Simon Belfare war einst einer der mächtigsten Zauberer im gesamten Reich und als Herr des Sangius-Ordens selbst vom Kaiser und all jenen gefürchtet, die sich ihm in den Weg stellten. Doch als er sich einiger Dörfler entledigen will, die ihm beim Bau seiner neuen Burg im Weg stehen, werden ihm seine Kräfte geraubt. Verwundbar und von seinen eigenen Leuten verraten befindet er sich alsbald auf der Flucht, mit nur einem Ziel: Zurückzuerlangen was ihm genommen wurde. Sein Weg führt ihn dabei durch Armut, Finsternis und
letztendlich auch die Folgen seines eigenen Handelns…bis er im Norden des Kontinents schließlich sein Schicksal findet. Zum Guten oder zum Bösen.
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Simon und die Anderen ließen sich einfach auf einer freien Stelle mitten auf dem Feld nieder, während Ordt und Carol mit dem Korb herbeikamen und sich zu ihnen setzten. Der Abend brachte etwas Kühlung von der unnachgiebigen Hitze des Tages und der Sonnenschein wurde weniger unerbittlich. Kellans Frau begann bereits damit ihnen allen Wasser aus einer großen Metallflasche zu geben, die sie aus dem Korb zog, aus dem bereits jetzt ein Duft aufstieg, der ihnen
das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Endlich einmal wieder eine richtige Mahlzeit, die nicht aus den gestreckten Überresten ihrer wenigen Vorräte bestand…. Simon grinste bei dem Gedanken an die Strapazen, die sie bereits hinter sich hatten unwillkürlich. Ein leerer Magen war nichts dagegen und trotzdem… er freute sich schlicht. „Götter, damit kommen wir fast bis zum Winter durch falls nötig.“, stellte Kiris fest, die bereits einen Blick auf den restlichen Inhalt des Behälters geworfen hatte und mehrere große Streifen Trockenfleisch und Brotleibe hervorholte. „Falls.“, ergänzte Tiege und nahm ihr
eines der Fleischstücke ab. „Ehrlich gesagt habe ich nicht vor, herauszufinden wie kalt es bei euch wirklich werden kann.“ „Wenn ich in Vara nichts finde, könnten wir vielleicht zur Küste weiterziehen.“, meinte Simon. Aber daran glaubte er nicht. Gab es in den Bibliotheken dort keine Antworten für ihn, wäre er endgültig in einer Sackgasse angekommen. Und er war noch nicht bereit aufzugeben. So sehr sich in ihm eine schleichende Bewunderung für seine Gefährten entwickelt hatte, er hatte seinen Platz und den wollte er zurück. „Nun jedenfalls, das habt Ihr euch verdient.“, stellte Carol fest, der es wohl
unangenehm war, unfreiwillig zu lauschen. „Eigentlich zu viel um es anzunehmen.“, meinte Ordt und rang sich ebenfalls ein kurzes Lächeln ab, das ihr aber eher Angst zu machen schien, als die gewünschte Wirkung zu haben. „Unser Ziel ist nicht mehr weit. Und nun werden wir auf dem restlichen Weg garantiert nicht hungern.“ „Euer Diener ist ziemlich aufgeweckt.“, meinte die Frau nur an Kiris gerichtet. Diese schüttelte den Kopf. „Ordt ist kein Sklave wenn Ihr das meint. Und ehrlich gesagt habe ich Leute noch nie verstanden, die es für nötig halten,
welche zu haben.“ Die Bemerkung schien nicht grade dazu beizutragen, Carol zu beruhigen, im Gegenteil. Vermutlich hätte sie einen Sklaven nicht für eine Bedrohung gehalten, einen freien Gejarn hingegen…. Simon war schon zuvor aufgefallen, dass der Wolf sie zu beunruhigen schien. Aber das war wohl kein Wunder, wenn man bedachte, wo sie waren. Tiege hingegen schenkte sie trotz dessen Bewaffnung weniger Beachtung. Vermutlich dachte sie, dass der sie um einen Kopf überragenden Wolf um einiges gefährlicher wäre, als der Fuchs. Simon hingegen hätte nicht gewusst, wen er weniger zum Feind haben wollte.
