Enduen und Nemdel blickten in einen dunklen Tunnel dessen Ende nicht erkennbar war. „Nun denn,“ sprach Enduen, „lass uns sehen wohin uns das Schicksal führt.“ Nemdel ging zurück zum Lager und warf etwas Erde auf das herunter gebrannte Feuer um einem Waldbrand vorzubeugen. Sie nahmen ihre Ausrüstung und gingen in die ungewisse Dunkelheit.
Mit dem Bogen in der einen Hand, und der Fackel in der Anderen, drangen sie mit jedem Schritt tiefer und tiefer in den Berg. Und je weiter sie kamen desto kälter wurde es. Wie allen Elfen machte ihnen dies jedoch nichts aus, denn man lehrte sie schon von klein auf einen Zauber der sie vor den erbarmungslosen Klauen des frostigen Winters schützte und Wärme spendete. So kalt war es dann doch nicht. Nach einigen Stunden Fußmarsch kamen sie in eine Höhle, deren Decke hoch genug war um sich vor dem Licht ihrer
Fackeln zu verbergen. Vor ihnen lag eine steinerne Brücke, die über einen kleinen unterirdischen See führte. Stalakmiten ragten aus dem Wasser und bildeten mit den von der Decke hängenden Stalaktiten natürliche Säulen. „Bähh!“, gab Nemdel von sich und schaute auf seine rechte Schulter. Enduen, der vor ihm am Fuße der Brücke stand, drehte sich um und fragte verwundert, „Was hast Du?“ „Irgendein grünlicher Schleim ist mir auf meinen Umhang getropft.“ Während Nemdel sich nach etwas umschaute um die ekelhaft riechende Flüssigkeit zu entfernen blickte sein Begleiter nach oben um nach der Quelle
zu suchen. Doch selbst mit ausgetreckten Arm und der Lichtquelle in der Hand konnte er nichts ausfindig machen. Ein leises Quicken ertönte. Jetzt spähte auch Nemdel nach oben. Ohne den Blick abzuwenden ging er in die Hocke, steckte die Fackel in den feuchten Boden, und spannte einen Pfeil in die Sehne. Erneut hörten sie ein leises Quicken und der junge Elf schoß einen Pfeil in die Richtung aus der das Geräusch kam. „Tschack!“ Die metallene Spitze traf die Decke der Höhle. Doch sie durchbohrte etwas und eine Fledermaus fiel ein paar Schritte
weiter vor ihnen ins Wasser. Gleichzeitig kam die Decke tiefer und tiefer auf sie zu. Ein ohrenbetäubendes Gekreische ertönte und hunderte, vielleicht auch tausende dieser geflügelten Mäuse schwirrten um sie herum, krallten sich in ihren langen, seidenen Haaren fest, oder rissen an ihrer Kleidung. Die beiden Elfen versuchten die aufgeregten Angreifer abzuschütteln, aber es ging nicht. Wenn sie eine der Fledermäuse von sich rissen nahm sogleich eine Andere ihren Platz ein. Nemdel zog sich eines der Tiere aus seinen Haaren und stülpte schnell die Kapuze seines
Umhangs über den Kopf. Diese tief ins Gesicht gezogen ging er in die Knie und versuchte so wenig Angriffsfläche wie möglich zu liefern. Enduen dagegen suchte neben der steinernen Brüstung der Brücke Schutz. Nach und nach flogen die Tiere in Richtung Ausgang und das Gekreische wurde weniger. Mit einem prüfenden Blick schaute er sich um ob die Luft wieder rein war. Nur noch wenige schwirrten in der Luft herum und er ging zu Nemdel. „Du kannst Dich wieder erheben.“ Dieser zog seine Kapuze zurück, betrachtete skeptisch die Umgebung und
