Fantasy & Horror
WELTENFALL - Teil 3

0
"WELTENFALL - Teil 3"
Veröffentlicht am 31. März 2015, 56 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
© Umschlag Bildmaterial: andreiuc88 - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Was soll man über sich selbst erzählen? Ich schreibe sehr gerne und sehr viel. Meist Texte und Kurzgeschichten aus dem Horror, Fantasy oder Thriller-Bereich.
WELTENFALL - Teil 3

WELTENFALL - Teil 3

Was bisher geschah... Die Obdachlose Janyce 'Jazz' Nouvel bricht nach dem Konsum einer neuartigen Droge in der Wohnung ihres Freundes zusammen. Als sie erwacht rutscht sie, sehr zu ihrem Entsetzen, durch die Realitäten hindurch in eine andere Welt. Hier irrt sie verängstigt und vollkommen orientierungslos umher, bis sie auf einen kleinen Jungen trifft. Sie nimmt sich des Kindes an und bemerkt zu spät, welch große Gefahr von ihm ausgeht und welch schreckliches Monster sich hinter der Maske der Unschuld verbirgt. In einem dramatischen Kampf gegen die


Bestie verliert Jazz beinahe ihr Leben. Schwer verletzt und aus tiefer Ohnmacht erwachend findet sie sich in den Händen eines wahnsinnigen Arztes wieder. Dieser hatte ihr zwar das Leben gerettet und ihre Wunden versorgt aber er fühlte sich auch berufen, Jazz von ihrer langjährigen Drogensucht zu befreien. Mittels einer äußerst brutalen Prozedur kuriert er seine Patientin, reinigt ihren Körper, fügt ihr dabei aber auch kaum zu ertragende Schmerzen zu. Geduldig wartete der Arzt danach, bis Jazz sich von der Tortur eholt hat. Als wäre nie etwas geschehen schickt er sie



anschließend hinaus ins Dorf, damit sie ihre neue Umgebung erforschen und kennenlernen kann...

FORTSETZUNG...

*Ich hasse die Nacht!*, stellte Jazz zu ihrem eigenen Erstaunen fest. Wie sehr sie sich nach der Sonne sehnte, nur ein paar ihrer warmen Strahlen im Gesicht. Etwas Licht, das die Schatten vertrieb und neuen Mut verlieh. Wann würde es wohl Morgen werden? Jazz fiel plötzlich auf, dass sie jegliches Zeitgefühl verloren hatte. Wie lange war sie bewusstlos gewesen? Wie lange hatte Meynhardt ihren wehrlosen Körper in der

Gewalt gehabt? Stunden? Tage? Oder gar Wochen? Sie konnte sich nicht erinnern. Hatte er es erwähnt bevor er angefangen hatte sie zu misshandeln? Bevor er die spitzen Nadeln auf seine Finger gestülpt und diese dann brutal in sie hineingestoßen hatte, immer und immer wieder? „Nicht darüber nachdenken! Lass es nicht an dich heran, es ist vorbei!“ sagte Jazz zu sich selbst und ging ein paar Schritte. Dann blieb sie abrupt stehen und wandte sich um. Ihr Blick fiel auf ein großes zweiflügeliges Gutshaus, von dessen einstiger Schönheit nur wenig geblieben war. Der Zahn der Zeit und das Fehlen jeglicher Pflege hatten dem

Haus schwer zugesetzt. Das war es also, das Heim des Doktors. Keine Klinik, nur ein großes altes Haus. Nichts weiter! Zerfallendes Mauerwerk, ein paar Fenster und ein morsches Dach. Friedlich, eigentlich harmlos, und doch so voller Schrecken. Jazz spürte, wie ihre Hände zu zittern begannen und ballte sie zu Fäusten. *Nein! Nicht!* Verzweifelt stemmte sie sich gegen die unkontrolliert hochkochenden Gefühle, die ihr Herz ergriffen und ihr den Atem raubten. Doch es war zu spät. Mit einem Mal brachen die Erinnerungen an all die vergangenen Erlebnisse über ihr zusammen. Sie schluchzte laut auf, fiel

auf die Knie und begann hemmungslos zu weinen. Verwirrung vermischte sich mit Angst und Hoffnungslosigkeit. Wieso geschah das alles nur? Warum konnte sie nicht einfach wieder nach Hause zurück? Tausende Fragen schossen ihr durch den Kopf, verzweifelt auf der nach Antworten. Nur langsam gewann Jazz die Fassung zurück. Sie verstand, dass sie eine Entscheidung treffen musste. Niemand würde kommen und sie retten. Wenn sie nach Hause wollte musste sie sich nach Kräften selbst darum bemühen, sich einen Plan überlegen und entscheiden, wie es weiter gehen sollte. Weg von Meynhardt, war der erste und

bedeutendste Punkt auf der Liste. Nichts war wichtiger, als sich dem Einfluss dieses Monstrums so schnell wie nur irgend möglich zu entziehen. Jazz blickte zum Dorf hinunter. Meynhardts Anwesen befand sich auf einer Anhöhe, so dass sie, auch dank des vollen Mondes, einen recht gut Ausblick auf den tiefer gelegenen Ort hatte. Er lag still in der Dunkelheit, direkt in der Nähe eines großen Sees. Jazz konnte einen kleinen Hafen entdecken. Gut zweihundert Meter davon entfernt, ziemlich genau in der Mitte der Siedlung, befand sich ein Marktplatz. Etwas weiter außerhalb, abgelegen und direkt am Rande des Waldes, stand

