Kurzgeschichte
Kikeriki

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"Kikeriki"
Veröffentlicht am 10. Mai 2015, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Kikeriki

Kikeriki

Kikeriki Nun war es so weit. Mit zitternden Knien stand ich hinterm Vorhang und überlegte, wie ich diesem Desaster hier entkommen könnte. Aber es gab kein Zurück. Hier musste ich durch. Was hatte ich mir da angetan? Ich könnte jetzt so schön ruhig auf meinem Balkon sitzen und die Sonne genießen. Aber nein, ich musste ja ins Rampenlicht. – Wenn es noch Rampenlicht wäre -. Nein es war helllichter Tag. Ich stand auf einer Bühne und ich schätzte, ca 300 Menschen saßen und standen da draußen und warteten darauf, dass ich mich blamierte und sie mich ausbuhen konnten.

Mein Herz pochte so laut, dass ich dachte, man könnte es draußen hören. Hatte ich auch meine Blutdruckpillen genommen? Man weiß ja nie, wie der Körper bei so einer Aufregung reagiert. Schnell rief ich mich zur Ordnung. An so etwas sollte ich jetzt nun wirklich nicht denken. Ich versuchte meine Texte noch einmal vor mich hin zu sagen und mir fiel keiner mehr ein. Panik ergriff mich. Wie hieß das blöde Wort noch, an das ich mich nicht gewöhnen konnte. - ABCD,- ja D Demütigung. Zu Hause hatte ich mir im ganzen Haus Zettel mit diesem Wort hin geklebt, damit es endlich in meinem Kopf blieb. Doch immer wenn

ich es sagen sollte, fiel es mir partout nicht ein. Woran lag das? Hatte ich es vielleicht unbewusst aus meinem Wortschatz verdrängt? Kam jetzt die Strafe von oben? Vielleicht hätte ich in meinem Leben doch öfter mal demütig sein sollen. Aber jetzt war ich es und wie! Ich flehte den lieben Gott leise an, mir doch einen Engel zu schicken, der mir die Worte in den Mund legte. Vorsichtig spähte ich durch den Vorhang. Der Esel, der Hund und die Katze waren noch im Disput, was sie machen sollten. Wie hatte es eigentlich dazu kommen können! Mich muss wohl der Teufel

geritten haben. Vor 4 Wochen fragte mich Christine die Leiterin unserer Theatergruppe „die Stiftler“ so nebenbei, ob ich nicht mal Lust hätte, bei einer Stadtführung mitzulaufen und mir das Spektakel mal anzusehen. Es ging um eine Stadtführung, bei der man auch die Stadtmusikanten dazu buchen konnte. Natürlich interessierte mich das und ich erschien pünktlich zur verabredeten Zeit am Marktplatz. Christine fragte mich , ob ich eigentlich krähen konnte. Natürlich konnte ich und arglos schmetterte ich ein lautes „Kikeriki“ über den Marktplatz. Ein paar Leute sahen mich mitleidig an, aber das

machte mir nichts. Ich war frohgelaunt und ein paar Verrückte gibt es ja immer. Christine jedenfalls war ganz zufrieden damit und sagte: „Dann kannst du ja gleich das Hahnenkostüm anziehen und als Hahn hier mitlaufen.“ Ich schaute sie entsetzt an. „Aber ich kann ja noch keinen Text!“ „Brauchst du auch nicht“ erwiderte sie, „du kommst nach deinem Kikeriki aus der Ecke und stellst dich vor. Du heißt übrigens Lorenzo. Alles andere machen wir schon. Antworte einfach auf meine Fragen. Wir fangen dich schon auf!“ Na das klang ja gut. Sie wollten mich wenigstens auffangen. Wenn sie sich da man nicht zu viel vorgenommen hatten.

Gott sei Dank hatte ich mir irgendwann mal das Textbuch angeschaut und einiges war hängen geblieben. Bei einer Stadtführung wird immer nur ein kleines Stück aus dem Märchen gespielt. Die Stapelung über einander wurde mir noch erklärt. Nur der Esel ging auf allen Vieren. Wir anderen beugten uns darüber. Und weil wir alle so tolle kunstvolle Köpfe hatten, waren wir natürlich ein beliebtes Fotoobjekt. Überall wurden die Kameras gezückt. Gesagt getan. Es war auch wirklich nicht schwer und Christine war zufrieden mit mir. Nun fragte sie mich, ob ich in Zukunft den Hahn die ganze Saison mitspielen wollte. Aber richtig

auf der Bühne! Ich barst fast vor Stolz. Ich, den Hahn! Ja so hatte es angefangen. Ich bekam ein Textbuch in die Hand gedrückt mit dem Bescheid, dass die Tänze mit Gesang kurz vor der ersten Aufführung noch einmal durchgenommen würden. TÄNZE ? GESANG ? Ich glaubte nicht richtig zu hören. Ich tanzen ? Bei 5 Umdrehungen kam ich ja jetzt schon aus der Puste! Und dann auf der Bühne! Und singen auch noch dazu? Was kam da auf mich zu? Aber wer A sagt, muss auch B sagen, das war schon immer meine Devise. Also „Nicht lang schnacken, Kopf in'n Nacken“. So lautet ein altes Bremer

