich plötzlich etwas sehen! Da war ja noch jemand, ich war gar nicht alleine. Da waren vier andere, die mit mir in der Höhle waren. Später wusste ich, das waren meine Geschwister. Jeder von uns war in eine durchsichtige Hülle eingepackt, jeder ganz alleine für sich. Manchmal bewegte sich unsere Höhle,

eigentlich sogar ziemlich oft. Wir schwebten manchmal ein bisschen hin und her und stupsten aneinander. Ich versuchte, meine Hülle zu steuern, ich wollte zu den anderen hin, aber das ging nicht gut. Ich sah, dass jeder von uns mit einer Befestigungsschnur festgebunden war, die uns am Platz festhielt. Das war sehr unpraktisch! Dann erinnere ich mich, dass es einmal es sehr warm war. Da habe ich ganz viel gehechelt, das half! In der Höhle war nicht viel los, außer dem Schaukeln. Ich hörte manchmal Geräusche. Damals wusste ich noch

nicht, dass es Stimmen von Menschen waren, tiefe Stimmen und ganz hohe Stimmen, meistens waren es hohe Stimmen. Und Quietschgeräusche. Mittlerweile habe ich gelernt, dass diese Geräusche von Türen kamen. Türen quietschen nämlich, wenn die Menschen sie auf und zu machen, manchmal knarren sie auch. Diese Türen, die quietschten immer ganz laut. Meistens war es aber still. Nach einiger Zeit wurde unsere Höhle ganz doll bewegt. Was wir selber nicht geschafft hatten, das passierte jetzt. Wir bewegten uns jetzt richtig. Aber ich bewegte mich nicht dahin, wo ich

eigentlich hin wollte. Ich wollte zu den anderen! Aber ich bewegte mich in die entgegengesetzte Richtung! Jetzt begann das Abenteuer. Es war auf einmal ganz eng und ich wurde doll gedrückt. Dann flutschte ich schnell durch irgendetwas hindurch, und es war jetzt ganz hell. Schnell habe ich meine Augen ganz fest zugekniffen, das Licht tat mir in den Augen weh. Meine Geschwister kamen hinter mir her, alle vier. Das konnte ich sehen, weil ich geblinzelt habe. Ein riesiger nasser Lappen wischte über mein kurzes Rückenfell. Ich blinzelte. Ich musste doch wissen, was da los war! Der Lappen

hing zwischen spitzen, weißen Zacken an einem ganz großen Fell. Das waren, wie ich später lernte, die Zähne von unserer Mutter. Der nasse, warme, weiche Lappen, das war ihre Zunge. Sie hat mich vorsichtig abgeleckt, das tat sehr gut, denn es war alles sehr aufregend. Und durch das Lecken wurde ich ruhig. Ich wollte ihr das sagen, aber ich bekam nur ein komisches Quietschen heraus, das sich beinahe genauso anhörte, wie eine Tür. Meinen Geschwistern ging es ebenso. Wir haben uns schnell ganz dicht zusammengekuschelt, denn es war jetzt nicht mehr so warm wie in der Höhle. Ich war müde und schlief ganz schnell

ein. Wir fünf haben uns gut verstanden. Endlich konnten wir miteinander spielen. Das wollten wir doch schon die ganze Zeit! Aber es war nicht einfach, auf den Beinen zu stehen. Das mussten wir alle erst üben. Immer wieder bin ich auf mein Gesicht gefallen. Das hat mich sehr geärgert. Ich wollte doch so gehen können, wie unsere Mutter. Bei unserer Mutter gab es Zapfstellen, an denen wir trinken konnten, so oft und so viel wie wir wollten. Aber meistens war ich müde vom Spielen und Gehen

üben. Manchmal bin ich an meiner Zapfstelle eingeschlafen. Das war praktisch, denn ich konnte gleich weitertrinken, wenn ich aufwachte. Die anderen vier haben auch viel geschlafen. Wir schliefen immer gleichzeitig. Alleine wach sein, wenn die anderen schliefen, das war doof, dann konnte ich ja nicht mit ihnen spielen. Die Menschen haben uns nicht oft gestört. Sie kamen nur, um unserer Mutter Essen und Wasser hinzustellen. Das Essen roch nicht interessant, wir liebten unsere Tankstellen. Die schmeckten übrigens alle gleich, das habe ich natürlich ausprobiert!

