- Ich war noch nie für Horrorgeschichten geeignet. Schon immer war ich die Person, die nie dran glaubte und doch am meisten Angst vor hatte. Aber als ich den Schattenmann rief und er wirklich erschien, glaubte auch ich an Horrorgeschichten. Mein Problem war es mit ihm, vor lauter Angst, einen Packt geschlossen zu haben. Doch das Gute daran war, dass ich Jemandem mein Herz öffnen konnte. -
Draußen war es düster. Ein kleiner Wind zog über die Straßen und nur die Laternen erhellten die kleinen Wege. Ich hatte es mir mit meiner besten Freundin auf ihrem Bett bequem gemacht. Wir hatten uns gemütlich vor ihrem Laptop hingelegt und betrachteten gerade den Abspann eines Filmes. „Der war ja öde der Film! Wir hätten lieber einen anderen Horrorfilm gucken sollen.“ meinte Nami gelangweilt während sie den Laptop schloss und schließlich
aufstand. Ich sah ihr hinterher und bewarf sie mit etwas Süßkram, aus der Schüssel vor mir. „Hee! Ich fand den ganz gut. Der war WOHL gruselig, auch wenn der Film alt ist.“ „Du bist ja auch ein Angsthase.“, lachte sie mich aus. Ich sah sie grimmig an doch sie streckte mir nur dreist die Zunge entgegen. Aber es war richtig, ich war schon immer ein Angsthase. Aber wer will das schon zugeben? „Bin ich gar nicht!!!“, maulte ich also. Nami machte das Licht an und schaute mich verdächtig
an. Ich fing an zu grinsen. Wir wussten beide, dass sie Recht hatte. Nami und ich waren schon sehr lange gute Freunde und daher kannte sie mich fast besser als meine Eltern. Nun warf sie mir die andere Tüte Chips entgegen. „Na das will ich mal testen. Schalte das Licht aus und sag es!“ Schnell wich ich etwas zurück. „Was? I.. Ich weiß nicht was du meinst!“ „Ja! Du weißt sehr wohl was ich meine… HUHU!!“ Jetzt setzte sie sich grinsend neben mich. Ihre Stimme wurde leiser und tiefer. Dabei fuchtelte sie verschwörerisch mit den Händen herum.
„Huuu… Schalte das Licht aus, stelle dich alleine in den Raum und ruf ihn! …Los! Wenn du das machst, verspreche ich dir, dich nie wieder Angsthase zu nennen!!!“ Mit einem Schmunzeln betrachtete sie meine Unsicherheit. Ein ungutes Gefühl überkam mich. Mein Magen zog sich zusammen. Das schaffe ich ja wohl! Ich wollte ihr zeigen, dass ich keine Angst hatte! Aber… ich hatte ja Angst. Dann lacht sie mich aber nicht mehr aus! … War es mir das wert? Kurz sah ich weg und überlegte. Die ganze Zeit mit ihrem stechendem Blick
von der Seite, der mich immer mehr bedrängte. „Los Yuki! Es passiert schon nichts! Und wenn doch, dann sticht der Schattenmann dich ab! Hahaha. Aber hey, mach doch zur Not einen packt mit ihm! Wie bei diesem Vampirfilm! Vielleicht bringt´s ja was!“, hetzte Nami mich mit einem Lachen in der Stimme. „Das ist gar nicht witzig…“, nuschelte ich. Weiter wollte ich darauf nichts sagen. Es erschien mir zu dumm auf ihr sinnloses Kommentar zu antworten, und Diskussionen verlor ich sowieso immer. Also riss ich mich zusammen! Entschlossen nickte ich, wenn auch nicht
ganz freiwillig. „Oke…“ Ein lautes: „GUT!“ schrie Nami durch den Raum. Sie sprang auf und lief zur Tür. „Ich mache das Licht eben aus! Und duuuuu musst es laut genug sagen ja!? LAUT GENUG!“ Wieder nickte ich nur. Dieses mal aber mit sehr viel mehr Angst. Nami wartete an der Tür. Auf was hatte ich mich eigentlich eingelassen?! Und wenn doch etwas passiert? Nur weil Nami wieder so übertreiben musste! Aber es gibt ja keine Geister… oder? Quatsch… was sollte denn schon
passieren? Als wenn da so ein Typ käme und mich… ..- Egal! Erst schüttelte ich den Kopf. Jetzt stand auch ich auf. Die ganze zeit verließ kein Wort meinen Mund. Meine Augen waren so weit aufgerissen, als wenn schon vorher etwas passieren könnte. Ich blickte noch einmal rüber zu Nami. Sie machte sich schon bereit und hob ihren Daumen. „Alles klar!“, grinste sie und schaltete das Licht aus. Nur das Flurlicht erhellte den Raum noch durch den Spalt. Doch langsam wurde auch dieses immer dünner, bis die Tür sich schloss und im
Bogen eingerastet war. Stille. „Wie bescheuert…“, schnaufte ich und lehnte mich an die Tür. Irgendwie ging mir das alles zu schnell. Ich hätte noch länger drüber nachdenken sollen. „Muss ich echt jetzt?“ Mit meinen Händen spielte ich aufgeregt an meinem Pullover herum. Ein stumpfes „Jaaaaaaaaa!“, kam mir von der anderen Seite entgegen. Aber ich versuchte der Situation weiter auszuweichen. „Das ist doch echt idiotisch! Wir sind doch keine Kinder!“ „Hahaha, du schon! Wenn du jetzt
kneifst!“ Nur ein Augendrehen konnte ich darauf erwidern. Auch wenn ich mehr Angst hatte als sie, war ich trotzdem die Erwachsenere von uns beiden. Ich sah mich in dem Zimmer um. Durch die Lücken in den Schalosienen drang etwas Laternenlicht von draußen hinein. Und langsam gewöhnten meine Augen sich auch an die Finsternis. Das große Bett und die Regale am Fenster erkannte ich etwas. Doch viel mehr auch nicht. Überall nur Schatten, gruselige Schatten. Noch einmal holte ich tief Luft und schüttelte den
Kopf. Ich tätschelte mir auf die Wangen und - „LOOOS!“ brüllte es aus dem Flur. Darauf zuckte ich zusammen, „BOA! JA!“ und hielt mir meine Hand vor Schock auf die Brust. Ich dachte ich falle hin vor Schreck. „Ok, aber jetzt!“ Noch schnell etwas auf der Stelle hüpfen und die Arme ausschlackern. „Dann mal los…“ sagte ich mir selber und holte noch einmal tief Luft. Tief einatmen und ausatmen. Entschlossen stellte ich mich mitten ins Zimmer. „Schattenmann! Ich habe keine Angst. Komm her und zeig mir was du kannst!!
Schattenmann! Ich habe keine Angst. Komm her und zeig mir was du kannst!“ brüllte ich in den Raum. Sofort blickte ich umher. Am liebsten hätte ich mich wie eine Maus in ihrem Mauseloch verkrochen. Mein Herz begann zu rasen. Es pochte so stark, dass ich es bis zum Hals spüren konnte. Mein Bauch schmerze vor Aufregung und ich konnte nur schwer atmen. Voller Furcht versuchte ich in dem Raum etwas zu erkennen. Aber niemand war da. Alles war leise und seltsamerweise hörte ich nicht einmal Nami. Kein Schattenmann, keine Geräusche,
nur Stille. Jetzt lächelte ich wieder. „Siehst du Nami!!! Ich habs gemacht. PA!“, entspannte ich mich und bewegte mich langsam zum Lichtschalter. Doch noch immer bekam ich keine Antwort. „Jetzt verarsch mich nicht.“, lachte ich und legte meine Hand auf den Schalter. Ich wollte die Lampe wieder an machen, doch es funktionierte nicht! „Warum geht das nicht?“ flüsterte ich. Nami wollte mich doch nur ärgern! Wieder begann mein Herz zu pochen. Immer wieder bewegte ich den Schalter hinauf und hinunter. Doch kein Licht, die Tür öffnete sich
ebenso nicht. „Hallo?! Mach die Tür auf! Das ist nicht witzig!!!“ brüllte ich. Ich merkte wie warm mir wurde. Voller Kraft rüttelte ich an dem Knauf. „Mach auf!!!“ Ich stampfte gegen die Tür. „NAMI! NAMI!!! Mach auf!!!“ Meine Augen füllten sich schon mit Tränen. „Bitte!!! Bitte!!! Ich…-“ Und dann hörte ich Schritte hinter mir und ein kalter Hauch kam mir entgegen. Ich war wie versteinert. „Nami…?“ flüsterte ich. Meine Hände zitterten und meine Augen riss ich auf. Das kann doch jetzt nicht war sein?
Keine Antwort. Ein Schauer lief über meinen Rücken und wie eine Statue stand ich dort. Nur sehr langsam nahm ich die Hand zurück. Jemand war hinter mir. Ich will nicht, ich will nicht hinsehen! Angst durchfuhr meine Knochen, Adrenalin schoss in die Höhe, Schweißperlen liefen meiner Stirn entlang. Langsam kamen die Schritte näher. Ich konnte es nicht fassen, ich wollte es nicht glauben! Luft zu holen wurde immer schwerer. Als würde man mir die Brust zu schnüren. Meine Gänsehaut wurde nicht weniger.
Wer war hinter mir? Doch plötzlich hörte ich keine Schritte mehr. Wieder Stille. „Nami?... Das ist nicht witzig…“ Zitternd drehte ich mich um. Erst drehte ich ein wenig den Kopf, dann den Körper. Es war noch immer finster. Plötzlich blieb mir der Atem stehen und mein Blut gefror. Eine Person stand im Raum. Wirklich? Oder ließ ich mich nur täuschen? Es war zu dunkel! Wie peinlich es wäre, wenn das nur ein Gegenstand
war! Ich fixierte dieses Ding also ganz genau. Leicht kniff ich die Augen zu und bewegte mich vor. Aber nein, es war wirklich etwas anderes! Es gehörte nich in den Raum. Plötzlich bewegte es sich auch auf mich zu! Es war so schnell. Vor Schreck warf ich mich auf den Boden. Ich kroch in die Ecke und dieser Schatten kam mir immer näher! „Du hast mich gerufen.“, hörte ich eine Stimme flüstern. „Sei mir nützlich, indem du stirbst.“ Mich packte etwas kaltes am Hals und
drückte mich zu Boden. Erst versuchte ich mit meinem Armen irgendwo Halt zu suchen. „Nein! Nein!!! Warte!“, doch es drückte mir den Hals zu. Obwohl es mir so nahe war, erkannte ich ihn noch immer nicht. Es wurde immer enger. Sollte das mein Ende sein? Aber der Tag fing doch so schön an! Und ich war doch erst 18. Ich versuchte nach Luft zu schnappen. Ich hatte keinen klaren Gedanken mehr. Panik! Nur noch Panik! Ich haute mit Armen und Beinen um mich. Ich versuchte Lärm zu machen,
und hoffte auf Hilfe. Doch es nutzte nichts. Tränen kullerten bereits an meinen Schläfen hinunter. Dann sah ich etwas metalisch glänzendes über mir. Ein Dolch. Er holte wohl schon aus. Ich griff seinen Arm an meinem Hals und versuchte damit den Druck zu lockern. „Warte!“, versuchte ich zu sagen. „Ich… ich will dir anders nützlich sein! Es … tut mir… leid.“, keuchte ich atemlos mit letzter Kraft. Mir wurde langsam schwindelig. Es fühlte sich an als würde mein Kopf
platzen. Doch es steckte den Dolch wieder weg. Noch bevor ich bewusstlos wurde, lockerte sich sein Griff. „Anders nützlich?“ sagte es und stand wieder auf. Von mir kam jedoch noch keine Antwort. Ich hustete nur und rang nach Luft. Ich hielt meinen Hals fest und drehte mich zur Seite. Noch immer hustete ich. Ich konnte gar nicht fassen was passierte! Plötzlich packte mich etwas am Arm und zog mich hoch. Er war so grob zu mir und ich war doch noch immer sehr
schwach. Dann sah ich ihn etwas besser durch das Licht. Er schaute mich mit seinen hellen Augen an. Seine Nähe verbreitete Angst in mir. Die schwarze Schattengestalt. Direkt vor mir. Doch kaum zu erkennen. „Gib mir einen Grund dich nicht zu töten.“ flüsterte er mir zornig zu. „I…. I… ich… kann dir helfen!“ stotterte ich, in der Hoffnung alles sei nur ein Traum. Eine solche Angst hatte ich noch nie zuvor in meinem Leben gehabt. Ich wusste nicht einmal was ich da gerade sagen sollte. „I… Ich helfe dir! Und du lässt mich am
leben!!! Ein Pakt!“ jauchzte ich voller Angst und hustete wieder. Ich merke schon gar nicht mehr wie die Tränen weiter kullerten. Langsam wendete er sich von mir ab und ließ meinen Arm los. Er ging einen Schritt zurück und ich ließ mich auf das Bett fallen. Dort saß ich nun. Einen Plan hatte ich wohl kaum. Ich hatte mich nicht wirklich darauf vorbereitet, dass ein „Etwas“ plötzlich vor mir steht und mich töten will. „Hm…“ er drehte sich um und sah mich wieder an. Schließlich packte er meine Hand.
„Angenommen!“
Der Schattenmann starrte mich wieder mit seinen tief blickenden Augen an und schwieg.
Mein Körper wurde schwer und meine Arme schwach.
Was sollte das? Sterbe ich jetzt doch?!
„Träume schön.“ Waren seine letzten Worte.