einsam eine kleine Kapelle. Trotzig wischte sich Jazz die Tränen aus den Augen. Dann erhob sie sich und ging entschlossen den schmalen Pfad zum Dorf hinunter. Irgendwo musste doch jemand sein, der ihr helfen konnte. * Als Jazz nach kurzer Wanderung den Rand der Siedlung erreichte, fühlte sie sich um Jahrhunderte in der Zeit zurückversetzt. Sie hatte die stille Hoffnung gehegt trotz der fortgeschrittenen Zeit auf etwas Leben zu treffen, auf ein paar freundliche Menschen, die ihr helfen würden oder

wenigstens die ein oder andere Antwort parat hielten. Anstelle eines lebhaft bewohnten Dorfes aber, war sie nur von Einsamkeit und Stille umgeben. Der Ort wirkte alt, heruntergekommen und größtenteils verlassen. Die meisten Hütten lagen im Dunkeln und waren fest verschlossen. Ihre grob gezimmerten Türen und Fensterläden waren fest verriegelt und nur hier und da blitzte ein schwacher Lichtschein durch einen Spalt hindurch. Zaghaft durchquerte Jazz die still daliegende Ortschaft. Nie zuvor hatte sie derart archaische Bauwerke gesehen. Die kleinen Häuser der Gemeinde waren ausnahmslos aus Holz, Lehm und Stroh erbaut. Ihre niedrigen

Dächer reichten fast bis zum Boden hinab und waren meist nur mir Grasnaben und Erde bedeckt. Der überall nagende Zahn der Zeit hatte deutliche Spuren an den Gebäuden hinterlassen, was den Menschen hier jedoch vollkommen gleichgültig zu sein schien. Jazz verstand nicht, warum man sein Zuhause, immerhin der Ort in dem man den größten Teil seines Lebens verbrachte, derart verkommen lassen konnte. *Egal, was geht es mich an?* Welches Recht hatte sie über die hier lebenden Menschen zu urteilen? Sie würden schon ihre Gründe haben. Viel wichtiger war doch, dass sie endlich auf

jemanden traf mit dem sie sprechen konnte. Hier war nur niemand. Sollte sie vielleicht einfach irgendwo anklopfen und darauf hoffen das ihr geöffnet wurde? So recht konnte sich Janyce nicht überwinden. Ein aus dem Schlaf gerissener Dorfbewohner war sicher alles andere als freundlich oder hilfsbereit. Wie spät es wohl war? Dem Stand des hell erleuchteten Mondes nach, musste es tief in der Nacht sein. Kein Wunder, dass um diese Zeit niemand mehr auf der Straße war. Warum aber hatte sie der Doktor dann nach draußen geschickt? Hatte er sie einfach nur loswerden wollen? Ehe Jazz dem Gedanken weiter

nachgehen konnte, entdeckte sie plötzlich einen alten Mann, der Pfeife rauchend aus einem kleinen Stall getreten kam. Als er aufsah und Janyce entdeckte, erstarrte er in der Bewegung. Mit einem Blick, der sich irgendwo zwischen Verblüffung und Abscheu bewegte, sah er ihr sie an. „Guten Abend der Herr!“, wandte sich Jazz an ihn und trat vorsichtig auf den Mann zu. Sie hob den unverletzten Arm zu einer beschwichtigenden und, so hoffte sie, deutlich friedfertigen Geste. „Entschuldigung! Ich hoffe, ich störe nicht. Wissen Sie ob es hier so etwas wie ein Gasthaus gibt? Oder eine Tankstelle? Irgendein Ort der nachts

geöffnet hat und von dem aus ich kurz telefonieren könnte?“ Der Mann knurrte ungehalten, antwortete aber nicht. Seinen Blick hielt er starr auf Jazz geheftet, was diese als äußerst unangenehm empfand. „Ich will Sie wirklich nicht stören, glauben Sie mir. Sie sind misstrauisch weil ich fremd bin, vollkommen verständlich für diese Uhrzeit. Ich verstehe das! Trotzdem möchte ich Sie bitten, mir zu helfen. Ich will echt keinen Ärger machen, sagen Sie mir einfach wohin ich gehen kann und schon bin ich wieder verschwunden!“ Wieder entrang sich dem Mann nur ein unwilliges Grunzen. Der Alte zog an

seiner Pfeife, zögerte einige Augenblicke, dann spuckte er angewidert aus und ging wortlos davon. Jazz ließ er vollkommen perplex hinter sich zurück. Wut kochte in ihr hoch. Überschäumender Zorn, der ihr fast den Atem raubte. Was fiel dem denn ein? Am liebsten hätte sie den Alten gepackt, ihn angeschrien, geohrfeigt oder geschüttelt. Konnte es denn so schwer sein sich zu einer kurzen Antwort hinzureißen zu lassen? So ein Mistkerl! „Dann eben nicht… du blödes Arschloch!“, schrie sie dem Alten hinterher. Um ihren Worten zusätzlichen Nachdruck zu verleihen, trat sie fest gegen den klapprigen Zaun der das

