Mein Knie
Mein Knie ist als Thema relativ überschaubar. Ich kann es nur humorvoll nehmen, denn objektiv, nein, objektiv will ich das gar nicht betrachten. Ich möchte damit keinesfalls andeuten, dass es unansehnlich ist. Nö, das nun nicht, aber wie es drinnen aussieht! Das geht keinen etwas an.
Allerdings hat es mir in seinem desolaten Zustand auch sehr viel Freude bereitet. Ich habe sehr viel gelernt durch und über unser größtes Gelenk.
Viele neue Menschen habe ich kennengelernt, unter ihnen einige sehr nette Menschen getroffen. Auch habe ich
einige nette Menschen, die ich bereits schon mal getroffen hatte, ganz neu kennengelernt und kenne sie jetzt lieber nicht mehr.
Schäden können sehr heilsam sein!
Bei meiner zweiten Knie OP, ja, ich kam in den Genuss mehrerer, wollte man mir die Vollnarkose ersparen und schlug stattdessen eine Spinalanästhesie vor.
Fand ich prima!
Schon allein der Klang des Namens,
S p i n a l a n ä s t h e s i e.
Italienische Oper! ... i a a e e i … Mailand, Venedig, Florenz, Pesaro. …Wunderbar.
Es sei nur ein kleiner Pieks, irgendwo zwischen zwei Wirbeln hindurch und schon könnte man anfangen, zu schnipseln, ich würde nichts merken. Na dann!
Als es soweit war, ich auf der stählernen Roll-Liege gespannt darauf wartete, dass sich der Vorhang öffnete und die Vorstellung begönne, bereitete mich der nette Pfleger für meinen Auftritt als Statist vor. Als erster Hauptdarsteller erschien der sympathische Anästhesist und bat mich meinen Oberkörper aufzurichten. Ich war fest entschlossen, mein Bestes zu geben!
Für alle, die diese Übung so noch nicht geturnt haben, die OP Roll-Liege verfügt nicht über die Idealbreite eines gemütlichen Bettes! Also, Bauchmuskeltraining. Folgsam beugte ich dann meinen Oberkörper nach vorn. Er sagte, "Weiter. ... Noch weiter, ... noch weiter, ..." Aber ich bin doch kein Klappspaten! Weiter ging es nun wirklich nicht! Dann setzte er zum Pieksen an.
Heissa, nur ein kleiner Pieks?! Wer, um alles in der Welt, hatte eigentlich von einem kleinen Pieks gesprochen? Ich schwor mir, nie wieder werde ich mich
auf einen kleinen Pieks einlassen! Ich dachte man schob mir eine Eisenstange zwischen die Wirbel!
Dann durfte ich mich endlich wieder langlegen. War das jetzt die Betäubung? Wollte man mich durch den Schmerz ausschalten?!? Schlimmer konnte es nicht werden, jetzt würde alles weitere eine Wohltat sein. Weil, schlimmer geht nicht.
Als nächstes legte man mir eine Dose auf das Brustbein. Was sollte das denn? Die sollten doch an meinem vermaledeiten Knie basteln und nicht Dosenwerfen spielen.
Vollnarkose ist eine echte Alternative!
War das der Grund? Wollte man mir auf diese Weise vielleicht die Vorzüge einer Vollnarkose nahebringen? Für's nächste Mal? Ja, während einer Vollnarkose könnten die machen, wozu sie lustig sind! Meinetwegen auch Dosenwerfen spielen, oder Bäumchen wechsle dich, oder Plumpssack. Das wäre mir dann alles egal. Hauptsache nicht Messerwerfen. Ich schliefe durch und träumte von besseren Zeiten! Bessere Zeiten? Von denen träumte ich jetzt auch schon!
Irgendjemand schien mir nun die Nase zuzuhalten, ich sah aber keinen, der infrage gekommen wäre. Was sollte das denn jetzt! "Ich krieg keine Luft mehr!" panikte ich. Die fragwürdige Dose mit dem unbekannten Inhalt legte man mir jetzt etwas höher, ... noch höher, ...noch höher, ... dann an den Hals. "Die ist ja kalt!", quiekte ich, und schwupps hatte ich einen dünnen Schlauch mit Schaumstoffstöpsel im rechten Nasenloch. Jetzt ging es wieder, aber es war unheimlich. Der ganze Raum voller Luft und ich bekam nichts ab!
Aber jetzt! Sauerstoff pur. Warum denn nicht gleich? Schließlich bin ich Privatpatient! Da muss eine kräftige
Portion Sauerstoff doch wohl drin sein.
Jetzt verschwanden die Doktores hinter der grünen Leinwand, mit der man mir die Sicht auf meinen Flunken versperrt hatte. Der Vorhang wird doch sonst aufgezogen! Ich hatte doch zuschauen wollen! Aber mein Protest half nicht, der skalpellführende Doktor, das Gesicht voller lustiger Sommersprossen, verwies mich an den Monitor. Seine fröhlichen Augen ließen mich entspannen und sein freundliches Lächeln machte mir Mut. Auf dem Monitor könne ich ja alles beobachten und er würde mir zwischendurch erklären, was er gerade mache.
Knie Ahoi, und los ging es.