Er hob seine Hand zu meinem Gesicht und plötzlich verschwamm alles.
Ich merkte nur noch, wie sich meine Augen verdrehten und ich nach hinten viel.
Dann wurde alles schwarz.
„Du kleine Göre!“ Ich stand in einem endlosen schwarzen Raum. „Du widerst mich an!“ Und plötzlich erschienen mir Bilder eines alten Mannes. „Du bist nicht besser als dein Vater!“ Er schrie und erhob seine Hand gegen mich. „Warum gibt es dich nur?!“ Etwas schepperte zu Boden. Kurz bevor er zuschlagen konnte, öffnete ich die Augen. Alles nur ein Traum. Wie ich es mir gedacht hatte.
Meine Augenlieder müde geöffnet, starrte ich in die Leere ohne mich zu bewegen. Ich musste noch immer den Schock des Albtraumes verarbeiten. Obwohl ich es schon gewohnt war ständig Albträume zu haben wurde es trotzdem jedes Mal schwerer diese zu vergessen. Doch abgesehen von dem Traum ging es mir gut. Ich war ausgeschlafen. Hatte keine Schmerzen. Ja, irgendwie ging es mir super. Wie lange schon nicht mehr. Auch erinnerte ich mich kaum an die Nacht zuvor. Erst langsam realisierte ich, dass ich auf
etwas helles, funkelndes blickte. „Ein… Kamin?“ Feuer brannte in ihm und wärmte mich. Langsam stemmte ich mich auf. Ich lag auf einer langen roten Couch mit gewölbter Rückenlehne. Mir gegenüber knisterte das Feuer in einem riesigen, prachtvollen Kamin. Nun rieb ich mir den Schlaf aus den Augen. Es war alles so angenehm, so bequem und warm. Unter mir lag ein wunderschöner großer Teppich. Ich brauchte einen Moment. Wo war ich denn überhaupt? „Hä??“ Ich schaute verwundert umher. Immer
wieder bewegte ich meinen Kopf nach links und rechts. „Was war den nochmal passiert?“ Und da viel es mir ein! „DER SCHATTENMANN!“ Seinen stechenden Blick hatte ich vor Augen. Und sein Versuch mich zu töten! Seine kalte Hand an meinem Hals. Ich sprang auf und riss dabei eine Decke von mir. Irgendwer muss mich hier her gebracht haben! Ja, ich war ja in Ohnmacht gefallen! Mit einigen Schritten rannte ich in den Raum hinein. „Hallo? Nami?!“ Überall standen Regale mit Büchern.
Tausende von Büchern auf Tischen, in Regalen und einige Stapel auf dem Boden. Es sah aus wie eine Bibliothek. Doch keiner war zu sehen. Ist das auch nur ein Traum? Oder war ich jetzt tot? Aber so sieht doch nicht der Himmel aus, oder? Rechts neben der Kaminecke, stand eine riesige Tür. Sie war mit goldenen Schnörkeln verziert. Der Raum bestand aus zwei Stockwerken. Drei kleine, steile Wendeltreppen führten hinauf zu noch mehr Regalen mit Büchern. Warum Bücher?
Nirgends waren Fenster angebracht, aber auch keine Lampen und trotzdem war alles sehr hell. Ich schaute mich weiter um. „Hallo?! Hallooo?! … Was mache ich dann hier?“ Ein Buch nahm ich aus dem Regal neben mir. Es hatte nur auf dem Buchrücken eine vierstellige Nummer. Wie all die anderen. Ich schlug die erste Seite auf. Doch dort standen nur Namen. „Sammy, Noel, Tommy, Kathi, Sarah…“ und auch die nächsten Seiten verschluckten einfache Namen. „Seltsam…“, ich stellte es wieder weg
und wand mich zur Seite. Immer wieder richtete ich meinen Kopf in die Höhe. Denn so einen riesigen Raum hatte ich noch nie gesehen. Die Decke war weiß und strahlte. Es hätten Wolken sein können die ich dort sah. Jedoch war es gar kein Glas worauf ich schaute. Mein nächster Weg sollte eigentlich zur Tür sein. Doch ich stand nun mitten in der Halle und drehte mich einige male fragend herum. Auf der anderen Seite des Raumes war ein großer, goldener Spiegel. Ziemlich ungewöhnlich… aber was sollte ich mich noch
wundern? Leise näherte ich mich diesem, immer in Acht, falls doch Jemand da war. Er hing nicht an der Wand, stand aber auch nicht auf dem Boden! „Der schwebt ja!!!“ Entsetzt starrte ich ihn an. „Was soll das hier?!“ Mein Herz wollte sich nicht beruhigen und trotzdem wollte ich ihn berühren. Ich war ja ein Angsthase, aber meine Neugier war genau so schlimm! Plötzlich kam ein Zischen aus dem Spiegel und er blitzte auf. Ich erschrak und zuckte etwas zusammen. Wer hätte denn so was
geahnt? Sofort rannte ich hinter das nächst beste Regal und versteckte mich. Gespannt schaute ich von dort zum Spiegel. Erst sah ich ein Bein dort hinaus kommen, danach den restlichen Körper. Ein junger Mann lief aus dem Spiegel. Aus dem Spiegel?! Durch den Kloß in meinem Hals konnte ich kein Wort sagen. Lediglich betrachtete ich wie diese Person den Raum betrat und duckte mich etwas. Ich hatte gehofft mich so noch besser verstecken zu können, ohne etwas zu verpassen. Nachdem er komplett hindurch gelaufen
war, blickte er direkt zu mir hinüber. Seine Kleidung war voller Blut und er wirkte sehr erschöpft. Ziemlich gruselig. Er war wohl ebenso verwundert, mich dort hocken zu sehen, so wie ich verwundert war, ihn dort hinaus spazieren zu sehen. Ich hielt die Luft an. Hat er mich direkt gesehen? Meine Augen hätten nicht größer sein können! Oder ist das nur Zufall dass er hier hin schaut? Ich bewegte mich einfach nicht. Dann bemerkt er mich bestimmt nicht! Am liebsten hätte ich meinen Kopf im Sand
versteckt. Doch langsam näherte er sich mir. Er war sehr düster angezogen und trug knarrende Lederstiefel. In seiner rechten Hand hielt er ein blutiges Messer. Mit jedem Schritt verteilte er eine längere Blutspur hinter sich. Schweigend lief er auf mich zu. Je näher er kam, desto besser erkannte ich wie groß er war. Noch immer entlief kein Ton meinen Lippen. Aber was mache ich denn? Ich war irgendwie erstaunt und fasziniert. Auf jeden Fall war ich ganz starr und gedankenlos. Bis ich realisierte, dass er doch
irgendwie gefährlich wirkte! Das Schweigen und seine seltsame, mysteriöse Art bedrückten mich. Still verschwand ich hinter dem Regal. Ziemlich unauffällig auffällig. Hatte er mich jetzt gesehen? Besser ich verstecke mich! Wohin? Einfach links am Regal entlang. Still und heimlich! Also tapste ich langsam den Weg entlang. Ich hielt meine Hand vor dem Mund um kein lautes Atemgeräusch zu machen. Dann hörte ich wieder diese Schritte. Diese Schritte kannte ich! Jeden Schritt, jedes knarren seiner Lederstiefel erzeugten in mir einen
schnelleren Puls. Es waren die gleichen Schritte wie in der letzten Nacht! Als ich mich nun komplett an alles erinnern konnte, erschlug es mich wie einen Blitz! Das da ist ein Dämon! Oder Geist! Der wollte mich töten! Da ist ein schwebender Spiegel! Was zur Hölle war los mit mir? Warum war mir das erst so egal gewesen?! Am Regalende setzte ich mich hin. Erst schaute ich nach Rechts, hinter mich. War dieser Junge dort? Ist er mir gefolgt? Nein! Er hatte mich wohl doch nicht
gesehen, dachte ich. Also richtete ich meine Blicke wieder nach links. Was sollte ich als nächstes tun? Plötzlich stand er vor mir! Ich schrak auf. „WAS?!“, schrie ich und sprang auf. Der Schock riss mich direkt nach hinten. Erst stolperte ich über einen Stapel Bücher, danach rannte ich einen Tisch um. „Nein! Geh weg!!!“ Schließlich plumste auch ich zu Boden. Erst robbte ich mich etwas nach hinten, dann hob ich meinen Arm schützend vor mein Gesicht und kniff die Augen
zusammen. „Nein! Bitte! …“ Er starrte mich die ganze Zeit an, jedoch viel gelassener und unbesorgter. Wie peinlich. Während ich voller Angst auf dem Boden lag, wurde sein Lächeln immer breiter. Es passierte nichts. Er sagte nichts, und ich beruhigte mich langsam. „.. W… Was..?“ Ein paar mal blinzelte ich mit den Augen. Wir sahen uns nur an. Eine ganze Weile schwiegen wir einfach. „Na, ausgeschlafen?“ unterbrach er die Stille. Er grinste und ließ sein Messer in grauen
Nebel verpuffen. Gleichzeitig verschwand auch all das Blut was er an sich hatte. „Tu mir nichts!“ zitterte meine Stimme. Dabei zuckte ich ein wenig zusammen. Ist er der Schattenman? Wo bin ich nur rein geraten? Ich war wie angewurzelt und mein Körper war schwach, dazu raste mein Herz wie wild. Er kam mir langsam näher. „Lass mich!“, zuckte ich wieder zusammen. Ich hielt die Hände vor mein Gesicht und vor lauter Angst kamen mir fast wieder Tränen. Der Junge kniete sich neben
mich. „Hey! Keine Sorge! Ich kann dir nichts tun. Wir haben doch einen Pakt.“ Es dauerte eine kurze Zeit bis ich meine Hände von meinem Gesicht nahm. Noch immer kniete dieser Junge neben mir. „W… was für einen Pakt?“, fragte ich. „Tja, du hast mich gerufen! Und mich herausgefordert! Und dann hast du mit mir einen Pakt geschlossen!“, sagte er selbstverständlich. Ich rieb mir die Augen. „Hmh..“, nickte ich schwach ohne begreifen zu wollen was er meinte. „Na du wirst mir ja eine tolle Hilfe sein!“ Er lehnte sich etwas zurück und
kratzte sich den Kopf. Mir war nun alles regelrecht egal. Ich war schwach, hilflos und dennoch nicht tot. „Bist du…-“ „Der Schattenmann?“, unterbrach er mich. „Ja, der bin ich. Keine Sorge, selbst wenn ich wollte, könnte ich dir nichts tun.“ Meine Blicke wendete ich nun zur Decke. Ich atmete schwer. Eine kleine Träne kullerte an meiner Wange entlang als ich drüber nachdachte was ich getan hatte. Leise begann ich zu wimmern. Was habe ich nur getan? Was nur? Jetzt winkelte ich meine Knie an und
umklammerte diese. Ich wollte es nicht fassen. Aber ich musste mich wohl oder übel mit meiner Lage abfinden. „Und… das ist kein Traum?“ flüsterte ich traurig. „Setz dich lieber noch ein wenig an den Kamin! Ich werde dir noch viel erzählen müssen.“, antwortete er nur darauf. Eine Weile saß ich noch dort. Er versuchte gar nicht erst mich aufzuheitern und setzte sich auf die Couch. Anscheinend beachtete er mich nicht weiter. Hundert prozentige Ignoranz. Mir war nicht bewusst wie lange ich noch auf dem Boden
saß. Meine Gedanken schweiften umher, wie Herbstblätter im Wind. Doch langsam wurde mir klar, dass ich nicht weiter über alles grübeln sollte, sondern weiter gehen musste! Noch immer schweigsam, schaute ich hinter mir. Dieser Junge saß auf der Couch und schrieb etwas mit einer Feder. Also das soll dieses Wesen von gestern sein? War denn schon eigentlich der nächste Tag? Oder war es noch nachts? Oder schon nächste Woche? So ausgeschlafen wie ich war, hätte es gut möglich sein
können! Mir kam es vor, als seien Stunden vergangen während ich nichts tat. Die meiste Zeit beobachtete ich nur diesen Jungen. Er war sehr blass, seine Haut war fast weiß. Seine etwas zotteligen Haare waren pechschwarz. Einige Strähnchen vielen ihm ins Gesicht. Dabei trug er eine braune Veste und ein weißes Shirt, eine schwarze Hose und alles war mit Schnalle und Lederriemen geschmückt. Seine Hosenbeine verschwanden in seinen dunkelbraunen Lederstiefeln. Ob er merkte, dass ich ihn
ansah? Er war gar nicht mehr so Angst einflößend wie vorher. Ständig lief er durch den Raum, nahm ein Buch, las etwas, stellte es zurück, setzte sich an den Tisch bei der Couch, schrieb etwas, stand wieder auf. Das ging eine ganze Weile so. Nach langer Beobachtung merkte ich, wie mein Rücken langsam schmerzte. Der Boden war zwar nicht kalt, jedoch irgendwann sehr ungemütlich. Also stand ich auf. Ich richtete meine Kleidung etwas, und näherte mich der Kaminecke. „D… du..?“, stotterte ich. Er drehte sich zu mir.
„Ja?“ „Ehm… also… ich… was passiert denn nun?“ Der Junge legte die Feder weg. Dann machte er mit seiner Hand eine Bewegung, als würde er etwas Greifen. Das Buch, welches vor ihm auf dem Tisch lag, schloss sich von selbst und ich zuckte zusammen. Wieder grinste er. „Ich sagte doch, du musst keine Angst haben.“ Ich schaute zum Kamin. „… Das ist ziemlich schwer… immerhin wurde ich gestern fast erwürgt und erstochen…“, murmelte ich. „Bist du denn nun bereit alles zu erfahren?“ fragte
er. Jetzt blickte ich ihn erwartungsvoll an. Seine Stimme klang so beruhigend, und dennoch hatte ich Angst vor dem, was er als nächstes sagen würde.