„Was ist er dann?“ „Ein Freund.“, antwortete Simon, bevor jemand anderes etwas sagen konnte. „Und einer, der genau so gute Arbeit geleistet hat wie wir alle. Ich bin mir sicher, Ihr hattet eure Schwierigkeiten, aber Ordt hier ist für niemanden gefährlich. Außer Ihr gebt ihm einen guten Grund heißt das.“ „Ich nehme euch beim Wort, Herr….“ „Simon.“, antwortete er. „Mein Name ist Simon.“ „Ein seltsamer Zufall. Vor ein paar Wochen ließ man überall verkünden, das nach einem Mann dieses Namens im ganzen Kaiserreich gesucht würde.“ „Richtig.“, meinte er bei einem
weiteren Schluck Wasser. „Reiner Zufall. Kann ich den Hut behalten?“ Carol verstand den Wink mit dem Zaunpfahl offenbar. „Betrachtet es als Geschenk. Und wenn ihr mich nun entschuldigt….“ Simon nickte und tippte sich zum Abschied gegen die Hutkrempe. Die Frau stapfte derweil zurück in Richtung des Hofs. Ordt sah ihn fragend an. „Was wollt Ihr bitte damit?“ „Ich kann schlecht so wie ich bin durch die Stadttore von Vara marschieren.“, antwortete er. „Aber der Hut ist besser als nichts. Das zusammen mit dem ganzen Straßenstaub der mir
sowieso schon in den Kleidern hängt und ich glaube, wir sollten unerkannt durchkommen.“ „Trotzdem beunruhigt mich etwas.“, meinte Kiris. „Es war klar, dass man nach uns suchen würde.“, stellte Tiege fest, der einen abgenagten Knochen bei Seite warf und sich über ein Stück Brot hermachte. Für seine Statur bewies der junge Krieger einen erstaunlichen Appetit. „Darum geht es nicht. Aber euer alter… Freund, dieser Erik…. Wieso sollte er den Kaiser überzeugen einen neuen Feldzug zu beginnen?“ „Vermutlich will er so gleich seine Loyalität im Krieg unter Beweis stellen.
Das Kaiserreich greift die freien Königreiche immer wieder an. Reine Einschüchterungstaktik, denn wenn sie wirklich Anstalten machen würden, mehr als ein oder zwei Stadtstaaten zu verwüsten, könnten die übrigen sich tatsächlich einmal zusammenschließen… und Tiberius eine Lektion erteilen. Und er ist nicht mein Freund.“, erwiderte Simon kalt. Bei dem Gedanken an den Verrat des Mannes verfluchte er die Seherin innerlich erneut. Nach wie vor hatte er keine Ahnung, was hier vor sich ging oder welchem Zweck es diente. „Wir wurden lediglich zusammen von ein und demselben Mann ausgebildet. Das ist alles.“
„Euer alter Meister, von dem ihr heute Morgen gesprochen habt ?“ Simon nickte. „Dem verdanke ich auch das hier.“ Er trug nach wie vor das Hemd, in dem er in der Arena Anegos gekämpft hatte und nach wie vor klaffte in einem der Ärmel ein breiter Riss, den Ordts Messer hinterlassen hatte. Simon schob den Stoff endgültig zur Seite. Darunter schimmerten klar erkennbare Runen und geometrische Muster, die in roten Linien in das Fleisch gebrannt waren. Es waren Narben… „Was ist das?“, fragte Ordt, dem offenbar bereits klar wurde, dass es sich dabei nicht um eine simple Tätowierung handelte.
