Simon Belfare war einst einer der mächtigsten Zauberer im gesamten Reich und als Herr des Sangius-Ordens selbst vom Kaiser und all jenen gefürchtet, die sich ihm in den Weg stellten. Doch als er sich einiger Dörfler entledigen will, die ihm beim Bau seiner neuen Burg im Weg stehen, werden ihm seine Kräfte geraubt. Verwundbar und von seinen eigenen Leuten verraten befindet er sich alsbald auf der Flucht, mit nur einem Ziel: Zurückzuerlangen was ihm genommen wurde. Sein Weg führt ihn dabei durch Armut, Finsternis und
letztendlich auch die Folgen seines eigenen Handelns…bis er im Norden des Kontinents schließlich sein Schicksal findet. Zum Guten oder zum Bösen.
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Die Niederlassung des Ordens war, neben der Arena, vielleicht das einzige größere Bauwerk in Anego. Die Gebäude, die sich in den Schatten der ummauerten Anlage duckten, wirkten zwar ebenfalls nicht so heruntergekommen wie die Bauten in den Vororten, aber gegen die steinernen Hallen, die sich am Ende des ummauerten Hofs befanden, nahmen sie sich trotzdem ärmlich aus.
Die Gebäude nahmen die Forme eines nach vorne offenen Rechtecks ein. Eine große Treppe führte hinauf zum mittleren Gebäude. Graue, glatte Steinwände erhoben sich in dreifacher Mannshöhe zum Himmel und das mit dunklen Schieferplatten gedeckte Dach verstärkte den ungastlichen Eindruck noch. Und ein großes, schmiedeeisernes Tor, das den Zugang zum Hof sicherte, tat sein Übriges. Eingelassen in das Gitter schimmerte das Symbol eines vergoldeten Tropfens und an den Gebäuden der Ordensniederlassung wehten Flaggen, die das gleiche Wappen trugen. Einst hätte ihn dieser Anblick eigentlich gefreut, dachte Simon. Das
Zeichen dafür, dass die Gemeinschaft, die er gegründet hatte, sich mittlerweile über das gesamte Kaiserreich erstreckte. Doch nun bedeutete es das Ende, wie es aussah. Die Straßen waren auch hier noch überfüllt und hätte er die Gelegenheit gehabt, er hätte wohl darauf hoffen können, in der Menge zu verschwinden, doch die Stadtwachen, die sie vom Tor aus begleitet hatten, hatten nach wie vor ein Auge auf ihn und sorgten dafür, dass die Bürger Anegos einen gebührenden Abstand einhielten. Nein… nach wie vor, er konnte nicht entkommen. Ordt beäugte derweil misstrauisch den großen Steinbau, dem sie sich näherten.
Einer, der sie begleitenden Wächter, schlug mehrmals gegen das große Eisentor, um auf sie aufmerksam zu machen. Eine Weile lang tat sich nichts, dann jedoch öffnete sich eine der Türen am oberen Ende des Treppenaufgangs und eine kleine Gruppe Gestalten trat heraus, jeder davon gekleidet in die typischen Roben des Ordens. Die zwei Frauen und drei Männer sahen einen Moment unentschlossen zu der Gruppe am Tor herüber, bevor einer von ihnen die Hand ausstreckte und auf die Gitterstäbe richtete. Mit einem knirschenden Geräusch schwangen diese nun beiseite und gaben den Weg für Simon und die anderen frei. Einer der
Wächter versetzte ihm einen leichten Stoß, während sie den Zauberern entgegengingen. „Ich hoffe, Ihr habt einen guten Grund, hierherzukommen.“, meinte der Magier, der zuvor auch das Tor geöffnet hatte. Unter der Kapuze schimmerte Simon ein grünes und ein grau verschleiertes, blindes Auge entgegen. Eine deutliche Narbe zog sich durch das zerstörte Auge und über den Unterkiefer des Mannes. Simon konnte sich nicht sicher sein, aber vermutlich war der Mann derjenige, dem die Ordensniederlassung hier unterstand. Auch wenn er ihn nicht kannte. Vielleicht hatte Erik bereits damit
begonnen, diejenigen Zauberer, die Simon eingesetzt hatte ihrer Ämter zu entheben. Zumindest wäre das der erste logische Schritt, wenn der Mann seine Macht sichern wollte. Doch die übrigen Magier kamen ihn bekannt vor. Verzweifelt suchte er nach einem Namen, der zu den vertrauten Gesichtern passte. Und er fand einen. Ein Zauberer mittleren Alters, der im Gegensatz zu den anderen die Kapuze zurückgeschlagen und die Arme vor der Brust verschränkt hatte. Die dunklen Haare auf seinem Kopf waren so kurz geschoren, dass man die Haut stellenweise durchschimmern sehen konnte.
