Bürgerkrieg und Aufstände zerreißen das einst mächtige und unantastbare Elektorat, welches versucht die Ordnung um jeden Preis zu erhalten. Teil dieser Ordnung ist die Kommissarin Mia Preston. Als linke Hand des herrschenden Ministerrats unterdrücken die Kommissare jeden noch so kleinen Wiederstand mit eiserner Hand und er Unterstützung durch die Ulan-Garden des Militärs. Als Mia den Auftrag erhält nach dem abtrünnigen Kommissar Aaren Terrel und
den Rebellen Jack Walt zu suchen und den Mord an einem Minister miterlebt muss sie erkenne, das die Werte die sie einst verteidigt hat, längst nicht mehr existieren.
Und sobeginnt das Ende…
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Escaping the City by Tugboat
Das Gebäude vor ihm unterschied sich nur geringfügig von seinem holographischen Ebenbild, das er heute Morgen gesehen hatte. Ein hoher Bürobau, dessen breite Glasfront verspiegelt war und die Abendsonne reflektierte, so das er regelmäßig wegsehen musste. Doch er hatte bereits alles gesehen, was er sehen musste. Das Gebäude war nicht verlassen. Im Gegenteil. Aus einer Seitengasse heraus beobachtete er das halbe duzend Wachposten, die sich um das Gelände vor dem Haupteingang verteilten. Nur
zwei trugen tatsächlich Uniform und sichtbare Waffen, aber jeder, er geduldig genug war, bemerkte schnell, das sich eine kleine Gruppe von Passanten nie weit von dem Bau entfernte. Weitere Wächter, vielleicht sogar Kommissare, den Ulanen konnten sich unmöglich verbergen. Dazu fehlte es diesen lebenden Toten einfach zu sehr an Fantasie oder irgend einer anderen menschlichen Eigenschaft, was das anging. Die Kommissare hingegen erinnerten sich wenigstens daran, wie sich ein normaler Mensch verhielt... Sechs Wachen und Nachts würden die Poste sicher noch einmal verstärk. Mal von denen abgesehen, die im inneren des
Gebäudes wache halten würden. Aaren hatte genau darauf geachtet, wer es in den letzten Stunden betreten und verlassen hatte. Alles in allem schätzte er, müssten es wohl zwanzig Leute sein. Selbst wenn er welche verpasst oder übersehen hätte, waren es also insgesamt wohl unter vierzig Posten, diese jedoch bestens ausgerüstet und offenbar darauf vorbereitet, das jemand den Knotenpunkt angriff. Trotzdem... ,, Was meinst du ?“ , fragte er an Sonea gerichtet, während er sich etwas weiter in die Gase zurück zog, um nicht doch noch entdeckt zu werden. Einmal hatte er bereits geglaubt, das ihn einer der Männer in Zivil gesehen hatte. Der
Posten hatte eine ganze Weile genau in seine Richtung gestarrt, bevor er sich dann doch wieder seiner Arbeit zugewendet hatte. Sonea beschrieb eine Geste mit der Hand. Fünf Finger. Dann keine mehr. Wieder fünf. R nickte. ,, Es sind zu wenige, oder ?“ Vierzig Mann, egal wie gut ausgerüstet , waren zu wenige, wenn es um die Sicherheit des gesamten Datenverkehrs ging... Oder vielleicht hatte er die Selbstsicherheit des Ministerrats trotz allem noch maßlos unterschätzt... Das Wesen neben ihm nickte Sie trug erneut die Verkleidung, die Aaren sich auf Liurie überlegt hatte, allerdings
leicht ergänzt . Ein dünnes paar Handschuhe verbargen die Knochendornen , genau wie die Schwimmhäute zwischen den Fingern. Solange ihr niemand direkt ins Gesicht sah, würde sie unerkannt bleiben. Und die wenigsten Leute gingen heutzutage noch erhobenen Hauptes durch die Straßen. Seit dem frühen Morgen warteten sie bereits hier und hielten das Gebäude im Auge, während Mia und Jack auf eigene Faust losgezogen waren, um die Gegend auszukundschaften... und ihnen ein Fahrzeug zu besorgen. Jack würde schnell sein müssen, wenn er die Sprengsätze anbringen und dabei dem
