Vorgegebene Wörter:
KATAKOMBEN, BEGRABEN, BELAUSCHEN, KERZENWACHS, QUERULANT, HUMMEL, BÜSTENHALTER, DIAPHRAGMA, LOHNSTEUERJAHRESAUSGLEICH
Vorgegebene Bilder:
*Gestalt mit Hut im Regen
*Frau mit Netzstrümpfen und Corsage auf dem Bett
*Schattenbild: Mann auf einer Brücke an eine Laterne gelehnt
die halloween-party
„Die Nacht des Jägers“ war das diesjährige Motto für die Halloween-Party des Finanzamtes. Die zahlreichen Mitarbeiter hatten all ihre Formulare und Lohnsteuerjahresausgleiche und Wer- weiß-was-noch-Alles, bei Seite gelegt und sich zum Feiern verabredet.
Heimtückischer Weise hatten die Organisatoren einen alten Bierkeller im Burgberg gemietet. Der Keller war allgemein als Katakomben bekannt. Er war mit schwarz-weißen Bildern aus alten Filmen dekoriert worden. Unter anderem mit den Bildern einer Blondine in Netzstrümpfen und
Corsage, sehr sexy auf einem Bett drapiert. Andere Fotos zeigten schemenhafte Gestalten mit großen Hüten im strömenden Regen. Wieder andere Bilder stellten Männer auf diversen Brücken der Stadt dar, lässig an Laternen gelehnt, als ob sie in finsterer Nacht auf leichte Mädchen warten würden.
Die Beleuchtung des alten unterirdischen Gemäuers bestand aus aufgestellten Teelichten in roten Gläsern und schmiedeeisernen Kerzenhaltern an den Wänden, von deren brennenden Kerzen das heiße Kerzenwachs tropfte. Dazu gesellten sich noch künstliche Spinnenweben und Spinnentiere und andere Höhlenbewohner. Die Atmosphäre war schaurig-schön zu
nennen
.
Nach und nach traf die Schar der illustren Gäste ein, unter die sich auch der versierte Kriminalkommissar Claudet gemischt hatte. Er war von seinem Freund, dem Präsidenten des Finanzamtes, eingeladen worden. Alle Gäste hatten sich dem Thema entsprechend verkleidet. Die Damen trugen bevorzugt kleine Nichtse zu Netzstrümpfen und schwarze oder rote Büstenhalter und Spitzenhöschen unter weiten Zauberumhängen. Die Herren glänzten in Spiderman-Anzügen oder Harry-Potter-Kutten mit Zauberhüten. Dazu waren auch Hexen zu finden, die es sich nicht nehmen ließen, ihre Haustiere in Form von Kröten,
Raben, Katzen oder Flattertieren mitzubringen.
Blutrünstige Musik säuselte aus den versteckten Lautsprechern. In den Nischen der alten Felsenkeller standen schwarze Betten mit roten Laken einladend vorbereitet. Das intime Flüstern der verliebten Paare indes konnte man an bestimmten Stellen des Kellers belauschen.
Natürlich ging es unter den gegebenen Umständen heiß her. Dafür sorgten auch die ausgefallenen Getränke, welche die Bar anzubieten hatte: Spinnendrüsensaft, Hexenblut, Zaubertrank nach Miraculix, Grünen Eierstich, Blaues Blut und wie sie alle
hießen. Auch die Snacks brauchten sich nicht zu verstecken: unter anderen schwarze Spaghetti mit Rinderaugen, Liebeskoteletts und Schlangensteaks in Tintensoße.
Zu vorgerückter Stunde hatten sich Paare oder Dreiergruppen gefunden und die Nischen mit den Betten waren belegt. Claudet stand an der Bar und schlürfte genüsslich seinen Moritatencocktail, als er hörte, wie eine Dame meinte:
„Heute habe ich mein Diaphragma vergessen. Wenn Dich das nicht stört …“
„Aber Hummelchen, dann musst Du eben deine Unschuld begraben“, hörte man den Finanzpräsidenten sagen, der sonst als steter
Querulant bekannt war.
In diesem Augenblick erschallte von irgendwoher im unterirdischen Gemäuer ein Mark erschütternder Schrei. Tumultartig verließen die Gäste die Katakomben. In einer der Nischen fand man die Leiche einer schönen Blondine, von einem Zauberstab durchbohrt.
Nun begann die Arbeit von Inspektor Claudet, den man auch den Jäger der Nacht nannte.
©HeiO 05-06-2015