„Den haben wir.“, erklärte einer der Wachmänner. „Diese Leute sind keine halbe Stunde zuvor am Stadttor aufgetaucht. Und sie behaupten, sie hätten uns Simon Belfare gebracht.“ Er deutete an Kiris und Ordt vorbei auf Simon. Langsam trat er vor. Seine gefesselten Hände ballten sich zu Fäusten. „Hallo, Gnaeus, “, sagte er an einen der Männer gerichtet. „Ich dachte eigentlich, Ihr solltet die Nachfolge als Führer dieser Niederlassung antreten.“ Der als Gnaeus angesprochene Ordenszauberer antwortete nicht, sah aber wieder zu dem Mann, der nun an seiner statt dieses Amts innehatte.
Nachdem der alte Großmagier sicher aus dem Weg geschafft worden war. Simons Vermutung erhärtete sich. Erik beseitigte jetzt nach und nach, was er vielleicht noch an Verbündeten haben könnte. „Das gibt es doch nicht….“ Der Anführer der Magier sah einen Moment zwischen Simon und Gnaeus hin und her, bevor er an den Wachen vorbei auf Simon zutrat. Ein kaltes Lächeln tauchte auf seinen Lippen auf. „Das Letzte was ich von Euch hörte war, das Ihr Euch irgendwo in der Wildnis verkrochen habt, Simon. Und jetzt taucht Ihr hier auf. Gefangengenommen von einem Gejarn? Und Ihr ?“
Er wandte sich an Kiris. „Mein Name ist Kiris, Hexer. Und ich bin nur hier, um ein Problem aus der Welt zu schaffen. Nehmt Simon mit und wir verschwinden wieder.“ In diesem Moment gab es an den nach wie vor offenen Toren einen kleinen Tumult. Einige Leute waren draußen auf der Straße stehen geblieben und sahen neugierig den beiden Gruppen zu. Nun jedoch sprangen sie eilig durcheinander, als sich ein Dutzend oder mehr kaiserliche Gardisten einen Weg durch sie bahnten. Wer nicht rechtzeitig auswich, wurde einfach beiseite gestoßen oder drohte, unter die Stiefel der Soldaten zu geraten. Mit Schwertern und
Arkebusen bewaffnet, formten die Männer einen Halbkreis, sobald sie den Hof betraten. Nur ein einziger Mann blieb genau im Bogen des Halbkreises stehen. Braune Haare, mit der ersten Spur von grau rahmten ein bärtiges, wettergegerbtes Gesicht ein. Ein blauer Schulterumhang fiel ihm über einen Arm, während der andere am Griff eines verzierten Breitschwerts lag. Das Wappen des Hauses Ordeal, der Drache, war mit versilberten Nieten in das Heft getrieben worden. Simon konnte sich nicht sicher sein, aber wenn das nicht der Kommandant war, den die Wachen vom Tor alarmieren wollten, dann wäre das ein seltsamer Zufall. Und langsam
hörte er auf, an Zufälle zu glauben. Der Großmagier sah misstrauisch zu der Gruppe Bewaffneter herüber. „Kommandant Ielfgar, was sucht Ihr hier?“ „Ich wurde informiert, das sich Simon Belfare in eurem Gewahrsam befinden soll.“, erklärte der als Ielfgar angesprochene Mann. „Ist dem so?“ „Ich bin hier.“ Langsam wurde das hier aberwitzig, dachte Simon. Die Situation war so schon gespannt genug und der Wirbel um ihn war grade alles andere als kleiner geworden. „Und hier wird er bleiben, bis wir den Ordensobersten Svensson informiert haben.“, entschied der Großmagier
ruhig. „Der Meister will ihn sicher persönlich verhören.“ Ielfgar gab sich unbeeindruckt. „So ? Nun dann wird sich Euer Ordensoberster beeilen müssen. Ich habe ein Todesurteil für ihn. Zur sofortigen Vollstreckung wenn möglich.“ Simon konnte geradezu spüren, wie sowohl die kleine Gruppe Zauberer, als auch die Gardisten sich plötzlich anspannten. Die Stadtwächter wiederum, die sich plötzlich mitten in der Schusslinie zwischen Orden und Soldaten wiederfanden, beeilten sich, aus der Schusslinie zu kommen. Nur Kiris und Ordt blieben mit ihm stehen wo sie waren. Und Simon konnte nicht anders,
