Kapitel XIV
Wilde Kreaturen
Langsam schoben Miranda und Thomas die Fahrräder neben sich durch die Straße. Die Idee, dass es gefährlich sein könnte durch den Tierpark Valians zu fahren kam ihnen beide erst als sie schon vor dem Tor standen.
Zwei Statuen hielten den Namen des Parks auf ihren steinernen Pfoten.
Zoo der Legenden war der Name des Parks. Die linke Statue stellte einen Löwen da. Ein Tier mit vier Beinen und einer prachtvollen Mähne. Es gehörte zur Gattung der Katzentiere und
lebte früher einmal auf der Erde, dem Heimatplaneten der Allianz. Auf der rechten Seite wurde ein Ealdor dargestellt. Dieses Tier, welches zu den Hybridtieren gehörte hatte zwei große Flügel, zwei Arme mit jeweils einem Hacken als Hände und keine Beine. Ein starker Körper wie der einer Schlange diente dem Ealdor als Beinersatz und ermöglichte ihm die seltenen Male wenn er sich am Boden befindet sich fortzubewegen.
Beide Tiere galten als Wahrzeichen des Tierreichs und wiesen auch beide auf die Gefahren eines Tierparks hin. Zumindest eines Tierparks der bombardiert wurde.
Der Zoo der Legenden hatte noch nie
einen Ausbruch zu verzeichnen. Selbst bei Stromausfall blieben die Gehege sicher verschlossen. Ob das jedoch nach einem großflächigem Bombenregen auch noch der Fall ist würden die beiden wohl bald herausfinden.
„Laut Bröschüre könnten wir bis fast zum Bunker kommen wenn wir durch einige Gehege fahren könnten.“, bemerkte Miranda.
Thomas sah sie etwas verwundert an.
„Warum sollten die Karoner die Tiere verschonen? Die können ja nichts anderes als Leben auslöschen.“, erklärte sie etwas verärgert.
Thomas sah geradewegs in den Zoo.
„Hoffen wir, dass du recht hast.“,
antwortete er und kletterte über die Schranken des Eingangs. Die Fahrräder hoben sie zu zweit ebenfalls hinüber und los ging es.
Im Tierpark war es wie auf einem ganz anderen Planeten. Der ganze Park wurde von einer grünen Wiese bedeckt und die Wege die von Gehege zu Gehege führten waren entweder mit Steinen geflieste kleine Straßen oder einfach schlichte Feldwege.
Miranda bog ab und fuhr zu einem der Infohäuschen. Sie nahm sich eine der Reiseführer des Parks um genau zu wissen welche Tiere hier leben, falls doch noch das eine oder andere Tier überlebt hat. Sie wollte gerade aufs Rad
steigen als sie zu ihrer linken einen toten Mann am Boden sah. Thomas kam zu ihr und betrachtete den Mann ebenfalls. Die großen Löcher im Rücken des Mannes ließen keine Zweifel offen.
Er wurde erschossen.
„Müsste es hier nicht auch Waffen geben? Falls eines der Tiere ausbricht.“, fragte Miranda ihren Freund Thomas. Er aber sah sie mit schiefem Blick an und antwortete: „Tiere haben keine Personenschilde, Miranda.“
Er hatte recht. Sie würden keinen Schaden mit diesen Waffen anrichten. Zu gern würde sie dem nächsten karonischen Soldaten zeigen wie wütend sie auf ihre Taten
war.
Thomas fuhr los und Miranda folgte ihm.
Schweiß lief ihr über die Stirn hinunter. Ihr Herz pochte so schnell sie hatte Angst vorher noch an einem Herzinfarkt zu sterben, bevor dieses Ding sie erwischte. Sollte sie versuchen davon zu laufen? Nein. Sie würde ihm geradewegs in seine monströsen Arme laufen. Wird er sie töten? Vielleicht kann er es kontrollieren?
„Keera!“, schrie Uley der gerade die Tür geöffnet hatte und einen Moment brauchte um dieses Monster zu verstehen. Er hob die Waffe, doch als es
sich umdrehte und ihm ins Gesicht sah konnte er nicht abdrücken.
