Kapitel xI, Eine lange Nacht Teil 2
Alles war so ruhig.
Irgendetwas störte sie an dieser Stille.
Sie hatte das Gefühl irgendetwas wichtiges erledigen zu müssen.
Ein schwaches Geräusch durchdrang die Stille. Es wurde immer lauter. Erst jetzt fiel ihr auf, dass alles um sie herum schwarz war.
Es war eine Stimme.
Was wollte sie ihr sagen? Noch immer war die Stimme zu
undeutlich.
Warum war alles schwarz? Sie musste doch noch etwas erledigen!
Die Stimme wurde immer deutlicher.
"Miranda!"
Das war ihr Name. Wer rief nach ihr?
Miranda riss die Augen auf. Die Welt stand auf den Kopf.
Nein sie war es die Kopfüber stand. Rot gefärbte Haare hingen ihr übers Gesicht. Panisch begann sie zu keuchen und tastete ihren Kopf ab. Sie hatte eine große Wunde über ihrer Stirn. Hektisch sah sie um sich. Sie saß noch immer im Gleiter. Die Sicherheitsgurte schnitten sich in ihren
Körper.
"Miranda!"
Es war Thomas er stand irgendwo um den Gleiter herum und rief nach ihr.
"Thomas! Hilf mir!"
Sie konnte lediglich durch einen schmalen Spalt nach draußen sehen. Das Dach des Fahrzeuges war eingedrückt. Miranda hatte Glück nicht zerquetscht worden zu sein. Zwei Füße standen vor ihr. Thomas bückte sich hinab und sah ihr besorgt ins Gesicht. Er erkannte die Wunde an ihrem Kopf.
"Wir müssen dich da schnell raus holen."
Antriebsgeräusche.
Irgendetwas kam auf sie zu.
Thomas stand kurz um nachzusehen was
es war. Er rannte davon.
Miranda wollte ihm nach schreien,doch sie hielt sich die Hände vor den Mund. Sie wollte keine Aufmerksamkeit erregen.
Die Triebwerksgeräusche kamen näher und waren definitiv nicht von einem Menschenschiff.
Eine Metallstange bohrte sich plötzlich durch den Spalt vor Miranda in den Gleiter.
"Ich bin es, Miranda!", erklärte Thomas. "Leg deinen Gurt ab und halt dich an der Stange fest. Ich versuche dich heraus zu ziehen."
Durch diesen kleinen Spalt? Miranda
schnallte sich ab und hielt sich wie befohlen an der verbogenen Stange fest.
Langsam begann Thomas Miranda heraus zu ziehen. Zuerst der der Kopf dann die Schultern. Miranda drehte ihren Kopf und blickte in einen schwarzen Himmel. Miranda versuchte ihren Hintern zusammen zu ziehen um besser durch zu passen, doch der Spalt war zu eng. Thomas ließ die Stange los und nahm Miranda bei den Händen.
„Hör zu. Du atmest jetzt ganz tief ein und aus und ich zieh dich heraus, Ok?“, erklärte er ihr eindringlich. Miranda nickte und holte tief Luft. Als sie ausatmete zog Thomas sie mit aller Kraft heraus. Das verbogene Metall
schnitt sich in die Hüfte von Miranda, doch sie war frei. Sie hielt Thomas noch immer an den Händen und er zog sie hoch zum Aufstehen. Sie blickte um sich und erkannte die Quelle der Triebwerke nun.
Ein karonischer Truppentransporter. Er gehörte zweifellos zu dem Soldaten in Mirandas Haus.
Das Schiff kam direkt auf sie zu. Thomas zog sie hinter sich her. Die beiden rannten zu einen der eingestürzten Gebäude und versuchten sich in den Ruinen des einst hohen Turms zu verstecken.
„Was ist passiert?“, wollte Miranda nun endlich wissen.
„Der Reaktor war instabil und fiel aus. Als der Gravitationsantrieb ausfiel stürzten wir auf den Asphalt und der Gleiter überschlug sich.“
Miranda sah Thomas gründlich an er hatte am ganzen Körper tiefe schrammen und an seiner linken Schulter bohrten sich einige Splitter in sein Fleisch.
„Bist du...?“
„Ja ich wurde während des Schleuderns aus dem Gleiter geworfen. Ich hatte vergessen mich anzuschnallen.“, bestätigte er ihre Vermutung.
Das feindliche Schiff kam immer noch bedrohlich näher.
Vielleicht hatte es sie nicht
gesehen?
Nein. Das war unmöglich.
Durch das Loch in der Wand, durch das sie hineingekommen waren blickten sie nun gespannt hinaus. Das Schiff musste sich direkt vor dem Gebäude befinden, so laut waren die Triebwerke nun schon zu hören.
