Vorwort
Die Narben auf seiner Haut, die Narben auf Jaspers Haut, sie verraten vieles, aber seine Geschichte konnten sie nicht verraten. Jasper, mit seinen wunderschönen Haaren, ihr müsst wissen seine Haare sind naturrot, sie glänzen unbeschreiblich schön im Sonnenlicht. Seine Augen sind dunkelbraun, einen richtigen Hundeblick konnte er aufsetzten. Das tat er häufig, einer der Gründe warum ich ihn liebe. Ich bin ein Jahr jünger als er, mein Name ist Charlie. Meine Haare sind nicht so einzigartig wie seine, sie sind braun und relativ kurz. Ich erzähle euch seine Geschichte, besser gesagt unsere Geschichte. Jasper, ist unbeschreiblich für mich, für mich ist er
perfekt. Ganz im Gegensatz zu seinen Eltern, ich kenne sie nicht persönlich, aber ich habe viel über sie gehört. Zu viel. Jaspers Eltern sind sehr streng gläubige Katholiken. Kein Wunder dass er ihnen nichts erzählt hat. Das hätte ich auch nicht. Durch seine Eltern ist er von Natur aus eher zurückhalten, er hat niemandem von uns erzählt, niemand seiner Bekannten wusste von uns, niemand außer mir. Auf mich trifft das genaue Gegenteil zu, ich bin sehr gesprächig, manchmal etwas zu gesprächig. Jeder der mich kennt weiß von uns, ich erzähle jedem von ihm, er ist einfach perfekt, ich liebe ihn.
Jasper war dieses Wochenende bei seiner Familie, seiner restlichen Familie im Norden von Deutschland. Er kam zwar in ein paar Tagen wieder nach Hause, aber es fiel mir schwer ihm nicht zu schreiben. Ihm nicht zu schreiben wie sehr er mir fehlt. Ich hätte ihm schreiben können, aber wenn seine Eltern es sehen würden, daran möchte ich gar nicht denken. Ich würde ihn am liebsten fragen wie es ihm geht. Seine Familie machte ihn häufig fertig, es machte ihn einfach fertig nicht so sein zu können wie er ist. Das wusste ich. Als einziger. Immer wenn er nicht da war dachte ich
nach, ich dachte nach über seine Eltern, ob wir uns jemals offen zeigen könnten. Das war mein größter Wunsch, mich offen auf die Straße zu stellen und ihn zu küssen, vor allen und keiner könnte etwas sagen, alle würden sehen wie glücklich wir sind. Irgendwann schlief ich bei dem Gedanken ein. Es war ein schöner Gedanke. Aber nur ein Wunschgedanke. Am nächsten Morgen weckte mich ein schrilles Geräusch. Mein Wecker, er zeigte 8:30 am Montag. Montag, es ist schon Montag. Ich grinste. Ein Glückgefühl überkam mich. So schnell wie jetzt habe ich mich lange nicht mehr fertig gemacht. Ich war so glücklich, so glücklich dass ich
es kaum beschreiben kann. Ich spürte ein Kribbeln im Bauch wie bei unserer ersten Begegnung. Heute war unser Tag. Jaspers und mein Tag. Ich war natürlich viel zu schnell fertig. Also setzte ich mich noch einen Moment auf die Couch, und wartete auf seinen Anruf. Ich war so aufgeregt, ich weiß es ist verrück, aber ich fand es immer wieder aufregend ihn zu sehen. Es war keine schlechte Art von Aufgeregt sein, es war eine wunderschöne. Als das Telefon klingelte ließ ich keine Sekunde vergehen um ranzugehen. Da war sie wieder seine Stimme, sie klang schön wie immer. Er redete leise, dass es niemand bemerkte. Aber man hörte
Straßengeräusche im Hintergrund, wahrscheinlich von der Hauptstraße an der er jetzt stehen musste. Trotzdem redete er leise, weil er immer leise mit mir redete, wenn wir telefonierten. Kurz darauf klingelte es an der Tür, ich rannte hin und riss die Tür auf. Ich sprang ihn an und umarmte ihn, aber er versuchte mich zurückzudrängen, er hatte Angst, dass uns jemand sehen könnte. Ich sagte ihm erstmal wie sehr ich ihn vermisst hatte und dass ich ihn liebe. Er sah mich an, kurze Zeit sah er mich an aber dann musste er lachen. Er lachte immer wenn wir zusammen waren. Er erzählte mir wie es bei meiner Familie war, das Essen war gut, das Gästezimmer schön, nur die