Sprichwort. Nun stürzte ich mich auf die Texte und musste feststellen, dass meine grauen Zellen doch schon etwas nachgelassen hatten. Früher konnte ich besser lernen. Die Zeit bis zum ersten Sonntag im Mai verging wie im Fluge und jezt war es so weit. Unsere wunderschöne fahrbare Bühne wurde auf der Domsheide aufgestellt. Wir waren eine Stunde vorher da und stellten die Sitzbänke bereit und nun ging es ans Umziehen. Claudia, eine Mitstreiterin aus dem Theater,die sich vorsorglich auch den Hahn einstudiert hatte, half mir fürsorglich beim Ankleiden, was bei diesem Kostüm

wirklich nicht so einfach war. Sie spuckte mir über die Schulter und wünschte „Toi, toi toi. Sie konnte ermessen, wie mir zumute war. Und nun stand ich da. Ich merkte, wie mir der Angstschweiß den Rücken runter lief. Wie war das Wort? - DEMÜTIGUNG - Aber vorher noch „Sehr verehrte Herrschaften........... Von draußen hörte ich plötzlich „Auf nach Bremen“. Mein Stichwort, - es half nichts. Ich musste raus. Ich legte alle Kraft in mein „Kikeriki“, denn noch hatte ich kein Mikrofon, und betrat die Bühne. Du lieber Himmel , welche

Menschenmengen! Mit einem schnellen Blick stellte ich fest, dass mich alle anstrahlten, denn ich war als Hahn eine wirklich imposante Erscheinung. Das erleichterte mich doch ungemein. Christine hielt mir das Mikrofon hin und siehe da,es kamen wirklich richtige Worte aus meinem Mund. Und wahrscheinlich hatte es auch gut geklungen, denn die Masse klatschte mir Beifall. Nach den ersten drei längeren Passagen, die ich wirklich ohne Stottern hinter mich gebracht hatte, merkte ich dass die Anspannung nachließ und es mir richtig Spaß machte, dort zu agieren. Jedenfalls war die Aufführung

ein voller Erfolg und anschließend wurden für die Kinder Lesezeichen und Zeichnungen von uns mit unseren Autogrammen versehen verschenkt. Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich Autogramme geschrieben habe. Zwar als Lorenzo, aber immerhin. - -

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Brigitte

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Asteria 
aber immerhin ...

toll geschrieben, liebe Brigitte, auch ich habe gesagt:
"toi, toi, toi, du machst das schon!"
und wie gut es dir gelungen ist, ich habe sie alle gesehen,
mein Kopfkino hat mir die schönsten Bilder präsentiert.

Danke, für dieses schöne Buch!

Lieber Gruß
Asteria
Vor langer Zeit - Antworten
Brigitte Ganz lieben Dank dir liebe Asteria! Wie schön, wenn man Kopfkino haben kann. Das ist nicht jedem gegeben. Auch ich denke noch gerne an diese schöne Zeit zurück. Einen schönen Sonntagabend noch für dich. Liebe Grüße Brigitte
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Habe es gerne nochmals gelesen und fand es wieder sehr lustig.
Talerchen gab es schon beim ersten Kommi, aber das herzchen ist jetzt noch offen.

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Brigitte Ich war lange nicht hier drin liebe Bärbel, deshalb jetzt erst mein herzliches Dankeschön für deine lieben Zeilen und vor allem für das Herzchen. Ganz liebe Grüße zu dir Brigitte
Vor langer Zeit - Antworten
Feedre das ist doch super, manchmal kann man
mehr, als man von sich selber weiss...:-)))
toll geschrieben...
lieben Gruß
Feedre
Vor langer Zeit - Antworten
Brigitte Danke liebe Feedre, ich war eigentlich ja schon bühnenerprobt.. Habe ja früher im Amatheurtheater schon gespielt. Aber das kam alles zu plötzlich. Vielen Dank für deinen Besuch bei mir mit lieben Samstaggrüßen Brigitte
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Liebe Brigitte,
das hast du wieder so frisch von der Leber weg erzählt, kann man gut nachvollziehen und gefällt mir sehr!

Liebe Grüße
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Brigitte Schön, dass es dir gefallen hat liebe Fleur. Ganz liebe Grüße in den Samstagabend Brigitte
Vor langer Zeit - Antworten
Enya2853 Liebe Brigitte,
klasse, erstens, dass du dich getraut hast und zweitens, dass du es wieder so humorvoll und nachvollziehbar beschrieben hast.
Die Kostüme sind ja wirklich imposant.
Deine Aufregung kann ich gut verstehen. Habe selbst des öfteren Theater gespielt, in der Schule, auf der bühne im Frankfurter Schauspielhaus (Peterchens Mondfahrt) und für den Kindergarten mal einen "Wilden Kerl". Immer ist mir anfangs fast das Herz in die Hose gerutscht.
Die Bremer Stadtmusikanten habe ich zweimal mit einer Schulklasse aufgeführt, auch die Kids waren vorher aufgeregt, aber dann doch stolz.

Danke dir für deinen tollen Beitrag.
Liebe Grüße
Enya
Vor langer Zeit - Antworten
Brigitte Ja, das Lampenfieber kannte ich auch schon von früheren Aufführungen her. Ich habe vor vierzig Jahren lange im Amatheuttheater gespielt. Ganz anspruchsvolle Stücke sogar. Ich hatte sogar die Hauptrolle in Sophokles Antigone. Da kann ich heute noch die Texte rezitieren. Ganz lieben Dank für alles liebe Enya und liebe Grüße Brigitte
Vor langer Zeit - Antworten
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