Kurzgeschichte
Nebel

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"Nebel"
Veröffentlicht am 02. April 2015, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ein angehender Schreiber, der seine ersten, zaghaften Versuche macht, selbst geschriebene Geschichten einem größeren Publikum zugänglich zu machen und auf Feedback zu hoffen, um sich stetig zu verbessern.
Nebel

Nebel


Nebel

Er hatte es noch immer im Ohr. Dieses Kreischen. Erst das seiner Bremsen und anschließend das von Metall. Er schüttelte sich, während er immer noch in halsbrecherischem Tempo über die Straße jagte. Dieser verflixte Nebel! Er war nur eine Sekunde eingenickt und als seine Scheinwerfer schließlich die Person auf dem Zebrastreifen aus dem Nebel gerissen hatten, war es schon zu spät gewesen. Er hatte den schweren Wagen sofort nach rechts gelenkt und schon aufgeatmet, als er es schaffte den Läufer aus seinem Lichtkegel zu reißen. Womit er nicht gerechnet hatte war der

starke Schlag gegen seinen hinteren Kotflügel. Er hatte nicht angehalten, er hatte nur kurz einen Blick in den Rückspiegel geworfen und nichts gesehen, außer einer Tasche die sofort vom Nebel verschluckt wurde. Es war die Tasche des Spaziergängers gewesen, die dort auf der Straße gelegen hatte! Schließlich schälte sich eine Parkbucht aus der hellweißen Suppe um ihn herum und er setzte den Blinker und parkte den Wagen auf dem schmalen Streifen Asphalt. Er schaltete den Motor ab, lauschte dem Ticken als er abzukühlen begann und ließ erschöpft den Kopf auf das Lenkrad sinken. Plötzlich klopfte es gegen seine Scheibe und er fuhr hoch

und starrte panisch hinaus. Niemand war zu sehen. Er rieb sich die müden Augen und versuchte das Weiß des Nebels zu durchdringen, als plötzlich, aus dem Nichts eine blutige Hand gegen seine Scheibe knallte und einen roten Abdruck darauf zurück ließ. Vor Schreck rutschte ihm der Fuß aufs Gas und prompt heulte der Motor auf, bevor er wieder verstummte, weil er ihn abgewürgt hatte. Fassungslos starrte er den blutigen Abdruck an und bemerkte gar nicht, wie er mechanisch und ohne nachzudenken die Zentralverriegelung aktivierte. Plötzlich schepperte es über ihm und besorgt warf er einen Blick zum Wagenhimmel, der von irgendetwas nach

innen gedrückt worden war. Der kalte Schweiß rann ihm über den Nacken und an den Schläfen hinab, während er sich zu beruhigen versuchte. Er hatte nicht erkennen können, ob der Mann noch geatmet hatte, dafür war es zu schnell gegangen. Aber er konnte sich erinnern, dass das rechte Bein des Mannes am Knie grotesk verdreht gewesen war. Er konnte also gar nicht so schnell hinter ihm her gekommen sein! Plötzlich, gerade als dieser Gedanke durch seinen Kopf schoss, knallte erneut etwas gegen seine Scheibe und diesmal sprang sie, ein gewaltiges Spinnennetz zog sich durch das Glas. Und plötzlich hörte er jemanden stöhnen: Du hast mich getötet.

Es klang wie ein Zischen, als würde der Sprecher nur schwer Luft bekommen. Dann ertönten schleifende Schritte und plötzlich zerbarst seine Scheibe in einem wahren Glasregen und eine blutige Hand mit aus der Haut ragenden Knochen packte ihn an der Kehle. Er versuchte zu schreien, doch es kam nicht mehr als ein ersticktes Röcheln aus seiner Kehle, während alles vor seinen Augen zu verschwimmen begann. Der Nebel drang weiß und kalt durch das zerstörte Fenster, füllte das Wageninnere aus und ließ alles verschwinden, bis es nur noch ihn und diese unbarmherzige Hand an seiner Kehle zu geben schien. Und dann ertönte es erneut. Dieses Kreischen. Da

wurde ihm bewusst: Nicht das Metall hatte er gehört. Es war diese Kreatur gewesen! Ein letztes Mal, während sein Blick sich bereits zu verdunkeln begann, hob er den Kopf etwas und sah ihr ins Gesicht. Die unbarmherzigen, in heißem Rot glühenden Augen wirkten wie zwei Fenster zur tiefsten Hölle! Und dahinter lauerte der Nebel: weiß, kalt, unbarmherzig. Er merkte wie sein Blick zu verschwimmen begann, sein Herz vor Panik immer schneller schlug während seine Lungen nach Luft schrien. Und plötzlich drang der weiße Nebel in ihn ein, durch seinen Mund, seine Nasenlöcher. Er durchströmte seinen ganzen Körper, durchfloss ihn mit

eisiger Kälte. Und das letzte was er sah, bevor es endgültig schwarz um ihn herum wurde, war wie sich seinem Gesicht ein riesiges Maul näherte, voll schwarzer, scharfer Zähne und gefüllt mit diesem grauenhaften, weißen Nebel...

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Reifblut
Ein angehender Schreiber, der seine ersten, zaghaften Versuche macht, selbst geschriebene Geschichten einem größeren Publikum zugänglich zu machen und auf Feedback zu hoffen, um sich stetig zu verbessern.

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Fynx89 Sehr schön geschrieben. :)

Nebel sind ja auch wirklich manchmal unheimlich, besonders früh am Morgen wenn er über Felder sich bewegt.
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