als ihnen dafür kurz Respekt zu zollen. So seltsam das war, ein Teil von ihm hatte… beinahe so etwas wie Bewunderung für sie übrig. Sie waren nur ein Mensch und ein Gejarn, hatten keine Magie, keine Waffen… und standen plötzlich im Kreuzfeuer zwischen den zwei mächtigsten Organisationen des Landes. „Ihr könnt es gerne versuchen.“, meinte der Großmagier. „Ich habe klare Anweisungen.“, knurrte der Kommandant seinerseits. Auch wenn die Zauberer in diesem Fall wohl überlegen waren, ein Dutzend feuerbereite Gardisten konnten ihnen durchaus gefährlich werden. Gegen eine
Kugel half auch keine Magie. „Wir übernehmen das hier ab jetzt… Magier. Tiberius will seinen Tod, also sorgen wir dafür.“ „Und mein Herr wird den Unseren wünschen, wenn Simon stirbt, bevor er Gelegenheit hatte, ihn persönlich zu verhören.“ „Das ist ehrlich gesagt nicht mein Problem.“, gab Ielfgar zurück. „Sollte dem Kaiser irgendwie zu Ohren kommen, dass ich sein Urteil aufgeschoben habe, können wir uns alle von unserem Kopf verabschieden. Aber wisst Ihr was? Es gibt sicher einen Kompromiss….“ Offenbar war der Kommandant nicht darauf aus, sich mit einer Gruppe Magier
anzulegen und der Hochmut, der zuvor in seiner Stimme gelegen hatte, verschwand etwas. „Wie soll der aussehen?“ „Wir schaffen ihn in die Arena.“, antwortete der Kommandant. Simon wurde hellhörig. Das war zwar nur eine andere Art von Todesurteil, aber zumindest bedeutete es einen kleinen Aufschub. Oder, je nachdem wie er sich schlug, einen Großen. Nach wie vor, er verfügte über keine Magie mehr, aber mit einem Schwert konnte er nach wie vor umgehen. Und nur vielleicht... bot sich so auch eine Gelegenheit zur Flucht. „Das wird sicher interessant. Und Ihr
könnt dann eine Nachricht an Euren Ordensobersten schicken. Stirbt Simon, bevor er hier eintrifft, ist es nicht Eure Schuld und überlebt er länger als er sollte… ist es nicht meine Schuld. Unsere Aufgabe wäre in jedem Fall erfüllt. Niemand könnte uns einen Vorwurf machen.“ Der Großmagier überlegte einen Moment. Aber Ielfgars Vorschlag schien die einzige Möglichkeit zu sein, das hier ohne Blutvergießen zu beenden. Und was dann geschehen mochte, konnte niemand sagen. „Einverstanden.“, erklärte der Zauberer schließlich. „Nehmt ihn mit. Aber glaubt nicht, Ihr könntet mich
austricksen. Ich werde mich persönlich davon überzeugen, dass er zumindest diesen Tag überlebt. Sonst….“ Er brauchte die Drohung nicht beenden. Kiris räusperte sich in der einsetzenden Stille. „Wir… gehen dann besser.“, meinte sie und gab Ordt ein Zeichen ihr zu folgen. Der Wolf gehorchte nur zu gerne, wie es schien. Die Magier im Rücken und die kaiserliche Garde vor sich zu haben, war wohl etwas, das nicht nur einen Gejarn unruhig machen würde. Simon hingegen blieb stehen, wo er war, während die beiden an ihm
vorbeigingen. Ohne ein Wort oder einen Blick zurück. So wie er es in ihren Augen wohl verdiente. Und vielleicht… stimmte das auch? Er schüttelte den Kopf, als wollte er den ungewohnten Gedanken wie einen Floh abschütteln. „Verzeiht uns.“ Kiris Stimme war so leise, das er sie fast nicht gehört hätte. Und vielleicht wäre das auch besser so gewesen. Er kam nicht dazu, etwas zu erwidern, denn in diesem Moment stellte der Kommandant sich den beiden bereits in den Weg. „Einen Moment noch.“, meinte er und das düstere Grinsen auf seinem Gesicht verriet Simon schon alles, was er wissen musste.