Keera nutze die Gelegenheit und rannte los. Das Wesen bemerkte ihr Vorhaben sofort und holte mit seiner halb mechanischen Klaue aus. Sie warf sich zu Boden und konnte so dem Hieb gerade noch entkommen. Die Wucht traf einen der Labortische und schleuderte diesen durch eine der gepanzerten Glaswände des Labors.
Keera krabbelte wieder los und versuchte sich während dessen aufzurichten. Die Kreatur schleuderte einen weiteren Tisch zur Seite um sich den Weg frei zu machen und rannte ihr hinterher. Die Erschütterung der
schweren Schritte machten es der krabbelnden Frau schwer sich aufzurichten und sie stolperte.
Das Monster hob seinen Arm und holte erneut zum Schlag aus. Uley feuerte drei Schüsse ab und traf den Arm. Die Kreatur blickte auf die klaffenden Einschusslöcher und aus den Augen des Monsters begannen blaue Lichter auf die Wunde zu scheinen. Der Padoraner konnte seinen Augen nicht trauen. Es sah so aus als ob es die Wunden scannen würde. Die Einschusslöcher wuchsen augenblicklich wieder zusammen. Es sah ihm in die Augen und sein Blick verdunkelte sich. Als es merkte, dass Keera nun fast schon beim Ausgang war
schrie es einen abartigen Schrei aus. Man hörte sofort, dass es eine mechanische Stimme war, doch auch die Stimme eines Menschen war herauszuhören. Es war ein abscheulicher Schrei der den beiden unter die Haut ging.
Das Monster rannte auf sie zu und Uley half Keera sich endlich aufzurappeln. Gemeinsam rannten sie aus dem Labor.
Dieses Ding passte nicht durch den Türrahmen. Vielleicht hätten sie Glück und... Gerade als der junge Sicherheitsoffizier das dachte schmetterte die Kreatur einfach durch die Wand des Labors und betrat den Flur direkt hinter den
beiden.
Uley versuchte es noch einmal mit einigen Schüssen, doch diese prallten nun einfach ab. Wieder schrie das Wesen den Padoraner an und rannte auf ihn zu. Keera rannte eine Treppe hoch zur Brücke des Schiffes. Uley flüchtete über den Gang zu den Manschafftsquartieren. Das Wesen rannte ihm hinterher.
Es bahnte sich seinen Weg durch die engen Gänge des Raumschiffes. Uley hatte eigentlich vorgehabt sich in einem der Quartiere zu verstecken, doch das Wesen war ihm zu dicht auf den Fersen. Lediglich das Zerschmettern der Wände bremste die Kreatur etwas ab. Der Sicherheitsoffizier rannte zur Landebucht
der Human Curiosity. Während er vorbei lief betätigte Uley den Schalter um den Hangar zu öffnen. Eine eiskalte Luft wich im entgegen und er sprang vom Raumschiff.
Eine gelernte Rolle verhinderte, dass er sich Brüche zufügte.
Auf dem Landeplatz des Bunkers angekommen drehte er sich um und sah dieses Ding bereits auf sich zu fliegen. Uley vollführte eine geschickte Rolle um ihm auszuweichen. Es schlug mit solch einer Wucht ein, dass das Dach des Bunkers einen halben Meter nachgab. Einige Energieleitungen gaben nach und entluden sich an dem Monster.
Keine
Reaktion.
Was nun?
Uley blickte sich kurz um. Dieses Ding würde ihn nach einigen Augenblicken sofort einholen und es gab auf dem Dach des Notfallbunkers keine Möglichkeit in Deckung zu gehen. Er blickte auf die Reling des Landeplatzes. Vielleicht könnte er es überlisten und es vom Dach befördern?
Uley rannte los. Das mechanische Monster ließ nicht lange auf sich warten und rannte dem jungen Mann hinterher. Er kam dem Rand des Daches immer näher, doch sein Plan funktionierte nicht. Das Monstrum wurde langsamer.
