vorwort
Diese Kurzgeschichte ist das Ergebnis einer wöchentlichen Aufgabe/Übung aus meiner Zeit in einem anderen bekannten Schreiberforum.
Ich selbst bin mir immer noch nicht sicher, ob ich das Zeug für fiktive Geschichten habe.
Also bitte immer munter kritisieren. Ich nehme es gewiss nicht krumm.
Viel Spaß
pilze sammeln oder das letzte einhorn
Vielleicht sollte ich heute früh in den Wald gehen und Pilze sammeln. Mit Hasso, dem braven und wachsamen Rottweiler an meiner Seite, werde ich meine Angst vor dem dunklen Wald hoffentlich besiegen können. Normalerweise gehe ich nie allein in den Wald, obwohl ich die Ruhe und den unverkennbaren Geruch nach grünen Tannen, Wildgräsern, Farnen, Torf, Pilzen und wilden Beeren sehr gern mag
Ich nehme also meinen kleinen Weidekorb, den ich erst kürzlich von einem Händler auf dem Wochenmarkt erstanden habe, vom Küchenschrank herunter und gehe mit Hasso an meiner Seite zielstrebig in den nahe gelegenen Wald, um mein Glück beim Pilze
sammeln zu versuchen. Dabei bleibe ich auf den ausgetretenen Hauptwegen und fühle mich sonderbarerweise heute ganz wohl dabei.
'So ein silberweißes Einhorn hätte ich doch schon gern mal gesehen, wie es so halb schwebend und galoppierend über Wald und Flur und Moorgelände gleitet' kommt es mir plötzlich in den Sinn und ich gebe mich der mysteriösen Stimmung hin. In meiner Fantasie höre ich ein mir unbekanntes altes Lied; gespielt auf einer Leier.
Die wehmütig klagende Melodie hält mich in ihrem Bann gefangen und lässt mich wie unter Eiseskälte bis in die Haarspitzen erschauern. Die Melodie zeigt der Sonne den Weg und führt sie auf die weite, grüne und flache Lichtung inmitten der grünen Tannen und
einem verrottenen Wildzaun. Die goldenen Strahlen erwärmen diesen stillen und scheinbar unberührten Platz. Ich folge entzückt und wie von Geisterhand gezogen der lieblichen sanft rufenden Melodie und den hellen Sonnenstrahlen.
Dort ein Jüngling mit Pfeil und Bogen steht. Was macht er hier? Gebannt halte ich die Luft an. Oh nein! Nicht das letzte
Einhorn! „Flieh, flieh so schnell du kannst“, möchte ich entsetzt rufen. Aber kein Ton über meine Lippen kommt.
'Was zerrt mich denn nur andauernd nach vorne?, denke ich noch und falle urplötzlich der Länge nach hin. Mein Rottweiler versucht sich von der Leine los zu reißen und bellt wie verrückt.
Ich erwache allmählich aus meinem Tagtraum und erblicke geradeaus, dort auf der großen und sonnendurchflutenten Lichtung, tatsächlich nun einen jungen Mann, der
mit Pfeil und Bogen auf eine Zielscheibe schießt.
Ach ja richtig, hier üben die Jungs des örtlichen Feldbogenschützenvereins.
Ich muss nun doch innerlich lachen, obwohl ich bäuchlings und unsanft zu Boden gestürzt und fast ein bisschen enttäuscht bin, nun doch nicht wirklich das „letzte Einhorn“ gesehen zu haben. Über mich selbst kichernd, schimpfe ich leicht erbost mit meinem Hund, dass er stillhalten soll, damit ich mich wieder aufrappeln kann.
Der junge Mann wendet sich von der
Zielscheibe ab und lässt Pfeil und Bogen sinken. „Hallo Sie da! Ist alles in Ordnung mit Ihnen? Haben Sie sich weh getan oder brauchen Sie Hilfe?“ ruft er zu mir hinüber. „Nein, es ist alles in Ordnung. Ich suche nur nach Pilzen“, antworte ich und ziehe mich beschämt in den Wald zurück.
© 2010 P. Agnes Ruthsatz/pepsi5