Plötzlich sprang ein Karoner direkt neben den Gleiter auf den Boden. Miranda und Thomas gingen hinter einer umgestürzten Säule in Deckung. Zwei weitere Soldaten sprangen ab. Sie redeten mit einander. Karonisch wurde bis heute noch nicht ganz übersetzt und so gab es auch an den Akademien der Menschen kein Erlernen der karonischen
Sprache.
Schritte kamen näher.
“Nicht schon wieder“, dachte sich Miranda und kniff sich die Augen zu. Thomas nahm sie in die Arme und drückte ihren Kopf gegen seine Brust.
Eine Explosion gefolgt von einer Schockwelle erschütterte die Beiden. Die Ruine erbebte und ein donnerndes Geräusch durchlief die Mauern der Ruine. Thomas sah sich kurz um und erkannte, dass das Gebäude jeden Moment in sich zusammen stürzen würde. Er nahm Miranda an der Hand und rannte los. Er rechnete fest damit jeden Moment erschossen zu werden oder
von einem Teil der Decke erschlagen zu werden, doch nichts davon geschah. Sie verließen die Ruine auf der anderen Seite von der sie gekommen waren. Miranda sah erneut einem Gebäude beim Einsturz zu. Keine Spur von dem Truppentransporter.
„Was war das?“, fragte Miranda ihren Freund. Durch die dichte Rauchwolke über der Stadt konnte man nicht in den Himmel sehen. Thomas hatte so eine Vermutung doch er war sich nicht sicher. Erneut zog er Miranda hinter sich her und rannte auf eine Kreuzung zu.
Sie bogen links ab und erblickten einen zerstörten Stadtplatz. Überall lagen Mauerstücke und brennende Fahrzeuge,
doch nichts war so schlimm anzusehen wie die unzähligen leblosen Körper die den Platz zu einem Massengrab machten. Auf der anderen Seite des Platzes war ein gepanzertes Gebäude zu sehen.
Der Notfallbunker.
Thomas wollte schon wieder los rennen,doch Miranda hielt ihn fest.
„Was ist los? Das ist der Bunker.“, schrie er sie an.
„Hörst du das auch?“ Miranda deutete nach oben.
Tatsächlich bemerkte er, dass es nun deutlich mehr Detonationen und Explosionen gab und sie schienen nicht mehr von der Oberfläche des Planeten zu kommen. Seine Vermutung hatte sich
bewahrheitet.
„Das sind unsere Leute! Wir werden gerettet, Miranda!“
Thomas begann zu lachen und versuchte etwas durch den Himmel zu erkennen. Es hörte sich so an als ob ein mächtiges Schiff näher kommen würde. Bestimmt ein Schlachtschiff der Allianz um die Stadt zu retten. Das Schiff kam schnell näher.
Miranda hatte plötzlich ein ungutes Gefühl bei der Sache. Es war ein beunruhigendes Geräusch welches die Reaktorgeräusche des ankommenden Schiffes begleitete.
Ein weiß lackiertes Schiff durchbrach die
Wolkendecke über der Stadt.
Miranda und Thomas hielten den Atem an.
Das Schiff stürzte ab!
Die Zwei nahmen ihre Beine in die Hand und rannten die Straße die sie gekommen waren zurück. Ein Lichtblitz erhellte für einen Moment die Ruinen um sie herum. Gleich darauf ertönte das Geräusch einer mächtigen Explosion und die zwei wurden von einer Schockwelle erfasst.
Die Human Curiosity würde jeden Moment den Hyperraum verlassen und den Orbit von Bal erreichen. Die
Wissenschaftler waren alle noch angespannt von dem Erscheinen des fremdartigen Raumschiffes. Dr. Cuttersen hatte sich in seinem Zimmer gesperrt. Es plagten ihn Gewissensbisse. Seine Neugier hatte seinen Verstand getäuscht und er hatte rücksichtslos gehandelt. Er gab sich die Schuld für das Erscheinen des Raumschiffes und betete, dass es nicht bösartig sei.
Keera hatte sich im Labor verkrochen. Sie wollte unbedingt wissen was sie da mitgenommen hatten. Je weiter sich sich von Ziveran entfernten desto schwächer wurde das Licht des roten Kristalls. Er bestand aus einer außergewöhnlichen Flüssigkeit, die sich abhärtete wenn sie
mit Sauerstoff in Berührung kam und so dem Kristall seine feste Form verlieh. Die andere Probe jedoch warf nichts als Rätsel auf die junge Wissenschaftlerin. Sie konnte sich nicht erklären woher dieser weiße Rauch kam und was genau das war. Auch das Material dieses Knochens konnte sie nicht identifizieren. Was sie da auch mitgenommen hatten war nichts, was es in diesem Universum ein zweites Mal gab.