Stimmung gefiel ihm nicht. Sie beteten viel. Sein Onkel fragte ihn, ob er eine Beziehung hätte, wie er es immer tat. Sein Vater meinte, dass er einfach zu unreif wäre. Als er nicht antwortete sagt sein Vater, „nicht wahr Junge?“ und packte Jasper am Arm. Jas nickte nur. Er erzählte mir wie fertig es ihn machte, wie fertig ihn seine Familie machte. Ich schlug ihm vor, dass wir uns einfach weit weg von hier fahren sollten. Uns ein neues Leben aufbauen, dann könnten wir so sein wie wir wollen. Er starrte mich nur an und meinte, dass ich genau wüsste das dass nicht ginge. Wir könnten uns deinen Eltern stellen, schlug ich vor. Sie würden sehen wie
glücklich wir sind, dann … er unterbrach mich. Er hatte Tränen in den Augen. In seinen wunderschönen braunen Augen, ich ertrug den Anblick kaum. Er fragte mich ob ich wüsste was das bedeuten würde. Ich wusste es. Aber ich entgegnete ihm immer wieder, dass es so nicht weitergehen könnte. Ich wusste wie es ihm dabei ging. Es war einfach schrecklich ihn so leiden zu sehen, dass hatte er nicht verdient, er hat besseres verdient. Wir lagen den ganzen Tag zusammen vor dem Fernseher, das war einer unserer schönen Momente, Momente in denen wir alles vergaßen Irgendwann gegen 9 rief seine Mutter an,
sie war aufgebracht. Sie machte sich Sorgen, nur wusste ich nicht ob sie sich Sorgen um Jasper machte. Er suchte Ausreden wo er gerade wäre. Ich war mir nicht sicher, ob sie ihm glauben würde. Als er fertig mit Stottern war, sagte seine Mutter ihm, dass er Nachhause kommen sollte und dass sein Vater sehr aufgebracht wäre. Er wusste was das bedeutete und ich auch. Wir küssten uns und er lief schnell heim. Ich hatte Angst, dass sein Vater etwas merken könnte. Oder dass sein Vater wieder zuschlagen würde. Ich wusste unter was für einem Druck Jasper stand, das machte mir Sorgen. Irgendwann werde ich bei ihm auftauchen, dachte ich, irgendwann werde ich einfach bei ihm klingeln und ihn
küssen vor seinen Eltern, vor allen. Die ganze Nacht dachte ich nach, ich hatte Angst um ihn. Am nächsten Tag meldete er sich nicht bei mir, meine Gedanken wurden immer schlimmer. Bis am Abend eine Nachricht kam. Hey Schatz Es geht mir gut. Mein Vater hat gestern schon geschlafen. Alles okay soweit. Mach dir keine Sorgen Ich liebe dich.
Wir trafen uns am nächsten Tag vor der Schule, der erste Tag nach den Sommerferien. Keiner in der Schule wusste von uns, deshalb versuchten wir uns normal zu verhalten, zumindest Jasper gelang es. Er versuchte mich wegzudrängen wenn ich ihn umarmen wollte, wenn ich seine Hand halten wollte zog er sie weg. Ich wollte, dass wir uns zumindest in der Schule normal benehmen könnten. Sein Klassenzimmer war nicht weit von meinem. Nachdem Unterricht, gingen wir zusammen über den Pausenhof zu Ausgang. Ich blieb stehen und kniete mich hin. Er
schaute mich geschockt an und bat mich wieder aufzustehen. Ich schüttelte den Kopf und grinste ihn an. Ich sagte ihm wir sehr ich ihn liebte, aber ich sagte es nicht nur ihm ich sagte es allen. Ich sagte ihm, dass er der schönste Mensch auf der Welt war. Das jeder Moment den ich mit ihm verbringen darf für mich perfekt wird. Manche von ihnen schauten verdutzt andere grinsten und ein paar klatschten sogar in die Hände. Er lief knallrot an, grinste über beide Ohren, während ihm Tränen in die Augen stiegen. Er sah so wunderschön aus. Der Moment war so wunderschön, so unbeschreiblich schön.
