Verliebt, verlobt, verheiratet ... so unspektakulär sollte zunächst auch das Leben von Eva und Henry verlaufen!
Doch Henry litt neuerdings vermehrt unter Kopfschmerzen, und er fühlte sich häufig so kraftlos. Da die jährliche Routineuntersuchung sowieso gerade fällig war, suchte er seinen Arzt auf ...
Die darauf folgende Diagnose sollte jedoch das Leben des Paares von jetzt auf gleich total verändern!
In der letzten Zeit stritten die beiden nahezu täglich. Die Fetzen flogen, und es
brodelte häufig bereits beim Frühstück. Daher schlug Henry an jenem Morgen eine Auszeit vor. Denn er wollte Eva auf keinen Fall mit dieser schrecklichen Diagnose belasten. Sie sollte seinen Leidensweg nicht mitbekommen. Dazu liebte er sie einfach zu sehr. Daher packte er wahllos ein paar Sachen ein und gab Eva, kurz und schmerzlos, einen Abschieds-kuss. "Bis bald mein Schatz, ich melde mich ..." waren seine letzten Worte. Noch bevor Eva dem etwas entgegnen konnte, zog er die Haustür hinter sich zu.
Ihre warme Kaffeetasse mit ihren zitternden Händen umklammernd, sass
Eva noch verheult am Küchentisch, als das Telefon klingelte. Mit "Eva Ritter" nahm sie schluchzend das Gespräch entgegen. "Praxis Dr. Fischer, guten Morgen Frau Ritter, wie geht es Ihnen ... und ist Ihr Gatte auch kurz zu sprechen?" hörte sie am anderen Ende der Leitung. Der Blick aus dem Küchen-fenster verriet Eva, dass Henry bereits mit dem Auto unterwegs sein mußte. Wohin - wusste sie nicht, daher entgegnete sie: "Mir geht es heute den Umständen ent-sprechend, doch mein Mann ist leider gerade nicht zugegen. Darf ich ihm etwas ausrichten?" Die freundliche Sprechstundenhilfe bat Eva, dass Henry sich wegen eines gemeinsamen Termins
so schnell wie möglich dort melden möge, es sei sehr dringend ... dann legte sie auf!
Etwas zögernd und nachdenklich wählte Eva Henry's Handynummer. Da er sich nicht meldete, sprach sie ihm, mit der Bitte um Rückruf, auf die Mail-Box.
"Was hatte das nur zu bedeuten?" dachte Eva, "Henry erwähnte doch in letzter Zeit mit keinem Wort eine ärztliche Untersuchung, vielleicht lag es ja am Streit. Sie hatten sich kaum noch etwas zu sagen und waren mit so vielen unwichtigen Dingen beschäftigt!"
Das alles ging ihr gerade durch den pochenden Kopf, und sie lief, in
Gedanken versunken, die Treppe hinauf, öffnete die Schlafzimmertür und erblickte auf dem Bett einen großen grünen Umschlag, auf dem die Aufschrift "Praxis Dr. Fischer" zu lesen war. Sie öffnete diesen vorsichtig und entnahm ihm die darin befindlichen Röntgenaufnahmen. Immer wieder hielt sie die Bilder abwechselnd ans Fenster. Was sie zu sehen bekam, verschlug ihr förmlich den Atem. Ein rot umrandeter, inoperabler Gehirntumor war darauf abgebildet! Die Aufnahmen glitten ihr aus den zitternden Händen ...
Eva ließ sich fassungslos auf's Bett fallen, starrte an die Decke und brach
erneut in Tränen aus. Sie fiel in eine tiefe Trance, aus der sie erschrak, als das Telefon klingelte, das sie neben sich abgelegt hatte. Benommen nahm sie das Gespräch entgegen. "Eva Ritter, hallo?"
Es meldete sich Henry. "Hallo mein Schatz, es gibt gute Neuigkeiten! Ich habe gerade bei Dr. Fischer angerufen. Stell' Dir nur vor, man entschuldigte sich und sagte mir, daß man die Patientendaten vertauscht habe. Wir sollen daher morgen früh beide zu einem Gespräch erscheinen ..."
Knapp eine Stunde später schloss Henry seine geliebte Eva in die Arme. "Ich bin
so froh und total erleichtert mein Schatz. Doch was eine solche Verwechslung anzurichten vermag ... da bin ich doch wirklich 'mal sehr gespannt, was man uns morgen dazu sagen wird!"
Henry ahnte nicht, dass die tödliche Diagnose tatsächlich für Eva bestimmt war ...
Nachwort:
Da ich nicht pietätlos erscheinen möchte, habe ich meinen ursprünglich beabsichtigten Text revidiert. Dieser wies - nach reiflicher Überlegung - in der Tat zu viele Parallelen zum aktuellen Flugzeugabsturz auf.
Ich bitte daher inständig um Entschuldigung und um Verständnis dafür, was die Neubearbeitung der Thematik anbelangt!
Vielen Dank!
TINTOLETTO