Humor & Satire
Lern du später was Anständiges ...

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"Lern du später was Anständiges ..."
Veröffentlicht am 04. Juni 2015, 14 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Über den Autor:

Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man ...
Lern du später was Anständiges ...

Lern du später was Anständiges ...

»Lern du später was Anständiges, dann hast du es mal besser als wir!«, war so ein Satz, den meine Mutter gern vom Stapel ließ, wenn sie mal wieder die Spinnweben aus der Brieftasche wedelte. Nun, ich nahm sie beim Wort und studierte Wirtschaftsinformatik. Die Wirtschaft bringt seit jeher die Kohle, Computer sind die Zukunft, da konnte ich ja gar nichts verkehrt machen! Neulich dann im Baumarkt ... Eigentlich hätte es schon ein schlechtes Omen sein müssen, als ich die U-Bahn-Station hochstiefelte und mir die in Moll gehaltenen, dramatisch interpretierten

Akkordeonklänge eines Straßenmusikanten hinterherdudelten. Hätte man dem guten Herrn stattdessen eine dicke Orgel hingestellt und das eigentlich ganz nette Frühlingswetter durch grollendes Gewitter ersetzt, der vor mir aufragende Baumarkt hätte dann auch gut und gern das düstere Schloss eines stereotypen Vampirfürsten in einem Horror-B-Movie sein können. Baumärkte und ich, wir verhalten uns äquivalent zu Pizza und Mikrowellen: Wir gehen cool rein und kommen nach viel zu vielen gedrehten Runden im Inneren ziemlich labbrig und aufgeheizt wieder raus, ohne dass das Resultat für irgendwen sonderlich zufriedenstellend

wäre. Dabei mochte ich Baumärkte als Kind noch ganz gerne. Also eigentlich waren es nur diese ganz speziellen Häuslebauabteilungen mit den ausgestellten Türen in mehr oder weniger freistehenden Rahmen, die ich gern mochte. Keine Ahnung warum, aber ich ging als Dreikäsehoch eben gern durch Türen, auch wenn nichts dahinter lag. Vielleicht war das unbewusst der frühe Ausgleich dafür, dass ich im späteren Leben ständig gegen Wände, statt durch Türen rennen sollte. Für das ganze andere Brimborium, das Baumärkte dem Heimwerker von Welt so

boten, interessierte ich mich damals dagegen nicht. Das lag in der Natur der Sache, was mich anging: Heimwerken und ich, das verhielt sich immer schon äquivalent zu Pizza und ... ach nee, das hatten wir schon. Jedenfalls ist es seit jeher so, dass ein Versuch meinerseits, einen Nagel in eine x-beliebige Wand zu treiben, eher den Gebäudestatiker auf den Plan rufen würde, als dass der Nagel tatsächlich fachgerecht in der Wand landet. Natürlich sind daran wie immer meine Eltern schuld. Mein Vater hätte mich mehr in die Pflicht nehmen müssen, aber das tat er ebenso wenig, wie meine

Mutter mir etwa beibrachte, wie man sich was Anständiges zu essen kocht. Und so würde ich heute am liebsten bei jeder Kleinigkeit einen Handwerker engagieren, wie ich auch Maggi Fix für Nudelwasser kaufen würde. Entsprechend fremd fühle ich mich, sobald ich einen Baumarkt betrete, so wie ich das neulich eben tat. Um ein paar Schrauben zu kaufen. Schrauben. Einfach nur ... Schrauben. Um etwas ... festzu...schrauben. Als Informatiker denke ich da vielleicht zu digital, zu sehr in Einsen und Nullen, aber wenn ich losziehe und Schrauben kaufen möchte, dann erwarte ich – verdammte Axt – dass

es einfach ein Regal gibt, in dem Schrauben liegen. Und das gibt es dann ja auch, aber warum ist das vermaledeite Regal denn bitte zwanzig Meter lang und enthält hunderte Schraubensorten, die für alles Mögliche geeignet sind? Holzschrauben, Spanplattenschrauben, Bohrschrauben, Schrauben für Blech, Schrauben für Harzer Käse, und und und. Dazu passend und nicht passend natürlich alle nur erdenklichen Größen und Formen von zugehörigen Muttern, Unterlegscheiben und Dübeln, und nichts davon liegt irgendwie so beieinander, dass ein Typ wie ich, der zwar jeden Drucker zum Laufen kriegt, der aber beim Einschrauben einer Glühbirne zur