Einmal, als wir gerade aufgewacht waren, kam ein Mensch auf uns zu. Der hat uns auf den Arm genommen und in eine neue Höhle gesetzt. Einen nach dem anderen. Aber unsere Mutter hat er nicht in die Höhle gesetzt. Jetzt durften wir zum ersten Mal ohne unsere Mutter spielen. Das wollten wir ihr dann später erzählen. Ich dachte, er nimmt uns wieder raus, wenn wir müde sind und Hunger haben. Ich hörte wieder eine Tür quietschen und unsere Spiel-Höhle bewegte sich plötzlich. Dann quietschte die Tür wieder und es wurde sehr kalt. Wir haben uns schnell ganz dicht

aneinander gekuschelt. Es gab einen Ruck und dann war alles ruhig. Wir hörten Stimmen, es klappte etwas und dann fing es an zu brummen und zu schaukeln. Ich weiß nicht, wie lange es gebrummt und geschaukelt hat. Irgendwann sind wir eingeschlafen. Als ich aufwachte, da schaukelte es nicht mehr, es war auch ganz still. Ein Mensch kam und hat unsere Höhle aufgemacht. Diesen Menschen hatte ich noch nie gesehen. Es war sehr kalt. Er hat uns aus der Höhle genommen und in ein Zimmer gesetzt. Das hatte ich auch noch nie gesehen. Unsere Mutter war nicht da. Sie würde bestimmt später

kommen. Obwohl, sie hatte uns noch nie alleine gelassen. Ich hatte Hunger und meine Geschwister auch. Aber unsere Mutter kam nicht. Das Zimmer hatte andere Wände, als das Zimmer, in dem wir mit unserer Mutter gewohnt hatten. Hier konnten wir durch die Wände durchsehen. Da waren noch andere Hunde. Die waren so groß wie wir, aber sahen ganz anders aus. Über die Zeit, die wir in diesem Zimmer wohnten, möchte ich nicht viel erzählen. Es war nicht sehr schön. Immer wieder kamen Menschen und manchmal nahm ein Mensch einen meiner Geschwister auf den Arm und ging weg. Er brachte

ihn nicht zurück. Dann war ich irgendwann nur noch alleine. Zwei andere Hunde, die auch übrig geblieben waren, brachte ein Mensch dann in mein Zimmer. Ich mochte die beiden Hunde nicht. Sie haben mich immer gezwickt und geschubst. Und sie haben mir mein Futter weggegessen. Sie waren stärker als ich, deshalb konnte ich mich nicht wehren. Die Menschen gingen immer an meinem Zimmer vorbei, außer, wenn sie uns Futter hinstellten. Das war auch gut so. Denn ich mochte die Menschen nicht. Sie nahmen immer wieder andere kleine Hunde auf den Arm und gingen mit ihnen weg. Manchmal brachten sie diese Hunde auch wieder zurück.

Dann kam ein Mensch, der an meinem Zimmer stehenblieb und mich anguckte. Der Mensch, der immer die Hunde aus den Zimmern nahm, machte jetzt meine Zimmertür auf. Er nahm mich auf den Arm und ging mit mir eine Treppe hoch. Ich wusste nicht, was jetzt passiert, er hat nicht mit mir gesprochen. Der Mensch, der mich angeguckt hatte, kam hinter uns her. Ich wurde auf ein großes Sofa gesetzt. Das hatte ich noch nie gesehen. Es roch nach ganz vielen Hunden. Die meisten davon kannte ich. Aber ich hatte sie schon lange nicht mehr gesehen. Der Mensch, der mich

