Titel
Sie blinzelte benommen. Ihre Augen waren schwer und seltsam taub. Nur mit Mühe schaffte sie es sie zu öffnen. Doch sehen konnte sie nichts. Es war dunkel. So entsetzlich dunkel. Nichts als pechschwarze Finsternis umgab sie. Sie hoffte ihre Augen würden sich an die Dunkelheit gewönnen. Wenn sie wenigstens Umrisse hätte erkennen können, dann hätte sie vielleicht erraten können wo sie war. Sie rieb sich die Augen. Versuchte verzweifelt irgendetwas zu erkennen. Doch nichts veränderte sich. Die Dunkelheit blieb die Gleiche. Das war doch nicht normal!
Neben der undurchdringlichen Schwärze, war da noch etwas was sie irritierte. Aber was es war konnte sie beim besten willen nicht sagen. Irgendetwas stimmte nicht. Irgendetwas war falsch ...oder fehlte. Was war denn nur los? Wo war sie? Und was war passiert? Sie richtete sich ein wenig auf und blickte sich um. Nichts... Da fiel es ihr auf: es war absolut still. Viel zu still. Das war es was sie irritierte. Sie konnte nichts hören. Nicht das kleinste Geräusch. Nur die dumpfen Schläge ihres eigenen Herzens drang laut und polternd an ihr Ohr. Das konnte doch gar nicht sein. Normal konnte man doch immer etwas hören und wenn es auch nur das entfernte
Bellen eines Hundes oder das leise Stimmengewirr von Vögeln war. ..Aber da war nichts. Wieso konnte sie nichts hören? Vielleicht war sie taub. Taub und noch dazu blind. Das wäre doch eine logische Erklärung. Andererseits wieso sollte sie? Ihr fiel spontan kein Grund ein wieso sie plötzlich taub und blind sein sollte ...und außerdem hörte sie ihren Herzschlag und das leise Rascheln ihrer Kleider wenn sie sich bewegte. Nein taub konnte sie nicht sein. Aber wo um Himmelswillen war sie? Wie war sie hier hergekommen und was war passiert?
Ihre Hände tasteten zaghaft den unebenen Boden ab. Mit ihren Fingerkuppen fühlte sie feuchte Erde.
Vorsichtig suchte sie denn Boden ab. Es musste doch irgendwelche Anhaltspunkte geben, welche ihr verrieten wo sie war. Unter ihren Fingern raschelte und knisterte es. Etwas fühlte sich rau, rissig und porös an. Was war das? Sie griff danach. Fühlte es in den Händen und versuchte mit ihnen zu sehen. War das Laub? Sie ließ es durch ihre Finger gleiten, sodass es leise zu Boden rieselte. Es war Laub. War es ein Waldboden auf dem sie hier lag? Es fühlte sich so an. Doch das konnte nicht sein. Selbst in der tiefsten und dunkelsten Nacht würde doch etwas Mondlicht durch die Baumkronen fallen. Eine solche Dunkelheit wäre nicht
möglich...
Egal es würde ihr auch nichts bringen wenn sie hier tatenlos herumsitzen würde. Kurzentschlossen versuchte sie aufzustehen, doch ihre Muskeln waren steif und ihr ganzer Körper tat weh. Als sie sich mühsam aufrichtete, fuhr ihr ein scharfer Schmerz durch die Brust. Keuchend sackte sie in sich zusammen und presste sich die Hände an ihr Herz. Sie spürte ihr Blut in ihren Adern pulsieren. Ihr wurde übel und sie bekam das Gefühl als würde sich alles um sie herum drehen. Als würde man ihr den Boden unter den Füßen weg ziehen. „Bleib ruhig“ ermahnte sie sich. „Jetzt nur nicht den Kopf verlieren. Du musst
hier erstmal weg.“ flüsterte sie heiser und ihre eigene Stimme hallte in ihrem Kopf wider. Taumelnd ging sie einige Schritte, doch sie strauchelte, stolperte und konnte ihr Gleichgewicht nicht halten. Sie stürzte nieder. Mit ihren Händen federte sie ihren Fall ab. Stöhnend rieb sie sich mit ihren Handrücken über die Augen. Wenn sie doch nur etwas sehen könnte! Da fiel ihr auf, dass ihre Hände feucht waren. War das eben schon? Nein. Sie musste in etwas Nasses gegriffen haben. Es war irgendwie dickflüssig und klebrig. Sie rieb sich die Hände, doch was immer es war es wollte nicht wirklich abgehen. ...Und dann roch sie es! Es roch süßlich
metallisch. Irgendwie nach rostigen Metall und Salz. ...der unverkennbare Geruch von Blut. Mit dieser Erkenntnis kam die Panik. Auch wenn sie bisher versucht hatte ruhig zu bleiben, so war es nun unmöglich. Die Panik überfiel sie wie ein wildes Tier und schüttelte sie. Es fehlte ihr die Kraft sich länger zu beherrschen. Kraftlos übermannte die Übelkeit sie und sie erbrach sich neben sich im Gras. Die Tränen kullerten über ihr Gesicht und hinterließen einen salzigen Geschmack auf ihren Lippen. Ein markerschütternder Schrei erfüllte die Dunkelheit und ihr wurde bewusst, dass es ihr eigener war...