Ich wünschte wir hätten mehr von diesen schönen Momenten, Jasper auch. Ein paar Tage später, bekam ich einen Anruf, es war wieder soweit. Einer dieser Tage. Ich hasse sie. Sein Vater hat am Abend wieder zugeschlagen. Warum wusste ich nicht. Vielleicht hatte Jasper versucht mit ihm zu reden. Hoffentlich nicht. Wir wollten das doch zusammen durchstehen. Es könnte tausende Gründe geben, sein Vater schlug häufig zu. Besonders wenn es Meinungsverschiedenheiten gab. Ich versuchte ihn zu beruhigen, was ich
kaum konnte ich war selbst so aufgebracht, einfach so wütend. Am liebsten wäre ich hingegangen und hätte ihm gezeigt wie es ist wenn jemand immer wieder auf dich einschlägt, immer wieder, ohne das du dich wehren kannst. Aber Jasper wollte das nicht, er war nie sauer, nur enttäuscht und traurig. Deshalb tat er es, wenn es ihm mal wieder zu viel wurde, er tat es immer wieder. Man sah es an seinen Armen. Überall Narben. Ob seine Eltern das nicht sehen, nicht sehen wie sie ihn fertig machen. Ich erinnerte ihn wieder daran, dass wir irgendwas tun müssten, es musste sich etwas ändern. Nur wie. Ich wollte nicht, dass ihm etwas passiert, dass er noch mehr fertig gemacht wird.
Den ganzen Tag lag ich im Bett, zur Schule wollte ich nicht. Ich musste nachdenken, nachdenken wie ich ihm helfen konnte ihm helfen ohne ihn in Gefahr zu bringen. Den ganzen Tag fiel mir nichts ein, absolut gar nicht. Aber irgendetwas musst mir einfallen. Für Jasper. Für uns. Die ganze Nacht kamen mir immer wieder neue Ideen, jedes Mal waren sie ein bisschen unlogischer. Irgendwann, kurz vor dem nächsten Morgen schrieb ich ihm, meine Idee, die Lösung. Ich wusste wie gefährlich es war ihm jetzt zu schreiben, aber ich konnte nicht mehr warten er sollte es so schnell wie möglich
erfahren. Ich weiß es jetzt, ich weiß jetzt wie du dich endlich nicht mehr verstellen musst. Wie wir uns endlich auf offener Straße küssen können, wie wir endlich nur noch glücklich sein können. Ich weiß es jetzt. Ich habe viel darüber nachgedacht, wir sagen es deinen Eltern, du musst mir nur vertrauen, sie können dir dann nichts mehr tun, wir zeigen es nicht nur deinen Eltern sondern allen, wir machen es öffentlich. Mach dir keine Sorgen ich weiß genau wie wir’s machen. Love You Jasper wurde von der Nachricht geweckt, er schrieb nur kurz zurück. Ich wusste,
dass er Angst haben würde.. Natürlich konnte ich das verstehen, es betraf ihn mehr als mich. Es sind ja schließlich seine Eltern. Nicht meine. Du bist verrückt, Charlie. Das macht mir Angst. Lass und morgen darüber reden. Ich liebe dich & deine verrückte Seite. Das erste Mal seit langem schlief ich mit einem Lächeln im Gesicht ein. Das erste Mal seit langem hatte ich wieder richtig Hoffnung jemals in Ruhe glücklich mit Jasper leben zu können. Am nächsten Tag schmiedeten wir
verrückte Pläne, wir hatten Spaß zusammen.
Trotzdem hatte Jasper Angst, das sah man ihm an. Er fing immer wieder davon an, davon dass es nicht klappen könnte, davon was passieren würde.
Jasper sagte zu mir, dass sein Vater ihn totschlagen würde. Bei diesem Satz bekam ich eine Gänsehaut, er machte mir Angst. Aber das wollte ich ihm nicht zeigen. Ich überspielte meine Angst.
Die Tage vergingen, bald wird es soweit sein. Bald werden wir es allen zeigen, zeigen wie glücklich wir zusammen sind. Als der Tag kam, war selbst ich aufgeregt. Aber das war nichts im Vergleich zu Jasper. Er drehte fast durch, immer wieder versuchte ich ihn zu beruhigen. Manchmal kam ihm der Gedanke einen Rückzieher zu machen. Ich versuchte ihm zu zeigen, dass wir das zusammen durchstehen. Er dürfte jetzt keinen Rückzieher machen, das ist unsere Chance, unsere Chance auf eine glücklichere offizielle Beziehung. Ich hatte Angst ihn zu diesem Schritt zu drängen was wenn es falsch war, der
Gedanke schoss auch mir durch den Kopf. Wir hatten das schon lange geplant, es war bei einem Protest, einem Protest gegen Homophobie. Alles war geklärt, alle wussten dass wir etwas zu sagen haben, alle bis auf Jaspers Eltern. Ich entdeckte Jaspers Eltern, sie standen vor einen Kaufhaus und schauten abfällig zu mir herüber. Dann gab ich das Zeichen. Es war soweit, alles wurde still. Alle starrten mich an, als ich die Bühne betrat. Alle auch seine Eltern. Danach betrat Jasper auch die Bühne. Er nahm meine Hand, ich spürte wie er zitterte. Ich nahm das Mikrofon und
erklärte allen was ich für Jasper empfand. Dabei beachtete ich seine Eltern nicht mehr, ich war zu aufgeregt. Als ich zu reden begann verschwand die Aufregung. Jasper, weißt du warum ich dich liebe? Du bist wunderschön, deine Haare, sie glänzen im Licht, das liebe ich. Jetzt gerade glänzen sie genauso wundeschön wie bei unserer ersten Begegnung. Du hast immer Verständnis für meine verrückte Seite, wie du sie nennst. Ich bin dir dankbar, dass du das mit mir durchziehst. Danke, Danke für alles. Ich liebe dich mehr als alles andere.