Mein letzter Morgen begann noch so schön. Ich wachte in dem kuscheligsten Bett der Welt auf und hatte ein super Frühstück! Das komplette Wochenende war klasse! Ich dachte es könnte nicht besser werden! ... Naja, bis ich den Schattenmann traf. Am Freitag lief ich nach der Schule direkt zu Nami. Wir wollten ein „Mädchen-Wochenende“ machen. Das hieß also: auf ihrem riesigem Bett einkuscheln, ganz viel Pizza bestellen, super viel lästern, Filme gucken und jede Menge über Jungs und
Kleidung reden. Nami hatte alles was sie wollte. Sie hatte nie Probleme wenn es um Geld ging. Ihrer Mutter gehörte der hochangesehene Designerladen „Modewild“ und ihr Vater arbeitete in seiner eigenen Arztpraxis. Es konnte nicht besser für sie sein. Ständig trug Nami die besten Schuhe und den teuersten Schmuck. Ihr großer Bruder lebte im Ausland. Zu der Zeit befand er sich in Amerika und studierte Physik. Nami und ich versuchten noch einen hohen Schulabschluss zu schaffen und gingen in die 12te Klasse. Wir kannten uns schon seit der Grundschule.
Nami half mir immer, wenn ich Probleme hatte. Und Probleme hatte ich oft genug. Wenn ich nachts nicht nach Hause wollte, übernachtete ich einfach bei ihr, wenn ich weinte nahm sie mich in den Arm und heiterte mich auf, wenn ich alleine war, kam sie zu mir. Ihre Eltern hatten Verständnis dafür, dass ich fast täglich bei ihnen war. Andere sahen Nami als arrogant an. Doch das war oft nur Neid. Obwohl sie alles hatte, hatte sie doch keine Freunde. Außer mich. Von daher waren wir unzertrennlich! Ich hatte im Gegensatz nicht so viel.
Doch ihre Familie schenkte mir oft Kleidung und Accessoires aus dem Laden. So konnte ich nach außen, stolz meine Maske tragen. Eine Maske die zeigte, wer ich nicht war. Denn Zuhause war ich ganz anders. Meine Mutter starb während meiner Geburt. Das konnte mein Vater nie verarbeiten. Er war ein sehr lieber Mann, der Seelisch jedoch einfach zerfallen war. Da er nach dem Tot meiner Mutter keinen klaren Gedanken für seine Firma hatte, viel er in Schulden und die Firma wurde geschlossen.
Er besuchte regelmäßig einen Psychologen, denn er wusste, dass weder Alkohol noch Drogen seine Probleme ändern würden. Anfangs wusste ich nicht, in was für einer Welt er leben musste. Für mich war alles perfekt. Mein Vater stand morgens mit mir auf und kochte mir jeden Montag und Mittwoch leckere Pfannekuchen! Dabei tanzte er immer wild umher und summte Lieder vor sich. Er half mir meine Jacke anzuziehen und lief Hand in Hand mit mir zu meiner Schule. Ich sah ihn immer nur lächeln.
Für mich war er immer mein großer Held. Damals war ich jeden Dienstag bis Freitag bei Nami. Jeden zweiten Montag holte mein Vater mich von der Schule ab. Dann liefen wir immer an einem kleinen Umweg am Bach entlang und kamen an einem Spielplatz und Eiscafee vorbei. Wenn es brütend heiß war kaufte er mir stets meine Lieblingskugeln Eis. Banane und Nuss. Im Winter jedoch eine heiße Tasse Schokolade. Er sagte immer, er könne Milch nicht vertragen. Doch mir wurde später klar,
dass er sein letztes Geld nur für mich ausgeben wollte. Immer trug er die gleichen Schuhe. Nach einiger Zeit waren sie schon durchgelaufen doch er trug sie immer noch. Ich sah ihn selten, doch wenn ich ihn sah, dann nur glücklich. Mit der Zeit wurde ich älter, reifer und ich blieb auch Abends länger wach. Nachts hörte ich ihn dann in seinem Zimmer weinen. Einmal lunkerte ich durch einen kleinen Spalt an der Tür und sah wie er auf dem Bett saß und ein Bild meiner Mutter in seiner Hand hielt. Mir wurde bewusst, dass es ihm nicht gut
gehen konnte. Jeden Tag, und jede Minute in der ich ihn nicht sah, Arbeitete er hart. Er belud Lastwagen mit riesigen Paketen, danach putzte er irgendwo und zwischendurch half er auf einem Baugelände. Deshalb sah ich ihn so selten. Denn unsere Schulden waren sehr hoch. Das alles machte er nur für mich. Für seine kleine Tochter, die er über alles liebte. Ich hatte ihn noch nie darauf angesprochen, denn ich weiß, dass er darüber nicht reden wollte. Als ich 9 Jahre war zeigte er mir eines Tages zwei
Eintrittskarten. Sie waren für den Zoo. Mein Vater wollte mit mir einen Vater Tochtertag machen, mich direkt von der Schule abholen und mit mir dort hin gehen! Er hatte extra einige Monate dafür gespart. Man hätte mich nie glücklicher sehen können. An dem Tag beeilte er sich extra, um mich am Vater Tochtertag selber von der Schule abholen zu können. Den ganzen Tag lang hatte ich mich schon gefreut. Immerhin war ich noch nie in einem Zoo gewesen! Und da gab es sogar meine Lieblingstiere! Pinguine und Delfine!
Jede Pause sagte ich Nami den gleichen Satz. „Mein Papa ist der Beste! Wir gehen in den Zoo! Mein Papa ist der Beste!“ Nami hatte mir extra aus meinen langen, braunen Haaren zwei Zöpfe geflochten, da ich es selber nicht konnte. Ich wollte doch gut aussehen. Und endlich klingelte es, der Unterricht war vorbei. Ich packte meine Bücher ein und raste zum Tor. Die anderen Kinder liefen an mir vorbei. Wir trugen alle die gleiche Uniform. Selbst Nami hatte ich vergessen zu verabschieden. Aber ich glaube sie war
mir nicht böse. Immerhin war das „Mein Tag“. Mein Tag mit dem Super Papa! Am Tor stand auch schon ein Mann. Ich wollte gerade „Papa“ rufen, da erkannte ich, dass es jemand anderes war. Zum glück hatte ich nicht gerufen. So etwas war mir immer peinlich. Also stellte ich mich mit einem roten Gesicht an die andere Seite des Tores. Ich sah wie der Schulhof immer leerer wurde. Auch dieser Mann war mit seinem Sohn schon nach hause gelaufen. Noch immer wartete ich am Tor. Wahrscheinlich durfte er doch nicht früher von seiner Arbeit
gehen. Aber das war mir egal! Auch wenn er zu spät kommt! Wir konnten den ganzen Tag noch zum Zoo! Man konnte mir nicht meinen Vater Tochtertag nehmen! … Dachte ich. Es vergingen zwei Stunden. In der Zeit spielte ich alleine Himmel und Hölle auf einer Kreide Malerei auf dem Boden. Dann nahm ich meine Sachen und lief betrübt los. Ich hielt meinen Rucksack fest in der Hand und sah immer nur auf meine Füße. Schritt für
Schritt. Doch weinen wollte ich nicht. Nicht vor meinem Vater. Wenn ich nun nach hause käme, und er dort säße, hätte er ja meine roten Augen gesehen! Das wollte ich nicht. Kurz bevor ich zu hause angekommen war, begann es auch schon zu regnen. Der Himmel weinte für mich. Denn als ich ankam, war es dunkel und niemand war da. Wo war denn mein Vater? Ich hatte schon immer Angst vor der Dunkelheit. Immer wenn ich nichts sehen konnte, schloss ich meine Augen und hielt meine Hände vor meinem Gesicht, bis das Licht
an war. Als ich gerade die Tür schloss, klingelte plötzlich das Telefon. Das Krankenhaus rief an. Mein Vater hatte einen sehr schweren Unfall. Er wollte über eine rote Ampel rennen, doch dabei erwischte ihn ein zu schnell fahrendes Auto. Das war also mein Vater Tochter Tag. So sollte wohl auch dieser Tag aussehen. Erst erlebte ich mit Nami ein wunderschönes Wochenende. Freitag, Samstag und der Sonntagmorgen waren super. Aber ich musste ja den Schattenmann
rufen. Wie dumm von mir. Angespannt stand ich nun vor ihm. Er saß noch immer auf der Couch, blickte zu mir hinauf und wartete auf eine Antwort von mir. War ich denn schon bereit alles zu erfahren? Wollte ich überhaupt was sagen? Wieder spielte ich an meinem Pullover herum. Ich hatte ganz vergessen, dass ich nur meine Schlafkleidung trug. „Und? Bekomme ich eine Antwort? Oder willst du dich wieder auf den Boden setzen?“, sagte er nun. Er schaute mich
total entspannt an und merkte wie nervös ich war. Meine Antwort hatte keinen Zeitdruck. Er hätte noch viel länger, geduldig gewartet. Doch ich fühlte mich so bedrängt. Nach kurzer Stille öffnete ich endlich meinen Mund. „Ehm! Also, ich will, dass –“ „HALLÖÖÖÖÖÖCHEN!“, unterbrach mich plötzlich Jemand. Ich schreckte auf. Der Junge rollte nur die Augen und sah genervt zur Seite. „Sollst du nicht klopfen?“, maulte er. Ein Mädchen kam durch die große goldene Tür
gelaufen. Ein kleines, süßes Mädchen. Ein kleines, süßes Mädchen mit roten Haaren. Mit roten Haaren, zwei langen Öhrchen und einem Fuchsschwanz. Überrascht wanderten meine Blicke immer wieder an ihr hinauf und hinunter. „Shiro, Shiro!!“, rief das kleine Mädchen glücklich und hüpfte von einem Bein aufs andere. „Du sollst nicht immer so launisch sein, Shiro!“, lachte sie und wedelte mit ihrem Schwanz. Plötzlich hörte sie auf zu grinsen. Sie hatte mich
bemerkt. „Wer bist du denn?“, fragte sie direkt und kam neugierig auf mich zu. Sie schnupperte an mir. „Ich bin Kitsune! Und du bist? …“ doch sie hielt kurz inne, „ … EIN MENSCH!!!“, schrie sie geschockt. „DUUUU bist ein Mensch!!! Shiro! Da ist ein Mensch! Hast du die schon gesehen? Ein Mensch! Hier?!“ schrie sie und fuchtelte mit ihren kleinen Armen hin und her. Immer mit einem ausgestreckten Zeigefinger auf mich. Ich machte nur große Augen und sah mir verwundert dieses Schauspiel an. Sollte ich jetzt Angst vor diesem kleinen, süßen, quietschenden Fellball
haben? Der Junge warf ihr ein Buch an den Kopf. „Seih ruhig!“, sagte er böse. „Ich weiß, dass sie da steht. Du solltest dich mal mehr im Griff haben! Sie hat einen Pakt mit mir! Ende!“, erklärte er launisch. Mit einem Schnipsen flog das Buch wieder zu ihm zurück. „Aua… das tat weh… meine schöne Nase!“ kam es von Kitsune als Antwort und sie rieb sich ihr Näschen. Der Junge wandte sich zurück zu seiner Feder und dem Buch. Dann sah das Mädchen mich wieder an. Kitsune lief mehrmals um mich herum und musterte mich. „Du siehst ja komisch aus! Man, hab ich
schon lange keinen Menschen mehr hier gesehen! Wo sind denn deine Hörner, oder dein Schwanz?“ Ich blieb einfach stehen und schwieg. Was sollte ich schon antworten? „Du redest ja nicht so viel… Sag mal. Bist du eigentlich so Fett? Oder was trägst du da?!“ Das war jetzt zu viel! Ich riss den Mund auf: „Was?! Sei mal nicht so frech du- WAA?!“, plötzlich zog sie mein Oberteil hoch. „Haha! Fett bist du nicht! Aber du hast große Brüste!“ lachte sie gehässig. Schnell zog ich meinen Pullover wieder hinunter. Mein Gesicht wurde ganz
rot. „Was soll das?!“, schrie ich und ging einen Schritt zurück. Doch das Mädchen reagierte gar nicht auf mich. „Kein wunder, dass du sie im Pakt hast, Shiro!“, nun wandte sie sich zu mir und flüsterte, „Du brauchst keine Angst vor ihm zu haben. Du musst wissen, er hat eine Schwäche für hübsche Frauen mit großen Brüsten!“, kicherte sie. „KITSUNE!“, brülle der Junge plötzlich und donnerte sein Buch zu. „WAS.... was möchtest du eigentlich hier?“, beruhigte sich nun seine Stimme, immer mit dem Gedanken sich zu
beherrschen. „Ach ja!“ sie drehte sich zu ihm. „Du sollst zu Renekton! Ich habe ihn unten am Markt getroffen. Ich glaube es geht um die Gesichtslosen.“ Der Junge seufzte, „Ach dieses dumme Krokodil. Er weiß doch ganz genau, dass… ach egal.“, und stand auf. „Dann werde ich ihn nicht warten lassen!“, sagte er nun und wollte zur Tür laufen. Vorher blieb er noch stehen. Denn er sah wie ich ahnungslos einfach da stand, noch immer meinen Pullover fest umklammerte und nichts von dem verstand, was sie sagten. „Folge mir!“
Er war nun wieder ganz ernst und schaute mich erzürnt an. Doch bevor er weiter gehen wollte, drehte er sich noch einmal zu mir. Kurz musterte er mich von oben nach unten. Er zögerte, ob er noch etwas sagen sollte. „ ... Bleib dicht bei uns, und lass dich von niemandem ansprechen oder mitnehmen! … Ach ja, damit eines klar ist.“, sagte er ernst und hob den Finger. „ … Mein Name ist nicht Shiro! ... Und außerdem habe ich gar keine Schwäche für … hübsche Frauen ... mit großer Oberweite!“, sagte er und lief schließlich
los.