stand auf. „Können wir dann weiter?“, fragte Enduen mit einem leicht vorwurfsvollen Unterton? Er antwortete mit einem Nicken. Sie hoben ihre Ausrüstung vom Boden auf und setzten ihren Weg über die Brücke fort. Nemdel blickte sich noch einmal kurz um nach etwas womit er seinen Umhang reinigen konnte. Aber er fand nichts. Ohne von den beiden Elfen bemerkt zu werden schwamm indessen etwas im Wasser. Luftblasen bildeten sich an der Oberfläche und zerplatzten. Das unbekannte Etwas bewegte sich langsam
und zielgerichtet auf die durchbohrte Fledermaus zu und zog sie unbemerkt in die Tiefe. Nach einer gefühlten Ewigkeit andauernden Fußmarsch durch die dunklen, muffigen Gänge des ehemaligen Zwergenreiches der Fünften gelangten die beiden Waldläufer zu einem großen und massiven Eichentor mit geschmiedeten Eisenbeschlägen. Einer der Flügel war weit geöffnet und sie gingen vorsichtig hindurch. Eine riesige Höhle mit unzähligen Gebäuden erstreckte sich vor ihren Augen. Anhand der angebrachten Schilder über der Tür konnten sie erkennen um welche
Gebäude es sich handelte. Da gab es Edelstein- und Marmorschleifereien, Schmieden für Werkzeuge, Waffen und Rüstungen, von weitem sahen sie Hochöfen in denen das benötigte Metall geschmolzen wurde. Ein richtig kleines Reich mit allem was dazu gehörte. Was sie verwunderte, es waren keine Zwerge anwesend. Alles sah verlassen aus, und das schon vor langer, langer Zeit. Durch ein System von Spiegeln, und in die Wand eingefassten Bernimsteine, erstrahlte die Stadt in hellem Licht und sie konnten ihre Fackeln fortwerfen. Enduen nahm seinen Dolch und brach zwei der Steine
aus der Felswand neben dem Eingang. Einen davon steckte er in seine Umhängetasche, den Anderen hielt er Nemdel hin. „Hier, nimm! Diese Steine werden uns bestimmt noch gute Dienste erweisen.“ Er nahm die Lichtquelle und steckte sie wie ihm geheißen in seinen Rucksack. Sie gingen durch die schmalen Gassen zwischen den Gebäuden, und schauten im Vorbeigehen durch die offenen Fenster ob sich etwas rührte, oder sie einen Hinweis auf das Verschwinden der Zwerge entdecken konnten. Doch sie fanden nichts. Es gab keine Spuren eines Kampfes, und auch keine Überreste
verstorbener Unterirdischer, wie die Zwerge abwertend auch bezeichnet wurden, die einer Seuche zum Opfer gefallen sein könnten. Nach einigen Minuten gelangen sie auf die Hauptstraße, die scheinbar die Wohnhäuser von den Arbeitsgebäuden trennte. Zu ihrer Linken sahen sie von weitem ein zweites Tor, welches ein Spalt geöffnet war. Auf dessen gegenüberliegenden Seite stand ein prächtiger Palast. „Wir nehmen diesen Weg.“, sagte Enduen und ging auf den Palast zu. Nach ungefähr 450 Schritten standen sie am Fuße einer Treppe mit 20 Stufen.
Links und rechts davon befand sich ein reichlich verzierter Runenstein mit der doppelten Größte eines ausgewachsenen Elfen. Vorsichtig gingen sie die Treppe hinauf und sahen sich immer wieder um, in der Hoffnung, oder auch Befürchtung, jemanden entdecken zu können, oder das sie jemand entdeckte. Während Enduen sich ein letztes Mal umschaute um einen anderen Blickwinkel auf die Stadt zu gewinnen, quetschte sich Nemdel durch den offenen Spalt des massiven, eisernen Torflügels. Als Enduen ihm folgte entdeckte er getrocknetes Blut an einer der Verzierungen in Höhe seines Beines.