Es war still. Ich sah Jasper an, ich sah einen ängstlichen Jasper, ängstlich wie nie zuvor. Ich werde diesen Moment nie vergessen, diesen Moment in dem er vortrat und zu sprechen begann. Mama ? Papa ? Ich habe lange überlegt wie ich es euch sagen soll, aber ich weiß, dass es egal ist wie. Ja es stimmt ich liebe diesen Jungen, er hat diese unbeschreibliche Art an sich. Seine Augen, seine Augen haben einen wunderschönen Blau-Ton. Er versteht einfach alles was ich sage. Ich muss mich
bedanken, nicht du Charlie, ich muss danke sagen für all die Zeit die du damit verschwendet hast für mich da zu sein. Ich hoffe wir können jetzt offiziell Zeit miteinander verbringen. Ich liebe ihn. Ich hoffe ihr versteht das. Als er aufgehört hatte zu reden war es noch einen Moment ganz still. Alles klatschten, alle außer seiner Mutter. Seinen Vater konnte ich nicht mehr sehen. Er war weg, das verunsicherte mich. Jasper lachte, er war erleichtert, dass sah man ihm an. Er schaute mich an, nahm meine Hand und küsste mich, vor allen. Das war der Moment von dem ich geträumt hatte. Ich war unendlich glücklich, aber
auch besorgt. Wie würde es weitergehen? War das richtig? Ich begleitete Jasper nach Hause. Es war kalt und die Straßen waren leer. Sein Gesichtsausdruck wurde immer angsterfüllter je näher wir seinem Haus waren. Ich klingelte. Jasper und ich blieben nebeneinander stehen. Wir hörten wie jemand die Treppe runterkam. Jasper schaut mich an und ich küsste ihn. Gerade als wir fertig waren riss jemand die Tür auf. Es war Jaspers Mutter, sie hatte Tränen in den Augen und schaute Jasper nur an. Jasper schaute auf den Boden, er hatte Tränen in den Augen. Sein Vater kam
plötzlich die Treppe herunter. Jasper zuckte zusammen, ich nahm seine Hand. Er zog Jaspers Mutter von der Tür weg und drehte sich zu uns. Dann kam er auf uns zu, ich hatte noch nie so einen verachteten Gesichtsausdruck gesehen. Er sah weder glücklich noch traurig aus, er war einfach neutral. Jaspers Vater stieß mich weg, ich fiel hin. Jasper drehte sich zu mir um. Er hatte nicht mal die Zeit noch ein Wort zu mir zu sagen, da nahm ihn sein Vater am Arm und zog ihn ins Haus. Die Tür knallte er zu. Mir liefen die Tränen übers Gesicht, ich hatte Angst, Angst um Jasper. Die nächsten Tage vergingen, ich hörte nichts von ihm. Ich wusste nicht was ich
machen sollte. Ich lag nahezu immer wach und dachte nach.