Mit seinem düsteren Blick
versuchte er zu vertuschen, dass es ihm sichtlich peinlich war.
„Komm jetzt! Wir müssen dir als erstes Mal Kleidung besorgen!“
Amüsiert nickte ich nur.
Im Hintergrund sah ich wie Kitsune mit einem breiten Grinsen die Tür öffnete.
Sie hatte gehört was der Junge gesagt hatte und respektierte ihn kein bisschen.
Anscheinend wurde der Tag doch nicht so schrecklich wie der Vater Tochtertag.
Ich hörte jede menge Gewusel. Waren es Menschen? Oder vielleicht noch mehr dieser seltsamen Dämonen, die laut vor sich her lachten und schrien? Je näher ich der Tür kam, desto klarer erkannte ich Stimmen. Kitsune hielt mir die Tür auf und richtete fragende Blicke auf mich. „Was ist denn? Du bist nervös oder?“ Ich nickte zögernd und versuchte ein kleines Schmunzeln zu zeigen. „Keine Sorge! Ich bin bei dir.“, lächelte sie lieb und nahm meine Hand. Ich war überrascht. Mit ihrem Mitgefühl
hatte ich nicht gerechnet, aber sie gab mir neuen Mut. „Ihr solltet nicht trödeln.“, sagte der Junge und lief als erster durch die Tür. Hinter der Tür lag ein leerer, langer Gang. Er war komplett weiß, steril und hell. Der Boden. die Wände, so wie die Decke waren mit weißen Kacheln bedeckt. Am Ende des Ganges gab es nur eine weitere Tür, aus welcher wohl diese Stimmen kamen. „Das hier ist der Übergang!“, erwähnte das Mädchen nun. Ich blickte zu meiner Seite, „Übergang…?“ „Ja! Durch diesen Gang gelangst du in
die anderen Welten.“, grinste sie nun voller Stolz. „Sind wir… im Himmel? Oder gehen wir in die Hölle …? Bin ich etwa doch tot?!“, frage ich ungestüm. „Sei still!“, der Junge drehte sich um und blieb vor der nächsten Türe stehen. „Es gibt keine Hölle und der Himmel ist nicht für uns bestimmt! Klar?!“ Anscheinend mochte er das Thema nicht. Er reagierte plötzlich ganz aufgebraust. Ich erblasste und schluckte meine nächste Frage hinunter. „Eh… K… klar.“ Er grummelte etwas und sah mich kurz an. Jetzt holte er tief Luft und mäßigte seine
Wut. „Jetzt folge mir ganz schnell. Du darfst nicht so auffallen. Wir gehen zuerst zu Mephisto.“, sagte er und drückte den Henkel hinunter. Schließlich öffnete sich die Tür. Das war das Startzeichen. Mir kam ein warmer Hauch entgegen. Gelbes Licht strahlte nun durch den Türborgen. Diese Stimmen wurden immer lauter. Ich war wie benebelt und blickte direkt in eine, mir ungewohnte, neue Welt. Hinter der Tür war ein riesiger Raum. Nein, es war mehr wie eine Halle. Überall liefen Leute herum. Wesen die wie ganz normale Menschen
aussahen. Wesen die wie Tiere aussahen, sich aber wie Menschen bewegten! Wesen mit Schwänzen, Wesen mit Hörnern! Riesige Wesen! In unnatürlichen Farben! Aber was heißt hier denn noch unnatürlich? Alles lief und drängelte in einem einzigen Gewühl. Meine Blicke wanderten nach links und rechts, nach oben und unten. Es gab viel zu viel auf einmal zu sehen. Anstatt mich zu beeilen, wanderten meine Blicke überall hin. Sogar in der Luft schwebten seltsame, kleine Flocken und
Wesen. Manche waren dreckig und grusselig, doch andere waren richtig süß und bunt! „Was ist das hier nur?“ Ich war so verzaubert, dass ich ganz vergessen hatte meinen Mund zu schließen. Auch wenn vieles sehr gruselig aussah, waren andere Stellen doch wirklich verblüffend! Kitsune hatte mich noch immer an der Hand. Sie ließ mich erst noch etwas strahlen und grinste nur. Es gab mehrere Etagen. In der Mitte konnte man über eine große Treppe hinauf und hinunter
gehen. Diese ganze Halle, ja fast schon Turm, wurde von 4 riesigen Säulen gehalten die in einem Viereck aufgebaut waren. Alles war sehr natürlich gehalten in weiß grauen Steinen oder einfachem Holz. Es war schon fast wie ein Einkaufcenter. Ich wartete noch immer in der Tür. Diese stand an einer langen Wand, wo duzend weiterer Türen waren. Doch länger durfte ich auch nicht staunen. Mir sollte als nächstes die negative Seite dieser Halle gezeigt werden. Der Junge drehte sich wieder zu uns. „Jetzt kommt schnell! Alle beide! Kitsune! Lass sie nicht alleine! Und
los!“ „Da durch?", zögerte ich nur. Doch dann lief er einfach in das Gemenge. Kaum war er drin, verlor ich ihn schon aus den Augen. Obwohl er doch so groß war. Doch andere waren noch größer, und breiter! Ich hatte schwere Probleme ihm hinterher zu kommen. Denn immer wieder wurde ich zur Seite gedrängt oder der Weg war versperrt. Zwischendurch flog ein Schwarm von riesigen Insekten vor mir. Doch ich hatte ja noch das kleine Mädchen an der Hand und keine Zeit
zum Gaffen. Es war wie ein Strom eines Flusses dem man folgen musste. Doch viele andere Wesen machten da nicht mit, wechselten einfach die Richtung oder blieben ganz einfach stehen. Nicht viel anders als in der Menschenwelt. Zwischendurch murmelte Kitsune vor sich hin und fluchte über die anderen. „Halt mich gut fest!“, hörte ich nur ganz dumpf von ihr. „Normaler weise gehen wir nicht so hier lang, aber.. jetzt… -“ dann hörte ich sie nicht mehr. Ein riesiger, grüner, dicker Golem rempelte mich an und trennte
uns. Er verpasste mir einen kräftigen Ruck, dass es unsere Hände einfach auseinander riss. Wir hatten nicht einmal eine Chance dabei zusammen zu bleiben. Der Golem war so breit wie zwei Bäume und hatte so große Pranken, dass mein Kopf hinein passte. „Waaa! Hey!“, rief ich und sah dieses riesige Ding grimmig an. Dieser Lärm und das viele Gedrängel machte mich so wütend, dass ich vergaß, wie respekteinflössend dieser Golem war. Doch ich motzte ihn einfach an. „Gehts noch? Du hast mir weh
getan!!!" Als ich mich jedoch aufregte, blieb er plötzlich stehen! Erst da merkte ich, dass ich doch lieber ruhig hätte bleiben sollen. Ohje, Kurzschlussreaktionen waren noch nie gut. Der Golem drehte sich mit einem sabbernden „Hääää?“ um und schlug mich mit seinem riesigen, dicken Arm zur Seite. Dieser heftige Schub riss mir den Boden unter den Füßen weg. Ich wackelte zwischen den Massen herum und stolperte rückwärts. Alles waren nur seltsame Wesen die weiter um mich herum
stolzierten. Ich konnte mich bei niemandem festhalten und es half mir auch keiner. Alle hatten ihre Blicke nur geradeaus gerichtet. Doch bevor ich den Boden erreichen konnte, fing mich jemand auf. Kräftige Hände hielten mich fest und ich spürte einen warmen Körper hinter mir. War es wieder der Schattenmann? Nein. „Aufpassen junge Lady.“, hörte ich eine beruhigende Stimme sagen. Ich war ganz starr, jemand griff mich sanft an Rücken und Schulter, und hatte mich aufgefangen. Natürlich musste mir so was passieren,
obwohl ich doch nicht auffallen sollte! Aber nun? Ein junger Mann stand hinter mir und lehnte sich leicht über mich. „Alles wieder ok?“, er schaute mich scharmant an. Ich war wie versteinert. Einerseits vor Aufregung, andererseits vor Überwältigung. Kein Wort kam aus meinen Lippen, denn ich spürte noch immer seine beruhigende und irgendwie bekannte Hand an meinem Rücken. Eine kurze Zeit blendete ich alles aus. Ich wollte gar nicht aufstehen. Keine Geräusche hörte ich um mich herum, und die Massen verschwanden aus
meinem Blick. Alles was ich sah, war dieser Junge, der mich fest hielt. Groß, kräftig, blond, strahlende grüne Augen, charmant, hübsch, perfekt. Noch immer lächelte er mich an. Es war wie ein Licht, das ihn so zum strahlen brachte. „… …Ok?“, sagte er. Ich kniff kurz die Augen zu und kam wieder zu mir. „Wie… wa, wa, was?“ Mein Gesicht müsste ganz rot gewesen sein. Noch ein wenig mehr Verlegenheit und mein Kopf währe vor Scharm geplatzt. Doch, wie lieb er mich ansah. „Ich habe gefragt, ob alles bei dir ok ist?“,
wiederholte er, „Du hast dir doch nichts getan oder?“ Sanft streifte er über meine Stirn und richtete einige Strähnen aus meinem Gesicht. Er war mir so nahe und einen Moment lang hatte ich keine Angst mehr. Warum kam er mir so bekannt vor? Warum tat seine Nähe mir so gut? Doch ich sprang plötzlich auf und ging errötet einen Schritt nach hinten. In meinem Zustand konnte ich ihm nicht in die Augen sehen. „Alles gut!... Mir geht es gut!“, stotterte ich, „Ich… ich muss los...“ Ich war ja so aufgeregt! Er kam mir so vertraut vor und doch habe ich sein
hübsches Gesicht noch nie gesehen. Nervös wollte ich mich umdrehen und Kitsune suchen. Doch der Junge faste meine Hand und ich blieb einfach stehen. Ich wollte nicht weiter laufen und ließ mich einfach von ihm halten. Warum kann ich nichts dagegen tun? Warum will ich mich nicht wehren? Wieso wehren? Er hat mir doch nichts Böses getan?! Seine Anwesenheit, sie ist so angenehm. Woher kannte ich ihn nur? „Du bist ein Mensch, oder?“, sagte er nun. Dieser Satz traf mich wie ein Blitzt! Ich wich zurück und sah ihn schockiert
an. „Was?!“ „Du solltest hier nicht so alleine herum laufen.“, antwortete er, „Es kann gefährlich werden wenn andere eine so süße Seele einfach herum streunen sehen.“ Direkt ergriff mich wieder die Furcht. Was sollte das? Ist er doch böse? Ich sollte doch bei den anderen bleiben! Sie hatten mich doch gewarnt! Doch nun legte er seine Hand auf meinen Kopf und grinste. „Hey! Keine Angst. Ich tue dir nichts. Mit wem bist du denn hier? Du bist sicherlich nicht alleine. Man verirrt sich hier
schnell!“ Was tun? Was tun? Soll ich ihm vertrauen? Ich erinnerte mich an die Worte dieses dunkelhaarigen Jungen: >Bleib dicht bei uns, und lass dich von niemandem ansprechen oder mitnehmen!< „… Ich…. Ich bin… also…“ „YUKIIII!“, hörte ich plötzlich von der Seite. Das kleine Fuchsmädchen quetschte sich durch die Massen zu mir hin. Sie drückte sich gewitzt an den Beinen und Körpern vorbei. Als letztes schubste sie noch einen Zwerg weg, der einfach in ihrem Weg
stand. Es sah etwas anstrengend aus, aber sie kam schließlich bei mir an. „Yuki! Da bist du ja! Pu… ist das hier anstrengend! Diese blöden Golems! Die haben echt nie Rücksicht! Und in ihrem Kopf ist nur Schei… eh? Deeon?“ Sie starrte den blonden aufdringlich an. „WAAS?! Seit wann bist du wieder hier?!“, schrie sie auf und zeigte mit dem Finger auf ihn. „Deeon?“, flüsterte ich verwundert und sah zwischen beiden hin und her. Der Blonde nahm elegant meine Hand zu sich, „Entschuldige, ich habe mich ja gar nicht vorgestellt! Mein Name ist Deeon!
Und du heißt dann also Yuki.“ Als Deeon meinen Handrücken küssen wollte, riss Kitsune meinen Arm weg und zog mich ruckartig zur Seite. Noch bevor ich etwas sagen konnte wurde der Blick der kleinen sehr ernst. „Wag es dich nicht!“ drohte sie ihm. Dabei legte sie ihre langen Öhrchen etwas nach hinten. Plötzlich drehte sie sich um und zog mich ganz schnell mit. Ihr Griff war dieses mal sehr fest. „Wir müssen gehen! Schnell! Man wartet sicherlich schon auf uns…!“ Was ist plötzlich passiert? Ich blickte hinter mich. „Ich habe Deeon doch noch gar
nicht….“ Doch der Junge war plötzlich weg. Ich sah ihn auch nicht durch die Massen laufen. Er war einfach verschwunden. Nun hieß es wieder, ab durch dieses riesige Getümmel. Zwischendurch musste ich aufpassen, dass ich auf keines der kleinen Wesen trete. Wir rannten gerade aus, bogen mal hier ab, duckten uns unter einer Gruppe riesiger Baummenschen und doch waren meine Gedanken bei diesem Jungen. Ist er denn ein Mensch? Er ist bestimmt auch irgendeine Art Ungeheuer oder Dämon.