Elektorat entkommen wollte Mia wiederum war vermutlich jetzt irgendwo auf den Ächern unterwegs, um das Gaußgewehr an einer günstigen Stelle zu positionieren und dort zu verstecken, bis sie es brauchten. Und das würde wohl eher früher als später der Fall sein... Innerlich hoffte er wieder, das Abundius wirklich zwei ganze Tage brauchen würde, für was immer er auch vorhatte. Wenn der Mann schon heute Abend zuschlug, wäre alles umsonst. Aber was auch immer geschehen würde, hier hatte er zumindest alles gesehen. ,,Komm.“ , meinte er an Sonea gerichtet. ,, Verschwinden wir hier.“ Er warf einen letzten Blick zurück, froh, diesem Ort
fürs erste den Rücken kehren zu können. Wenn er das nächste mal hier wäre, würde sich alles entscheiden müssen. Der Gedanke jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Und dann erstarrte er. Hinter der Absperrung, die den Eingang des Gebäudes umgab, stand einer der getarnten Männer, die er zuvor schon beobachtet hatte. Doch anstatt sich in der Umgebung umzusehen, war der Posten stehen geblieben... und Blickte jetzt genau in seine Richtung. Aarens Hand wanderte instinktiv zum Pistolengriff an seiner Hüfte, während er innerlich bereits die Sekunden zählten. Schließlich drehe der Mann sich jedoch um und nahm seine Route über das
Gelände wieder auf. Der Kommissar atmete erleichtert auf. Das war knapp gewesen, dachte er. Zu Knapp. Er gab Sonea rasch ein Zeichen, während sie die Gasse hinab verschwanden. Die Gebäude rechts und links von ihnen standen so dicht, das kaum Tageslicht bis hinab auf die Straßen drang. Lediglich einige Lampen sorgten für genug Licht, damit man sich noch orientieren konnte. Am anderen Ende der Gasse jedoch , stolperten sie auf eine der breiten Hauptstraßen hinaus. Große, mit Menschen überlaufene Bürgersteige säumten eine dreispurige Straße, die das Herz der Stadt einmal durchschnitt, während überall kleinere
Straßen, wie Blutbahnen von einer Schlagader, abzweigten. Aaren tauchte ohne aufzusehen in die Menge ein und suchte dabei Soneas Hand. Auf der einen Seite wollte er nicht riskieren, sie im Durcheinander zu verlieren, während sie sich einen Weg zurück in Richtung ihres Verstecks suchten. Und auf der anderen... war es einfach angenehm, gab er zu, während sie eine Absperrung passierten, hinter der sich eine ganze Abteilung Sicherheitskräfte in Sturmpanzerung bereit machte, eine Tür einzutreten. Der Anblick von spontanen Hausdurchsuchungen war her beinahe schon zur Gewohnheit geworden, dachte Aaren. Die meisten Leute gingen
unbekümmert einfach weiter, nur einige wenige drehten kurz den Kopf, nur um sofort wieder wegzusehen, wenn sie einer der in dunkles Kevlar oder kinetisches Gewebe gekleideten Männer bemerkte. Aaren veralasste der Anblick allerdings, sich einen anderen Weg zu suchen. Sobald sie die Absperrung hinter sich ließen, lenke er seine Schritte weg von der großen Lebensader der Stadt und erneut auf die ganz so stark frequentierten Nebenstraßen. Sie passierten einige Geschäfte, die aber entweder bereits als Vorbereitung auf die Ausgangssperre geschlossen hatten... oder vielleicht auch überhaupt nicht mehr öffneten. Schließlich wurden die