Erst nach 2 Wochen bekam ich einen Brief von ihm. Er schrieb mir wie sehr er mich liebt und was passiert war. Natürlich hatte es niemand akzeptiert, er durfte sich mit niemandem mehr treffen. Ab nächster Woche müsste er für einen ganzen Monat in ein Camp, in ein Camp das ihn von seiner Homosexualität heilen soll. Ein christliches Camp. Sein Vater schlug wieder zu, fast täglich. Aber er würde nicht aufgeben, sagte er zumindest. Dafür ist er zu stark. Ich dachte darüber nach, darüber dass ich ihn gedrängt hatte es öffentlich zu machen,
er wollte das gar nicht. Ich habe ihm das angetan. Wie konnte ich nur denken, dass dann alles besser wird. Die nächste Zeit hörte ich nichts mehr von ihm. Es verging eine lange Zeit. Eine Zeit die mir unendlich vorkam. Die ganze Zeit übe wusste ich, dass es eigentlich mir passieren sollte, es war schließlich mein Plan, es war mein Plan alles öffentlich zu machen. Nicht seiner. Und dennoch muss er jetzt dafür gerade stehen. Und nicht ich. Nach dieser unendlich langen Zeit gab es ein Wiedersehen, ein so lang ersehntes Wiedersehen. Wir trafen uns nur kurz, keiner durfte es
wissen, schon wieder durfte es keiner wissen. Aber das störte mich nicht, diesmal störte es mich gar nicht, ich war einfach nur glücklich, ich war überglücklich ihn zu sehen, ich hatte soviel im Kopf was ich ihm sagen wollte. Als seine Eltern ihn abgeholt hatten, brachten sie ihn direkt nach Hause. Sie sperrten ihn praktisch Tag und Nacht ein. Nicht einmal zum einkaufen durfte er alleine. Aber er hatte es versprochen, dass wir uns noch mal wieder sehen. Er würde es halten das wusste ich, egal wie. Und das machte mir Angst. Es war mitten in der Nacht, um 4 Uhr. Da stand er vor meiner Tür. Er hatte Tränen in
den Augen und Schrammen im Gesicht. Im Schlafanzug stand er vor mir und sagte, „Charlie, Ich kann das alles nicht mehr“. Seine Stimme zitterte. Es war eiskalt draußen und er stand einfach da, und rührte sich nicht von der Stelle. Ich zog ihn in den Hausgang, und wir gingen in die Wohnung. Bei mir war niemand zu Hause, wie immer. Wir blieben in der Küche stehen, er starrte mich an. Ich versuchte ihm zu erklären, wie leid es mir tut, wie sehr ich wünschte, dass er das nicht erleben müsste und wie sehr ich ihn liebe. Ich verstand dass es keine gute Idee war, ihn dazu zu drängen. Und das es mir einfach leid tut. Er antwortete nicht. Ich begann zu weinen, ich weiß nicht wieso,
ich hatte diese schlimmen Dinge nicht erlebt, so wie Jasper. Aber trotzdem weinte ich und nicht er. Nein, er saß einfach still da und ertrug sein Leid. Nach einer Weile, meinte er, dass ich nicht weinen soll. Weinen würde nicht bringen. Es wäre nicht meine Schuld, meinte er. Es wäre seine Entscheidung gewesen. Nicht meine. Ich hätte ihn nicht gedrängt. Ich sagte zu ihm dass wir eine andere Lösung bräuchten. Jasper, der sonst so ruhig und bodenständige Jasper, meinte nur „Lass uns abhauen, einfach weg von hier, wir fangen ein anderes Leben an – unser Leben- irgendwo anders. Ich lächelte, vor ein paar Wochen, hast du das noch für unmöglich gehalten.
Er lächelte, ich habe sein Lächeln vermisst. Ich wollte es nie wieder hergeben. Nie wieder.
Nach dem Gespräch legten wir uns zusammen ins Bett. Ich liebe seine Nähe. Seine Haare kitzelten mich im Gesicht, das taten sie immer wenn wir nebeneinander lagen. Ich musste grinsen. Bevor wir einschliefen küsste ich ihn. Ich sagte ihm, dass ich ihn über alles liebe. Er sah mich an und sagte, wir werden dass schon schaffen, oder? Zusammen werden wir es schaffen. Ich liebe dich Charlie.
Gegen 8 Uhr Morgens, hörte ich ein lautes Klopfen an der Tür. Ich dachte es wäre mein Vater. Vielleicht hat er seinen Schlüssel irgendwo liegen lassen, sowie immer. Verschlafen lief ich zu Tür. Jasper schlief noch. Ich öffnete die Tür, dort standen 2 Herren, in Uniform. Polizisten. Ich erschreck, aber trotzdem fragte ich höflich was ich für die beiden tun könnte. Sie verzogen keine Miene. Wir haben einen Durchsuchungsbefehl, geh zur Seite Junge. Wo sind deine Eltern, fragte einer der Herren. Ich stotterte, ich wusste nicht was ich antworten sollte. Beim einkaufen sind sie. Genau beim einkaufen sagte ich nur.