Länger konnte ich aber nicht drüber nachdenken, denn die Masse wurde weniger und Kitsune hielt endlich an. „Da sind wir!“ sagte sie nun mit beruhigter Stimme. Ich musste erst einmal wieder zu Atem kommen. Kurz stützte ich mich auf meinen Beinen und atmete tief ein und aus. Warum ist sie plötzlich so gerannt? Schließlich drehte ich mich zur Seite. Vor mir war eine einfache, schwarze Tür. „Hier?... Was machen wir hier?“ „Das ist Mephistos Raum. Und Shiro müsste schon hier sein!“, die Kleine
blickte suchend umher. „Ihr habt aber lange gebraucht!“ Der Schattenmann kam zu uns. „Ich dachte schon sie wurde gefressen.“, sagte er und wollte weiter laufen. Doch Kitsune sah ihm mit ernstem Blick in die Augen. „Deeon ist wieder da…“, flüsterte sie. „Ich weiß...“, antwortete er gelassen und legte die Hand an die Tür. Er schaute kurz zum Boden und überlegte kurz. Schließlich packte er den langen Griff richtig und öffnete die Türe. Ich schaute in einen dunklen Raum. Der Junge wartete nicht lange und trat
hinein. Da viel mir erst mal ein was er gesagt hatte! „Hey! Was hast du gesagt?! Gefressen? Wie gefressen!... HEY! Warte!“ schrie ich und lief ihm hinterher. Es war seltsam. Kitsune war so verärgert und so wütend als sie Deeon sah, aber dieser schwarzhaarige Junge blieb so ruhig als sie über ihn sprachen. Als ich endlich durch diese Tür lief, stand ich in einen Laden. Es sah aus wie eine Art Kiosk. Er war sehr finster und ich konnte nur Dinge finden, die ich noch nie zuvor gesehen
habe. Komische Steine in verschiedenen Farben, verpackte Kräuter, Bücher, Staub und weitere gruselige Dinge. Es war sehr leise. Einige Windspiele hingen an der Decke aber bewegten sich nicht. Man hörte nicht mal mehr den Lärm von draußen! Nur eine Uhr hing an der Wand, welche zu jeder Sekunde tickte und diesen Ort noch schauriger machte. Die Fenster waren komplett mit schwarzer Farbe zugekleistert und der Boden bestand aus knarrenden Holzdielen. Von außen habe ich doch gar keine
Fenster gesehen?! Ich traute mich nicht ein Wörtchen zu sagen. Mein Körper krampfte ein wenig. Doch der Junge und Kitsune waren ganz ruhig. Wir liefen hintereinander durch den Laden, bis zu einer Theke. Ich sah mich immer wieder um in der Hoffnung, dass nicht aus einer dunkeln Ecke springt und mich erschreckt! Je weiter wir in den Laden liefen, desto dunkler wurde es. Aber ich habe doch angst in der Dunkelheit. Mir kam es vor, als wäre jemand da, der uns
beobachtete. Es sollte jemand im Laden sein. Doch es war niemand zu sehen. Langsam fing ich an nervös an meinem Pullover zu fummeln, aber mir sollte doch nichts passieren, richtig? Dieser Gedanke brachte mir aber auch kein besseres Gefühl. Während des Laufens sah ich schaurige, ausgestopfte Tiere herum stehen. Hätte ich nicht gewusst, dass ich weiter laufen sollte, wäre ich vor Angst bei jedem Tier stehen geblieben. Die Ecken waren voller Spinnweben und Käfer liefen vor meinen Füßen entlang. Immer wieder knarrte der Boden bei unseren
Schritten. Plötzlich packte mich etwas am Hosenbein. Ich erstarrte zu Eis. Ich konnte nicht atmen. Ich konnte nichts sagen. Ich wollte nur weg. Vielleicht lief ich sogar blau an. „Hey, keine Angst. Wir sind ja da.“ Es war nur Kitsune. Also konnte ich wieder ruhig Luft holen. Als ich ihr mitfühlendes Lächeln sah, beruhigte ich mich wieder und nickte. Doch das sollte wohl nicht lange anhalten. Wir kamen an der Theke an und blieben stehen. Was
nun? Dieser Raum war wie in einem Horrorfilm! Hätte ich doch nur nie so viele mit Nami gesehen! Dann würde ich mich auch nicht an die Szenen erinnern die jetzt villeicht passieren könnten. Es war so düster. Ich will wieder hier weg. Es ist zu gruselig! Ich bin doch ein Angsthase! Mit aufgerissenen Augen sah ich ständig um mich, bevor mich nicht doch etwas angreifen und fressen wollte! Und Da! Ich sah etwas hinter der Theke
huschen! Irgendetwas bewegte sich dort! „W… was war das?“ flüsterte ich verängstigt. Kitsune und der Junge drehten sich zu mir. „Wo? Ich hab noch nichts gesehen.“ "Du darfst nicht so paranoid sein.", antwortete der Junge. Wieder hörte ich nur das Ticken der Uhr. Mein Körper hätte sich am liebsten komplett zusammengekrampft und auf den Boden geworfen. Besonders dieses nervige Ticken riss mir die Haare zu Berge. Plötzlich sprang etwas von der Theke
hervor!
„Oh, DAAAARLIIING!!!!!!!“, rief jemand und sprang mit erhobenen Armen zu uns.
Ich schreckte zusammen, kniff die Augen zu und kreischte einfach nur so laut ich konnte.
„KYAAAAAAAAAAA!!!!!!!!“
Mit dem schrillsten Ton den meine Stimmbänder erzeugen konnten, erschreckte ich auch alle anderen um mich herum. Als hätte ich einen riesigen Käfer gesehen, der über meinen Fuß krabbelte, sprang ich hinter den Jungen und versteckte mich hinter seinem Rücken. Sollte es den ganzen Tag so weiter gehen? Dunkle Räume und Monster und mehr gruselige Räume und noch mehr Monster! Wieso habe ich das nur alles mitgemacht? Vor lauter Schreck hatte ich gar nicht
bemerkt wie es in dem Raum plötzlich ganz still wurde. Wieder war nur das Ticken der Uhr zu hören. Wie das ironische Zirpen einer Grille. Keiner sagte etwas, und irgendwie hatte ich das Gefühl als würde mich jeder ansehen. Nachdem mein Quieken langsam verstummte, blickte ich heimlich mit ganz kleinen Augen um mich. Kitsune sah mich mit zurück gelegten Ohren und weiten Augen an. Ihr Schwanz war ganz gerade und aufgeplustert. Sie erstarrte in einer art Kunfu-Abwehr-Haltung und merkte selber, dass wir
beide ziemlich dumm aussahen. Am liebsten hätte sie mich wohl für den unnötigen Schock geschlagen. Der Junge aber drehte nur seinen Kopf ein wenig zur Seite. Er wirkte ganz seltsam. So still. Nicht erschrocken wegen meines Schreiens, eher erschrocken wegen meiner Nähe. Ich merkte wie er die Luft anhielt und ganz starr wurde. Meinen Kopf hatte ich ein wenig an seinen Rücken gelehnt, genauso wie meine Hände. Dadurch ertappte ich mich selber, wie Gedankenlos ich werde, wenn ich Angst
bekomme. Außerdem spürte ich noch, wie paralysiert der Schattenmann plötzlich war! Ich sah zu ihm hoch. Das war der Moment wo ich eine ganz andere Seite von ihm sah. Ich wollte schon fragen ob alles gut sei. Doch ich wusste nicht wie ich nun reagieren sollte. Er stand nur stramm dort und schwieg. Es folgte ein Moment der Stille. Der auch schnell wieder gebrochen wurde. „Hey!? Wer ist die Tussi denn?“, sagte plötzlich eine arrogante Jungenstimme. Wir drei traten ein wenig auseinander,
richteten unsere Kleidung und rappelten uns wieder auf. „Ehm… Mephisto! Ich habe mit ihr einen Packt geschlossen!.. Und jetzt brauche ich deine Hilfe.“, räusperte der Junge sich und deutete dabei auf mich. Ganz schnell versuchte er vor den anderen seine gelassene Miene zu zeigen. Da meine Angst sich direkt in ein peinliches Grinsen verwandelte, sah ich mir diesen schreckhaften Jungen richtig an. Mephisto hatte ein feines, blasses Gesicht, spitze Ohren und lange rote Haare. Seine Kleidung war sehr dunkel und feminin gehalten. Er bewegte sich auch
sehr weiblich. Doch ganz besonders viel mir sein Pullover auf, der ihm immer wieder von seiner rechten Schulter rutschte. Er betrachtete ganz gezielt nur mich mit einer extrem hochmütigen Art. Schweigend machte er einige Schritte auf mich zu und sah mich herablassend an. Ich bewegte meine fragende Blicke abwechselnd zu den anderen Beiden. Doch sie sagten nichts. Dieser seltsame Junge kam mir immer näher. Ob er mir nun was antut? Dann hob er seiner Hand und knautschte meine Wangen wie eine aufgedunsene
Stylistin die ein Modell begutachtet. Snobistisch bewegte er mein Gesicht zur Seite und musterte mich. „Diese Atzel ist doch nur ein Mensch! Was willst du von ihr!“ Fauchte er und sah den Jungen fragend an. Ich bewegte mich einfach nicht, sondern lies einfach alles so passieren, wie es passieren sollte. Das war bisher das beste was ich immer machen konnte, seitdem ich hier war. Irgendwie ärgerte es ihn, dass ich nichts sagte. Langsam wurde Mephisto immer ernster und seine Stimme tiefer. Seine Blicke wurden immer
stechender. „Sie soll lieber hier weg. Dreckiges Menschengesocks! Bevor sie noch gefressen wird. Diese Metze!“, es fühlte sich so an, als würde sein Schatten immer größer werden. Er bedeckte die ganze Wand hinter ihm und wuchs immer weiter! Ich konnte mich kaum gerade halten. Irgendetwas zog mich zu Boden, doch ich versuchte mich dagegen zu wehren. Die Wände knarrten und seine Gestallt wurde immer gewaltiger. „Du bist nicht einmal Dreck wert!“ Ich ging einige Schritte zurück. Er bedrängte mich so sehr, dass mir eine Träne vor Angst an meiner Wange
hinunter kullerte. Warum hat niemand etwas dagegen getan? Ein Bild viel vor Rappeln zu Boden und erschrak mich. Ich wusste nicht worauf ich achten sollte. Alles wurde noch dunkler. Der Schatten wurde gigantischer und der Raum verfiel in ein schwarzes Nichts. „Was...? Nein.. bitte..“ Schützend hob ich die Hände, doch sein Blick wurde immer schwerer. Der Boden fing an zu beben, und mir wurde ganz heiß. Mein Herz klopfte wie wild und mein Gesicht wurde ganz
blass. „Soll dir doch die Pest anhaften! Du-!“ Plötzlich griff der Junge ihn am Hals und unterbrach Mephisto. Alles um mich wurde wieder normal um mich und ich gewann wieder Kraft in meinen Beinen. „Was war das…?“, flüsterte ich leise. Kitsune beugte sich sorgvoll zu mir. „Alles gut..? Keine Angst, wir sind da.“ Ich nickte leicht, obwohl es mir ganz und gar nicht gut ging. „MEPHISTO!“, schrie der Junge. „Du solltest dich zügeln! Wag es dich nicht noch einmal diesem Menschen einen Fluch anzulegen!“, brüllte er. Überrascht sah der Rothaarige ihm in die
Augen. „Wa… was…?“, stotterte er wieder mit seiner hohen Stimme. Mephisto runzelte die Stirn. Er merkte wohl wie ernst es ihm war. „Ach Gottchen, als wenn ich ihr was tun würde. Aha ha ha ha ha…“, kicherte er und belächelte das Geschehen. Dabei hob er eine Augenbraue hoch und zog seinen schmunzelnden Mund zur Seite. Der Schattenmann ließ ihn wieder los. An Mephistos Hals sah man nun eine dunkle Druckspur. „Ach mein süßer Koibito! Was darf ich dir denn für einen Gefallen tun?“ Er stellte sich gelassen hin, legte einen
Arm in seine Hüfte und tat so, als sei nichts geschehen. Wieder fuchtelte er gelassen mit den Händen rum und lächelte gehoben. „Das nächste mal darfst du gerne fester zupacken…“, flüsterte er noch und zwinkerte dem Jungen zu. Ich stand nur mit Kitsune an der Seite und wir betrachteten tonlos das Gespräch. Ich würde ihn knallhart als Diva bezeichnen. Das es so etwas auch in dieser Welt gab, war ganz schön komisch. „Erstens brauchen wir menschliche Kleidung von dir. Und zweitens: Ich will eine Seelenbünde machen, und brauche
das Papier.“, erklärte der Junge streng. „Waaas? Mein Koibito! Warum machen WIR beide denn keine Seelenbünde? Wir kennen uns schon sooooooo lange!“, schwuchtelte Mephisto den Jungen an und streichelte ihn über die Brust. Doch ihm kam nur ein kalter, stummer Blick entgegen. Also verging Mephistos Grinsen auch ganz schnell. Nun warf der Rothaarige mir einen Bösen Blick zu. „Hmpf… dann kommt mal mit…“, schnaufte er und lief hinter die Theke, „Ich weiß gar nicht ob ich was in ihrer breiten Größe habe!“ Die beiden Jungs liefen
voraus. Ich stand noch ein wenig starr im Raum. Benommen von der ganzen Aktion. Ich konnte mich nicht mal über sein Kommentar aufregen! Als wenn ich so dick wäre? Ich habe seit Wochen immer nur einen Teller zu Mittag gegessen! Egal.. Ich wischte ein wenig die Tränen weg und schniefte kurz. Dann sah ich zu Kitsune hinunter. Sie lächelte mich nur an und sagte: „Keine Sorge, Mephisto ist nur eifersüchtig! Eigentlich hat er nichts gegen Menschen.“ „Na toll… also hasst er nur speziell
mich?!“, fragte ich vorwurfsvoll. Doch die Kleine kicherte nur und lief weiter. Kurz sah ich mich um. Eigentlich könnte ich nun auch einfach verschwinden. Oder einfach hier bleiben? Was wollten die eigentlich von mir? Kurz sah ich zur Tür zurück. Einfach rennen? In die Massen zurück, die mich wieder erdrücken? Vielleicht treffe ich ja noch Deeon und kann mich bedanken. Kurz wollte ich ein verliebtes Seufzen von mir geben. Doch plötzlich viel ein noch eines der
schiefen Bilder von der Wand und ich schreckte auf. „WA?!“ Ich machte einen Satz nach hinten. Ok! Keine Frage! Ich rannte sofort den anderen hinterher! Hinter der Theke stand eine große Bodenklappe offen. Eine steile Holztreppe führte in den Keller aus welchem etwas Licht kam. Zuerst holte ich tief Luft. Ich sah hinunter, und fragte mich, was als nächstes kommen sollte. Was mache ich hier überhaupt? Ich wollte immer noch, dass es ein Traum ist! Kam Kitsune zurück und sah zu mir