Er drehte sich um und es stand ungefähr
zwei Meter vor ihm.
Er saß in der Falle.
Alles lief nach Plan. Jedes Zoogehege welches es zu passieren galt konnte leicht betreten und auch wieder verlassen werden. Die Abkürzung durch den Tierpark schien perfekt zu sein. Sie hatten ihre Ruhe und der Anblick von einigen wenigen toten Tieren machte Miranda weniger nervös als der von toter Menschen.
Thomas stoppte Miranda und deutete in Richtung eines Zoogeheges. Dort konnte man zwei Gestalten erkennen die gerade ins Innere des Käfigs
eintraten.
„Karoner?“, fragte Miranda leise.
Thomas nickte. Gespannt verfolgten die beiden das Geschehen. Die feindlichen Soldaten hielten ihre Waffen erhoben und suchten nach dem Bewohner dieses Geheges.
Plötzlich kam wie aus dem nichts eine schlangenartige Kreatur und griff einen der Soldaten an. Die Kreatur schleuderte den Karoner gegen die Gitter des Käfigs und man konnte ein oranges aufblitzen erkennen. Der Personenschild der karonischen Panzerung brach zusammen. Im darauf folgenden Moment durchbohrte die Schlange bereits den Magen des Karoners und hob ihn aus.
Der zweite Soldat wollte gerade auf die Kreatur schießen als erneut wie aus dem Nichts zwei weitere Kreaturen erschienen und ihn in Stücke rissen.
„Jirindianischer Assassine.“, las Miranda vor. Thomas gefiel dieser Name ganz und gar nicht. Miranda las weiter aus ihrem Zooführer vor.
„Sehr aggressive Natur. Jagt immer im Rudel. Kann mit der Umgebung verschmelzen und wird dadurch unsichtbar.“
„Na das hört sich ja toll an!“, maulte Thomas. Die Schlangen verschlangen die beiden Eindringlinge und verschwanden einfach wieder.
„Wir sollten schnell weiter und hoffen,
dass sie uns nicht entdeckt haben.“, schlug Miranda vor und Thomas stimmte ihr zu.
Die beiden radelten weiter und es dauerte nicht mehr lange bis sie die andere Seite des Parks erreicht hatten. Eine zwei Meter hohe Mauer versperrte ihnen jedoch den Weg. Bei der ganzen Zerstörung dachten die beiden, dass es schon irgendwo eine undichte Stelle geben würde wo sie durch können, doch die Mauer wies weit und breit keine Schäden auf.
„Das ist doch jetzt ein schlechter Scherz!“, fluchte Thomas und warf sein Fahrrad um. Er ging die Mauer einige Meter auf und ab und trat immer wieder
wütend gegen Steinwand. „Die ganze Stadt ist durchlöchert wie ein Ftourne Käse und der besteht eigentlich nur aus Löchern! Da verlassen wir uns einmal darauf eine kaputte Mauer zu finden und dann steht die da so frech vor unserer Nase und sagt: Hey, Ihr kommt hier nicht durch!“, schimpfte er vor sich hin.
Miranda saß auf ihrem Rad und dachte nach. Es musste eine Lösung geben. Auf der Straße hinter dieser Mauer würden sie nur noch eine halbe Stunde benötigen um zum Bunker zu kommen. Sie sah sich um. In der Nähe stand ein kleines Gebäude. Vielleicht eine Art Abstellplatz dachte sich
Miranda.
„Thomas?“
„Was denn?“, antwortete er ihr den Tränen nahe.
„Komm schon Thomas. Wir finden einen Weg. Ich will mal in das Haus da vorne reinschauen. Kommst du mit?“, fragte Miranda höchst motiviert.
Seit sie sich an ihren Vater erinnert hatte war sie wie ausgetauscht. Thomas fühlte sich nun manchmal als würde sie ihn retten und ihm Kraft schenken weiterzumachen.
Er stimmte ihr zu und gemeinsam fuhren sie zu dem kleinen Gebäude auf der Suche nach einer Lösung.