Gebäude generell immer niedriger, bis sie sich in einem kleinen Vorort wiederfanden, der ihm seltsam vertraut vorkam. Er hatte in den letzten halben Jahrzehnt nicht viel Zeit hier verbracht, daher konnte er sich auch täuschen. Die Städte veränderten sich schnell... Einstöckige Wohnbauten säumten die hier praktisch verlassenen Straßen, wenn man von den auch hier allgegenwärtigen Patroullien absah. Aaren hatte mittlerweile herausgefunden, wie er sie am besten umging. Wann immer ihnen ein Uniformierter Posten zu nahe kam, tauchte er rasch in der Menge unter. Hier draußen konnte er das jedoch vergessen. Zum Glück jedoch war den
Ulanen mit ihrem freien Willen und sämtlichen Emotionen offenbar auch etwas sehr viel wichtigeres abhanden gekommen... und das war jede Form von Intuition. Solange ihn niemand direkt erkannte, war er , trotz der Nervosität, die er nie ganz verbergen konnte, nur ein weiterer Bürger... Allerdings wollte er nicht herausfinden, was passierte, wenn ihn doch jemand identifizierte. Und das würde zwangsläufig passieren, je länger sie hier blieben. ,, Beeilen wir uns besser.“ , meinte er an Sonea gerichtet. ,, Wir haben unser Glück heute schon überstrapaziert.“ Das Wesen nickte und Aaren wollte wieder einen Bogen in Richtung der
belebteren, aber wohl auch sichereren Hauptstraße schlagen, als die Siedlung plötzlich endete. Oder vielleicht war Ende nicht das richtige Wort. Die Reihen aus weiß getünchten Fertighäusern wurde durch eine Mauer ersetzt, die sich gut fünfhundert Meter die Straße hinab zog. Dahinter konnte Aaren nicht sehen, lediglich die Wipfel einiger angeschlagen wirkender Bäume ragten hinter dem Wall auf. Ein Anblick, der selten genug war. Aaren wusste, was er vor sich hatte, noch bevor er die schmiedeeisernen Tore erreichte. Und plötzlich wusste er auch, wieso ihm dieser Ort vertraut vorkam. Es hatte sich wirklich einiges verändert , dachte er. Selbst die Mauer war bei
seinem letzten Besuch noch nicht da gewesen. Friedhöfe waren im Lauf der letzten Jahrhunderte zunehmend aus dem Stadtbild verschwunden, doch einige wenige gab es noch. Einäschern und dann verteilen war letzten Endes einfach billiger und wurde sogar vom Elektorat gefördert, vor allem aus Platzgründen. Auf einem Planet, der sich zunehmend in eine einzige Betonfläche verwandelte, war jede Freifläche wertvoll. Aaren wurde langsamer, als sie das Tor passierten. Innerlich sagte er sich, das er es gut sein lassen und einfach weitergehen sollte. Es gab keinen Grund mehr, alte Wunden aufzureißen. Er hatte
damit abgeschlossen. Zum Großteil. Trotzdem blieb er fast gegen seinen Willen doch stehen. Eine Weile sah er unschlüssig zur anderen Straßenseite herüber. Die Tore standen offen und gaben den Blick frei, auf eine große Grünfläche, durch die sich zu Rechtecken angeordnete Wege zogen. Sonea sah ihn fragend an, als ihr auffiel, das er angehalten hatte. ,,Würdest du kurz hier warte ?“ Jetzt wo er einmal hier war, wusste er, das er nicht mehr einfach gehen konnte, egal was die Logik gebot. Mia und Jack würden wohl auch erst kurz vor Sonnenuntergang zurückkehren. Und
noch hatte er etwas Zeit, bis die Ausgangssperren in Kraft treten würden. Soneas Züge nahmen einen besorgten Ausdruck an. Was hatte er vor ? ,, Keine Sorge, mir passiert nichts. Es gibt nur... eine Sache, die ich noch tun muss... Und ich weiß nicht ob ich sonst noch einmal die Gelegenheit dazu bekomme. Ich komme gleich wieder.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und lief über die Straße. Am Tor hielt er noch einmal inne, dann trat er hindurch. Er brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, das Sonea ihn keinen Moment aus den Augen ließ. Aber das hier war sein Päckchen, das er zu tragen hatte. Alleine. Trotzdem half das wenig gegen