hinauf. „Los komm!“ Was blieb mir also anderes übrig, als hinunter zu klettern? Ich biss mir ein wenig auf die Lippen und stieg hinab. Die Stufen knarrten ein wenig und ich fürchtete mich vor Spinnen, die mir vielleicht auf den Kopf fallen könnten oder an meiner Hand lang laufen. Also versuchte ich so schnell wie möglich hinunter zu gehen, ohne zu stolpern und ohne etwas zu berühren! Aber natürlich. Ein Fuchsmensch, ein Dämon und ein homosexueller Dämon, der mir die Pest wünschte. Aber ich machte mir Sorgen
vor Spinnen. Als ich am ende der Treppe angekommen war, stand ich mitten in einer modernen Wohnung. Alles sauber, aufgeräumt und wirklich neumodisch. „Nicht lang bummeln! Hier geht’s lang! Los los!“, hörte ich aus einem Raum rechts von mir. Es war wirklich sehr schön dort. Ganz anders als in dem Raum über uns. Wie in einer modernen Menschenwohnung. Es standen sogar Pflanzen herum! Ich stand anscheinend in einem Flur. Nach hinten hin sah ich ein anderes Zimmer durch einen offenen
Türbogen. Anscheinend stand dort eine Couch. Links daneben war eine Trennwand die vielleicht in eine Küche führen könnte. Doch ich sah mich nicht weiter um! Ich lief schnell in den offenen Raum rechts von mir. Dort standen sie und achteten auf Mephisto. Dieser rollte kurz die Augen als ich hinein kam. Dann nahm er einen kleinen Hocker und stellte ihn vor ein Regal. Überall lagen Zettel und Bücher herum. An der Seite stand ein Schreibtisch, welchen man voller Papiere kaum noch
erkannte. Auf dem Boden waren ebenso Bücherstapel verteilt und auch lange Rollen. „Wo ist es denn…“, der Rothaarige wackelte ein wenig mit seiner Hüfte herum, „ .. Woooooo ist es… aaahhhh ja genau hier!“, er zog ein beigefarbenes Papier, unter einem Stapel Bücher, aus dem obersten Regal hervor. Dann machte er einen Hüpfer vom Hocker hinunter und grinste den Jungen an. „Was bekomme ich dafüüüüür mein Süßer?“ Er beugte sich etwas vor. „Du bist mir sowieso noch etwas
Schuldig.“, bekam er als Antwort. Da brach Mephisto zusammen und warf sich theatralisch auf einen Stuhl. „Ach Koibito… manchmal habe ich das Gefühl, dass du mich gar nicht liebst! Und egal wer hier Arbeiten würde! Dir wäre es egal!!!“, jammerte er herum und bewegte seine Hand wie eine Diva. Ich merkte schnell, dass Mephisto das Rampenlicht liebte und er dafür oft sehr laut und schrill wurde. Der Junge nahm ihm das Blatt ab. „Da gebe ich dir ausnahmsweise Recht.“, sagte er und wandte sich mir wieder zu. „W… was?...“, fragte ich ihn. „Nun geht es um dich!“ Der Junge legte das Blatt auf einen
anderen Haufen Blätter. „Es wird alles noch ein wenig konfus für dich sein. Aber das wichtigste ist nun, dass du hiermit geschützt wirst!“, sagte er mit einer beruhigenden Stimme. Ich weiß nicht warum, doch ich vertraute ihm. Er wirkte nicht böse. Ich spürte, dass er mir helfen wollte. Währenddessen holte er einen seiner Dolche hervor. Ich erschrak etwas und schaute mir still an, was er nun vor hatte. Es war ein besonderer Augenblick. Mephisto und Kitsune beobachteten ebenso, ganz genau, was nun geschah. Der Junge stach sich in seinen
Zeigefinger bis ein wenig Blut hinaus glitt. Nun Presste er den Finger auf die Ecke des Blattes bis er seinen blutigen Abdruck hinterließ. „Jetzt du.“, sagte er und nahm meine Hand. Es war so aufregend. Die ganze Stimmung war so packend. Mein Atem war unregelmäßig und meine Hand zitterte ein wenig. „Meine Name ist übrigens auch nicht Koibito.“, erwähnte der Junge lächelnd. Ich sah ihn überrascht an. Er wollte mir etwas die Angst nehmen. Dann hielt er meinen Zeigefinger und piekste auch dort
hinein. Ein ganz kleiner, aufregender Schnitt. „Aua…“ Der Junge war mir gegenüber so lieb. Mit seiner kalten Hand drücke er nun meinen blutenden Finger auf den Abdruck seines Fingers. Dann wartete er, bis die Abdrücke unter meiner Haut leuchteten. „Er macht es wirklich… Du bist so verrückt Shiro…“, flüsterte Kitsune fasziniert. Warum war jetzt alles so spannend und ruhig? Bis vor einigen Minuten lief ich noch durch ein lautes Getummel von Monstern und in dem Laden hielt Mephisto eine
riesen Show ab. Jetzt ist alles so angespannt. Wie, wenn man einen Horrorfilm sieht. Die Protagonisten ist alleine zu hause und geht nur mit einer Taschenlampe in den Keller, weil sie dort etwas gehört hat. Und man weiß nicht genau, ob sie nun direkt angegriffen wird, oder ob sie sich geirrt hat! Keiner würde es wagen in so einer Situation laut rum zu labern. So auch jetzt. Das Leuchten hörte auf. „Keine Sorge, du wirst nichts Schlimmes merken.“, erklärte der Junge noch. Dann nahm er meinen Finger wieder vom
Blatt weg. Ich betrachtete noch etwas meine Fingerspitze, an welcher ein wenig Blut war. Es war ganz seltsam. Ich fühlte mich so sicher. Dann nahm der Junge noch einmal meine Hand und lag sie in seine. Geheimnisvoll fuhr er mit seiner anderen Hand über meinen Finger, ohne ihn zu berühren. Das Blut verschwand und auch die kleine Wunde war nicht mehr zu spüren. Fragen und fasziniert zugleich, sah ich ihm nun in die Augen. Erst jetzt merkte ich, wie nahe wir gerade beieinander standen und uns tief
in die Augen sahen. Er wusste, dass ich diese Magie bestaunte und lächelte stolz. „SO!!!! Jetzt ist gut!“, sagte Mephisto in seiner schrillen Stimme. Er drückte uns beide auseinander und wollte das Papier greifen. Doch der Junge zog es ihm unter der Hand weg. Mephisto drehte sich zu dem Jungen. „Hey! Koibito! Vertraust du mir nicht? Du wirst das Papier sowieso hier lassen müssen!“, sagte er und war wieder voll in seiner Rolle. Doch der Junge hob das Papier und riss die Ecke ab, in welcher die Beiden abdrücke
waren. Plötzlich schrien Mephisto und das Fuchsmädchen auf! „WAS TUST DU DA?!“, schrien beide. Ich riss ein wenig die Augen auf und erschrak. Es kam mir vor als hätte ich mich in ein Brett verwandelt, dass ganz steif im Raum stand und mal wieder nicht wusste, was passiert ist. Immer wieder sah ich hin und her, in der Hoffnung, dass mir jemand erklärt was passiert ist! Aber ich hatte doch jetzt nichts böses getan oder? Ich mache nichts… ich bin nur ein Mitbringsel… ich habe nichts damit zu
tun! … Oder so. „Oh mein Gott! Darling!...“, begann Mephisto zu reden, „Wenn das Jemand mitbekommt… Du beschädigst heilige Gegenstände!“ Der Junge drückte ihm den Rest des Blattes in die Arme. „Niemand weiß, dass es hier ist! Außerdem würde es zustauben und das stört auch niemanden!“ Mephisto hob die Augenbrauen. „Hmmh… diese herrische Art mochte ich schon immer an dir…“, und leckte sich über die Lippen. Das war.. seltsam… wirklich seltsam. „Na gut! Da du jetzt mit der Seele eines Dämonen verbunden bist, kannst du auch
die schnellere Art zu reisen nutzen!“, sagte der Junge schnell und lief einfach wieder aus dem Zimmer. „Eh… Moment… was ist mit wem verbunden?!“, rief ich ihm hinterher. Kitsune schüttelte den Kopf. „Oh man, ich hab ihn noch nie so nervös gesehen. Haha.“, lachte sie. „Wie… was nervös..?“ „Also ich weiß wirklich nicht was du mit ihm gemacht hast… aber der Typ lächelt sonst nie!“, sagte Kitsune. Mephisto schlug die Arme über den Kopf. „Ich will das nicht hören!!! Los! Raus ihr beide!“, motzte er eifersüchtig und schickte uns weg. „Warte wir brauchen noch Kleidung!“,
meinte Kitsune. „Nehmt doch was ihr wollt! Da das Zimmer gegenüber! … Mein Herz ist sowieso schon gebrochen! Mir ist alles egal!“, jammerte er rum. Ich lief nun Kitsune hinterher in das andere Zimmer. Es war ein großes Schlafzimmer mit edler, goldener Tapete. An der Decke hing ein Kronleuchter und an der Wand stand ein pompöses rotes Bett. Alles war ein wenig verdunkelt, somit wirkte es ein wenig wie ein nobles Bordellzimmer. „Oh Man! Ich will gar nicht sehen was er hier alles noch drin
hat!“ Kitsune schnüffelte in einem riesigen rot, schwarzen, mit Lack umhüllten Kleiderschrank. Ich konnte nur ihre kleinen Beinchen sehen und den Schwanz der wild hin und her wedelte. Der Rest ihres Körpers war in dem Schrank verschwunden. „Hier! Zieh das an!“ sagte sie und warf mir Kleidung entgegen. Eine blaue sweatshirt Veste und eine graue Jeans, sowie schwarze, einfache Schuhe. „Woher hast du..-“, doch Kitsune unterbrach mich. „Frag gar nicht erst.“, lachte sie. „Ich
sollte dir nun wohl besser erklären was hier so abgeht! Los, zieh dich um! Ich fange an zu erklären während wir zum Aufzug laufen!“ „Aufzug?“ Rasch tauschte ich die Kleidung und zog die Schuhe an. „Hör gut zu!“, fing sie währenddessen an und lief schließlich los. -„Es gibt zwei Welten! Die Welt der Menschen und die Welt der Dämonen! Dann gibt es noch den Himmel! Vor langer Zeit hat sich ein Engel gegen Gott gewandt. Er hatte sich gegen Gott verschworen! Immer wieder stellte er seine Taten in
frage und somit begannen auch andere Engel an Gott zu zweifeln. Viele wollten sich nicht mehr an die Regeln halten, also verwandelten sie sich in die Gestallten von Menschen und stolzierten auf der Erde herum! Sie hatten dort ihren spaß und genossen es ihre Gier an Wein und körperlicher Nähe zu befriedigen. Viele menschliche Frauen wurden von ihnen schwanger. Doch sie bekamen kein menschliches Kind, sondern ein Kind, mit seltsamen Fähigkeiten. Auch Kinder die wie Monster aussahen. Kinder mit einem Auge! Kinder mit tierischen Körpergliedern! Kinder, welche die Frauen noch im Unterleib
auffraßen! Aber auch Kinder die ganz normal aussahen, und doch nicht ganz normal waren. Wir nennen sie einfach „Dämonen“, ob sie nun eine menschliche Gestalt haben oder nicht! Je mehr Finsternis ein Engel in sich trug, desto schlimmer wurde das Kind. Es ging Jahrzehnte so weiter. Auch die Kinder haben sich vermehrt! Über die ganze Welt! Bis Gott eines Tages eine riesige Flut über die Welt ziehen ließ, die alles auslöschen sollte! Nur einem Mann wurde dieser Plan mitgeteilt! Er sollte für sich und seiner Familie eine Arche bauen, und dort auch
Tiere retten, damit er nach der Flut die Welt neu bevölkern kann! Doch diesen Plan bekamen auch die Dämonen mit. Da sie nicht von Gott gerettet werden würden und auch dieser Mensch sie nicht auf die Arche lassen würde, mussten sie sich selber einen Zufluchtsort suchen, an dem die Welle sie nicht erreichen könnte! Also brachten sie all ihre Macht zusammen und erschafften diese Welt! Würden zu viele wieder in die Menschenwelt zurück kehren, ist die Möglichkeit zu groß, dass Gott sie findet und auslöschen könnte! Es gibt in vielen Ländern auf der
Menschenwelt verschiedene Religionen und Götter. Vielleicht kennst du Ägyptische Götter wie Horus, Anubis oder Griechische Götter wie Zeus oder Hera! Das waren alles nur sehr mächtige Dämonen! Sie wollten den Menschen vielleicht nicht mal etwas böses! Doch da sie nach der riesigen Flut noch lebten und sich so prachtvoll verehren ließen, wurden sie irgendwann ausgelöscht! Also leben die meisten Dämonen nun aus Angst in dieser Welt! Zwischendurch tapsen mutige mal in die Menschenwelt, aber ohne viel Aufsehen zu hinterlassen! Das wertvollste was es hier gibt, sind
dann die Menschenseelen! Je mehr du hast, desto stärker bist du! Und Menschenseelen dienen oft als Währung! Dämonen spüren an deiner Seele, dass du ein Mensch bist! Nicht jeder achtet auf jede Seele. Aber wenn du in der Masse aufgefallen wärst, hätte es zu Schwierigkeiten geführt! Denn kaum einer traut sich noch in die Menschenwelt! Diese Seelenbünde die du und Shiro gemacht haben, dient als Seelenvermischung! Das können nur sehr wenige Dämonen machen! Normalerweise nutzen Dämonen dies, um ihre eigenen Seelen zu stärken, um
mächtiger zu werden! Es ist als Dämon verboten die Seele eines anderen Dämonen zu sammeln. Aber viele wollen stärker werden und trauen sich nicht eine Jagt nach Menschenseelen zu machen. Doch durch dieses Blatt, vermischen sich die Seelen der beiden Wesen, die ihr Blut darauf vermischen. Und somit kann man auch stärker werden! Es wurde jedoch oft missbraucht. Der stärkere Dämon von beiden, nahm die Seele komplett in sich auf und wurde sehr viel stärker! Es kann natürlich auch schief gehen, und beide sterben dabei. Deshalb ist eine Seelenbünde
verboten! Damals gab es ein ganzes Buch voll dieser Blätter. Aber bei euch ist es nun so, dass deine Seele von Shiros Seele versteckt wird! Sie werden nicht vermischt! Seine Seele legt sich wie ein Kokon um deine! Wenn ich mich ganz stark auf dich konzentriere, könnte ich nicht einmal deine Seele ankratzen! Shiros macht würde mich direkt aufhalten! Also wird keiner mehr erkennen, dass du ein Mensch bist! Und es kann dir auch kein Dämon etwas antun! Das ist so faszinierend! Shiro ist der
zweitmächtigste Dämon den ich kenne!