Grundstück des Mannes umschloss. Ein ausgestreckter Mittelfinger rundete ihren Protest ab. Der Alte ließ sich davon nicht beeindrucken. Ohne sich noch einmal umzusehen, verschwand er im Inneren seines Hauses. Lautstark schloss er die Tür, dann fiel ein Riegel ins Schloss. Schimpfend und noch immer außer sich vor Wut nahm Jazz ihren Weg wieder auf und ging weiter ins Dorf hinein. In ihrem Zorn achtete sie nicht auf den Weg und wurde erst aufmerksam, als sie einen kleinen Marktplatz erreicht hatte. Die freie Fläche, in deren Mitte sich ein kleiner Brunnen befand, war von mehreren Geschäftshäusern umringt, die

allesamt größer und besser erhalten waren, als die heruntergekommenen Hütten des restlichen Dorfes. Auch eine Wirtsstube befand sich darunter. Sie schien sogar geöffnet zu sein, denn helles Licht drang einladend durch die reich verzierten Bleiglasfenster hindurch nach draußen. Das war genau der Ort nachdem Jazz gesucht hatte. Hoffnungsvoll öffnete sie die Tür der Gaststätte und trat ein. Typischer Kneipengeruch schlug ihr entgegen, als sie schüchtern auf den breiten Tresen zusteuerte. „Guten Abend, die Herren!“ Sie zählte fünf Gäste, dazu den Wirt und eine sichtlich verblüffte Kellnerin. Jedem von

ihnen schenkte Janyce einen freundlichen Blick bevor sie sich endgültig an den Hausherren wandte. „Ich hoffe, ich störe Sie nicht. Ist es möglich, dass ich kurz telefoniere?“ Der Gastwirt schien erst nicht zu verstehen, dann aber grinste er abfällig. Mit dem Kopf wies er in eine dunkle Nische in der sich tatsächlich ein klobiger Münzfernsprecher befand. „Ich möchte nicht unverschämt klingen, aber hätten Sie vielleicht ein paar Münzen für mich?“, Jazz spürte die Blicke der Anwesenden auf sich und wurde immer nervöser. „Ich bin vollkommen abgebrannt, aber sie bekommen Ihr Geld wieder, ich

verspreche es. Sobald mein Freund kommt und mich abholt, gebe ich Ihnen jeden einzelnen Cent zurück. Samt fettem Trinkgeld natürlich.“ Der Wirt lachte laut auf. Seine Stimme klang dunkel und melodiös, war jedoch bar jeden Humors. Er verstummte so plötzlich wie er begonnen hatte und schüttelte verneinend den Kopf. Dann stellte er ein Schnapsglas auf die Theke und füllte es mit einer durchsichtigen Flüssigkeit. Langsam schob er es zu Jazz hinüber. In seinen Augen spiegelte sich unverhohlene Ablehnung wieder. „Mehr gibt es hier nicht für dich!“, brummte er. „Trink das! Und dann verschwinde von

hier!“ Das war zu viel. Jazz hatte endgültig genug. Ihre eh schon stark überreizten Nerven zerrissen gleich bündelweise. „Du mieses…!“ Zornig schnappte sie sich das frisch gefüllte Glas und wollte gerade damit ausholen, als jemand ihr Handgelenk ergriff. Es war ein junger, freundlich wirkender Mann mit kurz geschnittenem Haar. Sein schwarzer, mit einem weißen Stehkragen verzierter Talar wies ihn zweifelsfrei als Priester aus. Jazz hatte keine Ahnung welcher Konfession er angehören könnte, aber dass er ein Mann des Glaubens war, erkannte sogar sie. Der Geistliche besah sie mit einem eindringlichen Blick, dann

wandte er sich an den Gastwirt. „Lass gut sein, Johann. Ich kümmere mich um unseren Neuankömmling.“ Jazz protestierte. Nach allem was sie bisher hatte durchmachen müssen, wollte sie jetzt nicht schon wieder klein beigeben. „Scheiße, hier ist überhaupt nichts gut. Ich hab echt genug davon, mich von jedem dahergelaufenen Spinner blöd anquatschen zu lassen.“ „Bitte beruhigen Sie sich!“, sagte der Gottesmann. „Er hat es nicht böse gemeint. Warum setzen Sie sich nicht einfach einen Moment zu mir? Ich lade Sie ein, wie klingt das? Wir können gemeinsam essen und trinken und ich werde Ihnen währenddessen alles

erklären, was Sie wissen müssen.“ „Wie bitte? Ich…!“ Nur widerstrebend gab Jazz nach, nickte dann aber zustimmend mit dem Kopf. Ein offener Streit wäre zwar befriedigend, würde ihr aber letztlich nicht weiterhelfen. Im Gegenteil. Sie benötigte dringend ein paar Antworten und die würde sie kaum bekommen, wenn sie sich zu einer offenen Konfrontation mit dem Gastwirt hinreißen ließ. Der Priester hingegen schien hilfsbereit. „Na gut!“ Jazz knallte das Glas wieder auf den Tresen und deutet mit dem Finger auf den Wirt. „Wir sprechen uns noch!“, fauchte sie. Dann wandte sie sich ab und suchte sich einen freien