Er ging in die Knie, gleitete mit seinem rechten Zeigefinger über die Stelle und rieb seinen Daumen und den Finger mit dem Blut aneinander. „Es ist noch feucht.“, murmelte er. Nemdel schaute zwischen den Torflügeln hindurch und fragte, „Sagtest Du etwas?“ „Hier!“, er hielt ihm seine Finger hin und zeigte dann auf den Fundort. „Das ist Blut. Frisches Blut. Keinen halben Tag alt. Jemand muß vor kurzem hier durchgekommen sein.“ „Ich habe auch etwas entdeckt.“ Enduen schaute ihn erwartend an und stand auf. „Fußspuren! Durch den staubigen Boden
in dieser übel riechenden Vorhalle sind sie deutlich zu erkennen. Dem Abstand zwischen den Schritten nach zu urteilen könnte es sich um den Gesuchten handeln.“ „Dann werden wir keine weitere Zeit verlieren und ihn fangen.“ Eilends durchquerten sie die große Vorhalle und kamen in einem Raum mit 4 Säulen welche die Decke stützten. Drei weitere Tore waren zu sehen. „Er ist hier entlang, durch dieses Tor.“ Enduen zeigte mit einem seiner Schwerter auf einen geöffneten Torflügel. Sie gingen hindurch und kamen in den Thronsaal des
Zwergenherrschers. „Wir müssen ganz nah sein. Ich kann ihn fast riechen.“ „Das einzige was ich rieche ist der Gestank einer schlecht gelüfteten Höhle.“, entgegnete Nemdel, woraufhin sein Begleiter nur die Augenbrauen anhob. Nach einigen Schritten kamen sie an einen rechteckigen Stützpfeiler an dem eine Ecke raus gebrochen war. Enduen schaute sich die Stelle genauer an. „Was auch immer das verursacht hat muß große Klauen mit scharfen Krallen gehabt haben. Siehst Du dieses zerfetzte Banner?“, er zeigte auf den von der Decke herabhängenden Stoffetzen. „Das
Wesen muß vier Krallen haben.“ „Was kann das verursacht haben?“ „Ich weiß es nicht, und hoffe wir werden es auch nicht herausfinden müssen.“ Mit diesen Worten ließ er Nemdel stehen und ging weiter in Richtung Thron. „Siehst Du hier, Taanuen muß sich aus dem Obelisken ein paar Edelsteine herausgebrochen haben. Den Splittern nach zu urteilen waren es ‚Smaragde, Topase und Saphire. Bei diesem Rubin hier fehlen ebenfalls einige kleine Stücke. Brich mit Deinem Schwert ein paar der Steine heraus. Vielleicht können wir diese später noch gebrauchen.“
Nemdel folgte den Anweisungen, während sein Begleiter die fünf Stufen zum Thron hinauf ging. Mit den Fingern seiner rechten Hand strich er über eine Armlehne und dachte laut, „Hier muß er gesessen haben.“ „Wer?“ „Taanuen! Jemand der so größenwahnsinnig ist wird es sich nicht nehmen lassen einmal auf einem Thron zu sitzen. Auch wenn es nicht sein eigener ist. Komm, wir müssen weiter.“ Nemdel sammelte schnell die geschliffenen Edelsteine, die er aus dem Obelisken herausgebrochen hatte, ein,
und verstaute diese in seiner Tasche. Hinter dem Königsstuhl entdeckten sie eine offene, eisenbeschlagene Holztür mit einem Runen verzierten Torbogen. „Was steht da?“, wollte der neugierige Elf wissen. „Ich kenne nicht alle Zeichen. Das könnten die Gemächer des Königs sein. Hier steht irgendwas von Buch, oder Büchern. Dieses Zeichen steht für Raum oder Saal der Weisheit. Komm, wir sind nicht zum Vergnügen hier, sondern suchen einen Mörder.“ Sie gingen durch die offene Tür um ihren Auftrag zu Ende zu führen.
abschuetze Seite 2 und 3: Warum will sich jemand vor dem Licht seiner Fackel verbergen? okay - ich verstehe, die Decke ist so hoch, dass man sie nicht sehen kann Seite 4: Sind Fledermäuse nicht eh schon lichtscheu? Würden sie nicht schon ausströmen beim Fackelschein? Warum kommen die nicht auf die Idee, Taanuen könne durch diese Tür gegangen sein? Ts ts ts ... :)) |