das mulmige Gefühl in seinem Bauch, als er einem der Pfade durch die aus kurz geschnittenem Gras bestehende Landschaft folgte. Die meisten Gräber hier waren alt und stammten teilweise noch aus der Zeit vor der Erfindung von ÜLG-Reisen, desto weiter er jedoch kam, desto jünger wurden auch die Daten auf den Steinen. Doch das Grab das er suchte, weiß keine Daten auf, keine Inschrift. Er hatte bewusst darauf verzichtet, hatte sich ihm doch alles, was wichtig war unauslöschlich ins Gedächtnis gebrannt. Seit seiner Ernennung zum Kommissar war er nicht mehr hier gewesen... fünf Jahre. Eine lange Zeit, dachte Aaren wieder,
während er einer Abzweigung folgte, die zum Randbereich es Friedhofs führte. Hier war die Mauer wieder sichtbar, wenn sie auf dieser Seite auch dicht mit Efeu bewachsen war, so das man nur stellenweise Beton erkennen konnte. Im Schatten dieser teilweise Meterdicken Schicht aus Gewächsen, fand er schließlich, was er gesucht hatte. Fünf Jahre waren nicht nur eine lange Zeit gewesen. Es war zu lange, dachte er bei sich. Der einfache, halbrunde Stein war ebenfalls von mehreren Ranken überwachsen, die niemand mehr entfernt hatte. Eine heruntergebrannte Kerze steckte in einem zerbrochenen Glasbehälter. Einige vertrocknete Blumen
ragten aus der mit Moosen und Gras überwachsenen Erde. Es wirkte einfach nur... trostlos, stellte er Kommissar fest. Aaren hatte mit viel gerechnet, als er vor einigen Minuten durch das Tor der Anlage gegangen war. Das er es gar nicht fertig bringen würde, bis hierhin zu gehen, das er erneut in seine alten Schuldgefühle zurückfallen würde, das er weinen, das er vielleicht wütend werden würde... Seine Gefühle schienen ohnehin bereits ein nicht immer willkommenes Eigenleben entwickelt zu haben. Aber nicht das. Ernüchterung. Die Trauer war noch da, genau wie alles andere, aber gut verborgen und abgeschwächt, irgendwo in den hintesten
Winkeln seines Verstands. Was überwog war schlicht, kalt und Unnachgiebig. Er hatte sich schon vor einer Weile vergeben, so schwer der Weg bis dahin gewesen war. Und irgendwie hoffte er, das Sophie das auch gekonnt hätte... Aaren räumte behutsam die lange toten Pflanzen bei Seite und warf sie achtlos in die nahegelegene Efeuhecke. Dann durchsuchte er seine Taschen und fand tatsächlich ein kleines Streichholzheftchen. Wie lange auch immer das schon dort sein mochte, die Zündhölzer funktionierten noch, als er eines davon Anriss und damit die Kerze entzündete. Ebenfalls verwunderlich, das diese noch funktionierte. Vielleicht hatte
er aber auch zur Abwechslung einmal Glück. Es war wenigstens etwas. Langsam senkte sich die Dämmerung endgültig über die Stadt und zeichnete lange Schatten. Aaren stand auf und wollte sich auf den Weg zurück zu Sonea machen. Jetzt würden sie sich doch beeilen müssen, um rechtzeitig zurück zu sein, dachte er. Aber immerhin, das würde ihm weniger Zeit lassen, endlos darüber nachzugrübeln, was Morgen sein würde. Ihnen blieb nur noch ein kleines Zeitfenster. Übermorgen um diese Zeit musste alles gelaufen sein... oder Abundius würde herrschen. Und wie das bei allem Vertrauen ausging, wollte er nicht wissen. Bevor Aaren jedoch dazu
kam, sich umzudrehen, drückte sich etwas metallisches gegen seinen Hinterkopf. Der kalte Lauf einer Waffe...
abschuetze Also echt jetzt mal ... ich meine den Schluss ... krrrrrr.....^^ |
EagleWriter ;-) lg E:W |
EagleWriter Ein Hammer wäre Aaren vermutlich lieber. Was de Kopf angeht, kann bei ihm ohnehin nicht mehr so viel Kaputt gehen ;-) Und jap, ich wollte das ganze gerne noch einmal in den Vordergrund rücken, um einen endgültigeren Schlussstrich ziehen zu können. lg E:W |