Kurzgeschichte
Entliebt

Titel

Über fünf Jahre habe ich um sie gekämpft. Wollte sie wieder zurück an meine Seite haben. Nun liegt sie neben mir. Schläft tief und fest. Schnarcht dabei. Früher hatte ich sie gern dabei beobachtet. Fand ihr Gesicht sehr hübsch. Und auch ihren restlichen Körper. Sanft streichelte ich jede einzelne Stelle. Liebkoste sie überall. In den letzten fünf Jahren, als sie wechselnde Beziehungen hatte, wünschte ich mir sehnlichst, das sie wieder mein wird. Das sie mich wieder liebt. Zwischendurch sah es immer mal wieder danach aus. Doch plötzlich

verliebte sie sich wieder in den Nächsten, der sie auch nur ein paar mal flachlegte und dann wieder verschwand. Es ist ja auch ihre Schuld, warum macht sie auch so schnell die Beine breit? Nur weil sie sich im Internet schon seit Wochen schrieben und meinten das sie zusammen sind – was bedeutete, das sie fremdgegangen war, mit mir, da wir immer wieder gemeinsam Matratzensport betrieben und ich erst nicht mehr durfte, wenn der Typ sie besuchen kam – bedeutete es doch noch lange nicht, das man beim ersten Sehen gleich alle Hüllen fallen lässt und sich miteinander vereint. (Ja, ich weiß, doof geschrieben. Aber besser kriege ich es

nicht hin.) Und dann wundern, das diese Beziehungen schon nach wenigen Tagen wieder beendet sind. SIE nennt es Beziehung. In meinen Augen sind es nur Bettgeschichten. Mir war schon immer bewusst, das sie nicht die Schlankste war. Meine Bekannten fragten mich oft, wie ich mit ihr nur schlafen kann, so, wie sie aussah. Ich frage mich, wie sie es schaffte, so schnell und oft Typen ins Bett zu kriegen. So viele, die sagen, das sie sie nicht einmal mit einer Kneifzange anfassen würden. Vorhin habe ich mich mit ihr unterhalten. Das sie nicht mit Intelligenz gesegnet war, wusste ich ja.

Ihre Eltern tragen eine Mitschuld. Denn sie waren dagegen, das ihre Tochter eine Förderschule besuchte, obwohl es ihnen geraten wurde. Aber mir war nicht bewusst gewesen, das sie so unintelligent war. Früher fiel es ihr schon schwer mir zu folgen, obwohl ich ihretwegen nur Wörter benutzte, die sie auch kannte, was nicht immer leicht war. Was aber vorhin...Anscheinend kann man sich doch das Hirn rausv... lassen. Zumindest scheint es bei ihr so zu sein. Ich musste alles mehrfach wiederholen und erklären, wie und was ich es meinte. Kann man sich von jetzt auf nun entlieben? Bis gerade eben dachte ich,

das ich sie liebe. Ich hatte um sie gekämpft. Immer wieder gehofft, das wir wieder zusammenkommen. Als wir es dann wieder waren, hatte ich mich riesig gefreut. Wir zogen wieder zusammen. In meine Wohnung. Damit wollte sie mir zeigen, das sie wieder mit mir zusammen sein will. Die Freude war groß, als wir gemeinsam ihre Wohnung räumten und die Schlüssel dem Vermieter wiedergaben. Ich sah, das sie es ernst meinte. Seit heute wohnt sie offiziell wieder bei mir. Auf unsere Art haben wir es gefeiert, in dem wir ein gemeinsames Bad bei Kerzenschein nahmen und nebenbei einem Film anschauten. Es war ein wenig wie früher

gewesen. Nur hatte es sich angefühlt, als wären meine Gefühle für sie, wie beim ersten mal; Intensiv. Nun liege ich neben ihr und fühle nichts. Keine Regung. Dabei hatte es bis vor Kurzem gereicht, wenn sie sich entblößte. Was ist passiert? Nackt liegt sie neben mir und ich betrachte ihren Körper. Ich habe nicht mehr das Gefühl, sie überall anfassen zu müssen. Das Bedürfnis, ihre Haut an meiner Haut zu spüren, fehlt auch. Mir wäre es sogar ganz recht, wenn sie nicht bei mir wäre. Es ist blöd. Gerade jetzt, wo ich wieder habe, wofür ich fünf Jahre lang gekämpft habe. Wieso sehe ich sie

plötzlich nicht mehr als meinen heißen Feger, sondern nur als einen Klumpen Fett? Es hatte mir gefallen, mit ihr zu schlafen. Ein Traum wurde wahr. Was geschah, zwischen vorhin und jetzt? Liegt es daran, weil ich jetzt erst bemerke, das ihre Oberweite geschrumpft ist und Falten aufweist? So Oberflächlich bin ich nicht. Ihr Bauchumfang ist auch mehr geworden. Sichtbar mehr. Und die blauen Adern, an ihren Oberschenkeln, sind auch mehr geworden. Ebenso die Pickel im Gesicht und an den Backen. War mir vorhin gar nicht so aufgefallen. Das sehe ich erst jetzt. Aber warum? Seit heute wohnt sie offiziell bei mir. Ich kann sie nicht

einfach so vor die Tür setzen. Wo soll sie hin? Zu wem? Ich bin doch froh gewesen, das sie wieder zu mir gefunden hatte, nachdem sie so oft enttäuscht wurde. Fast vier Monate sind wir schon wieder ein Paar. Habe es überall mit Freude verbreitet. Und nun...