„Mir ist zu Ohren gekommen, dass ihr aus Stillforn stammt. Wie es der Zufall will… gibt es auch einen Haftbefehl für alle Rebellen. Ihr könnt nicht glauben, dass ihr einfach hier herausspazieren könnt. Männer….“ Von einem Moment auf den anderen, hatte das Dutzend Gardisten erneut die Waffen gezogen, und sich Gewehrmündungen auf den Gejarn und Kiris gerichtet. „Wir haben Euch eben Simon gebracht.“, protestierte diese laut. „Und ändert das etwas daran, das Ihr euch dem Kaiser offen wiedersetzt und mehrere unserer Männer getötet habt?“, fragte Ielfgar. „Los nehmt ihnen die
Waffen ab….“ Bevor er den Satz ganz beendet hatte, hatte Ordt bereits das Schwert gezogen. „Das glaube ich nicht.“ , erklärte der Gejarn ruhig, auch wenn Simon nicht zu sagen wusste, was er glaubte, gegen eine Abteilung bewaffneter Soldaten ausrichten zu können. Nicht zu vergessen die Magier. „Ordt… seid vernünftig.“ Kiris nickte in Richtung der mit erhobenen Waffen wartenden Männer. Sie kamen hier nicht raus. „Vernünftig ? Wir sterben so oder so, Kiris. Da gehe ich lieber so unter.“ „Wenn Ihr Euren Gejarn nicht zurückpfeift, sorgen meine Männer
dafür.“, erklärte Ielfgar trocken. „Und ich habe nicht mehr viel Geduld.“ „Ordt…“ Simon überraschte es selber, als er anfing zu sprechen. Sollte die Garde den Wolf doch über den Haufen schießen, was kümmerte es ihn…. „So helft Ihr Niemand.“ „Ich wüsste nicht, was Ihr darüber wissen könntet, anderen zu helfen, Zauberer.“, knurrte der Wolf grimmig. „Das reicht jetzt langsam.“, bemerkte Ielfgar. „Feuer auf mein Kommando, ich will….“ „Aber bedauerlicherweise habt Ihr recht.“ Ordt warf das Schwert weg, direkt vor die Füße des Gardekommandanten,
der überrascht zurücksprang, als das schwere Stück Stahl auf das Pflaster prallte. Im nächsten Moment schloss sich auch schon ein Ring aus Gardisten um ihn, Simon und Kiris, die sie rasch aus dem Hof des Ordenshauses hinaus und zurück in die überlaufenen Straßen Anegos trieben. Nach wie vor sprangen die Menschen eilig beiseite, sobald sie die bewaffneten Männer sahen oder wurden, wenn sie zu langsam waren, grob von diesen zur Seite gestoßen. Und der über der Stadt aufragende Bau der Arena kam mittlerweile schon beunruhigend nahe. Innerlich seufzte Simon. Er war mal wieder gefangen. Langsam, dachte er
sarkastisch, gewöhne er sich beinahe daran….
EagleWriter Ach.... nicht so lange. Wenn auch keine Freunde ^^ lg E:W |
Terazuma Na so etwas! So können sich die Dinge ändern. Aber ich hab mir schon von vornherein gedacht, dass Simon abzuliefern nicht genügen wird um ohne Schaden davonzukommen. Und Simon wird irgendwie von einer Gefangenschaft in eine andere verlegt. Bin echt schon neugierig, wie viele er noch durchmachen muss. ^^ LG Tera |
EagleWriter Ich sage es mal so, es ist nicht unbedingt die letzte ^^ Aber auch nicht das einzige, was er über sich ergehen lassen darf. lg E:W |
abschuetze und Ordt und Kiris kommen auch in die Arena?^^ Dann können sie ja gemeinsam von da fliehen :)) |
EagleWriter Oder ein paar neue Charaktere vorzustellen ;-) lg E:W |