Einer der beiden blieb bei mir stehen, er sah mich musternd an, während der andere durch die Wohnung lief und alles durchsuchte. Der Polizist der bei mir Stand, hielt ein Bild hoch, und fragte: „Hast du diesen Jungen schon einmal gesehen, er ist seit gestern verschwunden. „ Es war ein schrecklicher Moment, mir blieb die Luft weg. Die Tränen stiegen mir ins Gesicht. Sie kamen um ihn zu holen, sie kamen um Jasper nach Hause zu holen. Der andere Polizist ging in mein Zimmer, es war das Zimmer in dem Jasper schlief, er rief seinen Kollegen. Ich wollte schreien,
aber mir blieb die Luft weg, ich bekam einfach keine Luft mehr, es war als würde mich jemand erdrücken. Ein unglaubliches Engegefühl in der Brust. Ich bekam nichts mehr mit, Ich sah nur noch wie sie Jasper nach draußen in ihren Wagen brachten. Er sah mich an mit diesem Blick. Aber es war kein Hilfe suchender Blick. Ich werde diesen Blick nie vergessen. Ich wollte ihm noch sagen, dass ich ihn liebe, aber ich brachte nicht mal mehr das heraus. Ich spürte plötzlich wie ernst das ganze war, noch ernster als ich dachte. Es fühlte sich an als hätte ich ihn verraten, ich hätte ihn beschützen müssen. Die Wohnungstür stand noch offen und ich
starrte einfach nur aus dem Fenster, dem Wagen hinterher. Es tut mir so leid, Jasper sagte ich leise. Die nächsten Tage aß ich kaum, ich sperrte mich in meinem Zimmer ein. Ich kam auch nicht zur Schule. Ich redete mit niemandem. Egal, wer anrief oder klopfte, ich hatte jetzt keine Lust mit jemandem zu reden. Außer mit Jasper wollte ich mit niemandem reden. Und er könnte sowieso nicht anrufen. Eine ganze Weile würde er nicht mehr anrufen. Auch sehen könnten wir uns auch eine ganze Weile nicht mehr.
Schreib mir was!
Nach 3 Tagen, kam ein Anruf, der einzige Anruf den ich annahm. Sein Name erschien auf meinem Bildschirm. Aber als ich abhob, hörte ich nur ein lautes Schluchzen. Und eine Stimme, aber es war nicht seine. Die Stimme gehörte einer Frau, sie sagte, dass sie die Mutter von ihm wäre, die Mutter von Jasper. Ich hatte eine Ahnung was passiert war, diese Ahnung zog mir fast den Boden unter den Füßen weg. Ich hoffte nur, ich hoffte so sehr, dass diese Ahnung nicht dem entsprach was sie sagen wollte, aber warum sollte sie
mich sonst anrufen wollen, ausgerechnet mich. Es war so wie ich dachte. Er war gestern Nacht gestorben. Er hatte sich umgebracht. Es war ein Schnitt, ein Schnitt der alles beendete. Ich wollte es nicht wahrhaben, ich legte auf und lief einfach, ich lief ganz weit weg, wo ich mich niederließ und zu weinen begann. Mir wurde auf einmal schlagartig klar, was ich zuvor nicht wahrhaben wollte. Er war tot. Die Tage vergingen, der Schmerz ließ nicht nach, egal wie sehr ich es auch hoffte. Seine Mutter kam 3 Tage nach seinem Tod zu mir und gab mir einen Brief, der Brief war von Jasper für mich. Ein letzter Brief. Ein Abschiedbrief.
Charlie, ich wusste lang nicht wie ich es dir sagen soll, aber wenn du diesen Brief in der Hand hältst weißt du es bereits, ich konnte es nicht mehr, ich war einfach nicht stark genug. Ich habe mir lang Gedanken gemacht, ob es wohl richtig wäre, dich hier alleine zurück zu lassen. Ich weiß bis heute nicht ob es richtig war. Aber ich hab es nicht mehr ausgehalten. Das täglichen Schläge ins Gesicht, die dauernden Vorwürfe, die Veränderungsversuche. Das hätte sich doch nie geändert, immerzu hätte es mich verfolgt.. Bis an mein Ende. Mein Ende, das ist jetzt gekommen. Ich hoffe ich
konnte ein Zeichen setzten, ein Zeichen, das mich zwar mein Leben gekostet hat, aber vielleicht jemanden zu umdenken bewegt. Vielleicht. Ich hoffe, es macht dich nicht zu traurig, ich hoffe es einfach. Es tut mir so leid. Aber weißt du was das schönste an diesem Brief ist ich kann dir endlich meine Gefühle offen und völlig frei gestehen, denn jetzt, jetzt kann mir ja nichts mehr passieren. Noch sagen wollte ich dir, dass mein Tod nichts an meinen Gefühlen für dich ändert, ich liebe dich. Ich liebe dich immer noch wie am ersten Tag. Wie an dem Tag an dem wir uns kennen gelernt haben. Der beste Tag in meinem Leben. Du sahst so unglaublich schön aus. So unglaublich. Ich
wünschte, das alles wäre nie passiert, meine Eltern wären nie so ausgerastet, dann würden wir jetzt Hand in Hand durch die Straßen laufen und uns küssen. Wir würden uns einfach auf der Straße küssen. Vor allen. Ich wünschte es wäre so gekommen, aber das ist es nicht. Ich war nicht stark genug für dich, vielleicht findest du eines Tages jemanden der das ist, aber ich war es nicht. Ich verspreche dir zu warten, auf der anderen Seite. Dort werde ich mit einem Strauß roter Rosen warten. Ich liebe dich Charlie. Und ich werde dich immer lieben. Vergiss das nie. Dein Jasper