Das Forschungsschiff verließ den Hyperraum. Das Schiff erbebte. Keera sah zu einigen der Gläser um sich ganz sicher zu sein. Da war es wieder. Ein Durchsage kam aus den
Lautsprechern.
„Leute, wir haben ein Problem.“ Es war Ben der mit Uley auf der Brücke war. Schnell verließ sie das Labor und machte sich auf den Weg zu ihnen. Unterwegs traf sie auf Susan, die ebenfalls ziemlich besorgt aussah.
Als sie die Brücke des Schiffes erreichten brauchten sie keine Fragen zu stellen. Durch das Sichtfenster konnten sie einen schwarzen Planeten sehen. Davor ein chaotischer Haufen aus Raumschiffen die sich gegenseitig die Hölle heiß machten.
Uley sah Keera in die besorgt in die Augen.
„Gibt es einen Notfallplan?“, fragte er
sie beunruhigt
„Die Flucht nach Bal war der Notfallplan, Uley“
Susan fiel auf die Knie. Alle sahen sie erschrocken an. Keera nahm sie in den Arm und versuchte sie zu trösten.
„Deiner Familie geht es sicher gut, Susan.“
„Wo ist der Doktor?“, wollte Uley wissen. Ben schaltete einen Monitor zu seiner linken um. Man konnte den Strukturplan des Schiffes sehen mit einigen leuchtenden Punkten darauf.
„Er ist immer noch in seiner Kabine“, antwortete Ben.
Uley sah Keera in die Augen und es schien als überlege er
etwas.
„Was hast du vor, Uley?“,wollte sie wissen.
„Wir wissen nicht genau ob wir verfolgt werden oder nicht. Für den Fall jedoch, dass uns das fremdartige Schiff verfolgt müssen wir schnell ein Versteck finden.“ Uley drückte einige Schalter und das Sichtfenster wurde von einer gepanzerten Schutztür verschlossen. Eine Sicherheitsmaßnahme die man zum Springen benutzte.
„Ein Schlachtfeld ist vielleicht nicht der sicherste Ort um sich zu verstecken, aber mit Abstand der beste Weg dem Schiff zu entkommen.“, erklärte er.
„Du willst in das Schlachtfeld springen?
Bist du verrückt?“, fragte Ben ihn fassungslos.
Keera half Susan auf einen der Stühle und schnallte sie fest. Anschließend schnallte sie sich ebenfalls auf einen der Stühle fest.
„Hast du schon einmal einen blinden Sprung durchgeführt?“, wollte Keera wissen. Ben sah sie entsetzt an. „Du bist dafür, dass wir das machen?“
„Er hat recht. Falls wir verfolgt werden wir das Schiff niemals in ein Schlachtfeld fliegen.“
„Aber was ist mit den Karonern? Die werden uns in Stücke schießen!“, argumentierte Ben nervös.
Uley gab den Kurs ein und beschleunigte
das Schiff.
„Die Karoner kennen die Forschungsschiffe de Allianz. Es ist wahrscheinlicher, dass sie uns gefangen nehmen um unsere Daten zu analysieren.“, erklärte Uley.
Ben legte sich die Hände auf den Kopf. Er war mit verrückten unterwegs, dachte er sich.
„Auf Aufprall vorbereiten!“, befahl Uley.
Die Human Curiosity beschleunigte und ein Hyperraumriss entstand vor dem Schiff. Sobald sie den Hyperraum erreicht hatten verließen sie ihn auch schon wieder.
Das Sichtfenster wurde wieder
freigegeben, doch nichts war zu erkennen. Alles wurde von einer dichten Rauchwolke verdeckt. Uley konzentrierte sich auf eine Anzeige über den Steuerknüppel des Schiffes. Dort konnte er wenigstens ungefähr sehen wo sie hin flogen. Er steuerte das Schiff auf die Oberfläche zu. Einer der Bunker war sein Ziel.
Das Forschungsschiff verließ die Wolkendecke und steuerte auf einen der Landeports des Bunkers zu. Die Wissenschaftler und der Sicherheitsoffizier konnten ihren Augen nicht trauen. Unter ihnen war alles zerstört. Tausende von Gebäuden waren eingestürzt und vernichtet. Überall
zeichneten große brennende Löcher das Ergebnis der Bomben und Raketen des Feindes. Selbst der Bunker den sie ansteuerten brannte, doch das war dem Piloten egal. Er wollte lediglich das Schiff landen und abwarten bis die Gefahr vorüber war.