Das hockende Weib
Hört’ zu ihr Leut’
und lasst euch sagen,
was einst vor langer Zeit,
sich Schreckliches hat zugetragen.
Es lebte gar ein armes Weib,
mit Kindern, zweie an der Zahl,
ihr Gatte schied schon früh dahin,
es folgte Trauer und auch Qual.
Eines Tages kam das Unheil,
Vögel flohen alle hier,
bebend sich die Erde regte,
groß war die Not für Mensch und
Tier.
Am Fuß der Klippen lag die Hütte,
sie hielt der Regenflut nicht stand,
tapfer eilte sie von dannen,
mit ihren Kindern an der Hand.
Wollte auf den Berg sich retten,
überschwemmt war schon das Land,
gar unerreicht der Gipfel schien,
denn rutschig war der Klippen Wand.
Das Weib konnt’ hoch hinaus nicht klettern,
das Wasser stieg ihr bis zum Kinn,
flugs schulterte sie ihre Kinder
und leidlich hockt’ das Weib sich
hin.
So durften beide Kinder atmen,
das Wasser holte sie nicht ein
und als die hohen Fluten wichen,
verblieb das Weib als Fels im Stein.
Sie trug die Kinder mit dem Herzen,
verkauft’ dem Tode ihren Leib,
dieser wandelt’ sich zum Steine,
in der Höh’ als hockend Weib.