Die Tränen kamen mir, ich konnte kaum zu Ende lesen, weil alles vor meinen Augen verschwamm. Er hatte so eine schöne Handschrift. Er war so schön und so tapfer. Das ist so unglaublich unfair. Warum ausgerechnet Jasper. Die Tage vergingen, ich verließ das Haus kaum. Ich begann einen riesigen Hass aufzubauen. Nicht ur einen Hass auf Jaspers Eltern, sondern auch auf mich selbst. Wäre ich niemals auf die Idee gekommen, diese Idee dass wir und öffentlich outen, würde er heute noch leben. Vielleicht würden wir uns dann heute
noch heimlich treffen. Dass würden wir heute noch solche schönen Momente erleben. Wir könnten nebeneinander einschlafen, während mich seine Haare kitzeln. Ich könnte ihn küssen, was gäbe ich darum ihn noch einmal zu küssen. Ihm noch einmal in seine Augen schauen zu können und sagen zu können, Ich liebe dich. Dann kam der Tag der Beerdigung, Jaspers Mutter hatte mir davon erzählt. Ich wusste nicht was Jaspers Vater davon halten würde, wenn ich auf der Beerdigung seines Sohnes auftauchen würde. Besonders wenn ich dann noch eine Rede alten würde. Aber das war mir nicht wichtig. Es war mir
mehr als gleichgültig, was Jaspers Mörder denken würde. Für mich war er das. Er war ein Mörder. Ich fuhr mit dem Bus bis zum Friedhof. Ich konnte mir die Tränen nicht verkneifen, schon als ich den Friedhof betrat. Ich ging in die kleine Kirche am Ende des Friedhofs, da stand er. Jaspers Sarg. Er war geschlossen. In dem Moment als ich ihn sah wurde mir klar, dass Jasper jetzt Tod war, er war einfach weg. Ich setzte mich in die erste Reihe. Es dauerte eine ganze Weile, da kam auch seine Familie. Seine Mutter sah traurig aus, sein Vater hingegen verzog keine Miene. Natürlich machte mich dass wütend, aber
ich beschloss ihm keine weitere Aufmerksamkeit zu schenken. Er war es einfach nicht wert. Schließlich war es Jaspers Tag. Ein Pfarrer begann zu sprechen, ein Mensch der nichts über Jasper wusste erzählte uns was er für ein Mensch war. Er redete lange, sehr lange. Ich konnte ihm nicht zuhören, ich musste immer wieder daran denken, dass mein Freund in dem Sarg lag. Er war einfach nicht mehr da und ich konnte nichts dagegen tun. Dann waren die Gäste irgendwann ein paar Worte über ihn zu sagen. Jasper hätte gewollt, dass ich auf seine Beerdigung spreche, also wollte ich das auch tun. Egal was seine Familie davon hielt. Das was ich sagen würde ist ja auch
für ihn und nicht für seine Familie gedacht. Zuerst ging sein Vater nach vorne, der der an allem Schuld war. Er bedankte sich erstmal bei allen die gekommen waren, um Jasper zu verabschieden. Dann redete er weiter, nach nur wenigen Worten über seinen Sohn, meinte er dass Gott es so gewollt hat, dass Jasper bestraft werden musste, für das was er getanen hat. Während der ganzen Zeit hatte er keine einzige Träne vergossen, obwohl der Junge in der in dem Sarg lag sein eigener Sohn war, den er in den Tod getrieben hatte. Als Jaspers Vater sprach spürte ich wie eine unglaubliche Wut in mir hochstieg, meine Hände mit der Grabrede die ich für Jasper vorbereitet hatte, ballten sich zu
Fäusten. Aber ich schwieg, ich schwieg weil es Jaspers Tag war. Danach ging seine Mutter nach vorn, sie weinte und brachte kaum ein Wort heraus, das einzige was sie sagte war: „Es tut mir alles so leid, mein Junge.“ Kaum hatte sie das ausgesprochen sackte sie zusammen. Es dauerte eine Weile bis ihr jemand aufgeholfen hatte und sie sich wieder hingesetzt hatte. Nach ihr ging niemand mehr nach vorne. Im ganzen Saal war es still. Dann stand ich auf. Während ich nach vorne ging wurde die stille von leisem Getuschel unterbrochen. Ich stellte mich vor sie hin, vor sie alle. Als ich begann wurde es wieder still, alle hörten mir
zu. Ich war Jaspers Freund, sein fester Freund, wir haben uns geliebt. Es ist mir egal was sie jetzt denken, ich tue das nicht für sie sondern für Jasper. Hättet ihr euch Zeit genommen ihn richtig kennen zu lernen, hättet ihr verstanden wie wundervoll er war. Er hat es nicht verdient zu sterben, er ist in den Tod getrieben worden, von der schrägen Weltanschauung seines Vaters. Es ist mir egal was ihr jetzt sagt meiner Meinung nach ist das Mord. Er war wunderbar, ich könnte euch soviel von ihm erzählen, von unserer ersten Begegnung bis hin zu seinem Lachen, von seinem unglaublich tollen lachen.