Irgendwie bin ich schon neidisch auf dich.“-
Alles was bisher geschah, erschien mir wie ein Traum. Nicht unbedingt ein guter Traum, doch besser als meine Albträume die ich sonst hatte. Früher hätte ich nie gedacht, dass es so etwas wie eine „Dämonenwelt“ geben würde! Natürlich habe ich schon diese und jene Bücher gelesen und einige Filme gesehen! Doch daran geglaubt hätte ich nie! Ganz anders als meine beste Freundin Nami. Sie hatte sich schon immer für das
übernatürliche interessiert und sich nie gefürchtet. Nami war immer die mutigere! Und die hübschere! Schlank, schicker Hintern, blond, strahlende grüne Augen, charmant, hübsch, perfekt. Ich weiß noch, wie wir „Geist im Schloss“ gespielt haben und wie sie mir ständig Gruselgeschichten erzählen wollte. Das Spiel ist ein einfaches Versteckspiel bei Nacht, nur, dass man so leise wie möglich sein Versteck ändern musste. Sie fand es immer witzig, doch ich wollte mich nie an gruselige Dinge
gewöhnen. Wenn sie mich mal wieder überredet hatte einen Horrorfilm zu gucken, musste sie danach immer mit zur Toilette kommen, da ich mich nicht getraut habe alleine durch den langen Flur zu laufen. Einmal war es besonders schlimm. Es war ein kalter Herbstabend, und draußen war es extrem windig. Namis Eltern waren nicht zu hause und das sollte die perfekte Atmosphäre für einen Horrorfilm Abend sein. Also haben wir Creeper geguckt. Die Handlung ist ganz einfach. Sobald du die Geschichte vom Creeper gehört hast, und daran glaubst oder Angst vor ihm hast, kommt er, und
wartet auf den richtigen Augenblick um dich zu jagen. Wir saßen wieder mal auf Namis riesigem Bett und schauten über ihren Laptop diesen Film. Jedes mal hatten wir mehrere Tüten und Schüsseln voller Chips und Süßkram! Am Ende des Filmes wurde natürlich alles gut, und die Hauptfigur konnte dem Creeper entkommen! Es war so spannend, dass ich nicht einmal Namis Geschmatze gehört hatte. Nachdem wir schließlich 3 Liter Limonade, über den ganzen Film verteilt, getrunken hatten, stand ich sofort auf, als der Abspann lief. Ich riss die Decke weg, sprang zur Tür
und flehte Nami an mitzukommen. „Bitte… bitte bitte! Schnell… ich muss so dringend!“, jammerte ich und hüpfte von einem Bein zum anderen. Nami verdrehte die Augen und setzte sich richtig hin. „Ernsthaft jetzt?“, lachte sie. Ich konnte es kaum aushalten. Mein Unterleib tat schon weh. Also zog ich sie am Arm. „Loooos… bitteeeee… Du weißt, dass ich mich nicht alleine traue!“ Sie stand auf und lächelte mich an. „Ich weiß. Du bist eben ein Angsthase!“ Weiter zog ich sie zur Tür, bis sie von alleine weiter lief. „Los…
schnell!“ Ich drückte eben den Lichtschalter und lief mit Nami im Arm den langen Flur entlang. Ihre Eltern hatten sehr viel Geld, also wohnten sie natürlich auch in einem riesigen Haus. Da ich nicht alleine war, machte ich mir auch keine Sorgen um irgendwelche Monster. Doch wenn ich alleine hätte gehen müssen, wäre ich keinen Schritt weit gegangen. Der Türbogen aus dem Zimmer wäre wie eine unsichtbare Wand gewesen. Es dauerte nicht lange. Hinten links war auch schon die weiße
Tür. Während ich im Badezimmer war, hörte ich das Rascheln der Bäume. Draußen wurde es immer Windiger und es begann zu donnern. Vor Schreck sah ich hinaus, doch ich sah nur den großen Garten. Also beeilte ich mich ganz fix und wusch mir noch rasch die Hände. Nami hat natürlich vor der Tür gewartet. Naja, zumindest sollte sie das. Als ich die Tür öffnete und hinaus gehen wollte, war im Flur kein Licht mehr an. Darum blieb ich lieber im hellen Zimmer stehen. Ich schaute nur ganz wenig hinaus. „Nami..? Das ist überhaupt nicht
komisch!!!“, rief ich in den Flur hinein. Natürlich wollte sie mich wieder ärgern! Eigentlich wollte ich mich total eingeschnappt auf den Badewannenrand setzen und schmollen. Noch einmal sollte sie mich nicht erschrecken! Doch Augen reagieren bekanntlich auf Bewegungen. Und irgendwas rollte oder kullerte durch den Flur. Da es so dunkel war, konnte ich nichts erkennen. „Nami!!! Hör auf! Bitte!“ Doch niemand antwortete mir. Langsam wurde ich skeptisch und lehnte mich
vor. Irgendwie war das alles schon gruselig, doch ich wusste, das Nami dahinter steckte! Ich wollte die Tür ein wenig auf machen, um mehr sehen zu können. Doch ganz plötzlich, in einer windes Eile, knallte die Tür zu und das Licht ging aus. Ich schreckte auf und griff zum Türknauf. Der Lichtschalter war außen angebracht, also konnte ich nichts gegen die Dunkelheit tun. Wie verrückt rappelte ich an der Tür. „NAMI!!!“, schrie ich, doch ich hörte nur ein
Lachen. Ich drückte mit voller Wucht gegen die Türe, doch Nami stemmte sich dagegen. Alles war so finster! Ich konnte nichts erkennen. Vor lauter Angst, traute ich mich nicht einmal mich umzudrehen. Also presste ich mich so stark ich konnte gegen die Tür. Dann fing es auch noch stärker an zu Gewittern. Ich war so aufgeschmissen! Und wenn in dieser Zeit plötzlich etwas hinter mir steht? „NAMI!“, schrie ich erneut. Mein Puls schlug in die Höhe. Ich merkte richtig wie warm mir
wurde. Und was sollte ich machen wenn wirklich etwas hinter mir ist?! Durch diese Gedanken drehte ich mich ein wenig zur Seite. Ich wollte es nicht einmal, doch es war wie eine art Reflex! Und das hätte ich nicht tun sollen. Plötzlich blitzte es und mein Verstand wollte mich täuschen! Voller entsetzen sah ich eine Person an der Wand stehen! Ich riss die Augen auf und schrie wie am Spieß! Es fühlte sich so an, als hätte mein Herz eine Sekunde lang ausgesetzt. Alles kam mir so schwummrig vor und
ich stolperte zur Seite. Dabei riss ich ein Handtuch vom Harken herunter und stieß mir den Kopf. Ich krümmte mich auf den Fliesen und kniff meine Augen zu. Was sollte ich nun machen? Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Weinend lag einfach in der Ecke und hielt meine Hände vor mein Gesicht. Ich hatte keine Energie mehr um nach Hilfe zu rufen. Das war so gemein. Ich hatte solch eine Angst. Als Nami nur noch mein Wimmern hörte, machte sie sofort wieder das Licht an und rannte hinein. „Yuki…?“, sagte sie
leise. Erstarrt stand sie in der Tür und blickte zu mir hinab. Dann kam sie hinein gerannt und kniete sich neben mich. Ich weinte immer weiter, denn ich hatte einfach zu sehr Angst vor der Dunkelheit. Nami Drückte mich an sich und tröstete mich. „Entschuldige Yuki… es tut mir leid. Das wollte ich nicht!“, flüsterte sie und schaukelte ein wenig. Doch ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen. An diesem Tag hatte sie mir versprochen, mich nicht mehr zu
erschrecken. Bis zu jenem Tag als ich den Schattenmann rief. Aber es war ja nicht wirklich sie, die mich erschreckte. Und erschreckt klingt eher wie ein kleiner Spaß, aber ich wurde auch noch bedroht. Ich hatte mich immer wieder gefragt, warum Nami das überhaupt wollte. Und was macht sie nun überhaupt? Sie sorgt sich bestimmt um mich. Und mein Vater? Er macht sich auch bestimmt Sorgen! Über all das machte ich mir Gedanken, als wieder durch die Massen
liefen. Dieses mal gingen wir einen Weg, wo nicht so viele Kreaturen wie ein Armeisenhaufen auf einem Punkt herum liefen und sich gegenseitig den Weg versperrten. Wir liefen in einem strickten aber gemütlichen Gang durch einen riesigen Flur. Wie die riesigen Flure eines Einkaufscenters. Dort waren auch nicht so viele kleine Gnome oder gigantische Golems. Es waren eher Wesen, die ein menschliches Aussehen hatte. „Warum sind wir nicht schon vorher so einen Weg gegangen?“, fragte ich
Kitsune und den Jungen. Das Mädchen kam zu mir und zupfte mir am Oberteil. „In der Menge fällt eine Menschenseele nicht so schnell auf. Aber hier schon!“, flüsterte sie. „Hier hätte man dich viel schneller erkannt!“ Ihre Worte machten Sinn. Ich konnte froh sein, dass der Golem nichts gemerkt hatte, als er mich weg geschubst hatte! Es war wirklich Gedankenlos, ihn anzuschreien. Aber ich wurde ja zum Glück aufgefangen von diesem charmanten Jungen. Wie war sein Name noch
mal? >Deeon.< Ein schöner Name. Durch meine konfusen Gedanken, hatte ich kaum bemerkt, wo wir überhaupt lang gingen. Ich folgte einfach den anderen beiden. Eigentlich hätte ich jedes seltsame Wesen mit riesigen Augen angestarrt. Es ist komisch mit der Regel aufzuwachsen >Es gibt keine Monster.<, und dann in einer Welt zu spazieren, in der kein einziger normaler Mensch ist. Außer mir natürlich. Ich hatte mich schon etwas darauf verlassen, dass Kitsune und der Junge bei mir waren, und mir dadurch nichts
passieren konnte. Daher hatte ich auch keine Angst, wenn mir plötzlich ein blauer Mensch mit vier Augen und sechs Armen entgegen kam. Oder eine Frau mit eleganten schwarzen Hörnern und grauer Haut. Natürlich war das alles etwas komisch. Doch irgendwie hatte mich das alles so in den Bann gezogen, dass ich es eher fantastisch, anstatt gruselig fand. Kaum hatte ich also meine Gedanken verstreut, da blieb auch schon der Junge stehen. „Da sind wir.“, sagte er und präsentierte eine Schiebetür. „Das ist ja ein normaler Fahrstuhl?“, fragte ich und runzelte die Stirn.