Tisch in einer abgelegenen Ecke der Wirtsstube. Der Geistliche sprach noch einige flüsternde Worte mit dem Wirt, dann folgte er ihr nach und setzte sich dazu. „Das Telefon funktioniert nicht.“, sagte er. „Es ist nicht einmal angeschlossen und steht hier nur zur Dekoration.“ „Dann sagen Sie mir doch bitte, wo ich einen funktionierenden Apparat finden kann. Mein Freund weiß nicht dass ich hier bin. Er macht sich bestimmt schon Sorgen.“ Der Geistliche lächelte verständnisvoll. „Wenn Sie sich selbst gegenüber ehrlich sind, dann wissen Sie längst, dass Sie Ihren Freund nicht mehr so ohne weiteres

erreichen werden, nicht wahr? Wie wäre es, wenn wir uns erst einmal vorstellen? Das beruhigt die Gemüter und vereinfacht die Unterhaltung. Ich bin Vater Jeremiah.“ „Freut mich sehr. Mein Name ist Janyce Nouvel, die meisten nennen mich aber einfach Jazz. Doktor Meynhardt hat mich hergeschickt. Ich sollte ins Dorf zu gehen und mich mit allem vertraut machen. Was jedoch nicht so einfach war, denn alles auf das ich bisher angetroffen bin, war offene Ablehnung. Dabei geht von mir nicht die geringste Gefahr aus. Sehen Sie meinen Verband? Ich war im Wald und wurde angegriffen. Meynhardt…, man hat mich zu ihm

gebracht…“ Die Erinnerung an das was geschehen war ließ Jazz verstummen. „Ich weiß! Ihre Ankunft, und auch alles andere was Sie betrifft, hat sich schnell herumgesprochen. Der Ort ist klein und wir bekommen nur selten Besuch.“ „Bitte sagen Sie mir die Wahrheit, Jeremiah. Wie bin ich hierher geraten und wo befinden ich mich?“, wollte Jazz wissen. Nur diese eine Frage beschäftigte sie, alles andere war ihr im Moment egal. „Einen Ort wie diesen habe ich noch nie zuvor gesehen.“ „Die Frage kann ich Ihnen leider nicht zufriedenstellend beantworten. Alles was ich Ihnen sagen kann ist, dass wir hier vollkommen abgeschnitten von der

Außenwelt leben. Der Wald, der das Dorf umschließt ist endlos und wie gefährlich seine Durchquerung ist, muss ich Ihnen sicher nicht sagen.“ Jazz schüttelte den Kopf. „Aber es muss doch Straßen geben? Jedes noch so kleine Dreckskaff ist doch auf irgendeine Weise mit dem Rest der Welt verbunden. Ohne geht’s doch gar nicht!“ „Nein, tut mir leid!“, der Priester schüttelte traurig den Kopf. „Aber ich habe doch einen Weg gesehen, im Wald, bevor ich angegriffen wurde.“ „Es gibt einige kurze Pfade, ja! Aber die Enden alle nach wenigen Kilometern. Niemand betritt sie jemals allein. Wir gehen stets nur gruppenweise in den

Wald um nach Essbarem zu suchen oder anderen… nützlichen Dingen. Die Pfade dienen uns dabei zur Orientierung und besseren Fluchtmöglichkeit. Das ist alles. Die einzige wirkliche Verbindung zur Außenwelt besteht in einer Fähre. Sie liegt unterhalb des Dorfes an einem großen See.“ „Eine Fähre? Wohin führt sie?“ „In die Ruinenstadt Kabaale. Aber auch diesen Weg können Sie nicht nehmen. Der See ist schon seit Jahren vollkommen verseucht. Sie würden die Fahrt nicht überstehen.“ „Kabaale? Von so einer Stadt habe ich noch nie gehört?“, unterbrach Jazz den Geistlichen. „Wo zur Hölle bin ich

hier?“ „Vielleicht ja genau dort? In der Hölle? Wer weiß das schon?“ Jeremiah lächelte humorlos. „Eine Antwort ist da so gut wie die andere. Wissen Sie Jazz, niemand in diesem Dorf gehört wirklich hierher. Auch wir sind irgendwann einmal einfach hier aufgetaucht. Vermutlich auf genau die gleiche Weise wie es bei Ihnen geschehen ist. Gnadenlos aus unseren Leben und unserer Heimat gerissen und abgelegt in dieser fremden und vollkommen widernatürlichen Welt. Niemand hier kennt eine Antwort auf all die sich stellenden Fragen, weil es keine Antworten gibt. Die einzige Gewissheit,

die uns allen zu Eigen ist, besagt, dass nichts in dieser Welt zu stimmen scheint. So leben wir nun hier, unter einem Himmel der weder Sonne noch Sterne kennt. Keine Tage, Wochen oder Jahreszeiten, nur die ewige Nacht. Allein der Mond erhellt die Dunkelheit um uns herum und spendet uns mit seinem silbrigen Schein eine vage Erinnerung an das, was wir vor so langer Zeit verloren haben.“ Jeremiah sah Janyce in die Augen, deutliche Trauer lag in seinem Blick. „Ich kann Ihnen nicht sagen wo sie sind oder warum man sie hierher gebracht hat, Jazz. Alles was ich weiß ist, dass es kein Zurück mehr gibt. Es tut mir leid,

