Volltreffer
Musik:
Wolfgang Amadeus Mozart
Klaviersonate KV 545 / 2
Bild:
http://www.km.bayern.de/schueler/schule-und-mehr/dabei-sein.html?seite=9
Volltreffer
Vor zweihundertsiebenundzwanzig Jahren wurde dieser Pfeil abgeschossen und heute trifft er mitten in mein Herz. Es war pure Absicht des Schützen. Er wusste ganz genau, wen er treffen wollte. Auch bin mir sicher, dass noch andere Pfeile unterwegs sind, die allesamt ihre Ziele nicht verfehlen werden.
Getroffen breche ich auf dem Sofa zusammen. Meine Welt verabschiedet sich von mir. Krampfhaft will ich an den Zielen – die mir so wichtig erscheinen – festhalten, doch es gelingt mir in keiner
Weise. Die Zeitung, in der ich noch vor wenigen Augenblicken las, wie wichtig Wirtschaft und globales Denken für den Wohlstand der Menschen wären, gleitet mir aus den Händen und platscht auf den Boden. Machtlos sehe ich zu, wie alle Verbindungen zu Hektik und grauem Alltag gekappt werden. Ein Film läuft vor meinen Augen ab. Bekannte Grossmäuler, Politiker und Wichtigtuer tauchen auf. Sie alle haben ihre Stimmen verloren und einfach nichts mehr zu sagen. Jedenfalls ist ihr Einfluss auf mich nicht mehr existent. Ein Reisbesen kehrt das ganze Gesindel weg. Es ist mir sowas von egal, wenn sie im Nichts verschwinden und nie wieder
auftauchen. Die Welt wird befreit!
Amüsiert beobachte ich das Geschehen, bis der Besen direkt auf mich zukommt. Im letzten Moment macht er einen Bogen um mich und flachst: „Glück gehabt, verdient hättest du es ja auch!“
Er hat wohl bemerkt, dass ich verwundet bin, und so die Welt nicht mehr gefährden kann.
Mit beiden Händen umklammere ich den Pfeil und ziehe ihn mit einem kräftigen Ruck aus meiner Brust. Im selben Moment verwandelt er sich in ein Schmuckkästchen. Ungläubig starre ich auf den Deckel, der die Inschrift W. A. Mozart trägt. Vorsichtig klappe ich die
Schatulle auf, und unverzüglich umarmt mich seine Musik.
Ich schliesse meine Augen, lege die Vernunft des Erwachsenseins zur Seite und lausche der leisen Melodie, neugierig wie ein Kind. Klar und deutlich spricht sie zu mir:
„Des Lebens Sinn ist leben – nicht nach Vergänglichem streben!
Wähle den Weg der Liebe. Lass dabei Fröhlichkeit und Heiterkeit dich begleiten, und du wirst zur Quelle des Seins gelangen.“