„Er fährt nicht wie normale Fahrstühle hoch und runter. Er bringt dich einfach zu dem Raum, wo du hin möchtest. Egal ob er auf der anderen Seite dieses Bereiches ist. Natürlich dauert es dann etwas länger.“, kicherte Kitsune. Sie wusste, dass alles in dieser Welt neu für mich ist. Doch für die war das der Alltag. Irgendwie machte es sie fröhlich, mir die tollen Dinge zu erklären. „Und was machen wir nun hier?“, fragte ich weiter. Der Schattenmann drückte ein kleines Knöpfchen und holte dadurch den Fahrstuhl zu
uns. „Ein Dämon hat einige Probleme, die er nicht bewältigen kann. Ich werde ihm helfen.“, antwortete der Junge und schaute dabei wartend zur Tür. Dann wandte er sich zu uns. „Kitsune kommt nur mit, weil sie mir ständig folgt. Sie hat sonst nichts anderes zu tun. Und du kommst mit, um schon mal ein paar Eindrücke von dieser Welt zu bekommen.“ „Hey!“, fing Kitsune an zu motzen. Kurz darauf hörte ich schon ein lautes „Ping!“ Der Fahrstuhl war bei uns angekommen. Ich überlegte nicht weiter und stellte mich direkt
davor. Sobald die Tür auf ist, wollte ich hinein laufen. Doch als ich mich davor stellte, zog der Junge mich plötzlich zur Seite. Ich war etwas überrascht. Er faste mich behutsam mit seinen kalten Händen und drückte mich etwas an sich. „Warte, falls andere dort hinaus kommen.“, flüsterte er ruhig und machte Platz. Daran hatte ich gar nicht gedacht. Ich selber hatte mich ständig über die unachtsamen Leute beschwert, die einfach überall herumstolzierten, Leute anrempelten und nicht voraus dachten. Jedoch hatte ich selber komplett
vergessen, dass auch Leute aus dem Fahrstuhl raus kommen könnten. Also wartete ich bei dem Jungen, bis die Türen sich aufzogen. Dabei spürte ich wieder, welch eine Kälte der Junge an sich hatte. Keine Kälte wegen seines Charakters, sondern eine Kälte wegen seiner Körperwärme. Es war komisch, dass er nun so behutsam mit mir umging. Er ist in den letzten Momenten so lieb zu mir gewesen. Er lächelte mich manchmal total süß an und doch kam zwischendurch diese Arroganz aus ihm heraus, die mir zeigte, dass er nicht gut mit anderen Leuten
umgehen konnte. Vielleicht hatte er ja versucht eine Art Nervosität damit zu kaschieren. Immerhin hatte Kitsune so etwas angedeutet. Schließlich waren die Türen auch offen. Tatsächlich standen dort zwei Fischmenschen. Sie hatten grüne klebrige Haut und erinnerten mich an eine Art Frosch. Einer quakte sogar laut und wusch mit der Nickhaut über seine Glubschaugen. Doch sie beachteten uns gar nicht und patschten mit ihren dicken Bäuchen und dürren Beinen an uns vorbei. Erst dann nahm der Junge die Hände von meinen Schultern und lief in den
Fahrstuhl. Fasziniert sah ich den Kreaturen nach. Diese Figuren machten mir überhaupt keine Angst. Sie waren eher witzig und interessant. „Los Yuki. Geh rein.“ unterbrach mich Kitsune plötzlich. Sie warf mich aus meiner Bewunderung und brachte mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. „Eh.. eh! JA!“, ich drehte mich um und lief schnell hinein. Dann sah ich fragend zu Kitsune hinüber. Sie stand noch draußen. „Entschuldigt bitte, aber ich muss noch etwas erledigen. “, sagte sie und grinste
mich an. „Was..? Aber-“, doch die Türen schlossen sich wieder. Nur kurz konnte ich noch sehen, dass sie mir zu wank. Dann war es wieder ruhig. Man hörte nicht einmal mehr die Geräusche aus der Halle. Ich war also alleine mit dem Jungen. Irgendwie gab mir das ein flaumiges Gefühl im Magen. Zuerst war ich alleine mit ihm, als er mich töten wollte. Danach wachte ich in dieser Bibliothek auf. Seit dem war die Kleine immer da. Normalerweise würde Kitsune nun
zwischen uns stehen und ganz viel brabbeln. Sie würde erzählen was nun passiert. Und sie würde einfach das unangenehme Schweigen unterbrechen. Da sie das nun nicht tun konnte, war das wohl meine Aufgabe. Ich mochte es noch nie, wenn man diese unangenehme Stille aufkommen lässt. Dieses typische Anstandsschweigen in Aufzügen oder in Warteräumen. Selbst wenn jemand niest, wünscht man keine Gesundheit, da man bloß niemanden angucken möchte. Das war auch im ersten Moment bei uns so. Wortlos sah ich etwas hinab und zögerte
etwas zu sagen. Sollte ich denn mit ihm sprechen? Warum denn nicht? Was sollte schon passieren? Für den Jungen war es anscheinend egal, ob es nun leise war oder nicht. Er wartete einfach und schwieg solange. Doch ich wollte die Gelegenheit nutzen, um mit ihm zu reden. Smaltalk würde ich das nennen. Das machte alles etwas angenehmer. Also fummelte ich etwas nervös an meiner Veste herum und sah zu ihm hoch. „Ehm…“, fing ich an zu haspeln. Ich wusste ja nicht, wie er reagieren würde wenn ich nun die Stille
breche. Mal ist er so, mal so. Doch eigentlich war er zuletzt ja ganz nett. Also redete ich weiter. „Warum ist Kitsune denn jetzt nicht mitgekommen?“, fragte ich leise. Ich war gespannt wie er nun reagieren würde. Oder ob er überhaupt redet? Doch er nahm meinen Versuch an, eine Konversation zu führen und sah zu mir. Er verschenkte ein wenig die Arme. „Naja, sie ist bestimmt etwas eingeschnappt, weil ich vorhin meinte, sie hätte sonst nichts anderes zu tun, als mir zu folgen.“, erklärte er und kratze
sich dabei den Kopf. „Sie nervt manchmal mit ihrer verspielten Art, doch genau das macht sie auch so charismatisch und nett.“ Seine Worte brachten mich zum grinsen. Ich sah in an und nickte. „Ja… am Anfang kam sie mir wie ein freches Gör vor. Doch jetzt fehlt sie mir etwas.“ „Wieso? Macht es dir Angst, alleine bei mir zu sein?“, er drehte sich wieder nach vorne und sah nur etwas grinsend mit seinen Augen zur Seite. Da wich ich etwas zurück. Irgendwie war es mir peinlich, das zuzugeben. „Was? Wie… also… Ich… irgendwie.. naja…“, schnell versuchte ich das Thema
zu wechseln. Ich sah etwas hin und her und überlegte verzweifelt was ich sagen sollte. „Ehm! Was ganz anderes!! Warum sind deine Hände eigentlich so kalt?“ Ich plapperte immer wirres Zeug, wenn ich nervös war. Doch der Junge sah mich überrascht an. Mit dieser Frage hatte er wohl nicht gerechnet. Warum sah er mich plötzlich so an? Hatte ich etwas Falsches gesagt? Deprimiert hob er seine Hände und betrachtete diese. Damit erreichte ich genau die Stimmung die ich nicht wollte. Und nun habe ich ihn auch noch traurig
gemacht! Der Junge runzelte betrübt die Stirn „Naja, das ist eine etwas längere Geschichte.“ Sagte er nur, ohne weiter drauf einzugehen. Da bin ich wohl ins Fettnäpfchen getreten. Ihm war das Thema sehr unangenehm und ich merkte, dass er darüber nicht reden wollte. Wieder schwiegen wir. Diese Stimmung wirkte sich auch auf mich. Betroffen sah ich wieder hinab und wusste nicht, was ich sagen sollte. Sollte ich mich entschuldigen? Wofür
denn? Was kann denn schon so schlimm sein, dass ein Dämon kalt ist und nicht darüber reden möchte? Doch da viel mir ein, dass auch ich nicht gerne über einige Themen reden wollte. Wenn man mich auf meine Mutter, oder mein Zuhause ansprach, versuchte ich immer den Fragen auszuweichen. Ich liebe meinen Vater, und ich liebe mein Zuhause. Doch es machte mich traurig, wenn ich an mein Zuhause dachte. Nicht weil ich nicht viel Materielles hatte. Sondern weil ich wusste, dass es meinem Vater nicht gut ging, und ich ihm auch nicht helfen
konnte. Bisher hatte ich kaum an zuhause Gedacht. Auch nicht an meinen Vater. „Du…“, fing ich wieder zurückhaltend ein Gespräch an. Der Schattenmann drehte sich schweigend zu mir. „Hm?“ Wir beide waren irgendwie niedergeschlagen. Doch daran merkte ich, dass wirklich keine Angst vor ihm haben musste. Er wirkte mehr oder weniger Menschlich. Und irgendwie fühlte ich mich mit ihm verbunden. „Ehm… werde ich denn meinen Vater
wieder sehen…?“, fragte ich und biss mir auf die Lippe. Auf die schlimmste Antwort hatte ich mich vorbereitet. Vielleicht werde ich ja nie wieder in meine Welt zurück kehren? Darüber hatte ich bisher gar nicht nach gedacht! Mein Magen krampfte, während ich auf die Antwort wartete. Doch es kam ganz anders. „Natürlich.“, hörte ich von ihm. Da viel mir ein Stein vom Herzen! Ich sah ihn verwundert mit großen Augen an. Hatte ich richtig gehört? Diese Antwort erfüllte mich wieder mit
neuer Hoffnung. „Was? Ich dachte ich könnte nie wieder nach hause!“ Doch seine Erklärung war nicht gerade das, was ich erwartet hatte. „Wir beide haben einen Packt. Ich lasse dich am leben, und dafür hilfst du mir. Deine Hilfe kannst du mir nur wirklich geben, wenn du zwischendurch in deine Welt gehst.“ Das verstand ich noch immer nicht. Wie konnte ich ihm denn Helfen? Was sollte ich helfen? Ich erinnerte mich daran, was ich in Namis Zimmer zu ihm gesagt habe. >„Ich… ich will dir anders nützlich
sein!“< Aber ich wusste ja selber nicht was ich damit meinte. Es rettete mir das Leben. Das war das Wichtigste. „Aber was soll ich denn jetzt machen?“ Nun drehte er sich wieder nach vorne und zeigte mir seine kalte Art. Nicht kalt wegen seinem Körper, sondern wegen seinem Charakter. Es war ihm klar, dass mir seine Antwort nicht gefallen würde. „Ich denke Kitsune hat dir etwas über Seelen erzählt, richtig? Kaum einer traut sich in die Menschenwelt zu reisen um dort Seelen zu sammeln. Dämonen fallen manchmal auf, wenn sie zu oft in die
Menschenwelt reisen. Doch bei einem Menschen, ist das egal. Ihm kann nichts passieren. Ein kleiner Trick für die Dämonen ist es, wenn ein Mensch dich zu sich ruft! Somit betreibt er Okkultismus und macht es den Dämonen einfacher zu reisen ohne viel Aufwand zu betreiben. Er ruft mich, ich komme und hole mir die Seele. Dann versuche ich so schnell wie möglich wieder zurück zu finden.“ Nachdem er mir das sagte, blieb mir ein Kloß im Hals stecken. Ich war zu nervös um etwas zu sagen. Kein Wörtchen kam aus meinem Mund. Doch er beantwortete mir die Frage, die ich mir in meinem Kopf immer wieder
stellte, und nicht mehr aussprechen konnte. „Deine Aufgabe ist es, Menschen dazu zu bringen, mich zu rufen.“ Das schlug auf mich ein wie eine Kugel. Ich riss meine Augen auf und konnte meine Blicke nicht von seinem emotionslosen Gesicht lassen. „W.. warte. Wenn ich den Menschen sage, dass sie dich rufen sollen, dann kommst du… und tötest sie…?“ Genau als ich diese Frage stellte, kamen wir an. Wieder hörte ich das laute „Ping!“ Ich wollte nicht glauben was er gesagt hat! Das sollte doch ein Scherz sein! Das ist
so, als würde ich die Menschen töten! Das kann ich nicht. Doch es kam ein letzter Blick von ihm. „Ganz genau.“, sagte er und dann ging auch schon die Türe auf. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Es verschlug mir die Sprache zu wissen, dass ich ihm Helfen sollte Menschen zu töten. Dieser Gedanke war wie ein schwerer Stein der mir die Luft weg drückte. Wenn er seinen Job zu erledigen hat, dann ohne mich. „Ich kann das nicht!“, begann ich entsetzt zu schreien. Doch dann sah ich, dass jemand hinter der Türe stand und hielt
inne.
Ich blinzelte ein wenig mit den Augen und schluckte den restlichen Satz hinunter.
„Deeon..?“, fragte ich nur.
Der blonde Junge stand mir gegenüber und sah mich ebenso überrascht an.
„Yuki?“, sagte er genauso unsicher.
Doch dann wanderten seine Blicke zum Schattenmann hinüber. „Und du? Ich wusste ja nicht, dass Yuki bei dir-“
Doch plötzlich holte der Schattenmann aus und schlug ihm mit voller Wut in sein Gesicht.