Wissenschaft
Brot

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"Ein entsetzlicher Genunfall"
Veröffentlicht am 08. März 2015, 10 Seiten
Kategorie Wissenschaft
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten. Hoffentlich glückt es. Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren. Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert. Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.
Ein entsetzlicher Genunfall

Brot

Vorbemerkung

Wie oft wird heutzutage über Genmanipulierte Nahrungsmittel diskutiert.

Wussten sie, dass die Menschheit ohne Genmanipulation gar nicht in der heutigen Form existieren würde? Falls sie das interessiert – hier erfahren sie, warum.



Copyright: G.v.Tetzeli

Cover: Monika Heisig

Bild: Dank an pixabay; Monika Heisig

Der Genunfall

Vor ca. 6 Millionen Jahren ereignete sich etwas Besonderes. Ein affenartiges Wesen musste mit einer Klimaveränderung klar kommen. Aus einer Baumlandschaft wurde Savanne. Steht man aufrecht, hat man mehr Überblick. So soll der aufrechte Gang entstanden sein.

Kurz und gut, nachdem die Menschheit knapp ihrer Ausrottung durch den unglaublichen Toba Ausbruch entgangen ist, breitete er sich über die ganze Welt aus. Der Supervulkan Toba brach vor ca. 71.000 Jahren aus.

Die Katastrophe führte zu einem weltweiten

Temperaturabfall von mindestens 10 Grad. Der zähe Mensch überlebte gerade so. Angeblich waren damals vom Menschen nur noch 10 – 20.000 Exemplare weltweit übrig.

Die Ausbreitung des Homo Sapiens ging also weiter. Eines aber änderte sich nicht. Der Mensch blieb ein Jäger und Sammler. Er streifte in kleinen Familiengruppen durch die Gegend. Ein Fund aber zeigt eine Sensation, nämlich die Ausgrabungsstätte Göbekli Tepe (bauchiger Hügel) in der heutigen Türkei. Es handelt sich dabei höchstwahrscheinlich um ein steinzeitliches Heiligtum. Die Funde werden auf das ungefähre Alter von vor 12.000 Jahren datiert.

Die riesigen Gesteinsbrocken mussten nicht nur gemeißelt, sondern auch transportiert und aufgestellt werden. Ein Kraftakt! Das war wohl nur mit einer gehörigen Menge Mensch zu schaffen. Nix da mit einem Familienclan von 10 – bis 15 Menschen.


Also gut, vor ca. 12.000 Jahren waren also eine ganze Menge Menschen in Südanatolien auf einem Haufen. Nicht nur Wasser stellt ein Problem dar, sondern auch Versorgung mit Nahrung. Da stellt sich unwillkürlich eine entscheidende Frage. Wovon ernährten sich nun diese vielen Menschen in der damals schon recht kargen Gegend? In einer Graslandschaft gibt es nicht all zu viel Essbares.

Aber schauen wir uns diese Gräser an. Eines ist das sogenannte Einkorn.

Ein wildwüchsiger Vorgänger des heutigen Weizens. Das Einkorn bildet eine Ähre mit Körnern. Dazu gibt es ein paar federartige Auswüchse obendrauf (Grannen).

Ist das Korn reif, kann es mit der Verbreitung los gehen. An der Verzweigung zu jedem einzelnen Korn gibt es eine Bruchstelle. Ein Windstoß genügt, die Verzweigung bricht ab und das reife Korn segelt mit seinen Federauswüchsen davon. In einiger Entfernung landet das Körnchen wieder und bildet eine neue Einkorn-Pflanze.

Dann geschah folgendes:

Durch zufällige Mutation passierte eine

einzige, kleine Veränderung des Genstranges. Und es handelt sich um wirklich nur eine einzige Veränderung, wie Genforscher herausgefunden haben. Diese bewirkte, dass nun die so praktische Sollbruchstelle am Korn fehlte.


Eine Genmutation, die unweigerlich zum Ausrotten dieser Pflanze geführt hätte. Das ist schon, gelinde gesagt, suboptimal, wenn der Korn-Ast nicht abbricht und das Korn gar nicht mehr durch den Wind weggetragen werden kann. Und so hätte niemand überhaupt von diesem genveränderten Unfall erfahren, wäre da nicht jemand gewesen, dem das aufgefallen war – der Mensch.

Sinnlos mühsam wäre es gewesen, einzelne Körner im Umkreis zu suchen und aufzulesen. Diese Mutation aber war für den Menschen praktisch. Die Körner blieben an der Ähre und konnten gepflückt werden. Da nun die Pflanze genmanipuliert gar nicht mehr in der Lage war sich zu verbreiten, übernahm die Aussaat eben der Mensch.

Der Weizenanbau war geboren!


Nun erklärt sich auch, wie sich die Menschen vor rund 12.000 Jahren ernährten. Sie mussten bereits Ackerbau betrieben haben, lange vor den Ägyptern! Egoistisch, wie der Mensch ist, verbreitete er selbst diese für die Fortpflanzung so tödliche

Eigenschaft, kultivierte sie, so dass es heute eine Unzahl von Weizenarten gibt, die alle diesen Gendefekt haben.


Und gerade erst dieser Genunfall ermöglicht es, dass sie heute früh herzhaft in eine Scheibe Brot beißen können.


Verfluchen sie also das genmanipulierte Brot bitte nicht!


Ohne diesen Genunfall gäbe es gar kein Brot.

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Hörbuch

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welpenweste
Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten.
Hoffentlich glückt es.
Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren.
Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert.

Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.

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CHM3663 Und wieder hast Du mir etwas total Neues, Super-Interessantes beigebracht, das ich in Zukunft im Kopf haben werde, wenn ich leckeres Brot genieße!
Ich bewundere Dein vielseitiges Wissen und Deine Fähigkeit, es so wunderbar unterhaltsam zu erklären!
Herzlichen Dank und LG, Chrissie
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Hochinteressant, was du da über unser Brot schreibst. Und das mit dem Emmer ist erstaunlich. Hafer wächst nicht in Ähren, hat diesen Defekt nicht erfahren. D.h. dass Roggen, Dinkel, Gerste, Emmer, Spelz, Kamut durch menschliche Auswahl (Zucht) entstanden sind. Andererseits sind die Menschen immer großräumig gewandert und haben Austausch betrieben. Das könnte auch für das frühe Ägypten gelten. Denn es gab in grauer Vorzeit schon drei Menschenarten, haben neue Forschungen ergeben.
Zum Stichwort Gentechnik: Jede Art von Zucht durch Auswahl, Pfropfung, künstliche Befruchtung, Kreuzung sind grundsätzlich genetische/gentechnische Veränderungen im Erbgut der Ausgangsform, ob pflanzlich oder tierisch.
Der menschliche Organismus konnte sich aber in den langen Zeitläufen allmählich anpassen. Das ist heute nicht mehr möglich.
LG Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste 
Einerseits interessant, was Du da ins Feld führst, andererseits glaube ich nicht, dass die Veränderung nun gestoppt ist. Wollen wir ein wenig weiter vorausschauen, dann gebe ich der menschlichen Spezies wenig Zukunft.
Herzlich Günter und Danke für Deinen engagierten Beitrag
Vor langer Zeit - Antworten
pepe50 Wieder eine sehr interessante Geschichte zur vergangenen Geschichte, allerdings kann ich den zeitlichen Verlauf des Gendefektes nicht ganz einordnen und nachvollziehen, denn wen sich in der Evolution etwas geändert hat, dann hat das i.d.R. tausende von Jahren gedauert, d.h. der Weizen hätte schon ausgestorben sein müssen, bevor der Mensch es gemerkt hat. - LG Fred
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Es hat sich in der Evolution gar nichts geändert, es war nur ein einziger Fehler im DNS Strang. Er trat plötzlich und zufällig auf. Dieser Fehler wäre ohne Zutun des Menschen einfach wieder in der Versenkung verschwunden, weil er sich auf Dauer nicht bewähren konnte.. Diesen ursprünglichen Weizen gibt es daher noch heute, weil das Abbrechen der Körner für die Fortpflanzung funktioniert.
Und langwierige Evolutionsschritte ergeben sich nur dann, wenn solche kleinen Mutationen sich durch Umweltbedingungen und Auslese bewähren.
Unser Gendefekt-Beispiel, heißt ja nicht, dass das Einkorn sich nicht mehr vermehren konnte, es fehlte an der Verteilung. Unterliegt der Standort z.B. einem Hagelgewitter, einem örtlichen Steppenbrand, dann ist die gesamte Gendefekt-Einkorn-Population ausradiert - aus.
Dass der Mensch dieses Korn entdeckt hat, ist eben Zufall. Durch Aussaat und Auslese (er erntete und säte ja auch wieder nur Weizen mit Gendefekt) verbreitete der Mensch diese Eigenschaft.
Danke für das aufmerksame Lesen!
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
pepe50 Danke Günter, ich bin eben nur sehr erstaunt darüber, dass es in der Natur zu so kurzfristigen, globalen Änderungen kommen kann. Alles Andere ist nachvollziehbar. - LG Fred

Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Global wurde es erst wegen der Verteilung durch den Menschen. Andererseits, es scheint so, als ob Ackerbau in der Frühzeit gleich an mehreren Stellen fast gleichzeitig aufgetreten ist, so in Jordanien und am Zagros Gebirge im Iran. Wie oft es bei Einkorn zu solcher für die Pflanze ungünstigen Mutation kommt, ist noch nicht wissenschaftlich belegt. Es scheint aber öfters vorzukommen.
Danke für die konstruktive Mitarbeit.
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
mohan1948 Sehr interessant zu lesen! Man lernt nie aus! LG Hannelore
Vor langer Zeit - Antworten
Rajymbek 
Von dir kann man immer etwas lernen, Günter. Von diesem Supervulkan habe ich noch gar nicht gehört.

VLG Roland
Vor langer Zeit - Antworten
Ninamy67 Sehr interessant!, Im Grunde sind ja auch wir Menschen Genunfälle!

LG
Nina
Vor langer Zeit - Antworten
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