„Vielleicht fange ich am Anfang an.“, schlug Simon vor. Das würde ihm zumindest Gelegenheit geben, die aufkommende Wut in seinem Bauch unter Kontrolle zu bringen. Nein, er dachte auch nach all der Zeit, nach dem er sich weit über seine erkaltende Asche erhoben hatte, nicht gerne an den Menschen zurück, dem er diese Zeichnungen verdankte. „Ich bin in Vara als Straßenkind aufgewachsen und was meine Eltern angeht erinnere ich mich nicht an viel über sie. Aber eines Tages bin hatte ich das Pech oder Glück, einen der freien Magier der Stadt zu bestehlen, einen Mann namens Alastor. Sagen wir
einfach, das ging nicht sonderlich gut aus und es lief darauf hinaus, das sein Schüler mir nachsetzte.“ „Und dieser Schüler….“ „War Erik Svensson.“, beendete Simon den Satz. „Ja. Ich war mir damals meiner Gabe nicht wirklich bewusst, ich meine, natürlich war mir klar, dass manchmal irgendetwas anders war. Ab und an geschahen einige Dinge einfach, wie das ich scheinbar Wärme erzeugen konnte um mich vor dem erfrieren zu schützen oder manchmal auch spüren konnte, wenn sich irgendwo ein magischer Gegenstand befand, nicht, das es viele davon geben hätte. Aber ich wusste nie, was es damit auf sich hatte,
bis zu diesem Tag. Solltet Ihr je auf die Idee kommen, vor einem Magier davonlaufen zu wollen lasst mich einfach sagen, dass das nicht immer eine gute Idee ist. Ich kam keine drei Straßen weit, bevor Erik mich eingeholt hatte und mir mit einem Zauber die Beine wegzog. Und er war damals schon einen guten Kopf größer wie ich.“ „Was ist dann passiert?“ „Bevor Erik mit mir den Boden aufwischen konnte, kam zum Glück Alastor dazu. Und ihm ist gleich aufgefallen, dass ich über Magie verfüge. So etwas kann man vor einem anderen Zauberer nur schwer verstecken, vor allem ohne Ausbildung. Um es kurz
zu machen, anstatt die Wachen zu rufen, nahm er mich auf und ich wurde sein zweiter Schüler. Die nächsten vier Jahre meines Lebens hatte ich kaum mehr Ruhe. Alastor streng zu nennen wäre untertrieben und wenn der Mann ein Herz hatte, so muss er das schon lange vorher verloren haben…. Er konnte sich sehr interessante Strafen ausdenken, wenn man seine Erwartungen nicht erfüllte, aber er war nie sinnlos grausam. Wenn man seine ewigen Predigten über Verantwortung nicht Folter nennen will. Das hieß bis hierhin….“ Simon strich den Ärmel wieder über die Narben an seinem Arm. „Götter, ich hatte in dem Alter
allerdings auch Flausen im Kopf.“ „Manche würden sagen, daran hat sich nicht viel geändert.“, stellte Kiris fest. „Vielleicht…“ er war sich ja selber nicht mehr sicher. „In Canton mag man offener mit Magie umgehen als in eurer Heimat Tiege, aber auch hier gibt es Leute, die uns lieber alle tot sehen würde. Und einige davon gab es auch in Vara. An Alastor trauten sie sich nicht ran, aber einen seiner Schüler… den hielten sie wohl für ein einfaches Ziel. Falsch gedacht.“ „Ihr habt sie getötet?“ Simon schüttelte den Kopf. „Nur verletzt und eine Heidenangst eingejagt. Ich war trotz allem noch ein halbes
Kind, aber immerhin eines, das mit einem Gedanken einen Glutsturm entfachen konnte. Aber als ich an diesem Tag zu Alastor zurückkehrte…. Jemand war schneller als ich gewesen und hatte ihm von dem Vorfall erzählt. Nur leider dabei ausgelassen, das ich nicht derjenige war, der zuerst zugeschlagen hat. Der alte Magier war außer sich und wütend wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Er meinte, er hätte mir und Erik wohl nicht genug Verantwortung beigebracht. Und dann hat er versucht, sie mir einzubrennen…“ „Versucht?“ „Sagen wir einfach, an diesem Tag hat er herausgefunden, dass es keine gute