dass ich keine besseren Nachrichten für Sie habe, aber es gibt kein Entkommen. Sie werden den Rest Ihres Daseins in diesem Dorf und an der Seite des Doktors verbringen, so hat er es entschieden. Je früher Sie sich mit dieser Tatsache abfinden, desto besser ist es für uns alle.“ „Was? NIEMALS!“, schrie Jazz und sprang entsetzt auf. Sie riss dabei den Tisch um, der lautstark zur Seite kippte. Gläser, Flaschen und Geschirr verteilten sich über dem Boden. Eintopf spritzte und ließ die Bedienung erschrocken zur Seite springen. Jazz war es egal. Ohne Notiz davon zu nehmen stürmte sie blindlings durch die Gaststätte hindurch,

hinaus auf die Straße. Da sie nicht wusste wohin, rannte sie einfach die nächstbeste Gasse entlang. Der Gedanke auf ewig an diesem schrecklichen Ort gefangen zu sein, erfüllte sie mit Panik. War sie Meynhardt tatsächlich auf Gedeih und Verderb ausgeliefert? Hatte er sie deshalb hinaus ins Dorf geschickt? Damit sie verstand, dass es keine Rettung gab? *NEIN!* Das durfte nicht sein! Wenn sie hergekommen war, egal auf welche Weise das auch geschehen sein mochte, dann musste es auch einen Weg zurück geben…? *Und wenn nicht?*, flüsterte eine gehässige Stimme weit hinten in ihrem Kopf und kicherte böse. *Dann

bleibst du für immer hier und wirst Meynhardts Mätresse!* Jazz spürte wie ihr das Herz bis zum Hals schlug und ihr erneut die Tränen in die Augen schossen. Sie rannte, als könne sie auf diese Weise dem Schmerz in ihrem Herzen entkommen. Plötzlich stieg ihr ein grauenhafter Geruch in die Nase. Ein süßlicher Verwesungsgestank der so eindringlich war, dass er ihr fast die Sinne raubte. Vollkommen außer Atem blieb sie stehen, so lange und weit war sie schon seit Jahren nicht mehr gerannt. *Was ist das jetzt wieder?* Jazz war vollkommen aus der Puste. Japsend krümmte sie sich nach vorne und

versuchte so normal wie nur irgend möglich zu atmen. Ihre Lunge brannte und schrie nach Sauerstoff, aber der Ekel vor dem Gestank um sie herum war so stark, dass sich Jazz einfach nicht zu tiefen Atemzügen überwinden konnte. In ihrer Not zog sie den Kragen ihres Pullovers hoch und presste den Stoff fest gegen Mund und Nase. Das half nicht viel, war im Moment aber alles was sie tun konnte. Mühsam gegen die nicht nachlassen wollende Übelkeit ankämpfend, blickte sie auf und sah entsetzliches. Vor ihr stand eine Gruppe halb verrotteter Leichname. Still standen die toten Körper. Unbewegt, reglos und fein säuberlich in Reih und

Glied aufgestellt. Sie trugen fleckige Kleidung aus rauem Leinen. Der schmutzige Stoff hing schlaff an ihnen herab und war lieblos vernäht. Über den Kopf jeder einzelnen Leiche hatte jemand eine Art Sack gestülpt. Der Stoff der unheimlichen Haube war mit zwei hölzernen Knöpfen verziert, die wohl so etwas wie Augen darstellen sollten. Darunter befand sich ein mit groben Kreuzstichen genähter Mund aus dickem Garn. Anscheinend wollte man den Toten auf diese Weise ihr schreckliches Äußeres nehmen, ihnen trotzdem aber, wenn auch auf sehr perfide Art und Weise, ihr menschliches Antlitz bewahren. Vorsichtig und nach wie vor

von Wellen aus Entsetzen und Ekel geschüttelt, näherte sich Janyce den stummen Wächtern. Sechszehn zählte sie. „Das ist unser einziges Handelsgut!“, erklang eine Stimme hinter ihr. Sie gehörte Jeremiah, der Jazz nachgelaufen war und sie endlich eingeholt hatte. „Wir suchen im Wald nicht nach Essbarem, sondern nach menschlichen Überresten. Was wir finden, bringen wir zu Meynhardt. Er macht aus ihnen… Nun, du siehst es ja dort vor dir.“ „Ihr stopft Tote aus? Was soll das denn bringen?“, keuchte Jazz. Das Denken fiel ihr schwer, denn so sehr sie sich auch bemühte, sie konnte sich einfach

nicht an den Gestank gewöhnen. „Moment, ihr ermordet Menschen?“ „Nein, natürlich nicht! Lass es mich bitte erklären. Wie ich bereits sagte, bist nicht die einzige die hier gestrandet ist. So etwas geschieht sogar recht häufig. In beinahe allen Fällen haben wir es allerdings mit bereits Verstorbenen zu tun. Das jemand lebendig zu uns gelangt, so wie es bei dir war zum Beispiel, ist äußerst selten und ungewöhnlich. Deshalb auch das ablehnende Verhalten der Dorfbewohner. Sie halten deine Ankunft für ein schlechtes Omen. Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft, weißt du, mit festen Regeln und klar geregelten