Gefahr für die Allgemeinheit wird, auch nur annähernd die Teile findet, die tatsächlich zusammengehören. Meine Fresse, das kann doch nicht im Sinne des Erfinders sein, oder? Ich habe da ja eine Theorie: Eigentlich geht es gar nicht darum, dem potenziellen Kunden ein gut sortiertes Warenangebot zu präsentieren, bei dem er beherzt zugreifen und möglichst wenig falsch machen kann. Nein, es geht in erster Linie darum, dummen Idioten wie mir den beratenden Baumarktangestellten auf den Hals zu hetzen, der mir ruhigen Gewissens nur das Beste vom Besten empfiehlt, sprich,

das Teuerste vom Teuersten aufschwatzt. Das ist wie beim Taxifahren in fremden Städten: Einmal »Och, ich bin eigentlich gar nicht von hier« zum Taxifahrer gesagt, schon braucht der für fünf Kilometer zwei Stunden und berechnet am Ende hundertfünfzig Euro. Ja ja, tolles Geschäftsmodell, das auf der Unwissenheit von Menschen wie mir fußt, die zwar wissen, wie man einen Webserver aufsetzt, die aber zum akuten Psychodoktorfall werden, wenn sie mal ein Loch in eine Wand bohren sollen. Nun, irgendwie schaffte ich es am Ende, Schrauben, Dübel und Unterlegscheiben zusammenzusuchen, ohne dass mich

jemand fragte, ob er mir helfen könne, aber kompetentes Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit liegt mir eben, schließlich bin ich Berater von neun bis fünf. Damit war das Elend allerdings noch nicht ganz überstanden, denn als Antichrist des Heimwerkens habe ich natürlich, abgesehen von einem Hammer und einem Kreuzschlitzschraubendreher nichts daheim, was sich beispielsweise auch nur annähernd für das Anbauen eines Regals nutzen lassen würde, von dem hinterher nicht alles wie von Zauberhand herunterrutscht. Sprich, mir fehlte eine Wasserwaage. Also ging ich

die Regale auf und ab, auf und ab, auf und ab ... Zwar hängen an jedem der gigantischen Regale bedrohliche Schilder, die auf die Folterwerkzeuge hindeuten, die sich dort jeweils finden lassen, von Wasserwaagen stand da allerdings nichts. Falls ich je der Ansicht war, dass es nicht gut sein kann, alles über das Internet zu bestellen, ich revidierte diese Meinung augenblicklich und wünschte mir ein Suchfeld herbei. Während dieses natürlich nicht plötzlich über mir aufploppte, stolperte ich dennoch zufällig über eine kleine Palette mit Wasserwaagen in – man ahnt es – allen Formen und Größen. Inzwischen haben die Dinger LED-Anzeigen und

piepsen, wenn man sie schräg hält, oder vielleicht auch, wenn man sie gerade hält, oder sie piepsen einfach immer, was weiß denn ich?! Dass man ein Stück Metall mit einem Röhrchen, in dem eine Wasserblase von links nach rechts schwappt, so verkomplizieren kann, hätte ich auch nicht für möglich gehalten. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass man für eben ein solches Stück Metall fünfzig Euro auf den Tisch legen kann. Schnaufend packte ich also so ein völlig überteuertes High-Tech-Begradigungsdingsbums in meinen Korb und schlurfte resigniert in Richtung Kasse ... wo ich inmitten der

Quengelware für den Hobbyheimwerker, der den Hals nicht voll kriegt, Wasserwaagen für unter zehn Euro fand: ein Stück Metall mit einem Röhrchen, in dem eine Wasserblase von links nach rechts schwappt. Na bitte! Also unter gut sortiert verstehe ich was anderes! Für einen Moment überlegte ich, niedergeschlagen, wie ich inzwischen war, diese Abteilung mit den Türen zu suchen, die ... na ihr wisst schon: einfach ein paarmal hindurchgehen, nicht gegen Wände rennen, ganz wie früher, als derweil noch der Rest von Papa erledigt wurde, der sich mit dem ganzen Baumarktblödsinn auskannte, weil er das

wahrscheinlich irgendwo mal gelernt hatte. Herrgott, hätte ich doch auch was Anständiges gelernt!

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Über den Autor

PhanThomas
Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man trifft mich stets mit einem lachenden und einem weinenden Auge an. Das scheint auf manche Menschen dermaßen gruselig zu wirken, dass die Plätze in der Bahn neben mir grundsätzlich frei bleiben. Und nein, ich stinke nicht, sondern bin ganz bestimmt sehr wohlriechend. Wer herausfinden will, ob er mich riechen kann, der darf sich gern mit mir anlegen. ich beiße nur sporadisch, bin hin und wieder sogar freundlich, und ganz selten entwischt mir doch mal so etwas ähnliches wie ein Lob. Nun denn, genug zu mir. Oder etwa nicht? Dann wühlt noch etwas in meinen Texten hier. Die sind, äh, toll. Und so.

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pekaberlin Tja,
so ist das Leben, Thomas!
Nur einmal (genau genommen zweimal) hast du ... äh ... wie sag ich 's dir ...
ach ja ... null und eins verwechselt.
Das ist eine Luftblase die da im Wasser hin und her taumelt.
Andersherum wäre es ja ein Wassertropfen, der in der Luft ... na, du weeßt schon.
Aber ansonsten kann ich dir selbst als gelernter Instandhaltungsmechaniker (auch Betriebsschlosser genannt) und studierter Ingenieur jeden Selbstzweifel nehmen.
Baumärkte sind Verunsicherungsanstalten - für Jedermann!
Liebe Grüße
Peter
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Peter,

ach fuck! Siehste, ich bin sogar zu doof zu erklären, wie eine Wasserwaage funktioniert. ;-) Du hast natürlich recht, es ist 'ne Luftblase im Wasser (bzw. in einer ungesund aussehenden Flüssigkeit). Das, äh, sollte ich vielleicht besser mal korrigieren.
Bei Baumärkten hab ich inzwischen das Gefühl, dass die mit Absicht so gemacht sind, dass ein Laie sich nicht zurechtfindet und nichts hinbekommt. Habe neulich davon gelesen, dass jemand eine Gartenhütte in einem Baumarkt erstand (dessen Logo ein Nagetier ziert) und er hinterher die Bretter noch selbst zurechtsägen musste. Was zum Henker?! Wenn ich einen Computer kaufe, muss ich doch auch nicht erst die Widerstände aufs Mainboard löten!

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
shirley Naja, wenn das derzeit dein größtes Problem ist - das Anbringen eines Regals- dann gratuliere.......mir ging es mal mit Farbe kaufen so....tausend Sorten, Töne, Deckkraft, mit oder ohne Grundierung - da kann man locker 'ne Stunde vor so'nem Regal stehen und staunen und grübeln und nochmal staunen und verzweifeln.
LG Shirley
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Shirley,

das mit der Farbe haben wir auch durch. Ging da allerdings etwas einfacher. Nachdem ich beim letzten Mal mit der wirklich billigen Farbe keine gute Erfahrung gemacht hatte, haben wir dieses Mal einfach die Luxusfarbe gekauft. Ein Anstrich, und die Wand war weiß. Bzw. ist sie's noch immer. Ansonsten beschreibst du mein Dilemma aber sehr gut: "... 'ne Stunde vor so'nem Regal stehen und staunen und grübeln und nochmal staunen und verzweifeln". Ganz genau so war's zumindest mit den Schrauben und allem anderen, abgesehen von der Farbe halt. ;-)

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze Baumärkte sind doch wohl so was von cool für eine Shoppingtour. Da gibt es so wundervolle Dinge (wofür auch immer). Ach ja... und "Übung macht den Meister" und "Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen". Aber du willst ja kein Meister sein sondern nur was anständiges lernen :))
Deine Geschichte hat mich echt amüsiert. Sehr schön geschrieben.

LG von Antje
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Antje,

ich hasse Shoppingtouren generell. Das könnte meine Abneigung natürlich auch erklären. :-D Na ja, es sei denn, es handelt sich um Elektronikkram, der sich irgendwie um Computerzeugs dreht. Da könnte ich mich den ganzen Tag aufhalten. Alles andere ist mir ein Graus.

Viele Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
szirra Als Frau wollte ich auch meinen Mann stehen, so kaufte ich guten Mutes eine Bohrmaschine, einen Akkuschrauber und was das Handwerken so benötigt, damit ich meinen eigenen Werkzeugkoffer im Haus habe. Doch wie gut, dass mein Vater noch hier und da so einiges erledigen kann. Der Bohrer ist viel zu schwer und der Schrauber zu lasch... hätte ich mich doch nur eher mal damit beschäftigt und das Richtige gekauft. Gerne gelesen und ich war in Gedanken bei dir im Baumarkt.
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo szirra,

der Schrauber ist zu lasch? Hast du auch den Bosch Ixo? ;-) Ich hab das Ding, und der ist tatsächlich lasch, aber das soll auch so sein. Der schraubt dir eben ganz genau 'ne Schraube in deine Möbel, wie's sein soll. Und für mehr ist das Ding auch nicht gedacht. Bei der Bohrmaschine hatte ich seinerzeit aber auch kein wirklich gutes Händchen, glaub ich. Die Wand hat mir jedenfalls sehr deutlich gesagt: "Du kommst hier net rein!" Tja, so kann's gehen. ;-)

Viele Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Aber es gibt doch das Internet, wo man sich Filmchen ansehen kann, wie man z.B. ein simples Regal an die Wand bekommt, ohne dass die Statiker den Schreck fürs Leben kriegen. Hab mich wieder mal fast totgelacht und mich gefreut, dass auch von Dir mal wieder was hier zu lesen war.
Manchmal gibt es doch auch Nachbarn, die eine Wasserwaage zur Hand haben. Mein Mann hat immer alles da, nur gebraucht es es vielleicht ein Mal im Leben.......

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Bärbel,

es gibt für alles Videotutorials, das stimmt. Gäbe es die nicht, wüsste ich bis heute nicht, wie ich den fetten Stein aus einer Avocado rausbekomme, ohne die Frucht komplett zu zermatschen. ;-)
Was das Heimwerken angeht, schaut's da schon etwas anders aus: Sieht immer alles superleicht aus, und dann bohrt man selbst 'n Loch in die Wand und hängt prompt mit dem Bohrer im Stahlbeton fest. Ach hör mir auf! :-D

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
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