Idee ist einen Magier foltern zu wollen, dessen magische Kräfte den seinen bereits weit überlegen sind.“ Er konnte sich noch gut an die Schmerzen erinnern, als ihn der Zauber Alastors traf. Und dann war irgendwo in seinem Geist etwas zerrissen. „Ich habe einen Zauber gewirkt, der das halbe Haus zerstört hat, in dem wir uns befanden. Von Alastor selber ist nichts übrig geblieben, soweit ich das sagen kann. Jedenfalls nichts, was man hätte erkennen können. Danach habe ich zusammen mit Erik Vara verlassen und später begonnen, den Orden aufzubauen. Und der Rest…. Nun hier bin ich weniger als zehn Jahre später.“
„Und Ihr habt inzwischen mehr getan, als ein einziges Leben auszulöschen.“, stellte Kiris fest. „Glaubt ihr, daran müsst Ihr mich noch erinnern?“ Er seufzte. Es brachte nichts, egal wie oft er auch beteuerte, dass er seine Entscheidung inzwischen bereute…. Es war ein schleichender Prozess gewesen, einer der wohl nach wie vor stattfand, aber vielleicht… waren nicht alle seine Entscheidungen immer die besten gewesen. Er hatte immer darauf abgezielt, seine eigene Macht zu steigern. Aber vielleicht hatte er dabei etwas übersehen…. „Ihr habt in einem Augenblick, aus einer Laune heraus, vernichtet, was zwei
Generationen meiner Familie aufgebaut haben, Simon. Ich weiß nicht einmal, ob ich das vergeben könnte, selbst wenn ich es wollte.“ Er hatte übersehen, welchen Preis andere dafür bezahlen würden. „Ich bin kein Monster, wenn Ihr das meint.“ „Nein vielleicht nicht.“ Kiris berührte Gedankenverloren die Kette, die sie um den Hals trug. „Und ich weiß einfach nicht, was ich von Euch halten soll. Erst verflucht ihr uns, dann helft Ihr uns und jetzt was? Sitzen wir hier und reden?“ Sie schüttelte den Kopf. „Seid Ihr immer so… zwiespältig?“ „Normalerweise nicht. Und wenn es irgendetwas ändert… wenn ich noch die
Macht dazu hätte, ich würde Euch Euer Land zurückgeben. Götter, ich würde es gänzlich rückgängig machen wenn das möglich wäre….“ Ob er es zugeben wollte oder nicht, er hatte mittlerweile einen gesunden Respekt vor seinen unfreiwilligen Gefährten gewonnen und vielleicht grade vor Kiris. Immer zielstrebig… und in der Lage die unbequemsten Fragen zu stellen. Er schüttelte den Kopf. Diese Frau hatte etwas Faszinierendes an sich, das er sich nicht erklären konnte. „Vorsicht, jemand könnte auf die Idee kommen, dass Ihr freundlich sein könnt….“ Kiris ließ den Anhänger los, den sie bisher zwischen den Fingern
gedreht hatte. „Ich habe das hier bekommen, als ich das Amt des Dorfvorstehers von meinem Vater übernahm. Es steht für Gerechtigkeit. Man hat immer dafür gesorgt, dass ich unterscheiden kann, was Recht und Unrecht ist. Wenn man auch als Schlichterin bei Streitigkeiten von ein paar hundert Seelen fungiert, ist das zwingend notwendig. Aber ihr….“ Bevor sie den Satz beenden konnte, zog etwas Simons Aufmerksamkeit auf sich. Eine Gestalt, die sich vom Hof her über das Feld näherte. Und zwar schnell. Er erkannte grade noch Kellan, bevor dieser auch schon bei ihnen war, die Augen vor Angst geweitet und schwer atmend.
„Ihr müsst euch sofort irgendwo verstecken.“, erklärte er angespannt. „Soldaten der Garde. Und nicht grade wenige.“ Der Bauer deutete zurück zum Haus und auf die Straße hinaus, die daran entlangführte. Darauf zeichneten sich bereits deutlich die Umrisse von mindestens einem Dutzend Männern zu Pferd ab. Sie hatten ein Problem….
EagleWriter Ich sage es mal so, weglaufen wäre ja langweilig ^^ Wobei Weglaufen im nächsten Kapitel trotzdem durchaus ein Stichwort werden dürfte. lg E:W |
abschuetze Na Klasse ... ein Problem gelöst und schon kommt ein Neues^^ Niedermetzeln ist ja wohl nicht angesagt, damit bringen sie nur Kellan und Familie in Bedrängnis ... LG von Antje |
EagleWriter Und bei zwanzig gegen einen ist auch bei Tiege Schluss. Der ist im Gegensatz zu Zyle noch ziemlich sterblich. Und weniger gut Ausgebildet. ^^ lg E:W |