Strukturen. Deine Anwesenheit stellt eine Störung des Gleichgewichts dar und das macht ihnen Angst.“ Jeremiah hatte die Höflichkeitsform gewechselt und war zum persönlicheren Du übergangen, was von Jazz ohne Zögern übernommen wurde. Sie schien sich in dieser neuen Form der Anrede wesentlich wohler zu fühlen, was der Geistliche als kleinen aber notwendigen Erfolg für sich verbuchte. Trotz der vielen schlechten Neuigkeiten die er zu berichten hatte, wollte er ihr eine Basis gegenseitigen Vertrauens schaffen. „Wir suchen im Wald nach toten Körpern und sofern uns die Ghule nicht zuvorgekommen sind, bringen wir diese dann zu Meynhardt. Er

richtet sie her und konserviert sie. Sobald er fertig ist, stellen wie die Leichname hier ab. Eine nach der anderen. Sobald der Trupp groß genug ist, wird er mit der Fähre hinüber nach Kabaale geschickt. Niemand weiß wozu. Aber es interessiert uns auch nicht. Als Ausgleich für unsere Dienste erhalten wir Lebensmittel, Werkzeuge und Schutz. Alles, was wir zum Überleben brauchen. Das Geschäft ist gut und wir stellen keine Fragen!“ Jeremiah kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „All das wirkt nicht besonders ehrenvoll, das ist mir durchaus bewusst. Aber es hält uns am Leben.“ „Wer bitte, handelt denn mit präparierten

Leichen?“ Jazz konnte es kaum glauben. „Wie krank ist das denn?“ „Die Janusschwestern.“ „Und wer ist das wieder?“ „Das weiß niemand. Ich sagte ja schon, dass der See nicht überquert werden kann. Doktor Meynhardt ist der einzige dem das jemals gelungen ist. Er dachte, er hätte sich perfekt vorbereitet und doch hätte es ihm am Ende fast das Leben gekostet.“ *Leider nur fast!*, dachte Jazz im Stillen bei sich, sprach den Gedanken jedoch nicht aus. Sie wusste, dass sie ihrem Retter eigentlich dankbar sein sollte. Ein solches Gefühl wollte sich aber nicht einstellen. Alles was sie für

den Arzt empfand, war tiefe Abscheu. Gegen ihn und alles was ihn ausmachte. Jeremiah ahnte nichts von Janyce Gedankengängen und fuhr unbeirrt mit seinen Erklärungen fort. „Als Meynhardt zurückgekehrt war und sich wieder etwas erholt hatte, berichtete er uns von den Janusschwestern und dem Geschäft das er mit ihnen ausgehandelt hatte. Anfangs hatten viele von uns Bedenken, ich ganz besonders, aber letztlich hat sich der Handel bewährt und vieles zum Besseren gewandt.“ Jazz konnte den Gestank nicht länger ertragen. Sie kehrte dem grauenhaften Anblick vor sich den Rücken zu und zog sich zurück. Erst als die Luft wieder

halbwegs erträglich war, hielt sie an. „Wie erträgst du das bloß?“ Jeremiah war ihr gefolgt und hielt ihr einen versilberten Flachmann hin. „Hiermit! Trink einen Schluck! Nichts hilft besser gegen den Geruch der Toten als Johanns selbstgebrannter Wacholderschnaps. Aber Vorsicht, das Zeug hat es echt in sich.“ Jazz nahm das Angebot an. Sie konnte einen Drink gut gebrauchen und trank gleich ein paar Schlucke mehr. Der Alkohol brannte wie Feuer in ihrer Kehle aber das war ihr egal. Wenn sie betrunken war, konnte sie den ganzen Scheiß vielleicht etwas besser ertragen. „Du hast einen beachtlichen Zug!“, der

Geistliche nickte anerkennend und lächelte. „Übertreib es aber bitte nicht. Meine Warnung war durchaus ernst gemeint.“ „Keine Sorge, ich kann schon was vertragen!“ Die mahnenden Worte Doktor Meynhardts kamen Jazz in den Sinn. Er hatte sie davor gewarnt sich erneut dem Genuss von Drogen hinzugeben. Aber Alkohol war doch irgendwie keine richtige Droge und bei allem was sie in der letzten Zeit hatte ertragen müssen, hatte sie sich einen kleinen Rausch redlich verdient. Sie setzte erneut an und kippte den Rest hinunter, dann erst gab sie dem Geistlichen die Flasche zurück. Dieser

kratzte sich am Hinterkopf. „Das hätte einen Ochsen umgehauen. Mir scheint du hast eine recht bewegte Vergangenheit?“ „Du hast ja keine Ahnung!“, erwiderte Jazz, musste dem Priester jedoch zustimmen. Eigentlich hätte sie vollkommen betrunken sein müssen. Stattdessen war sie stocknüchtern und klar im Kopf. Fast so als hätte sie nur Wasser getrunken. „Bist du sicher, dass der Schnaps so gut ist, wie du sagst?“ Jeremiah nickte. „Sogar noch besser. Sogar Meynhardt schwört darauf. Für den persönlichen Gebrauch, aber auch zur Reinigung und Desinfektion von Wunden und Material. Wo wir gerade