angeguckt hatte, setzte sich auch auf das Sofa, so konnte ich sie mir auch angucken. Sie hielt mir ihre Hand hin, ganz langsam. Das gefiel mir. Sie war nicht so, wie die anderen Menschen. Sie erinnerte mich an etwas Bekanntes. Ich legte mich neben sie. Ganz vorsichtig strich mir der Mensch über den Rücken. Ich erinnerte mich, dass meine Mutter mir über den Rücken leckte, als ich aus der ersten Höhle gekommen war und sie zum ersten Mal sah. War das die Zunge vom Menschen? Sie fühlte, dass ich Hunger hatte, mein Bauch knurrte. Hunger hatte ich immer, seitdem wir in dem neuen Zimmer wohnten.

Es war alles sehr aufregend, aber ich fühlte mich bei diesem Menschen wohl. Dann sprach sie mit dem anderen Menschen, der mich aus meinem Zimmer geholt hatte. Anschließend stand sie auf und nahm mich auf den Arm. Sie hielt mich gut fest und trug mich die Treppe hinunter. Ich bekam etwas umgelegt. Der Mensch, der die kleinen Hunde immer aus ihren Zimmern holte, sagte zu dem anderen Menschen, das ist ihr Halsband. Nachdem sie mit dem Menschen gesprochen hatte, der mich aus meinem Zimmer geholt hatte, ging sie durch eine Tür. Ich war jetzt wieder

mit einer Befestigungsschnur festgebunden. So, wie in der warmen Höhle, ganz am Anfang. Nur jetzt war ich an dem neuen Menschen festgebunden. Also ging ich hinter ihr her. Der andere Mensch blieb in dem Haus. Draußen roch es herrlich! Hier war ich noch nie gewesen. Sie sagte zu mir, „Komm, wir fahren jetzt mit dem Auto nach Hause.“ Was meinte sie damit? Auto? Fahren? Zuhause? Die Worte hatte ich noch nie gehört. Ich ging hinter ihr her. Sie öffnete eine Tür, hob mich eine neue Höhle hinein und machte die Tür wieder zu. Ob diese Höhle ein Auto ist?

Dann ging die eine andere Tür der Höhle auf und sie kam auch rein. Plötzlich brummte es und fing an zu schaukeln. Was passierte jetzt? … Das Brummen und Schaukeln kannte ich von der Höhle, in der meine Geschwister und ich von unserer Mutter weggebracht worden waren. Wo bringt sie mich wohl hin? Ist das jetzt 'wir fahren mit dem Auto'? Diesmal war alles ganz anders, als bei der letzten Höhle, die so brummte. Meine Geschwister waren alle nicht mehr da. Und ich konnte den Menschen gut riechen. Jetzt fuhr ich gerne mit ihr in der Höhle weg, die sie Auto nannte. Ich rollte mich auf dem weichen Boden,

auf den sie mich gesetzt hatte, ganz eng zusammen. Ich merkte, dass der Mensch sich nicht wohlfühlte. Sie erzählte mir auf der Fahrt traurig, dass sie so etwas, wie mein Zimmer, noch nie gesehen hatte. Woher weiß sie, dass ich sie verstehen kann? Die anderen Menschen hatten nie mit mir gesprochen! Sie sagte, sie hatte gedacht, sie hätte mit einem Züchter telefoniert. Züchter, erklärte sie mir, das sind Menschen, bei denen eine Hunde-Mutter wohnt. Aber die Züchter können die kleinen Hunde nicht behalten, es sind zu viele. Sie geben die kleinen Hunden deshalb zu Menschen, bei denen

die den kleinen Hunden dann ein Zuhause bekommen. Aber, so etwas wie das Haus, aus dem sie mich abgeholt hat, hatte sie noch nie vorher gesehen. … Ich auch nicht! … Und was 'telefoniert' heißt, das wusste ich damals auch noch nicht. Vielleicht würde jetzt alles richtig gut? Bestimmt! Da war ich mir sicher. Ich mochte ihre Stimme und ich mochte es, wie sie mit mir sprach. Würde ich jetzt in ihrer Höhle wohnen? Ist das dann 'Zuhause'? Dann freute mich auf mein Zuhause! Ich drückte meinen Kopf ganz fest auf den weichen Boden unter mir, es war gemütlich. Es schaukelte wie in