Stattdessen werde ich euch aber erzählen, wie wunderbar unsere Liebe war… Wenn wir uns trafen – wir trafen uns oft heimlich – genossen wir jeden einzelnen Moment, jeder Moment in dem ich in seine leuchteten Augen schauen konnte, sein wundervolles Lachen bewundern konnte, jeder Moment in dem seine Haare meine Nase kitzleten war ein besonderer. Ich hoffe einfach nur noch ich konnte ihm zeigen was ich fürr ihn empfand. Er war ein Kämpfer, ich weiß das hört man häufig, nur musste er gegen seine eigene Familie kämpfen. Dann drehte ich mich um und wandte mich an Jasper.
Jasper, es tut mir leid, ich hätte dir helfen müssen, aber nun ist es zu spät. Auf Wiedersehen mein Schatz, ich werde dich niemals vergessen, niemals hörste du. Ich liebe dich.
Zurzeit sitze ich in einer Psychatrie in Hamburg, in die ich letztes Jahr auf den Wunsch meines Vaters eingewiesen wurde. Ich habe das geschrieben, um an Jasper zu erinnern und an das wofür er gestorben ist.
Zuletzt noch ein Satz an seine Eltern:
Es ist eure Schuld, dass er tot ist, er musste sterben wegen eurer schrägen Weltanschauung.
EllaWolke Auch ich kenne ... zwar nicht mit schlagen, doch eben mit der Anschauung Haus, Baum, Kind ...was sich aus dieser Erziehung heraus entwickelte, brachte andere Menschen an ihre Grenzen. Lange haben die Eltern an der Anschauung festgehalten Schwul sein ist NICHT normal. Ihnen war dabei sogar egal, was daraus resultierte. Aufrüttelnd geschrieben. Eine Geschichte, die es gilt in die Welt zu tragen. Festgefahrene Ansichten gibt es einfach noch in viel zu vielen Köpfen. Liebe Grüße Ella |
Frettschen Oh, wie froh bin ich, in deinem Kommentar zu lesen, dass es nicht deine Geschichte ist! - - - Mir fällt ein riesen Stein vom Herzen. Dem Kommentar von Fliegengitter kann ich mich nur anschließen. Was ich noch dazu sagen kann: Ich kenne einen ähnlichen Fall. Auch dort herrschen veraltete Weltanschauungen. Dort wird niemand Geschlagen, zumindest nicht mit Händen. Mein lieber Freund und Ex-Schwager hat seinen Weg gefunden. Ganz offiziell wird die Rolle einer besonderen Freundschaft gespielt. Freundschaft, nicht Liebe! Damit sich die geliebten Eltern nicht aufregen. Das finde ich zum Aufregen, doch daran stört sich niemand. |
Memory Von ganzem Herzen hoffe ich, dass es nicht deine eigene Geschichte ist. Es ist unglaublich, dass solche Dinge heute wirklich immer noch passieren. Die beiden jungen Männer haben mein vollstes Mitgefühl. Dein Schreibstil ist flüssig und liest sich gut, allerdings sind einige Fehler enthalten. Vielleicht nimmst du dir noch einmal Zeit dafür. Lieben Gruß Sabine |
Storiesbyme Nein, Gott sei dank nicht, ich beschäftige mich nur mit dem Thema. Danke, und ich werde daran arbeiten Vielen Dank :D Liebe Grüße |