davon sprechen, du solltest langsam zu ihm zurückkehren.“ „Noch nicht! Erst will ich mir den Hafen ansehen. Der Doc hat nicht gesagt wann ich zurück sein soll. Er wird sich also noch etwas gedulden müssen.“ Jazz spürte wie sehr es ihr widerstrebte, in das verfallene Gutshaus zurückzukehren. Aber hatte sie eine andere Wahl? Offensichtlich gab es weder die Möglichkeit nach Hause zurückzukehren, noch eine das Dorf zu verlassen. Sie war Meynhardts Gelüsten auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. „Soll ich dich begleiten?“, fragte Jeremia. „Nein danke, wenn du nichts dagegen

hast würde ich gerne einen Moment alleine sein. Ich muss nachdenken und mir darüber klar werden, wie ich mit all dem hier umgehen will.“ „In Ordnung, dass verstehe ich!“ Der Priester schenkte Jazz ein aufmunterndes Lächeln. „Versprich mir bitte, dass du dich vom Ufer fern hältst! Die Dämpfe dort sind tückisch und wirklich gefährlich!“ „Keine Sorge, ich werde auf mich Acht geben. Und danke für die Warnung, Jeremiah!“ Jazz hob die Hand zum Gruß und machte sich dann auf zum Hafen. Es war nicht besonders weit bis dahin. Ein paar Gassen musste sie durchqueren, dann stand sie auch schon am See. Er

schimmerte schwarz im Licht des Mondes und sah eigentlich ganz friedlich aus. Der anliegende Hafen passte zum restlichen Dorf. Er war alt und vermodert. „Ich muss mir nichts vormachen. Das hier ist der einzige Weg hinaus.“, sprach Jazz leise zu sich selbst. Ihr war klar, dass sie eine Flucht durch den Wald gar nicht erst versuchen brauchte. Sie würde sich verlaufen, ziellos umherirren und schließlich verhungern. Wenn sie nicht vorher von irgendeiner schrecklichen Bestie gefressen wurde. Nein, sie musste einen Blick auf die Fähre werfen, das war der einzige Weg hinaus. Als Jazz den Steg betrat, der hinaus zur

Fähre führte, spürte sie das plätschernde Wasser unter den Füßen. Und roch den See. Jeremiah hatte Recht, er war eindeutig verseucht. Es roch nach einer undefinierbaren Chemikalie. Ganz schwach nur, dafür aber mit direkten Auswirkungen auf Nase und Lunge. Es fühlte sich an, als würden sich Bestandteile aus der Luft direkt in ihrer Lunge ablagern und so das Atmen immer schwerer machen. Jazz bekam Angst! Schnell warf sie noch einen sehnsüchtigen Blick zum anderen Ufer hinüber, dann brach sie ihr Vorhaben ab und trat den Rückzug an. Nicht auszudenken, wenn sie erneut das Bewusstsein verlieren würde. Meynhardt,

diesem perversen Mistkerl, würde das bestimmt gefallen… Kaum hatte Jazz den Steg wieder verlassen und festen Boden unter den Füßen, fiel ihr das Atmen wieder leichter. Eigentlich hatte sich Jazz auf einen heftigen Hustenanfall eingestellt, aber der blieb zu ihrer Überraschung aus. Nicht einmal ein Schwindelgefühl blieb. Oder Übelkeit. Ihr Ausflug blieb völlig ohne Folgen. *Nichts?* Argwöhnisch blickte Jazz erneut zum See hinaus. Während ihrer leidvollen Karriere als Junkie hatte sie einiges an Chemikalien eingeworfen und nie war es Folgen geblieben. Der menschliche

Körper reagierte sehr empfindlich auf die Aufnahme ungewohnter Fremdstoffe. Bei den Dämpfen des Sees müsste es doch genauso sein? Janyce erinnerte sich an ihre allererste Zigarette. Sie war damals zwölf Jahre alt und hatte bereits nach den ersten beiden Zügen schrecklich Husten müssen. Ihr war schwindelig geworden und im Anschluss daran sogar richtig schlecht. Wieso war das hier anders? Hatte Jeremiah sie etwas angelogen? War der See überhaupt nicht so gefährlich wie er behauptete? Es gab nur einen Weg es herauszufinden. Mit bedächtigen Schritten trat Jazz erneut auf den Steg. Langsam ging sie voran. Sie zwang sich ganz normal zu

atmen und das schreckliche Kratzen in ihrem Hals so gut es eben ging zu ignorieren. Dabei achtete sie konzentriert auf die kleinsten Warnzeichen ihres Körpers. Doch es geschah immer noch nichts. Abgesehen von dem scharfen Geruch und einem äußerst unangenehmen Gefühl in der Lunge, schienen die Chemikalien sie in keinster Weise zu beeinträchtigen. Selbst als sie einige Meter zurückgelegt und die Fähre erreicht hatte, schien ihr das angebliche Gift noch immer nichts auszumachen. Erneut meldete sich eine boshafte Stimme in ihrem Hinterkopf. *Und wenn es schleichend kommt? Erzähl mir nicht, dass du so etwas


