Titel
Eigentlich wollte ich nur Geld abholen. Ich wollte es wieder haben, weil ich nicht einsah, das ich ihr helfe und sie sich dann bei jemand anderen bedankt. Auch wenn ich nicht so weit weg von ihr wohnte, wäre es mir manchmal ganz lieb gewesen, wenn ich bei ihr hätte schlafen dürfen. Vor allem deswegen, weil ich am folgenden Tag wieder zu ihr sollte, um weiter zu machen. Wenn ich etwas anfange, will ich es auch zu Ende bringen.
Ein paar Tage hatte ich verstreichen lassen, bevor ich mich wieder bei ihr meldete und von ihr verlangte, das sie
mir das Geld zurückgeben soll, welches ich für sie ausgegeben hatte. Wie für die Lebensmittel, die ich auch noch für uns zubereitet hatte, weil sie zu faul zum Kochen ist. Ebenso zahlte ich das Material aus dem Baumarkt. Ich frage mich, was sie mit ihrem Geld machte. Sie hatte genauso viel zur Verfügung, wie ich. Sogar noch ein bisschen mehr. Dennoch war sie noch vor Monatsende pleite. Und das, obwohl ich öfter für sie zahlte.
Als ich schrieb, das ich käme, um mein Geld einzukassieren, war es mir egal, das sie dann nichts mehr hatte. Mit fast dreißig Jahren, sollte man gelernt haben, mit Geld umzugehen. Lange genug hatte
sie mich beobachten können, wie ich mit geringen Mitteln bis Monatsende hinkomme und dennoch ein bisschen was übrigbleibt. Ohne zu Hungern und auf irgendwas zu verzichten.
Irgendwie hatte ich das beklemmende Gefühl, das ich nicht gleich wieder gehen würde. Das es wieder ein langer Tag bei ihr werden würde, weil ich es einfach nicht sein lassen kann, ihr zu helfen. Eigentlich wollte ich mich erstmal wieder um mich kümmern, da ich die Tage zuvor bei einem entfernten Bekannten die Wohnung mit ausgemistet hatte. Rund eine Tonne Zeitungen, ebenso viel Schrott, wie alte Töpfe und Pfannen, von denen er Unmengen hatte.
Dazu kamen noch Klamotten, die keiner mehr anzog. Wir hatten reichlich zu tun. Zum Glück kamen noch Helfer dazu. Allein hätten wir Wochen dazu gebraucht. Aber er zeigte sich sehr dankbar. Nicht nur, indem er mir was Bares in die Hand drückte. In seinem Gesicht konnte ich es lesen, das er sich freute, das ich ihm geholfen hatte. Warum konnte sie es mir nicht so zeigen, wie er?
Ich überlegte eine Weile, ob ich einfach mit dem Schlüssel Ihre Wohnung betrat, oder lieber klingelte. Dann überlegte ich, ob ich nicht wieder gehen sollte. Konnte ich wirklich so gemein sein und Geld zurück zu verlangen, das sie nicht
hatte? Brauchen tat ich es ja nicht. Aber andererseits wollte ich wissen, wie es bei ihr aussah und warum ich das Gefühl hatte, das ich länger bei ihr bleiben würde, als ausgemacht.
Ich entschloss mich zu klingeln. Sie öffnete mir ziemlich schnell. Langsam lief ich die Treppen zu ihr hinauf. Als ich dann endlich vor ihrer Wohnungstür stand, roch ich schon die Bescherung. Mir war klar, warum ich dieses Gefühl hatte. Natürlich hätte ich auch einfach wieder gehen können. Aber ich konnte es nicht sein lassen.
Trotz des unangenehmen Geruchs, atmete ich tief durch. Versuchte, nicht die Beherrschung zu verlieren. War ich
so lange weg gewesen? Wie konnte sie innerhalb so weniger Tage so ein Durcheinander veranstalten? Ich musste mir Luft machen. Es war mir egal, wie sie reagieren würde. Mit ende zwanzig musste man doch langsam gelernt haben Ordnung zu halten. Wenn sie Messie gewesen wäre, wie mein entfernter Bekannter, könnte ich es ja verstehen. Aber so viel hatte sie ja nicht in ihrer Wohnung stehen. Es hatte alles nur keinen richtigen Platz. Und der Müll stapelte sich auch, weil sie jedes mal vergaß ihn mit zu nehmen. Welche meiner Aussagen hatte sie mir einst bestätigt? „Ich habe die Arbeit zu sehen und zu machen.“ Lieber hätte ich sie
liegen lassen. Aber ich konnte es nicht. Außerdem wäre sie dann früher oder später rausgeschmissen worden. Denn all zu lang hätte es nicht mehr gedauert, bis das erste Viehzeug bei ihr eingezogen wäre. Und dann hätte ich die Dame bei mir wieder einziehen lassen. Das wollte ich aber nicht, da sie mir nicht gerade zur Hand ging. Ihre Ausrede: „Es ist deine Wohnung und nicht meine.“
Und so stand ich wieder einmal bei ihr und putzte und machte und reparierte und kochte. Mit einem kleinen Unterschied. Diesmal blieb ich über Nacht. Denn erstens, waren wir noch lange nicht fertig und zweitens wollte
ich mir das Recht herausnehmen, das sie anderen Gästen gab, die zu ihr kamen, aber keinen einzigen Handgriff taten. Sie protestierte zwar, aber ich blieb hart. Zog mich nach einer gemeinsamen Dusche nicht wieder an, sondern legte mich rotzfrech in ihr Bett und blieb liegen, bis sie Hunger bekam.