unserer ersten Höhle, ich dachte an meine Geschwister. Wo die jetzt wohl sind? Sind die auch mit einer brummenden und schaukelnden Höhle weggefahren? Dann bin ich eingeschlafen. Dann brummte es nicht mehr, das Schaukeln hatte auch aufgehört. Ich blinzelte. Ich war noch immer in der Höhle, die gebrummt und geschaukelt hat. "Nun sind wir zuhause. Jetzt steigen wir beide aus“, sagte der Mensch freundlich. Ich wusste nicht, was sie meinte. Was heißt ‚Jetzt steigen wir aus‘? Sie machte die andere Tür von dem Auto auf und stieg aus und machte

die Tür wieder zu. War das jetzt mein 'Zuhause'? Diese Höhle? Ich war enttäuscht. Warum lässt sie mich denn alleine? Ich setzte mich hin und versuchte dahin zu kommen, wo man durch die Tür durchgucken kann. Aber ich war zu klein! Dann öffnete sich die Tür, an der ich saß. da stand der Mensch, der mit mitgenommen hatte. Jetzt sah ich auch ganz viel Grünes. Aber das Grüne war groß, viel größer als ich es kannte. Sie nahm mich auf den Arm, hob mich aus dem Auto und setzte mich ganz langsam auf das Grüne, das war Rasen, das wusste ich schon. So etwas hatten wir

auch vor unserem Zimmer gehabt, mit den anderen kleinen Hunden. Manchmal durften wir dorthin, aber nicht oft. Aber hier, da roch alles ganz anders, als in der Höhle mit den durchsichtigen Wänden. Es roch hier sehr gut. Ich wollte mir zu gerne alles angucken, aber ich war viel zu müde, um weit zu laufen. Da war wieder eine Höhle. In diese Höhle ging sie hinein, an der Befestigungsschnur, die die Menschen ‚Leine‘ nennen, ging ich hinter ihr her. Diese Tür quietschte nicht. Ich ging ganz langsam, schnupperte und guckte um mich herum. Durch die Wände konnte

man nicht durchgucken und hier waren auch keine anderen kleinen Hunde. Sie legte etwas auf den Fußboden, das war so weich wie das im Auto, und es roch genauso gut. Sie sagte, "Das ist jetzt dein Fell." Ich habe mich aber auf etwas anderes gelegt, und meinen Kopf fest darauf gedrückt, neben einen herrlich duftenden Knochen. Dass ich Hunger hatte, hatte ich ganz vergessen. Es fiel mir erst wieder ein, als der Mensch mir eine duftende Schüssel vor die Nase hielt und sie dann neben mir hingestellte. Wasser stellte sie mir auch hin. Aber ich war viel zu müde! Ich bin gleich eingeschlafen. Ganz

fest! Von meinem ersten Inspektionsgang durch mein „Zuhause“, wie sie sagt, erzähle ich ein anderes Mal! Bis bald ...

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Das ist ein gutes Gefühl :-) Jemand ist hier und liest, was ich schreibe. Herzlichen Dank für die Zeit!

In den Texten, die ich in nächster Zeit als "Bücher" hier veröffentliche, erzähle ich Erlebtes und Miterlebtes, Gefühltes und Mitgefühltes.
Es wird in Form von Songtexten sein, Erzählungen oder Gedichten.

Ich freue mich auf Rückmeldungen zu meinen Texten!

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Hansen :-)
Cécile hat so viel zu erzählen. Ich schreibe es fleißig auf.
Bald folgt der zweiter Teil!

Sonnige Grüße von Hansen
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Tintenklecks eine liebenswerte Geschichte mit einer ungewöhnliche Perspektive. Bin gespannt, wie es weitergeht
lg der Tintenklecks
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SternVonUsedom 
WAU WAU

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