nicht schon einmal erlebt hättest. In der einen Sekunde denkst du noch, dass alles vollkommen in Ordnung ist und in der nächsten landest du bäuchlings auf den Planken. Und von dort aus direkt im Bett deines nekrophilen Hausarztes!* „Eher stürze ich mich in den See und ertrinke…“, die Entschlossenheit, die in dieser Aussage mitschwang ließ die aufmüpfige Stimme verstummen. Trotzdem beflügelte Jazz der Gedanke. Unter keinen Umständen würde sie zu Meynhardt zurückkehren. Die letzten Zweifel an ihrem Tun verschwanden und machten einem leichten Hochgefühl Platz. Die Fähre war der Weg raus aus

diesem Höllenloch. Bis zum anderen Ufer waren es gerade mal zwei oder drei Kilometer. Wie lange konnte eine Fähre dafür schon brauchen? Sie musste nur durchhalten. *Da geht es schon los! Irrationale Freude und der Verlust des logischen Denkens* Die gehässige Stimme aus dem Unterbewusstsein meldete sich erneut zu Wort. Boshafter diesmal und untermalt von einem hysterischen Lachen. „Nein!“, Jazz presste die unversehrte Hand gegen die Stirn und versuchte sich zu konzentrieren. Sie durfte jetzt nur nicht in Panik verfallen. Alles war gut! „Ok, beruhige dich!“, sagte sie zu sich

selbst. Ihre Stimme klang fremdartig, wahrscheinlich aufgrund der Chemikalie in ihrer Lunge, war aber sonst fest und gut zu verstehen. „Wie bedient man eine Fähre?“ Natürlich hatte Jazz nicht die leiseste Ahnung, trotzdem sah sie sich um. Irgendetwas musste es geben. Das Geräusch schwerer Schritte riss sie aus ihren Überlegungen. Erschrocken sah sie auf und blickte den Steg hinunter. Dort erblickte sie die Toten. Sechzehn vermummte Gestalten, die mit schweren ungelenken Schritten direkt auf sie zuhielten. Jazz war zu Tode erschrocken? Wieso bewegten sich diese Bastarde? Sie waren doch Tod?

Ausgestopft oder konserviert wie Jeremiah es genannt hatte. Tote liefen nicht durch die Gegend. Ein Schauer des Entsetzens lief durch Janyce Körper. Waren die Toten gekommen um sie zu holen? Hatte Meynhardt von ihrem Fluchtversuch erfahren? Ein leises Wimmern entrang sich ihrer Kehle. Sie musste etwas tun. Nur was? Ins Wasser zu springen kam nicht in Frage, Jazz fürchtete sich zu sehr vor der giftigen Chemikalie. Das Zeug einzuatmen war eine Sache, es zu schlucken und überall auf der Haut zu haben, eine ganz andere. Der erste Leichnam hatte die Fähre fast erreicht. Warum bewegten sich die Dinger so schnell? Jazz war derart in

Panik, dass sie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Ihr Blick fiel auf ein Stück Segeltuch. Es lag am Boden und sollte wohl einige zusammengerollte Stricke vor der Feuchtigkeit des Sees schützen. Wie panisch stürzte Janyce dorthin und krabbelte unter den schweren Stoff. Am ganzen Leibe zitternd aber sonst vollkommen starr vor Angst blieb sie liegen. Zum ersten Mal seit ihrer Kindheit begann sie zu beten. Still flehte sie zu Gott, dass er ihr in dieser Sekunde der Not beistehen möge. Jazz presste die Augen zusammen und wagte kaum zu atmen. So daliegend, den nahenden Tod

vor Augen bemerkte sie nicht wie ihr kleine rote Rinnsale aus Nase und Mundwinkel rannen…

0

Hörbuch

Über den Autor

Alcatras
Was soll man über sich selbst erzählen?
Ich schreibe sehr gerne und sehr viel. Meist Texte und Kurzgeschichten aus dem Horror, Fantasy oder Thriller-Bereich.

Leser-Statistik
19

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Gillegan Ich verneige mich vor deiner skurrilen Phantasie und dem Geschick es einzig mit Worten in unseren Köpfen zum Leben zu erwecken. Schaurig schön, wie man so schön sagt.

LG Christian
Vor langer Zeit - Antworten
Alcatras Vielen, vielen Dank! Deine Worte freuen mich aufrichtig! :-)
Vor langer Zeit - Antworten
AnniSorglos Das Warten auf Teil 3 hat sich definitiv gelohnt!
Aber du kannst uns Leser doch nicht immer so gemein hängen lassen!! :)
Schreib schnell weiter!
LG
Vor langer Zeit - Antworten
Patpumukl Sehr gut geschrieben!
Ich muss mir auf jeden Fall Teil 1 und zwei auch noch durchlesen!
Bin gespannt wies weiter geht mit der armen.

Lg Patpumukl
Vor langer Zeit - Antworten
Alcatras Vielen Dank für den netten Kommentar. Es freut mich sehr, dass dir die Geschichte gefallen hat und noch besser wäre es natürlich, wenn dir das Lesen der ersten beiden Teile ebenfalls Spaß macht! :-) Vielen Dank auch für die Coins!!!
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
5
0
Senden

127684
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung